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Ungläubig starrte ich nun seit einer gefühlten Ewigkeit auf das leere Fach vor mir. Wahrscheinlich war erst etwa eine halbe Stunde vergangen, aber es fühlte sich unendlich lang an.
Ohne es verhindern zu können, traten mir Tränen in die Augen. Wer zum Teufel hatte diese Briefe genommen? Es gab doch gar keinen Grund dafür.
Das Stück Papier, auf dem ich gerade meine Gefühle losgeworden war, war feucht und lag schwer in meiner Hand. Beinahe zärtlich strich ich mit meinem Daumen darüber.
Das Bild vor meinen Augen verschwamm und ich presste eine Hand vor mein Gesicht, versuchte den Schluchzer, der hervorbrechen wollte, zurückzuhalten. Umsonst.
Leise, wimmernde Geräusche drangen aus meinem Mund und ich rollte mich auf dem Bett zu einer kleinen Kugel zusammen, den Brief fest an die Brust gedrückt. Warum musste man genau mir meine Texte wegnehmen? Was hatte ich denn getan, um so etwas zu verdienen?
Tief durchatmend versuchte ich mich zu beruhigen. Meine Brust hob und senkte sich zitternd, die Hände, an meinen Oberkörper gezogen, waren zu kleinen Fäusten gepresst, um das Schütteln zu verhindern.
Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich da lag. Es fühlte sich unglaublich lang an, und doch auch viel zu kurz. Meinen Kopf im großen, weichen Kissen vergraben, atmete ich tief ein und nahm den zarten Geruch nach Harry in mich auf. Der Duft war nicht mehr stark und mir wurde erschreckenderweise bewusst, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er ganz verschwand.
"Nicht auch noch du", murmelte ich mir selbst zu und schlang meine Arme um das Kissen, drückte es fest an mich.
Der Klingelton meines Handys riss mich aus meiner tranceähnlichen Position und ich atmete tief durch, bevor ich mich aufsetzte. Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass es meine Mutter war und ich ließ es einfach läuten. Sie wollte bestimmt fragen, wann ich denn endlich zurück käme und das musste ich ihr wirklich nicht beantworten, wenn ich mich jetzt auf den Weg machte. Außerdem hatte ich überhaupt keine Lust jetzt, in diesem Zustand, die Tränen deutlich in meiner Stimme hörbar, mit ihr zu telefonieren. Sie würde sich nur noch mehr Sorgen machen.
Der Brief war etwas zerknittert, doch ich strich ihn einfach glatt. Was sollte ich denn jetzt damit machen?
Mitnehmen und riskieren, dass meine Mum ihn wieder findet? Nein, das konnte ich nicht machen. Sie würde glauben, ich bräuchte eine Therapie oder so und das würde ich jetzt wirklich nicht aushalten. Es schien nichts schlimmer zu sein, als mit jemand Fremden über meinen besten Freund sprechen zu müssen. Das würde ich nicht schaffen. Es würde mir nur noch mehr weh tun.
Den Brief hier lassen? So weh es mir tat, ich legte den Zettel vorsichtig in die leere Lade und nach einem letzten Blick darauf schloss ich sie leise. Es hatte etwas Endgültiges an sich, und ich musste schlucken.
Nein, es war nicht endgültig. Ich würde zurückkommen und . . .
Ich wusste nicht, was ich tun würde. Aber ich würde ganz sicher zurückkommen. Ich musste nur zuerst ein Gespräch mit meiner besorgten Mutter überleben. Und dann wäre ich wieder hier.
Um etwas zu tun.
Keine Ahnung was, aber etwas.
Ich musste einfach.
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