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Nach Luft schnappend wachte ich auf und griff, wie um mich zu vergewissern, dass ich wirklich in meinem Zimmer war, panisch in meine Decke, krallte mich daran fest. Meine Atmung beruhigte sich nur langsam. Was hatte ich da gesehen?

Ich wollte mir einreden, es wäre nur ein Traum, doch es kam mir so echt vor. Aber nein, das konnte nicht sein - es war einfach ein Alptraum. Einer dieser Sorte, die sich so unglaublich real anfühlten. Es war nicht möglich, dass der Traum wahr war - ich würde mich wohl daran erinnern, wenn Harry mich geküsst hätte. So etwas könnte ich nicht vergessen!

'Aber Louis, du hast doch gesehen, dass Harry die Erinnerungen gelöscht hat!', meldete sich eine Stimme in meinem Gehirn zu Wort.

So ein Schwachsinn! Man konnte keine Erinnerugen löschen - es war einfach nicht möglich. Nicht einmal Harry konnte so etwas tun. Ich traute ihm ja vieles zu, denn so tollpatschig er auch war, er konnte viele Dinge gut. Doch Gedanken verändern war erwas ganz anderes. Das war physikalisch nicht möglich!

'Es ist auch eigentlich nicht möglich in einem Traum, wenn du nur Zuschauer bist, die Personen vor irgendwelchen Kreaturen zu warnen.', meldete sich die Stimme erneut zu Wort und aus unerfindlichen Gründen stimmte ich diesen Worten zu. Damit hatte sie ja Recht.

Trotzdem war es völlig an den Haaren herbei gezogen und handelte sich höchst wahrscheinlich um Wunschdenken. Harry als der große Beschützer und beste Freund, der alles für mich tat um mir zu helfen und mich zu unterstützen.

Was wollte man mehr?

Seufzend drehte ich mich in meinem Bett auf die andere Seite und sah mit zusammen gekniffenen Augen auf den Wecker, der auf dem kleinen Tisch daneben stand.

03:56

Ich stöhnte leise auf. Das hatte ich nötig gehabt. Wie sollte ich denn jetzt, nach diesem Traum, wenn ich doch so aufgewühlt war, wieder einschlafen? Es schien beinahe unmöglich.

Genervt stand ich auf und schloss das Fenster, das nachts immer offen war und durch welches kalte Luft herein drang. Dann schlurfte ich wieder zurück ins Bett und zog die warme Decke bis zur Nasenspitze hoch. Wie ein Baby rollte ich mich zusammen und legte meine Arme vor mein Gesicht, wie um mich von der grausamen Welt abzuschirmen.

Es hatte ja doch keinen Sinn. Harry war verschwunden und wenn die Polizei ihn nicht finden konnte, wie kam ich dann auf die Idee, das ich es konnte?

Während des Tages hatte ich eine schützende Wand um mich aufgebaut und ließ so gut wie möglich keinen dieser Gedanken in mein Gehirn. Ich wollte mich nicht damit beschäftigen - es würde mich nur wieder runter ziehen. Doch nachts hatte ich dieses Glück nicht. Die Schutzmauer hielt nicht stand und all die unerfreulichen Gedanken brachen über mich herein.

'Du wirst Harry nie finden.'

'Wenn er wirklich entführt wurde, wie hoch ist denn dann die Chance, dass er schon tot ist?'

'Du bist ein Versager, Louis. Nichts schaffst du. Nicht einmal deinen besten Freund, der dir vertraut und auf dich zählt, kannst du retten.'

Ich hatte mit den Tränen zu kämpfen und als die ersten über meine Wangen liefen, brach ich endgültig zusammen. All die aufgestauten Gefühle, die ich zuvor so gut wie möglich unterdrückt hatte, quollen aus mir heraus, wollten gesehen und gehört werden.

Wimmernd rollte ich mich noch enger zusammen und vergrub meinen Kopf in meinem Arm. Diese Stimme in meinen Gedanken hatte ja doch recht - es war meine Aufgabe Harry zu finden und zu beschützen vor was auch immer und ich konnte es einfach nicht.

Nur langsam konnte ich mich beruhigen und selbst als die Tränen versiegten, blieb das dumpfe Gefühl in meiner Brust zurück. Holprig atmete ich tief ein und drehte mich wieder auf die andere Seite. Unruhig wälzte ich mich auf dem Bett hin und her, doch nach ein paar Minuten hielt ich es nicht mehr aus und stand auf. Ich musste etwas tun - egal was, einfach irgendetwas.

Ich musste mit meinen Gefühlen umgehen können, wenn ich Harry finden wollte. Langsam dämmerte mir, was ich tun könnte. Ich würde Harry einen neuen Brief schreiben. Wenn ich ihm von den Alpträumen erzählen würde, dann könnte ich vielleicht diese Gefühle einfach von mir weg schreiben. Bis jetzt hatte es doch auch ein bisschen geholfen. Warum also jetzt nicht?

Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und griff mit zittriger Hand nach einem Papier und einem Kugelschreiber.

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