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[ Point of view: Kageyama Tobio 🖤 ]

Ich verabschiedete mich und ging dann nach Hause, ziemlich verwirrt, um ehrlich zu sein. Ich dachte daran, was heute passiert war und kam zu dem Entschluss, dass ich nicht mehr lügen konnte. Ich wusste es jetzt. Ich wusste, warum ich ständig so nervös in Hinatas Nähe war, warum ich mich so seltsam vor ihm verhielt, wieso ich es okay fand, dass er meine Hand hielt, warum ich immer so rot wurde, wenn Hinata auch nur lächelte, warum ich mir einen Schlag kassieren lasse, weil ich ihn verteidigt habe, warum ich ihn umarmen wollte, als wäre es das Normalste auf der Welt.
Ich wusste, dass ich diesen Jungen, den ich eigentlich immer nur als unwürdigen Rivalen angesehen hatte, auf welche bescheuerte Weise auch immer, so tief ins Herz geschlossen hatte, dass man von etwas größerem als nur Freundschaft reden konnte.
Ich liebte diesen Jungen.

Allein dieser Gedanke hatte mich schon Überwindung gekostet. Warum ich? Ich befürchtete, dass die Gesellschaft es nicht akzeptieren würde. Hatte ich nicht genug Probleme mit Menschen? Kommunizieren war nicht meins, nett sein war nicht meins, Gefühle zeigen war nicht meins. Wenn sie jetzt herausfinden würden, dass ich schwul war, dann hätte ich noch ein viel größeres Problem.
Ich war ihnen bereits ein Dorn im Auge. Also musste ich diese Gefühle einfach in mir einschließen. Doch dann dachte ich daran, was Hinata gesagt hatte.

" Wenn das dein wahres Ich ist, dann läufst du vor einer wunderbaren Person weg. "

Es stimmte, wenn Hinata in der Nähe war, viel es mir schwer, mich zu kontrollieren und zurück zu halten. Das muss er wohl bemerkt haben. Aber wieso schaffte ich es nicht mehr? Sonst funktionierte es immer, bei jedem, den ich liebte, also auch vor meiner Mutter. Warum also nicht bei Hinata? Vielleicht lag es daran, dass ich mich bei Hinata wohl fühlte und ich das Gefühl hatte, dass er mich akzeptierte, egal wie ich war.

Das Wort, das allerdings in meinem Kopf feststeckte, war "wunderbar". Er hatte mich wunderbar genannt. Wie konnte jemand wie ich wunderbar sein? Ich verhielt mich manchmal kalt und gefühlslos, egoistisch und gemein. Ich wusste, dass ich so schon viele in meinem Umfeld verletzt hatte, auch Hinata selbst. Weil es keine Absicht war, konnte ich mich nicht dafür entschuldigen. Wieso sollte ich mich auch für etwas entschuldigen, was einfach so passierte? Wenn jemand starb, entschuldigte er sich ja auch nicht dafür, eben weil er nichts daran ändern konnte und es einfach passierte.

Doch Hinata hatte etwas anderes gesagt. Er meinte nicht das Ich, welches ich vorgab, zu sein. Er meinte das Ich, das ich verbannt hatte. Das Ich, das sich anderen gegenüber öffnete, das Ich, das sich hilfsbereit, nett und gutherzig verhielt.

Er hatte mir meine größte Angst genommen. Die Angst, dass die Leute meine wahre Persönlichkeit nicht akzeptieren würden. Denn sie haben sie schon früher nicht gemocht, warum also jetzt? Das hatte ich immer gedacht, aber heute hatte Hinata das exakte Gegenteil behauptet. Er war die Person, die mir die Wahrheit vor Augen geführt hatte. Aber war das nicht zu einfach? Ich war schließlich die letzten Jahre immer so gewesen und eines Tages kam ein orangehaariger Zwerg vorbei und änderte alles auf einem Schlag.

Endlich kam ich Zuhause an. Ich kam rein und grüßte meine Mutter, die mich seltsam ansah.
" Du sagtest, du würdest später kommen. Und woher kommt der blaue Fleck in deinem Gesicht? "
" Sollte ich sie wirklich wieder anlügen? Sie ist schließlich meine Mutter und ich habe ihr so etwas seit der Grundschule nicht mehr anvertraut... ", dachte ich.
" Ich habe Fehler gemacht. ", war alles, was ich dazu sagte.
" Möchtest du darüber reden? Ich bin für dich da. "
" Vielleicht... Ich weiß nicht. "
" Weißt du was, setz' dich da jetzt hin. Ich hole Tee und Kekse, dann erzählst du mir, was los ist. "

Ich seufzte, legte meine Tasche ab und setzte mich neben meine Mutter, die gerade Kekse abstellte und darauf wartete, dass das heiße Wasser in der Küche aufgekocht war.
Eigentlich war es kein Problem, mit ihr zu reden. Solange ich nicht über die Dinge reden musste, die in der Mittschule passiert waren.

" So, jetzt erzähl' schon. "
" Erinnerst du dich an den Jungen, den ich in der Grundschule mit einem Stein angeworfen habe? Wir sind seitdem immer in einer Klasse gewesen und er hat mir das nie vergessen. Deswegen hat er mich in den letzten Jahren immer wieder gemobbt. Wie auch heute, als er mich beleidigt hat. Ich bin solche Worte gewohnt, also tat es nicht weh. Aber als er Hinata da mit reingezogen hat, habe ich irgendwie die Kontrolle über mich verloren. Ich habe ihn geschubst und ein paar aus der Menge haben alles gefilmt. Der Junge hat mich geschlagen, als ich abgelenkt war, daher kommt der blaue Fleck. Aber als er mich zu Boden getreten hatte, konnte ich mich nicht mehr halten und habe ihn zurück geschlagen. Er hat 'ne Show draus gemacht und ich musste zum Schulleiter. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Junge hat gelogen und ich wurde bestraft. Ich darf weder zum Training noch zum Spiel am Wochenende erscheinen. "

Erleichtert atmete ich aus.

" Ich bin nicht sauer. Aber beim nächsten Mal erzählst du mir sofort, wer dir was antut! Dann fahre ich dahin und ziehe ihnen die Ohren lang! "
Ich lachte in mich hinein. Mütter eben.
" ...Aber ich denke, das war noch nicht alles. Es gibt noch etwas, was ich wissen sollte. "
" Was denn? "
" Wie zum Beispiel, was in der Mittelschule passiert ist. Kein Kind schließt sich grundlos in einem dunklen Zimmer ein, verändert sich und entwickelt eine neue Version von sich selbst. Außerdem, die Sache mit Hinata. Du warst nie der Typ, der sich viel um andere geschert hat. Warum also verteidigst du ihn? Dir waren andere immer egal, nicht weil du egoistisch bist, sondern weil du es nicht nach Außen zeigen kannst. Aber eigentlich ist es dir nicht egal. Vorallem ist er dir nicht egal. "
" Ich weiß nicht... "
" Komm schon, sei ehrlich. Wenn du dich in ihn verliebt hast, ist das okay. Er ist schließlich ein guter, süßer Junge. "
" Warum heiratest du ihn dann nicht? ", fragte ich ausweichend, weil ich merkte, wie unangenehm mir das Ganze wurde.
" Ach, ich denke, ich überlasse ihn meinem Bengel. "

" Und wenn er mich nicht liebt? ", murmelte ich unverständlich, sodass meine Mutter es hoffentlich nicht gehört hatte.
" Wie war das?'"
" Nichts. Nicht so wichtig. ", nuschelte ich und ärgerte mich über meine Dummheit.
" Tobio, merk' dir einfach, dass du mein Sohn bist und ich und Papa dich immer lieben und akzeptieren werden. Wenn du uns etwas sagen möchtest, sind wir hier. Okay? "
Ich nickte und ließ mich dann von ihr umarmen. Es fühlte sich anders an, als bei Hinata. Aber es war auch nicht unangenehm. Trotzdem löste ich mich nach einigen Sekunden wieder und verschwand dann in mein Zimmer, um den heutigen Tag zu verarbeiten.

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