2 Bekanntschaft

8.03.2018 Donnerstag

Eine leise, säuselnde Stimme dringt an mein Ohr, während ich mit geschlossenen Augen noch im Traumland versinke.

"Genevieve, aufstehen, sonst verschläfst du." Träume ich? Hoffentlich, denn die Vorstellung jetzt aufstehen zu müssen, klingt wie ein reiner Alptraum.

"Eve!", flüstert die Stimme nun dringlicher.

"Mhhhm."

"Steh endlich auf, sonst kommst du zu spät" Oh, das klingt doch nach meiner Großmutter. Ist es wirklich schon so früh? Aber mein Bett ruft quasi nach mir und die Wärme verschwindet wieder, sobald ich aufstehe.

"Komm schon, Schätzchen. Ich mach dir einen Kakao, damit du Zeit hast zum aufstehen." Ein Kakao ist genau das, was ich gerade brauche. Aber nur den einen Kakao, den sie auf ihre typische Art und Weise herrichtet. Bei Großmüttern schmeckt alles umso besser.

Ich stehe auf und bemerke, das ich immernoch in diesen Fummeln von letzter Nacht stecke. Als erstes nehme ich mir erstmal vor, mir normale Sachen zu holen. Damit meine ich, einen Rollkragenpullover, eine Jeans und normale Unterwäsche. Danach gehe ich ins Bad, um mir im Schnelldurchlauf die Zähne zu putzen und die Haare zu kämmen.

Mit meinen Haaren habe ich so gut wie nie Probleme. Sie sind sehr dunkel und leicht gewellt. Schminke benutze ich im Alltag nicht, denn auf der Arbeit muss ich mir schon genug davon in mein Gesicht schmieren. Das trifft sich im Alltag ganz gut, da ich reine Haut und volle Lippen habe.

Wieder in meinem Zimmer stecke ich mein Handy in meinen Rucksack und stelle diesen auf das Regal im Flur. Innerhalb von zehn Minuten bin ich mit allem fertig, deswegen begebe ich mich in die Küche zu meiner Großmutter.

"Hier, Eve." Sie stellt mir die Tasse mit dem Kakao auf den Tisch, während ich mich auf einem der Stühle niederlasse. Mit einem wohligen Seufzer fange ich an, an dem Kakao zu nippen.

"Du hast noch fünfzehn Minuten Zeit, um zur Schule zu kommen", meint sie wie beiläufig und das bringt mich dazu einen Blick auf die Uhr zu werfen. In fünfzehn Minuten ist es 7:55 Uhr. Um 8:00 Uhr fängt der Unterricht an.

"Kein Problem, Oma. Du weißt, wie schnell ich bin." Dazu mache ich eine Handbewegung, als würde ich den Zeitdruck einfach von mir schieben, woraufhin sie lächelt.

"Ich hab dich lieb, Eve." So herzerwärmend das auch klingt, lässt es mein Lächeln auf den Lippen gefrieren. Häufiger sagt sie mir, wie gut ich mich um sie kümmern würde und das ich ein so tolles Kind wäre. Doch in den Augen anderer bin ich das definitiv nicht. Zumindest wenn sie davon erfahren würden, was ich am Abend denn so treibe.

"Schon okay", antworte ich ihr nur. Das leere Glas stelle ich in die Spüle und werfe mir meinen Rucksack aus dem Flur über die Schulter. Bevor ich mich auf den Weg nach draußen mache, gibt Großmutter mir einen Kuss auf die Wange.

Draußen angekommen atme ich tief durch. Nachts hat es scheinbar geregnet, denn es riecht nach diesem frischen Regenduft. Um mich herum überall die grauen Häuserblocks, die bis in den Himmel ragen und die Sonne blockieren.

Schnellen Schrittes mache ich mich auf den Weg zur Schule. Er ist nicht sonderlich lang, da die Schule nur ein paar Straßen von meinem Wohnblock entfernt ist. Überall herrscht hektisches Treiben. Die Straßen sind überfüllt mit Autos und viele Schüler sind auf ihren Fahrrädern auf dem Weg zur Schule.

Als ich auf mein Handy sehe, zeigt mir die Zeit, das ich noch locker zehn Minuten habe. Gerade mal fünf Minuten sind vergangen. Ich habe ziemlich oft das Gefühl, das die Zeit viel zu langsam vergeht aber soll mir recht sein.

Bei der Schule angekommen presse ich mich durch die Menschenmasse, um zu meinem Spind zu kommen. Schnell nehme ich mir ein paar Bücher mit und flitze auch schon zu meiner ersten Stunde. In meinem Heft steht, das ich jetzt Chemie habe. Zum Glück, was anderes würde ich jetzt nicht aushalten. Bestimmt denkt ihr euch "Iiih, wie kann sie Chemie mögen?" aber so schlimm finde ich Chemie nicht. Wenigstens ist es logisch. Wobei es Mathe auch ist und trotzdem bin ich schlecht in Mathe.

In Gedanken versunken laufe ich gegen einen steinharten Rücken. Alleine deswegen weiß ich schon, wer es sein muss.

"Pass auf." Eine raue Stimme zischt mir das zu. Dunkle Haare, helle Augen, markante Gesichtszüge. Natürlich muss ich gegen einen der Badboys laufen.

"Sorry", murmle ich und will nur verschwinden. Doch da werde ich am Arm gepackt. Kalte Augen mustern mich argwöhnisch.

"Ich meine es ernst. Pass auf, wo du hinläufst", zischt er diesmal bestimmter. Wenn mir etwas Angst macht, dann sind es die Badboys. Mit denen legt sich niemand an.

"Ich habe es verstanden." Meine Stimme hört sich diesmal fester an und jetzt werde ich endlich losgelassen. Er wirft mir noch einen tödlichen Blick zu, doch das ignoriere ich gekonnt. Ich renne schon fast vor ihm weg, damit ich im geschützten Chemieraum ankomme. Hier war wenigstens nur mein nerviger Kurs. Weit und breit keine Badboys, ist das herrlich.

Nachdem ich ausgepackt habe, lege ich meinen Kopf auf die Tischplatte, weil ich immernoch so müde bin. Das alles nimmt mich mit. Erst jetzt bemerke ich meinen Muskelkater. Seelisch, wie auch körperlich, werde ich zu einem Wrack. Es ist schwierig zur Schule zu gehen und gleichzeitig so hart zu arbeiten.

Mehr Zeit zum nachdenken habe ich nicht, denn in dem Moment klingelt es zum Unterricht. Chemie wird mich bestimmt etwas ablenken.

•~~~~~~~~•

Nach vier Stunden habe ich Mittagspause. Die Schüler stürmen alle in die Mensa, wo mein Weg mich ebenfalls hinführt. Ich hole mir ein Tablett und nehme mir das Essen mit. Mein Blick schweift über die Mensa hinweg, bis ich weiter hinten einen kleinen Tisch sehe, der frei ist.

Dort angekommen lasse ich mich nieder, nehme mein Handy raus und gucke, was so auf Instagram läuft. Nebenbei esse ich etwas Kartoffelpüree mit so einer komischen Soße. Fragt mich nicht, das Essen hier esse ich nur, weil ich nichts anderes habe. Sonst würde ich sowas nie im Leben auch nur kosten wollen.

Nach einiger Zeit werde ich an der Schulter angetippt. Irgendein Junge steht vor mir. Ganz ehrlich, den habe ich noch nie gesehen. Das muss was heißen. Ich bin jemand, der immer alles beobachten muss. Deswegen sind mir die meisten Gesichter auf einer Art und Weise bekannt, doch dieses hier nicht.

Weiche Gesichtszüge, helle braune Haare, dunkle Augen. Auf den ersten Blick würde ich sagen, nicht von schlechten Eltern.

"Darf ich mich zu dir setzen? Bist ziemlich allein hier." Ein kleines Lächeln liegt auf seinen Lippen, was mich schon beeindruckt. Attraktiv, attraktiv.

"Klar, warum nicht. Bevorzuge es sonst immer allein zu sein." Meine Schultern zucken kurz, um es zu verdeutlichen. Es war mir recht egal, ob er bleibt oder geht.
Er setzt sich mir gegenüber mit seinem Tablett und lässt seinen Rucksack von den Schultern fallen.

Sein Muskelspiel ist nicht zu übersehen. Trainiert und hübsch, was erwartet man mehr? Er ist der geborene Badboy aber wenn er das wäre, dann muss es doch auffallen. Also frage ich es geradeheraus.

"Warum sitzt du hier bei mir? Du siehst nicht so aus, als müsstest du dich mit jemandem wie mir abgeben." Interessiert stütze ich meinen Kopf auf der Hand ab. Kurz weiten sich seine Augen, doch daraufhin fängt er an laut zu lachen.

Einige drehen sich schon zu uns um, deswegen lege ich einen Finger auf die Lippen, damit er verdammt nochmal leise ist. Weniger Aufmerksamkeit ist besser.

"Was lachst du so? Ist doch eine berechtigte Frage", zische ich.

"Tut mir leid, falls es beleidigend rüberkam. Aber das war überraschend. Ich bin neu an der Schule, deswegen brauche ich irgendjemanden bei dem ich bleiben kann und du sahst nunmal so alleine hier. Außerdem danke, für das Kompliment." Zum Ende hin zwinkerte er mir zu.

Okay, das ist mir doch minimal peinlich. Er kennt die Badboys nichtmal. Oh, heiliger Gott. Bestimmt bin ich total rot im Gesicht.

"Das muss dir nicht peinlich sein, deine Frage ist wirklich berechtigt." Der Junge ist wirklich nett. Hoffentlich landet er nicht bei den Badboys. Die würden ihn nur verderben.

"Übrigens ich bin Jamie und wie heißt die Schönheit, die vor mir sitzt?" Okay, ich muss sagen, dass mir das ein Lächeln entlockt. Ich meine, wer will kein Kompliment von einem heißen Typen bekommen? Weil er schon so süß fragt, antworte ich ihm ausnahmsweise mal.

"Ich heiße Genevieve aber alle nennen mich Eve."

"Na dann, einen außergewöhnlichen Namen hast du da. Schön dich kennenzulernen, Gene." Gene? Hat er mir grad nicht zugehört? Da gucke ich dumm aus der Wäsche.

"Was denn? Wenn dich alle Eve nennen, dann nenne ich dich halt Gene, ist doch klar." Als ob es so normal ist. Ein heißer Typ trifft auf ein Mädchen, das komplett allein an einem abgelegen Tisch sitzt und nennt sie anders, als alle anderen. Normalerweise würde ich sagen, der ist hoffnungslos verliebt aber das geht nicht.

"Jetzt guck mich doch nicht wie ein Rollmops an. Ist es so schlimm, wenn ich dich so nenne?"

"Tut mir leid, falls es beleidigend rüberkam. Aber das war überraschend", zitiere ich ihn.
Daraufhin lachte er wieder zu laut auf und einige drehten sich zu uns. Diesmal musste ich aber mitlachen.

"Gene, ich glaube ab jetzt wirst du mich nicht mehr los." Eigentlich müsste ich ihn dafür wegschicken oder genervt sein, doch nichts von beidem geschieht. Im Gegenteil! Ich glaube sogar, das er recht hat und es macht mir nichts aus.

"Jamie, was machst du hier?" Oh, oh. Eine mir bekannte Stimme. Meine Augen gleiten, so wie die von Jamie, zu dem Typen neben uns.

•~~~~~~~~•
Oha, schon im zweiten Kapitel geht es heftig zu. Wie findet ihr es? Besser, wenn es spannend ist oder doch etwas langweiliger am Anfang? XD
Außerdem, danke für ca. 25 reads! Für den Anfang schon recht viel. :D

Eure Yuki🌹🎀

1522 Wörter

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