14. Türchen

Hey meine Lieben, hier ist das 14. Türchen von unseren Adventskalender, viel Spaß beim Lesen und beantwortet mir am Ende die Frage :P

Lg LittleAngel97  

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I know you're out there - Part 3 

„So und was werden das jetzt für Bilder?“, fragte ich, als wir aus der Tür in die Kälte traten und uns schon die ersten Schneeflocken entgegenflogen. Ein breites Lächeln hatte sich auf meinen Lippen ausgebreitet und ich drehte mich schwungvoll zu Jayden um. Nur leider war ich meiner Tollpatschigkeit näher, als ich dachte. Denn ich rutschte aus, wedelte mit den Armen, meine Beine fanden keinen Halt, da ich doch tatsächlich auf Eis stand und ich fiel. Aber da spürte ich zwei starke Hände, die mich auffingen und mit Leichtigkeit hochzogen, um dann um meinen Rücken zu wandern. Jaydens Arme zogen mich an sich und augenblicklich spürte ich seine Wärme. 

Mein Herz machte riesen Sprünge und ich blickte ihm in seine blauen Augen. Er war so schön, die blonden Haare die ihm in die Stirn hingen, wie die Schneeflocken in seine Haare flogen und sekundenschnell schmolzen, sein Lächeln. Ich legte meine Hände auf seiner Brust, um den letzten Halt wieder zu finden und murmelte verträumt: „Danke.“  Wusste er, dass er mich so aus der Fassung brachte? Selbst wenn ich nur seine Nähe spürte, konnte ich mich kaum zurückhalten nicht auf seine Lippen zu schauen.

Seine weichen, kalten, Finger fanden einen Weg zu meiner Wange. Sie strichen mir zart über die Haut, wanderten zu meiner Lippe, welche er ohne Berührungsängste entlangfuhr und mich zum Schauern brachte. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen ganzen Körper und mein Atem stockte. Diese Finger, wie sie leicht mein Gesicht nachzeichneten, es liebkosten und mein Herz zum Klopfen brachten. Als er über meine Nase streichelte, musste ich lachen, aber genau in diesen Moment krabbelte es nicht nur auf meiner Nase, sondern auch darin. „Achtung!“, schrie ich halb und drehte mich schnell weg. „HATSCHI! HATSCHI! HATSCHI!“ Ich stöhnte auf. Einmal nießen war ja schlimm genug, aber gleich dreimal hintereinander… Schrecklich!

Aber jetzt wurde mir erst bewusst, was ich angestellt hatte. Verdammt! Was wäre passiert, wenn ich nicht genießt hätte?! Hätte er mich geküsst? Dieser unglaubliche Kerl hatte mich mit seinen wunderschönen Augen gemustert und ich wäre fast in Ohnmacht gefallen. Wie diese Augen ein aber auch fesselten! Aber dieser Nießer hatte alles versaut! Wäre ich ein kleines Kind, wäre ich eingeschnappt. Wie konnte mir meine empfindliche Nase, es nur so versauen? Am liebsten würde ich sofort ausrasten, aber ich blieb ganz ruhig und hörte die amüsierte Stimme von Jayden. „Gesundheit, meine Süße!“ Und da lachte er! Ich muss schon sagen, er lachte wirklich süß, aber mit dem Wissen das ich der Grund war, konnte das gerade auch nichts mehr rausholen. Meine Arme verschränkten sich wie von allein und ich seufzte.

Jayden krümmte sich mittlerweile vor Lachen und ich fragte genervt: „Was ist denn bitte so witzig daran zu nießen?“ Er blickte kurz auf und war schon richtig rot, dann schüttelte er den Kopf und lachte weiter. Ich ging ein Schritt auf ihn zu und er blickte auf, wahrscheinlich hatte er auch gerade daran gedacht, was fast passiert wäre. Denn er nahm sogleich meine Hand und zog mich wieder zu sich. Sofort spürte ich wieder seine Wärme und verschränkte meine Finger mit seinen.

Gleich darauf musste ich an meinen Ex-Freund denken, wie er meine Hand gehalten hatte, wie er sie gestreichelt hatte. Im Winter hatte er meine Hände in seine gelegt, sie zu seinen Mund gezogen und mir die Hände gewärmt.  Er hatte mir den Hals geküsst, das Haar, die Stirn. Dann hatte er mich verlassen, als ich weggezogen bin. Keiner hatte mich seitdem mehr berührt, wie er, niemand hatte mich geliebkost oder das Gefühl gegeben, toll zu sein. 

Aber dann kam Jayden. Ich konnte mich so gut daran erinnern, wie er mir schon im ersten Moment gezeigt hatte, das er mich mochte. Selbst wenn wir uns gerade erst seit ein paar Minuten kannten. Er war der erste Mann, welcher zu mir durchgedrungen war, nach der Scheidung meiner Eltern. Ich spürte wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Wenn ich darüber nachdachte, dann vermisste ich diese Zeit. Ich vermisste sie so sehr, dass ich sogleich schlucken musste. Heimweh überkam mich, nicht nur Frankreich war zu weit entfernt, sondern auch das Familienleben. Nie hatte ich geglaubt, dass sich meine Eltern trennen würden, waren sie nicht immer so glücklich?

Ich wusste noch ganz genau, wie ich eines Tages nach heim kam und die Koffer im Vorsaal sah. Im ersten Moment hatte ich mir nicht viel dabei gedacht, trotzdem hatte ich ein schlechtes Gefühl. Warum standen diese Koffer hier? Sofort war ich in der Küche gegangen, in welcher zwar komplette Ruhe war, doch ich spürte förmlich, dass ich dort hin musste. Meine Mutter lehnte an den Küchentresen mit dem Blick nach unten gerichtet. Mein Vater saß am Esstisch, hielt die Hände verschränkt vor sich und blickte auf den Tisch. „Was ist hier los?“, hatte ich gefragt.

„Schatz…“, meine Mutter hatte aufgeschaut und mich mit glänzenden Augen angeblickt. Meine Beine bewegten sich wie von selbst auf sie zu und ich legte ihr eine Hand auf den Arm. Sie wartete gar nicht lang, schon lag ich in ihren Armen, sie küsste mir das Haar und streichelte mir den Rücken. „Amélie… dein Vater und ich. – Wir werden uns scheiden lassen.“ Ich weiß nicht mehr, was ich mir damals dachte, als sie mir dies sagten. Aber ich weiß meine Worte noch ganz genau. „Das könnt ihr doch nicht machen! Nein! Mom! Dad!“, ich hatte den Kopf geschüttelt und mir kamen die Tränen. Ich ließ sie einfach laufen, sie interessierten mich keineswegs. 

„Warum?“, hatte ich geschrien und  war zu meinen Dad gestürzt, da dieser die ganze Zeit schweigend seine Hände anblickte. Ich wusste nicht, was in mir gefahren war, aber auf einmal schlug ich auf ihn ein. Meine Hände trommelten immer und immer wieder auf seinen Rücken ein, bis er sich umgedreht und mich auf seinen Schoss gezogen hatte. Er hielt mich ganz eng an sich, meine Hände waren zu seinen Nacken gewandert und hielten diesen ganz fest. Ich wollte ihn nie mehr los lassen. „Das könnt ihr nicht machen! Ihr könnt euch nicht sch…“, murmelte ich immer und immer wieder, unter Tränen erstickt. Ich brachte das Wort ‚scheiden‘ gar nicht erst aus meinem Mund, meine Stimme zitterte und es war nur noch ein Flüstern. „Das könnt ihr nicht machen!“, murmelte ich weiter. Die Hände meines Vaters streichelten meinen Rücken und hielten meinen Kopf. Ich hatte das Gefühl, das auch er mich nicht loslassen wollte. 

Lange waren wir so verweilt, die Zeit war vergangen und doch es war mir egal. Ich wollte es nicht wahr haben! Konnte das nicht ein schlechter Traum sein und ich würde gleich aufwachen? „Könnt ihr mir bitte sagen, dass das ein Scherz ist?“, fragte ich nachdem ich mich größtenteils beruhigt hatte und immer noch auf den Schoss meines Vaters saß. „Es tut mir leid, Kind“, hatte meine Mutter gemeint. Danach erklärte sie mir, wie es nun weitergehen sollte, was jetzt anstand. Da sie ausgewandert war, dachte ich erst sie würde wieder zurückkehren, doch sie blieb in Frankreich. Sie hatte Arbeit in Paris, außerdem war die Stadt groß und sie würde meinen Vater nicht so schnell wiedersehen. Dad blieb in diesen Haus wohnen, mit meiner Oma und ich würde nach London gehen. Als Superhirn brauchte ich eine der besten Ausbildungen, wie meine Eltern zusammen entschieden hatten und ich konnte nichts mehr einwenden.

So war ich hier gelandet, saß in diesen Internat fest und hatte meine Familie schon lange nicht mehr gesehen. Es war echt nicht schön, das wusste ich seit Monaten, aber jedes Mal wenn meine Mutter mit mir über Skype telefonierte, sagte ich, dass es mir gut ging, das es gar nicht so übel war und ich kein Heimweh hatte. Warum ich log, war mir selbst nicht klar. Nur Mom konnte schon immer gut hinter den Zeilen lesen, deswegen wunderte es mich, dass ich trotzdem noch hier war und ich war mir sicher dass ich hier auch nicht so schnell wegkommen würde.

„Hey, was ist los?“, Jaydens Stimme riss mich eiskalt aus meinen Gedanken. Er blickte mich besorgt an und zog mich in seinen Armen. Erst als mein Kopf auf seiner Schulter lag, bemerkte ich die Tränen, welche sich gebildet hatten. Verdammt, dachte ich mir. Doch ich ruhte mich in seinen starken Armen aus, welche mir den letzten Halt gaben. Meine Hände krallten sich in seinen dick umhüllten Körper und er streichelte mir über das Haar.

Hätte ich nicht gerade das Bedürfnis darüber zu reden und würde ich ihm nicht vertrauen, hätte ich abgewehrt und hätte gemeint, dass es egal war, doch ich wollte mit ihm darüber reden. Nicht um mich bei jemand auszuheulen, nur hatte ich den Drang danach. Denn ich hatte es immer noch nicht verkraftet. Zwar redete ich mir es die ganze Zeit ein, aber gerade jetzt merkte ich das Gegenteil. Nur wusste ich nicht wie und wo ich anfangen sollte…

„Komm“, meinte Jayden und löste die Umarmung, er nahm meine Hand und wir gingen zusammen durch die Stadt. Überall brannten Lichter, man hörte die Menschen auf den Fußwegen und die Autos auf den Straßen. Wir waren in einer abgelegenen Straße unterwegs, bis ich nach einiger Zeit anfing zu sprechen.

„Es geht um meine Eltern, die haben sich vor einer Weile geschieden. Damals lebte ich noch in Frankreich, war da auch glücklich, hatte Freunde, ein Freund, meine Oma. Ich konnte mich nie beschweren, weißt du? Und dann kam ich eines Tages nach heim und meine Eltern erzählten mir, dass sie sich scheiden lassen würden und ich nach London gehen musste. Man hatte ein paar Wochen davor festgestellt, dass ich halt ziemlich gut in der Schule bin und ich vielleicht höher gefördert werden musste. Also musste ich hier her. Ich mag ja eigentlich London, aber es ist einfach scheiße, wenn man niemanden kennt und ich mit meinen Mitschülern nicht zurechtkomme. Ich weiß nicht, ob irgendjemand ein Fehler gemacht hat, denn ich bin nun wirklich kein Genie. Ich lern nicht gerne, rechnen oder so, ist auch nicht meine Leidenschaft und solche Veranstaltungen, wie heute, sind auch nichts für mich!

Meine Eltern scheren sich ein Dreck um mich, mein Dad hat mich schon solange nicht mehr angerufen oder mir gemailt. Zwar ruft mich meine Mom immer mal an und ich glaube auch, dass sie weiß, dass ich mit dieser Situation nicht zurechtkomme, da sie noch in Frankreich lebt und ich hier allein bin. Niemand unternimmt etwas. Niemand interessiert es, was ich hier mache.

Weißt du, wie oft ich schon daran gedacht habe, einfach abzuhauen? Es würde keiner außer meine Mitbewohnerin merken und die wäre sicher froh, wenn ich endlich verschwinden würde. Ich bin halt echt nicht leicht, gerade wenn ich schlechte Laune hab  und das hat Emily schon lange mitbekommen. Trotzdem bin ich nicht abgehauen, ich wusste nicht wohin. Ich hab doch kein Geld, keine Unterkunft. Ich könnte zwar zu meiner Tante oder zu meinen Onkel, doch die leben auch so weit weg und da komm ich einfach nicht hin. Nur ich würde hier so gern fort! Seit Monaten steck ich hier fest und noch nicht mal zu Weihnachten haben meine Eltern Lust mich zu besuchen oder mich zu holen!“, ich seufzte und endete mit meiner kleinen Predigt. „Tut mir leid, ich wollte dich jetzt echt nicht mit meinen Problemen belasten!“, fügte ich noch höflicherweise hinzu und schaute verstohlen in Jaydens Richtung, welcher still neben mir her ging.

„Wenn ich ehrlich bin, dann weiß ich gerade gar nicht was ich darauf erwidern soll. So der große Redner war ich ja noch nie, gerade wenn es um so etwas geht. Aber du hast Glück gehabt: Zum Zuhören bin ich perfekt geeignet. Außerdem brauchst du dich nicht entschuldigen, Amélie. Es macht mir nichts aus dir zuzuhören. Vielleicht redest du einfach nochmal mit deinen Eltern und wenn sie dann immer noch keine Zeit finden, mit dir etwas zu Weihnachten zu unternehmen, dann kommst du einfach mit zu mir“, er lächelte mich an, was mein Körper gleich eine kleine Gänsehaut zauberte.

„Danke“, sprach ich nun laut und deutlich aus. Denn ich wollte wieder selbstbewusst wirken, nicht mehr so nörgelig und traurig. Da sah ich wieder sein Lächeln, welches mich zum Dahinschmelzen brachte und er drückte meine Hand. „Gern geschehen.“

 „Du hattest, oder hast immer noch, ein Freund?“, fragte er auf einmal und ich blickte ihn skeptisch an. Warum wollte er das wissen? Zum einen freute ich mich innerlich, dass er nachfragte, denn dann hatte er vielleicht Interesse an mir, zum anderen wollte ich ihn gar nichts zu meinen Ex erzählen. Trotzdem setzte ich an: „Pierre. Wir waren 2 Jahre zusammen. Wir haben uns beim Einkaufen kennengelernt, er hatte die letzte Packung Spaghetti genommen, die ich halt auch nehmen wollte und so kamen wir halt ins Gespräch. Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir hatten sogar die Zukunft geplant, aber dann bin ich umgezogen und er hat sich von mir getrennt.“ Keine Ahnung warum ich so viel erzählte, doch er nickte nur und wir gingen schweigend weiter. 

„Und wie ist das bei dir? Du hattest ja erwähnt, dass du dich von dieser Blondhaarigen, die mich so beleidigt hatte, getrennt hast und, dass ihr irgendwie immer als Traumpaar galtet. Warum war das so?“, wollte ich jetzt wissen.  

„Naja… Ich weiß nicht wie ich das sagen soll, aber irgendwie meint jeder, ich wäre der heißeste Typ der Schule und so weiter und so fort. Und sie war halt die liebe Queen der Schule. Also warum nicht gleich den heißesten Typ der Schule mit der Queen vereinigen? Davon abgesehen war ich noch nie derjenige, der sich auf irgendein Image ausruht. Aber wir hatten es halt irgendwann probiert und kamen dann zusammen. Nur jetzt war‘s halt vorbei“, erzählte er mir und ich nickte. 

„Der heißteste Typ der Schule also, hm?“, ich grinste ihn an und er lachte auf. „Jap, also ich find das ja nicht ganz schlecht!“ Er zwinkerte mir zu und ich nickte eifrig, wobei ich lachen musste. „Na das glaub ich dir! Da kannst du sicher jede haben, oder?“  Er tat so als würde er überlegen. „Ganz richtig, die stehen schon alle Schlange bei mir! Nur auf dich warte ich noch“, meinte er und schaute mich grinsend an. Da spürte ich schon die Wärme in meinen Wangen steigen. Ich steh schon an, dachte ich mir und tat einfach mal so, als hätte er gar keine Anspielungen gemacht und meine Wangen wären nicht rot gefärbt.

„Amélie? Bist du bereit gegen das Gesetz zu verstoßen?“, fragte Jayden mit wippenden Augenbrauen und grinste mich an. „Ähm, wie jetzt?“ Ich verstand nicht so ganz. Da drehte er sich schon zu mir um, hielt mein Gesicht in seinen Händen, kam langsam näher und strich mir eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht. Mein Herz schlug wie wild! „Vertrau mir“, flüsterte er und ich spürte wie meine Knie weich wurden. Er hauchte mir einen Kuss auf der Stirn, bevor er meine Hand mit seiner verschränkte und mit mir auf den geschlossenen Weihnachtsmarkt im Park rannte. „Was hast du vor?“, fragte ich grinsend, jetzt war ich wirklich gespannt.

Erst jetzt sah ich, was sich vor mir erstreckte. Ein riesiges Eisfeld, welches in den Abendlicht glänzte und funkelte. Es sah wirklich schön aus, wären die Eingänge nicht verschlossen und es wäre ausgeschlossen, dass wir fahren konnten, wäre mein Eindruck noch besser gewesen. Doch woher sollten wir schon die Schlittschuhe holen? Dazu konnte ich gar nicht fahren, irgendwie fehlte mir dazu der Gleichgewichtssinn. 

„Warte kurz“, ertönte die Stimme von Jayden neben mir, der augenblicklich meine Hand losließ und irgendwohin verschwand. Ich ging in der Zwischenzeit auf die Fläche zu und legte meine Hände auf die Abgrenzungen und schaute auf das  Eis. Da tauchten 2 Schlittschuhe vor meinen Augen auf und ich schreckte zusammen. Hinter mir stand Jayden mit 2 Paar Schuhen und grinste mich frech an. „Wo hast du die denn her? Und ich dachte, wir machen Bilder?“, fragte ich und hatte selbst ein Grinsen auf den Lippen, auch wenn ich nicht unbedingt aufs Eis wollte. „Ich geh öfters mal am Abend, oder so, ein paar Runden auf der Eisbahn drehen. Deswegen hab ich mir irgendwann den Schlüssel meiner Schwester nachmachen lassen und kann mir immer mal paar Schlittschuhe ausleihen. Und die Bilder machen wir noch.“ „Du hast den Schlüssel nachmachen lassen? Und weiß davon jemand etwas?“, kam es aus mir heraus. So wie er nun lachte und den Kopf schüttelte, wusste niemand von seiner Tat. „Jayden! Das kannst du doch nicht machen!“ Er zuckte mit den Schultern und so wie es schien, war jede gute Zurede sinnlos.

„Kommst du mit aufs Eis? Tust du mir den Gefallen?“, er zog ein Schmollmund, doch ich blickte weg und schüttelte den Kopf. „Ich kann das nicht…“, murmelte ich. Ich wollte mich echt nicht blamieren, gerade nicht vor Jayden, der es wohl so gut konnte. „Ich werde es dir beibringen, okay?“, zum dritten Mal heute kam er auf mich zu und legte seine Hände an meinen Gesicht. „Amélie…“

Das konnte doch nicht wahr sein! Wer rief mich denn jetzt an? Jayden seine Hände lösten sich wieder von meinem Gesicht und ich konnte förmlich die Enttäuschung sehen. „Sorry“, meinte ich und warf ihm ein trauriges Lächeln zu. Also irgendwie war das Glück heute nicht mit uns auf einer Seite. Nur wo hatte ich dieses Handy? Irgendwann hatte ich es in meiner Tasche gefunden und schaute auf den Display. „Pierre?“ Ich zog meine Augenbrauen zusammen und ging mit einen komischen Gefühl ans Handy.

„Ja, hallo?“, meine Stimme klang rau. Ich hatte seit unserer Trennung vor mehreren Monaten, kein Wort mehr mit Pierre gewechselt.

„Hey, Lie. Hier ist Pierre, ähm wie geht’s?“ In meinen Magen zog sich etwas zusammen, eine alte Wunde wurde wieder geöffnet und es schmerzte unendlich darin. Seine Stimme klang so wie damals. In der Zeit in welcher wir noch glücklich waren, als ich mir noch sicher war, dass wir für immer zusammen bleiben würden. Nur warum rief er nach so vielen Monaten an? Warum musste er mir eins damit reinwürgen? Ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben, zu sehr vermisste ich ihn, selbst wenn ich Jayden vor mir sah, wie er unsicher den Blick abwandte.

„Ähm, gut und dir?“

„Es geht, sagen wir es so… mir ging es schon mal besser“, ich wusste schon immer wenn es Pierre schlecht ging, das hörte man an seiner Stimme. Sie war immer etwas rauer und gereizt.

„Was ist los?“, fragte ich ihn besorgt und fing langsam an hin und her zulaufen. Es beschäftigte mich richtig. Noch immer konnte ich es nicht ertragen, wenn es ihm schlecht ging. 

„Ich wurde von der Schule geschmissen…“

„Du wurdest was?“, platzte es aus mir heraus und ich blieb sofort stehen. Pierre hatte öfters ein kleines Aggressionsproblem. Wenn man es mit ihm zu weit trieb, dann konnte es knifflig werden, ihn da wieder zu beruhigen. Damals war ich noch dagewesen, wenn er mich gesehen, meine Berührungen gespürt und erwidert hatte, wurde er meistens normal. Aber ich war nicht mehr da. „Was hast du angestellt, Pierre?“ Ich konnte es mir ja schon denken.

„Ähm, naja… Kennst du noch Nico? Den Kerl aus unserer Parallelklasse? Groß, dunkelhaarig, breite Schultern… Der hat Aurélie einfach so beschissen angemacht, sie an gegrabscht und er wollte auch nicht aufhören, als sie es ihm verwehrte. Also hab ich eingegriffen und ihm eine runter gehauen. Der hat jetzt mehrere gebrochene Rippen, ähm eine gebrochene Nase  und ein paar Platzwunden…“ Irgendwie klang er sogar ganz stolz auf sein Werk und ich schüttelte den Kopf.

„Du kannst froh sein das du mit deinen Schulverweis so gut davon gekommen bist! Das kannst du doch nicht bringen, man Pierre! Selbst wenn er Aurélie angebaggert hat, du kannst nicht sofort auf ihn losgehen“, ich wurde langsam echt wütend. „Warum hast du eigentlich angerufen? Sicher nicht nur, um mir von deinen prächtigen Taten zu erzählen!“  Jetzt machte ich mir wieder Gedanken und das wollte ich nicht. Ich wollte mit ihm abschließen, eigentlich dachte ich, dass ich das schon längst hatte. Aber jetzt seine Stimme zuhören, brachte mich vollkommen aus der Bahn.

„Ich weiß, Lie. Nur das ist alles so schwierig, seid…“, er räusperte sich, „seid du weg bist. Naja, wegen meiner Scheiße darf ich jetzt von daheim ausziehen und zu Danny ziehen. Der ist ja nicht wirklich froh darüber, aber er meint, er wird mich schon im Griff bekommen, selbst wenn er mir ein Boxsack kaufen muss. Und ich konnte ihn überreden, dass ich dich besuchen kommen darf. Die Weihnachtsferien kommen eh bald und da darf ich paar Tage bleiben.“

 Er wollte jetzt nicht ernsthaft kommen? Nein, das konnte er nicht! Mein Blick fiel auf Jayden der sich schon die Schlittschuhe anzog und nicht wirklich begeistert über mein Telefonat schien. Ich seufzte. Vorhin war ich mir noch ganz sicher gewesen, dass ich endlich seine Lippen auf meinen spüren wollte. Doch jetzt war da wieder Pierre, der Typ der mich in und auswendig kannte. Ich befand mich mit meinen Gefühlen in einer Zwickmühle.

„Lie, bist du noch dran?“ Und ich hatte vergessen Pierre zu antworten. „Ähm, ja klar, sorry. Ist ja cool, ähm, sag mir dann einfach Bescheid, okay? Ich muss jetzt erst einmal weiter, also man hört von sich. Tschau Pierre!“ Schon hatte ich aufgelegt und atmete laut aus. Jetzt musste ich wieder mit Jayden reden und ich wusste nicht ob ich mich freuen, oder gleich kehrt machen sollte.

„Das war also dein Ex-Freund?“, fragte mich Jayden genervt und es tat mir sofort leid. Sein Blick war so kalt, wütend und genervt. Am liebsten hätte ich ihn zu mir gezogen und ihn ganz lang umarmt. Doch ich tat es nicht. „Ja, das war er.“ Ich ließ mein Handy wieder in meine Tasche fallen und überlegte wie ich die Situation wieder aufbessern konnte.

„Okay, bring es mir bei!“, sagte ich und hatte ein Lächeln aufgesetzt. Jayden blickte verwirrt und ich fügte hinzu: „Bring mir das Schlittschuhlaufen bei!“ Bei ihm schien es im Kopf zu rattern und sein kaltes Gesicht bekam wieder etwas Leben und ich dankte Gott. Zum Glück hatte Pierre den Abend nicht versaut! „Okay, dann komm mal her.“

Ich tat was er sagte. Zu meinen Gunsten hatte er auch noch den Schlüssel für den Eingang, damit ich nicht auch noch über das Geländer klettern musste. Ich setzte mich auf die kleine Stufe, zog mir meine Boots aus und die Schlittschuhe über, bis Jayden zu mir kam und mir half aufzustehen. Er hatte davor schon ein paar Runden gedreht und ich war erstaunt gewesen, wie er sich so gut auf den Beinen halten konnte, wie elegant er doch als Typ auf den Eis aussah. Richtig zum Anbeißen.

Es war echt nicht leicht, sich auf den Eis fortzubewegen, ich war oft kurz vorm Fallen. Doch Jayden hatte eine Geduld, welche mich echt beeindruckte. Denn ich wäre bei einem solchen Lehrling, wie mich, schon lange durchgedreht. Doch er erklärte mir alles haarklein, und trotzdem schaffte ich es nicht. Am Ende zog er mich nur noch nach vorne, indem er meine Hände hielt. Doch einmal nahm er zu viel Schwung, zumindest meiner Meinung nach, ich kreischte und er ließ meine Hände los. 

Ich fuhr und fuhr und fuhr, hatte aber vollkommen die Kontrolle verloren und schon flog ich auf der Schnauze. Bloß lag ich nicht genau auf den Boden, sondern auf Jayden, welcher versucht hatte mich aufzufangen. Sein ganzer Körper war von meinem bedeckt. Ich spürte seine Wärme, seine Muskeln, jeden einzelnen Zentimeter seines Körpers und ich bekam eine Gänsehaut. Durch den Aufprall waren unsere Gesichter gefährlich nah zusammen und dann geschah es endlich. 

Jayden zog mich an sich, seine Augen brannten sich in meinen und seine Lippen bewegten sich zart auf meinen. Sie verschmolzen förmlich miteinander. Der Kuss war zart, süß und  trotzdem perfekt. Ich fühlte mich total geschwächt und doch gestärkt, mein Herz klopfte und ich war so froh. Meine Gedanken überschlugen sich und ich musste erst einmal realisieren, was hier passiert war.

Jetzt gab es nur noch eine Frage: Jayden oder Pierre?

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