11 Kontrolle

20.03.2018 Dienstag

"Hey, Jungs." Seufzend lasse ich mich auf die Bank fallen, genau neben Jamie.

"Hey, Gene", begrüßt mich Jamie mit einem freundlichen Lächeln. Die anderen bemerken mich wahrscheinlich nicht, so konzentriert, wie sie sich unterhalten. Hier und da kann ich ein paar Gesprächsfetzen aufschnappen, die sich hauptsächlich um irgendwelche Mädchen drehen.

"Gene", flüstert Jamie mir ins Ohr, weswegen ich mich zu ihm drehe. Sein Gesicht schwebt nur wenige Millimeter von meinem entfernt. Mir stockt der Atem, weil die plötzliche Nähe etwas unangenehm ist. Er blickt mir geradewegs in die Augen und seine Lippen öffnen sich ein wenig.

"Dein Essen gehört mir." Meine Augen weiteten sich leicht. Ich entferne mich von ihm, um zu realisieren, was er da getan hat.

"Du dreckiger Idiot. Nicht mein Wackelpudding!" Jetzt sitzt er da mit einem triumphierendem Grinsen auf dem hässlichen Gesicht. Eigentlich ist es ja schön aber nicht in diesem Augenblick. Den Wackelpudding hält er in der einen Hand und den Löffel in der anderen.

"Nein, wehe. Jamie, das meine ich ernst." Er kann ihn mir nicht wegnehmen. Es ist so selten, das es was gutes in dieser scheiß Schule zum essen gibt, doch gerade dann muss er es mir nehmen. Beleidigt sehe ich zu, wie er sich einen vollen Löffel in den Mund schiebt. Dazu macht er noch genüssliche Geräusche, woraufhin ich ihn an die Schulter boxe.

Beleidigt verschränke ich die Arme und schiebe meine Unterlippe vor. Der Idiot guckt mich nur amüsiert an aber ist den Pudding weiter. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre er spätestens jetzt tot.

"Macht mal halblang. Jamie, das Prinzesschen sieht ziemlich sauer aus." Brand beobachtet uns ebenfalls amüsiert, so wie die anderen auch. Sie mussten wohl vorher das Gespräch beendet haben. Das ändert allerdings nichts an der Situation.

"Ich weiß", antwortet Jamie gelassen, ohne mit dem essen aufzuhören. Dann stellt er den leeren Plastikbecher auf sein Tablett und leckt sich über die Lippen. Genervt lege ich meinen Kopf auf dem Tisch ab.

Jemand tippt mir auf den Kopf, weswegen ich meinen Kopf leicht anhebe. Ich sehe wieder in diese blauen Augen, doch David hält etwas vor mich.

"Willst du mir den geben?" Ich richte mich ganz auf, um ihn besser zu sehen. Er will mir seinen Wackelpudding reichen.

"Warum nicht?" Um es zu verdeutlichen zuckt er mit den Schultern. Ich nehme mir den Wackelpudding langsam und sehe ihn nochmal an.

"Er isst sowas ja nicht", meint Matthis noch aber sie unterhalten sich alle wieder. Merkwürdig. Warum nimmt David einen Wackelpudding mit, wenn er ihn nicht isst?

Ich spüre, das mein Handy vibriert. Auf dem Display sehe ich Ricas' Namen.

[20.03.2018, 11:20 Uhr] Rica: Wollen wir uns treffen, nachdem du fertig mit dem Unterricht bist? Ich bin ziemlich scharf auf Information, you know?😜
[20.03.2018, 11:21] Genevieve: Das bist du immer. Wo willst du denn hin?
[20.03.2018, 11:21] Rica: In das Mermaid Café.😏
[20.03.2018, 11:22] Genevieve: Wie immer?
[20.03.2018, 11:23] Rica: Natürlich! Die haben die besten Himbeertorten, weißt du doch.😍
[20.03.2018, 11:24] Genevieve: Na gut. Ich bin gegen 15 Uhr da.
[20.03.2018, 11:24] Rica: Viel Spaß in der ätzenden Schule!😙
[20.03.2018, 11:25 Genevieve: Ich kann nichts dafür, das ich noch zur Schule muss!😑

Ohne mir zu antworten, ist sie offline gegangen. Diese Frau wird mich irgendwann fertig machen aber trotzdem mag ich sie so sehr. Wenigstens kann ich mich jetzt auf das Café freuen. Das Verhör ist zwar nicht toll aber was soll's. Viel zu erzählen gibt es sowieso nicht.

"Eve, hau ab." David sieht mich mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck an. Das bringt mich fast wieder auf die Palme.

"Wenn du ein Problem mit mir hast, sag es mir gleich." Herausfordernd sehe ich ihn an, doch er fängt an kehlig zu lachen. Was zum...?

"Verpiss dich, sonst bekommst du Ärger mit deiner Kunstlehrerin." Ein Blick um mich herum reicht aus, um aufzuspringen und zum Kunstraum zu flüchten. Tatsächlich bin ich zu vertieft in das Gespräch mit Rica gewesen, sodass ich das Klingeln vergessen habe und nicht gemerkt habe, wie alle Jungs gegangen sind außer David. Bevor ich durch die Eingangstür der Mensa hetze, sehe ich zurück zu David, der weiterhin alleine an dem Tisch sitzt.

•~~~~~~~~•

"Da bist du ja. Lass dich drücken." Rica kommt mir gerade entgegen, als ich völlig aus der Puste in das Café hineingehe.

"Tut mir leid, Rica aber das ist keine gute Idee." Sofort versteht sie mich und lächelt mich nur an. Ich hatte gerade eben noch Sport, deswegen muss ich mich mit dem Umziehen beeilen. Es ist ja einmalig, doch es ist nicht angenehm verschwitzt in einem Café zu sitzen. Dann muss ich wohl oder übel nachher auf der Arbeit duschen.

"Komm setz dich. Ich hab uns beiden schon ein Stück von der himmlischen Himbeertorte bestellt und natürlich einen Latte Macchiato." Grinsend führt sie mich zu einem abgelegenen Tisch, an dem wir immer sitzen. Am Fenster ist es mir unangenehm, weil mich dort die Menschen auf der Straße auch sehen können. Ich verstehe nicht, wie das manche sogar genießen.

Erschöpft lasse ich mich gegenüber von Rica nieder, während sie die ganze Zeit, wie ein kleines Kind angrinst. Abwartend sehe ich sie nur an, doch sie fängt nicht an zu reden. Nach ein paar Minuten kommt eine Kellnerin, die unsere Bestellung bringt. Vorsichtig nippe ich an dem heißen Getränk, welches mich entspannen lässt.

"Warst du mit dem heißen blauäugigen Typen im Bett?" Angestrengt schlucke ich die Flüssigkeit herunter und unterdrücke mir ein Husten, was leider nicht so gut klappt.

"Heißt das ja?" Wie ein Welpe sieht sie mich an aber ich schüttle hektisch meinen Kopf.

"Nein, niemals! Er ist nur irgendein Badboy an meiner Schule. Ich habe nicht viel mit ihm zu tun."

"Meine Liebe, das kannst du mir nicht erzählen. Du hättest deine Reaktion sehen sollen, als er vor deiner Tür stand", tadelt sie. Wobei sie leider recht hat aber das muss sie nicht wissen.

"Ich war nur überrascht, weil das nicht geplant war. Mehr nicht und nicht weniger. Auf der Party habe ich bestimmt auch nicht mit ihm rumgemacht."

"Was heißt bestimmt nicht?" Peinlich berührt senke ich meinen Kopf, weil das echt unangenehm ist. Was, wenn es vielleicht doch David war? Ich erinnere mich einfach nicht. Der Körper des Unbekannten ist mir so bekannt vorgekommen. David habe ich allerdings nie wirklich berührt, oder? Wie kann er es dann gewesen sein? Oder meine Sinne haben mich getäuscht.

"Gott, ich habe mit irgendeinem Typen geschlafen. Ich weiß nicht, wer es war, okay? Bitte, lass uns das Thema wechseln." Ihr Lächeln verblasst aber wir verstehen uns gut genug, das sie weiß, wie unpassend der Moment dafür ist.

"Willst du wissen, wer es war?", fragt sie mich interessiert.

"Natürlich, will ich es wissen. Aber es war irgendeine Party und er war bestimmt ebenfalls betrunken. Wer weiß, ob er mich wieder erkennt? Vielleicht ist es besser so, wenn wir uns nicht wieder erkennen." Das ist die volle Wahrheit. Keiner kann wissen, was dann passieren würde. Aber weg mit dem Thema jetzt.

"Wie läuft es eigentlich gerade bei dir?" Die Frage ist berechtigt, denn ich weiß, wie schwer sie es hat. Sie strahlt jeden Tag, doch wenn sie allein ist, verzweifelt sie.

"Wie immer halt. Kai geht es gut und ihm gefällt es ihm Kindergarten sehr. Es macht mich glücklich seine Mutter zu sein aber es ist halt anstrengend. Im Buchladen läuft es zum Glück normal und im Club, weißt du ja, wie es ist." Es freut mich zu hören, das es ganz okay läuft. Kai ist ihr dreijähriger Sohn, der auch ein Schatz ist. Sie wurde damals allein gelassen, als ihr Exfreund erfuhr, das sie schwanger war. Den Typen könnte ich immernoch dafür köpfen.

"Das freut mich zu hören. Aber wie läuft es so zwischen dir und... du weißt schon wem." Anzüglich grinse ich ihr zu, um die Situation zu lockern.

"Was? Nein, wir haben nichts.. also da ist nichts zwischen Thomas und mir, er ist doch unser Chef, da sollte nichts sein", plappert sie vor sich hin, während sie errötet. Das kann sie jedem erzählen, nur nicht mir. Unser Chef ist echt nett, weswegen ich es ihr gönnen würde. Jeder Blinde kann sehen, wie sie sich oft anstarren. Wobei sie natürlich auch recht hat. Er ist unser Chef, da darf nie was laufen.

"Lass uns noch etwas anderes machen, bevor wir zur Arbeit müssem." Mal wieder will sie ablenken. Als Antwort nicke ich nur. Wir bezahlen und gehen hinaus auf die Straße. Für die nächsten Stunden bummeln wir viel in Läden, gucken uns schöne Orte an oder unterhalten uns über dumme Sachen. Es lenkt uns beide von unseren Problemen ab.

"Komm, es wird Zeit für die Arbeit", sage ich nachdem ich einen Blick auf die Uhr geworfen habe. Es wird draußen schon etwas dunkler, was sehr schön aussieht aber die Arbeit ist wichtiger. Rica schmollt etwas, doch dann folgt sie mir zum Club. Währenddessen erzählt sie echt schlechte Flachwitze, die mich trotzdem zum lachen bringen. Gerade sind wir vor dem Club, als mich ein mulmiges Gefühl beschleicht. Mein Bauch fängt an zu kribbeln, doch ich ignoriere es.

Rica läuft ruckwärts zur Tür, weil sie sich mit mir unterhält. In dieser Position macht sie die Tür auf und bevor ich etwas sagen kann, knallt sie rückwärts gegen eine große Person im Club.

"Guten Tag, Miss. Arbeiten Sie hier?" Ein kalter Schauer fährt über meinen Rücken. Rica ist unfähig zum antworten, deswegen muss ich wohl antworten.

"Ja, wir beide arbeiten hier. Wer will das wissen?" Ein genauso großer Mann, stellt sich neben den vor uns und bei seinen Worten versteift sich mein ganzer Körper.

"Mr. Calleham und Mr. Warden. Beamte bei der städtischen Polizei. Wir wollen das Bordelle kontrollieren, weil uns der Missbrauch von Minderjährigen gemeldet wurde."

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Spanneeeeend~! Ich bin so gemein.😂 Aber es war so schwierig dieses Kapitel zu schreiben. Ich hoffe es wird wieder einfacher für mich.

Eure Yuki🌹🎀

1650 Wörter

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