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Den ganzen Weg nach Hause spukte mir der Brief im Kopf herum. Ich verstand einfach nicht, wieso jemand meine Briefe stehlen sollte. Wie kam man überhaupt auf solche Ideen?
Als ich dann vor der Haustür stand, atmete ich tief durch. Ich wollte nicht hineingehen - meine Mutter würde wahrscheinlich völlig aufgelöst sein, wenn sie sah, wie ich ausschaute und mich mit diesem überbesorgten, mütterlichen Blick mustern. Und ich hatte keine Ahnung, ob ich das heute, nach all diesem Blödsinn aushielt.
Mir leise Mut zusprechend öffnete ich die Tür und sobald ich drei Schritte hinein gegangen war, wurde ich schon von meiner Mum begrüßt. Ich fühlte mich so unglaublich schuldig, als ich sah, wie lange sie auf dieses Gespräch gewartet hatte. Das hatte sie nicht verdient.
"Können wir jetzt reden?", fragte sie und ich nickte einfach. Ja, wir sollten es einfach hinter uns bringen.
Ich folgte ihr ins Wohnzimmer und ließ mich dort auf einen Sessel fallen. Dann schaute ich in Jays Richtung und bemerkte ihren erwartungsvollen Blick, der schwer auf mir lag.
Was sollte ich ihr nur sagen?
"Ähm . . . ich weiß nicht recht, wo ich anfangen soll.", murmelte ich und verfluchte meine Stimme dafür, dass sie so zittrig klang.
Meine Mutter machte eine Geste, die mir wohl sagen sollte, dass es egal war und ich mir so lange Zeit nehmen konnte, wie ich wollte. Sie beobachtete mich, während ich mit den Worten kämpfte.
"Naja, du weißt ja jetzt wahrscheinlich, dass . . . ähm, dass ich-", stotterte ich herum. Ich hatte nicht gedacht, dass es so schwer war der eigenen Mutter von seinen Gefühlen zu erzählen.
"Ähm, H-harry bedeutet mir ziemlich viel.", versuchte ich es dann anders. Es tat beinahe weh den Namen meines besten Freundes laut auszusprechen. Meine Mum jedoch nickte nur und wirkte wenig überrascht.
"Es tut mir leid, dass ich die Briefe gelesen habe. Ich wusste nur nicht mehr, was ich tun sollte. Du bist in letzter Zeit so in dich gekehrt und es tut weh, dich so zu sehen.", erklärte Jay und ich schluckte, als sie mir meine Befürchtungen bestätigte. Sie hatte meine Briefe gelesen, weil sie nicht mehr wusste, was sie sonst machen sollte.
"Ich weiß," murmelte ich und senkte den Kopf.
"Es tut mir leid.", fuhr ich fort. Nervös knetete ich meine Hände zusammen und holte tief Luft, bevor ich erneut versuchte meine Gefühle auszusprechen.
"Aber Harry ist für mich mehr als nur mein bester Freund.", fing ich an und mein Blick war starr auf meine verknoteten Finger gerichtet. "Ich mag ihn wirklich gern. Also so richtig. Ich meine, ich . . . ahm, ich l-liebe ihn.", sagte ich leise und stolperte über die letzten Wörter. Ich hatte es noch nie ausgesprochen und es fühlte sich irgendwie komisch an, aber auch erleichternd. Es machte alles noch wirklicher und mir traten Tränen in die Augen. Ja, ich liebte ihn so sehr und ohne ihn an meiner Seite fühlte ich mich unglaublich leer.
Jays Miene wurde weich und sie rutschte näher zu mir, bevor sie mich in ihre Arme zog. Ich schluchzte leise auf und krallte mich an ihr fest.
"E-er ist ei-einfach ver-verschwunden.", wimmerte ich in ihre Schulter, während meine Mum nur da saß, mich festhielt und mir leise, beruhigende Worte zu flüsterte.
Nur langsam konnte ich mich etwas beruhigen, doch auch als meine Tränen versiegten, löste ich mich nicht aus der Umarmung meiner Mutter. Zum ersten Mal seitdem Harry verschwunden war, fühlte ich mich halbwegs geborgen und ich verkroch mich noch enger in Jays Armen.
"Und was ist mit den Briefen?", fragte meine Mum vorsichtig.
"Ich hab sie geschrieben, um mit allem fertig zu werden. Sonst wäre ich schon längst zusammengebrochen.", murmelte ich eine Antwort. Verständnisvoll nickte Jay und ich schloss meine Arme fest um sie. Es tat gut, mit meiner Mutter zu reden; es war sicher die richtige Entscheidung gewesen.
"Alles wird gut, Lou. Wo auch immer Harry jetzt gerade ist, er wird sicher einen Grund haben, warum er wegbleibt und ich bin mir sicher, er kommt wieder zurück.", sagte Jay und ich lauschte ihren Worten, versuchte sie zu glauben.
Vielleicht hatte sie ja recht.
Hoffentlich hatte sie recht.
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