7. Türchen
Hallo meine Lieben
Gestern war Nikolaustag heute ist der 7. Dezember, tja vielleicht nicht ein spezieller Name, aber für irgendjemand auf dieser Welt sicher ein besonderer Tag. :)
Ich wünsche euch viel Spass beim Lesen des siebten Türchens und dem zweiten Teil zu 'Der Abgrund und das Licht'. Es wird noch einen weiteren Teil geben, ob dies dann der letzte ist, weiss ich noch nicht, aber jetzt erst mal: Ran ans Lesen! =)
Einen ganz lieben Gruss
AliBDJ :)
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Der Abgrund und das Licht – Part 2
Es war so dunkel, doch ihre Augen hatte Nora geöffnet. Ein beissender Geruch stieg ihr in die Nase. Was ist passiert? Wo bin ich? Ihre Gedanken rasten und die Angst stieg in ihr auf. Hilfe! Kann mir den niemand helfen, schrie sie, aber die Schreie waren nur in ihrem Kopf. Wieder und wieder versuchte sie sich irgendwie bemerkbar zu machen, aber sie konnte noch nicht einmal ihren Mund öffnen. Ihr ganzer Körper fühlte sich wie taub an, sie hatte keine Kontrolle mehr darüber. Nicht einmal ihren Kopf konnte sie nach links oder rechts bewegen.
Die Panik überfiel sie. Was war nur los mit ihr? Wieso konnte sie sich nicht bewegen? Krampfhaft versuchte sie sich daran zu erinnern, was geschehen war.
So viele Menschen, da waren so viele Menschen unter ihr. Alle schienen sie anzustarren, aber weshalb? Leise hörte sie eine tiefe Stimme hinter sich.
„Ich will nicht, dass du springst. Du bist mir zu wichtig. Hör auf dir Gedanken darüber zu machen, was andere sagen. Was zählt, ist, dass ich dich nicht hasse. Ich bin hier, ich werde nicht gehen. Ich brauche dich.“ Sie kannte diese Stimme, sie kam ihr so bekannt vor. Nora war nicht länger in Dunkelheit gehüllt, jedoch wusste sie nicht, wo sie war, geschweige denn, wie sie hier hinkam. Wo war die Finsternis hin? Noch einmal hörte sie die ihr so bekannte Stimme. Diese Wärme und Sicherheit die sie daraus hörte, liess sie für einen kurzen Moment, die Angst vergessen.
Es war Lucien der mit ihr sprach, aber er klang so verzweifelt. Er flehte sie schon beinahe an. Was hatte er denn nur? Nora konzentrierte sich noch mehr, versuchte sich daran zu erinnern, was los war. Verzweifelt sah sie sich um. Da waren überall Dächer und weitere Hochhäuser. Noch einmal blickte sie nach unten. Ihr blieb der Atem stehen. Sie stand am äussersten Rande eines Daches und dieses Dach kam ihr nur allzu bekannt vor.
Bucklands…
Mit einem Schlag kamen all der Schmerz und die Erinnerungen an das Geschehene zurück. Nora versuchte zu atmen, doch ihr Hals war wie zugeschnürt. Ihre Lunge schien platzten zu wollen und ihr Herz begann zu rasen. Was war nur passiert? War sie gesprungen? Musste sie all die Beschimpfungen und seelischen Qualen nun nicht mehr fühlen? Konnte sie all das endlich hinter sich lassen?
Diese ständigen wiederkehrenden Schmerzen, die ihr jeden Tag aufs Neue zugefügt wurden und die langsam verheilenden Narben die immer wieder aufrissen wurden… Schon nur die Erinnerung daran, quälte ihr Herz.
Konnte es denn vorbei sein? Fühlte sich so der Tod an? Bewegungslos in seinen eigenen Gedanken gefangen?
Auf einmal fühlte sich Nora nicht mehr eingeengt. Ihre Lunge war befreit von jeder Last und sie spürte, die frische Luft die sie nun einatmete. Aber wieder war es dunkel, sie sah nur schwarz. Sie versuchte sie sich zu bewegen. Sie musste weg von dieser Dunkelheit. Vorsichtig versuchte sie einen Finger anzuheben. Erst regte sich gar nichts, aber sie versuchte es wieder und wieder. Sie spürte, wie kalte Schweissperlen sich auf ihrer Stirn bildeten, als sich endlich etwas regte. Es kostete sie enorme Kraft den Zeigefinger anzuheben. Weitere Schweissperlen liegen ihr die Stirn hinunter. Nora gab nicht auf und versuchte mit aller Kraft ihre ganze Hand anzuheben, doch sie war zu schwer. Trotzdem gab sie nicht auf. Immer wieder aufs Neue probierte sie ihre Hand anzuheben. Die Verzweiflung wuchs immer mehr. Was ist denn nur los? Wieso kann ich nicht… wieso ist das so schwer? Sie atmete tief ein, wollte sich beruhigen und schloss für einen kurzen Augenblick ihre Augen. Als sie sie wieder öffnete, blieb ihr der Mund offen stehen.
Helle Sonnenstrahlen blendeten sie und sofort kniff sie sich die Augen wieder zu, hielt sie jedoch nicht lange geschlossen. Sie musste wissen, wo sie war. Nora wollte zur Seite blicken, aber immer noch konnte sie ihren Kopf nicht bewegen. Sie starrte in tiefblauen Himmel, keine Wolke war zu sehen. Sie atmete tief ein, die kühle und frische Luft füllte ihre Lunge und die Spannung in ihr liess etwas nach. Von weitem her hörte sie Wasser plätschern und Vögel zwitschern. Der Wind wehte sanft um ihr Gesicht, ein angenehmer süsser Duft nach Vanille und etwas weiterem, das ihr bekannt vorkam, wehte mit. Woher kam ihr dieser Geruch bekannt vor? Was war es? Sie suchte in ihren Gedanken, nach diesem zugleich warmen und sinnlichen Duft. Er war ihr so vertraut. Nora schloss ihre Augen und versuchte sich daran zu erinnern, woher sie ihn kannte. Eine Weile lang suchte sie in ihren Gedanken und als sie immer noch nicht darauf kam, hatte sie die Hoffnung schon beinahe aufgegeben. Was roch so sinnlich und war gleichzeitig so warm, dass ich mich so wohl fühlen konnte? Noch einmal atmete sie tief durch und öffnete dann wieder ihre Augen. Die Sonne strahlte noch immer auf sie hinab und auch der verführerische Duft war nicht verschwunden.
Nora musste sich auf andere Gedanken bringen, wenn sie weiterhin über diesen Geruch nachdachte, würde die Verzweiflung Oberhand gewinnen. Sie wollte endlich wissen, wie es um sie herum aussah und wo sie denn war. Vorsichtig hob sie ihre Hand an und war erst überrascht, als sie spürte, wie sich ihre Hand in die Höhe hob. Ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und wieder war sie erstaunt. Sie öffnete ihren Mund und schloss ihn wieder. Siekonnte ihr Gesicht bewegen, aber noch durfte sie sich nicht zu früh freuen, was war mit dem Rest ihres Körpers?
Nora hob langsam ihren Arm an und ihr ganzer Körper zitterte vor Anspannung. Ihr Arm fühlte sich so schwer an und doch gab sie nicht auf. Ein paar Mal liess hob sie ihn an, legte ihn hin und hob ihn wieder an, bis die Anspannung nachgelassen hatte. Auch ihren zweiten Arm versuchte sie zu erheben, aber das Gefühl der Schwere war in diesem Arm noch viel stärker. Ihr ganzer Körper spannte sich an und aller Kraft versuchte sie den Arm zu heben, doch es gelang ihr nicht. Was ist nur los mit mir, fragte sie sich.
„Entspann dich, Nora. Alles ist wird gut“, hörte sie eine wunderschöne Stimme neben sich. Augenblicklich beruhigte sie sich.
„Es wird alles gut“, hörte sie nochmal diese tiefe Stimme, die nur zu einer Person gehören konnte.
„Lucien“, flüsterte sie und wünschte sich, ihm endlich in die Augen blicken zu können. Ihr Bauch begann zu kribbeln und all ihre Anspannung schien von ihr zu gehen, all die Aufregung war wie weggeblasen und die Müdigkeit überkam sie, aber sie wollte jetzt nicht einschlafen. Lucien war hier, er wollte ihr helfen. Nora versuchte gegen die schweren Lider anzukämpfen. Sie musste wach bleiben, sie durfte jetzt nicht schlafen. Sie wollte ihn doch endlich sehen.
Lucien rieb sich mit den Händen übers Gesicht, konnte das Geschehen einfach nicht vergessen. Dieser Anblick war so schrecklich. Sein Herz war stehen geblieben und kein Atemzug machte er mehr. Er hatte ihr gesagt, dass er immer für sie da sein würde, dass sie ihm alles sagen könnte. Er sah, wie ihre Entschlossenheit bröckelte und wie ihr die Tränen kamen. Er hörte, wie sie leise schluchzte und dann auf einmal ging alles so schnell. Ihre Knie gaben unter ihr nach und sie sackte zusammen. Lucien sah, wie sie nach vorne stürze, wo nichts sie halten würde. Wo ihr der sichere Tod lauerte…
Wie konnte es nur so weit kommen? Wieso hatte er all die Monate über nicht gemerkt, wie es wirklich um sie stand? Wieso hatte Nora ihm nur nicht erzählt, was bei ihrer Arbeitsstelle los war? Lucien stiegen Tränen in die Augen und er hielt sie nicht zurück. Er hatte keine Kraft mehr. Nora wollte sich umbringen. Sie wollte ihr Leben beenden. Die Frau, die er liebte, wollte nicht mehr leben und er hatte es nicht gemerkt.
Er schloss die Augen und wieder spielte sich das ganze Geschehen vor ihm ab.
Wenn er nur eine Sekunde früher gewesen wäre, nur eine Sekunde…
„Nora, bitte, öffne einfach deine Augen“, flehte er und nahm ihre Hand in die seine. Lucien sass seit Stunden neben ihr am Krankenbett und betete, dass sie bald wieder aufwachen würde. Die Ärzte versicherten ihm zwar, dass es nur eine Frage der Zeit war, aber das beruhigte ihn nicht. Er musste es sehen, er musst ihn Noras bezaubernd blaue Augen sehen können, um den Ärzten Glauben schenken zu können. Und wieder dachte er: Wenn er nur eine Sekunde früher gewesen wäre…
Lucien sah, wie ihre Knie nachgaben, wie sie sich nicht mehr halten konnte. Er spürte, wie sein Herz erst einen Schlag aussetzte und dann zu rasen begann. Und dieser eine Herzschlag war zu viel. Er hätte sofort losrennen müssen, hätte ihr sofort zu Hilfe eilen müssen, aber das hatte er nicht getan. Sein Verstand arbeitete nicht schnell genug und als sich seine Beine endlich bewegten, war es beinahe schon zu spät gewesen. Er streckte seinen Arm aus und stürzte vor dem Ende des Daches zu Boden. Der Aufprall auf den harten Beton schmerzte ihm an der Brust, doch in diesem Moment interessierte es ihn nicht. Was zählte, war einzig und allein das Leben seiner besten Freundin. Seine Hand griff automatisch nach ihrem Arm und als er die kalte Haut an seinen Fingern spürte, packte er zu. Er versuchte, sie so fest zu halten wie er nur konnte, liess sie nicht los, auch wenn er dabei mit in die Tiefe gezogen wurde. Lucien hörte einen dumpfen Schlag, dachte sich allerdings nichts dabei. Er hielt sie fest in seinem Griff und so versuchte er sich irgendwo mit der freien Hand festzuhalten. Noch immer rutschte er. Mit der Brust lehnte er schon über das Dach hinaus, nicht mehr lange und sie beide würden in den Tod stürzten. Ihr Gewicht zog ihn mit runter, doch unter keinen Umständen hätte er Nora losgelassen, auch wenn dies bedeutete, er würde sterben. Lucien liebte sie mehr, als sein eigenes Leben.
Verzweifelnd suchte er nach einem Gegenstand, an dem er sich mit der linken Hand festhalten konnte, aber da war nichts.
„Hilfe! Helfen Sie mir!“, schrie er mit voller Kraft. Weshalb er nicht schon früher nach Hilfe gerufen hatte, wusste er nicht. Keine zehn Sekunden später spürte er, wie man ihn an seinen Beinen festhielt und jemand an seine Seite trat und ihm half, Nora zu halten. Lucien wurde langsam zurückgezogen und auch Nora wurde endlich von ihrer gefährlichen Lage befreit.
Er blickte zu ihr herüber, doch sie bewegte sich nicht.
„Nora“, schrie er erschrocken. Ihre Augen waren geschlossen und dann sah er die blutende Wunde an ihrem Kopf. Dieser dumpfe Schlag, den er gehört hatte… Ihr Kopf musste an die Scheibe geprallt sein, als er sie festgehalten hatte.
„Nora“, wiederholte er ihren Namen. Tränen bildeten sich in seinen Augen, doch er konnte sie nicht zurück halten. Die Angst um sie war viel zu gross.
„Wir haben ihrer Freundin ein Beruhigungsmittel gespritzten. Sie wird jetzt für ein paar Stunden schlafen. Gehen Sie doch nach Hause, ruhen Sie sich etwas aus. Wir werden Ihnen sofort Bescheid geben, sobald sie aufwacht“, hatte der Arzt vor ein paar Stunden gesagt, doch Lucien konnte und wollte nicht von Noras Seite weichen. Kaum als das sie ihm Krankenhaus ankamen, hatte man sie untersucht, ob sie noch weitere Verletzungen hatte ausser der Wunder am Kopf, aber dem war nicht so. Der Arzt sagte zwar, dass diese Wunde keine bleibenden Schäden hinterlassen würde, ausser einer Gehirnerschütterung, doch als Nora aufwachte, hatte sie einen Nervenzusammenbruch erlitten, als sie sah, wo sie war.
„Wieso hast du das getan? Wieso? Ich kann nicht mehr! Ich halt es nicht mehr aus! Ich will nicht mehr leben. Wieso habt ihr mich gerettet?“, schrie sie und stand auf. Eine Tischlampe ging zu Bruch und ohne lange zu überlegen, packte Nora eine Scherbe der Glühbirne und hielt sie sich an die Kehle.
„Ich will nicht mehr“, schrie sie noch einmal und gerade als sie mit der Scherbe ansetzte, wurde sie von hinten gepackt und ein Arzt eilte mit einer Spritze in der Hand zur Hilfe. Ein paar Sekunden später, sackte Nora in sich zusammen und sie wurde zurück aufs Bett gelegt.
Lucien hatte all das mit angesehen, doch er stand unter Schock, hatte in diesem Moment noch nicht begriffen, was da wirklich passiert war. Nun da er neben ihr am Krankenbett sass, wurde ihm immer bewusster, wie ernst es um Nora war. Sie wollte nicht mehr leben, weil die Leute von Bucklands ihr Leben zur Hölle machten. In Lucien keimte die Wut auf. Wie konnte man nur so herzlos sein? Wie konnte man einen solch glücklichen Menschen nur soweit bringen, dass er sich selbst umbringen wollte?
Lucien schwor sich in diesem Moment, dass Bucklands nicht ungeschoren damit davon kommen würde. Sie hatten seine beste Freundin zu einem Selbstmordversuch gebracht! Er würde erst Nora zur Seite stehen und wenn es ihr besser ging, würde er ihr helfen, sich gegen ihre ach so guten Arbeitskollegen zu wehren und den Vertrag aufzulösen.
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