9. Paradoxes aus dem Präsidentenpalast

Das Werk, welches ich mir heute vornehmen werde, wurde mir von einer Leserin vorgeschlagen und trägt den Titel "Die Tochter des Präsidenten". Geschrieben wurde es von aaaLLeeNNaaa.

Der Klappentext beginnt mit einem Hinweis, dass es sich hierbei um den ersten Band handelt. Gut zu wissen, also bin ich hier schon mal richtig. Gefolgt wird dieser Hinweis von einem Textausschnitt, der da lautet: "Panik kroch in mir hoch und ich versuchte flach und ruhig zu atmen. Doch der Gedanke, dass mich diese fremde Person umbringen könnte, ließ mich einfach nicht los."
An dieser Stelle direkt zwei Tipps von mir. Erstens ist es besser, tief einzuatmen, wenn man in Panik gerät und zweitens könnte sie die ominöse Person doch einfach kennenlernen. Dann wäre es kein Fremder mehr, die Prämisse würde hinfällig und man könnte die Situation neu und gänzlich ohne Panik überdenken.

Der Klappentext ist an dieser Stelle aber noch nicht vorbei, denn um sich von der Masse abzuheben, gibt es nicht nur ein Zitat aus dem Buch, sondern man bekommt direkt einen Steckbrief der Protagonistin geliefert. Ihre Optik wird sich zwar aller Wahrscheinlichkeit nach für eine Spiegelszene aufbewahrt, aber man erfährt ihren offiziellen, ihren inoffiziellen und ihren neuen Namen. Ich frage mich zwar, wo hier der tiefere Sinn liegt, denn wenn ihr inoffizieller Name der Öffentlichkeit unbekannt ist - was stark zu vermuten ist, denn sonst wäre er ja offiziell - ist ein weiteres Pseudonym absolut unnötig. Vielleicht klärt sich das ja im Laufe der Handlung noch auf.

Die Protagonistin selbst nennt sich allem Anschein nach Sofia, was der Vorname ihres offiziellen und neuen Namens ist, ist siebzeh, Tochter des US-Präsidenten und gerät zu 99,99% in eine Dreiecksbeziehung mit ihren zwei heißen Bodyguards. Äußerst professionell die Gute.

Der Prolog beginnt mit einer Author's Note, die seine Wichtigkeit erläutert, um die in der Zukunft spielende Handlung zu verstehen und eine Logik in gewissen Dingen zu erkennen. Aber man muss ihn nicht zwangsweise lesen. Ich tu's trotzdem, denn ich will hier ja niemandem Logikfehler unterstellen, die gar nicht vorhanden sind.

"Die Zukunft." Eine Jahreszahl wird nicht angegeben. Ist aber sowieso irrelevant, denn es hat sich eh nichts verändert, die Technik hat keine großen Sprünge mehr gemacht. Nicht mal richtige Hoverboards gibt's. Meh. Allerdings gab es einen Bürgerkrieg in den USA, der unseren Freunden aus Russland, Nordkorea und wer noch alles schlecht auf die Amerikaner zu sprechen ist, anscheinend völlig am Arsch vorbeigegangen ist. Vielleicht wurde der Rest der Welt aber auch schon vorher bei einem Atomkrieg weggebombt. Ich weiß es nicht.

Der Präsident ist auf jeden Fall gar kein Präsident mehr, denn es herrscht wieder etwas wie eine Monarchie, nur, dass der Erbe nicht zwingend ein Nachkomme sein muss. Demnach wird ihm die Protagonistin auf den Thron - ähm den Sessel im Oval Office folgen. Blöd nur, dass sie offiziell nicht existiert.

Das erste Kapitel beginnt damit, dass Sofia beim Musik hören weiter in ihre Welt einführt. Sie nennt sich in der Öffentlichkeit Sarah White (ihr inoffizieller Name). Nur auf ihrem Führerschei  heißt sie Sofia, was wiederum bedeutet, dass sie ja doch bei den Behörden gemeldet ist und das ihr Vater eh die Macht über das ganze Land hat, wäre es auch überflüssig den Weg über die Behörden zu gehen, aber nun gut. Vielleicht soll das Stiften von äußerster Verwirrung hier nur helfen, um von anderen Makeln abzulenken.

Sofia ist eine Rebellin, die ihre gierige Familie verabscheut und sich Freunde im Fußvolk gesucht hat. Dort fühlt sie sich wohl. Die meisten dieser Freunde kriegt man auch schon namentlich vorgestellt, aber keiner wird so beschrieben, dass ein bleibender Eindruck hinterlassen wird. Die müssen ihr ja echt wahnsinnig wichtig sein, wenn sie kein einziges Attribut wert sind.

Aber es ist ja allgemein nicht viel passiert, außer, dass Sofia uns ihr Leid geklagt hat, sich von ihren Freunden verabschiedet und wieder ins Weiße Haus geschlichen hat. Alarmanlagen sind also auch keine besseren entwickelt worden und es wird sich auf die reine Manneskraft der Bodyguards verlassen.

Das zweite Kapitel schließt nicht an das erste an, denn Sofia trifft sich erneut mit ihren Freunden. Die Jungs rauchen, oder eher kiffen wie sie vermutet. Da sie aber total brav ist und keine Ahnung hat, kann sie das nicht einfach so feststellen. Da sollte wohl jemand mal zum HNO gehen, denn Gras hat nun wirklich einen sehr aufdringlichen und unverwechselbaren Geruch.
Die, die nicht kiffen, betrinken sich übrigens mit Wodka und Clarissa ist offensichtlich geil auf Danny, denn sie betatscht ihn. Immer noch keine Attribute. Kein Adjektiv, keine Apposition. Nicht mal ein Adverb, was ihre Tätigkeiten genauer beschreibt. Vielleicht hatte Fräulein Präsidententochter im Prolog ja doch unrecht und es gibt eine geheime Armee an Robotern, die langsam die Welt übernehmen.  Wobei... sogar die Zylonen in Battlestar Galactica haben zig mal mehr Charakter als Sofias Freunde.

Es folgt ein Gespräch zwischen den Freunden, in dem geäußert wird, dass sie erfahren wollen, wieso Sofia immer zur selben Zeit wieder gehen muss. Sie werden dabei ziemlich aufdringlich, denn alle sind sternhagelvoll. Dafür ist die Artikulation  aber noch ziemlich normal. Ich will's nur mal anmerken, denn wenn man sich schon solcher Klischees bedient, sollte man sie auch authentisch umsetzen.

Da die sogenannten Freunde jetzt alle ihren Abschluss in der Tasche haben, wollen sie Washington DC verlassen und über den Kontinent reisen. Sofia wird spontan gefragt, ob sie mitkommen will. Sie verneint, aber immerhin kann sie ja noch bleiben und an der Sauforgie teilnehmen. Schließlich war ihre Mutter ja Russin. Und gerade jetzt, wo ich mehr über die Außenpolitik erfahren will, ist natürlich das Kapitel zu Ende. Großartig.

Und anstatt, dass ich die Infos bekomme, die die Geschichte erfordert, kommt es im dritten Kapitel zu einem Perspektivenwechsel. Wir heißen jetzt Hunter und sind bis jetzt weder im Klappentext, noch im Buch selbst vorgekommen. Ich habe die Namen der Freunde vorher nochmal kontrolliert, um wirklich sicher zu gehen.

Hunter Black ist bei seinem Freund Boone im Zimmer, der wie er ähnlichen Freizeitbeschäftigungen nachgeht, wie Sofias kleine Roboterarmee, nämlich saufen. Anscheinend wohnen die in einem Wohnheim oder so für Bodyguards und verdienen dabei so wenig, dass sie sich die Zimmer teilen müssen. "Zimmergenossen" sind sie, ha ha. Okay, ich sollte mal aufhören auf dem wahrscheinlich längst veralteten Zwist zwischen Russland und den USA rumzureiten.

Beim Joggen trifft Hunter auf seinen Zimmergenossen mit dem deutlich weniger badboy-mäßig klingenden Namen Andrew, der jetzt ein halbes Jahr lang einen Auftrag auszuführen hat. Man erfährt, dass sie quasi ein Bodyguard-Internat besuchen. Ich stelle es mir jetzt einfach mal wie diese hochdotierte Butlerschule vor, nur in weniger cool.

Nach nur 539 Wörtern, die Autorin zählt das immer mit, verlassen wir Hunter und seine deutlich menschlicher wirkenden Freunde wieder und bekommen im vierten Kapitel eine klassische Aufweck-Szene geliefert.

Natürlich wird sie von Daddy höchstpersönlich geweckt. Es ist halb neun und sie wird angeschnauzt, dass sie ihren Unterricht verschlafen hat. Alles schön und gut, aber Mister President ist anscheinend nicht klar, dass er gerade selbst wertvolle Arbeitszeit verschwendet und jetzt eigentlich Politik machen sollte. Schließlich gibt es ja keine intelligenten Roboter, die die Aufgaben der Menschen erledigen können. Der Kerl ist mir jetzt also wirklich unsympathisch, aber nicht weil Sofia es einem aufzwingt, sondern weil er ein elender Heuchler ist.

Die Präsidenten-Tochter wird von ihrem Vater zusammengebrüllt und entweder die Autorin benutzt vorsichtshalber immer ein "dass" oder aber der Präsident hat einen echt ulkigen Sprachfehler. Zur Verdeutlichung hier ein Zitat: "Stopp, dass reicht. Sofia, dass kann nicht dein Ernst sein."

Man erfährt, dass Sofia die Schuld am Tod ihrer Mutter gegeben wird. Ist es komisch, dass mir ihr Vater auf einmal doch sympathisch wird, weil er mich an Tywin Lannister erinnert? Obwohl nein. Der Kerl hier schreit einfach nur seine Tochter an und tut nichts für seinen Erfolg als Präsident.

Sofia ist aber offensichtlich genau wie ihr Vater, denn als er beginnt, sich zu entschuldigen, ist sie es, die zu brüllen anfängt. Ein lang- und gleichzeitig kurzweiliger Streit entbrennt und am Ende kriegt sie gesagt, dass sie in zwei Tagen bei einer "Veranstaltung" antanzen soll. Seit "Auserwählte des Königs" habe ich eine gewisse Abneigung gegen dieses Wort entwickelt und fürchte mich vor dem, was kommt. Hoffentlich keine Zwangsehe.

Es folgt ein nichtssagendes fünftes Kapitel, in dem Hunters Freundschaft zu Boone näher beleuchtet wird. Hätte eigentlich ganz interessant sein können, aber außer einem kurzen Dialog ist nichts passiert. Hätte man sich auch sparen können, denn so langsam sollte man ja mal über Hunters (offensichtliche) Funktion in der Geschichte aufgeklärt werden.

Dafür startet Kapitel sechs für mich mit einem Lachflash. Sofia ruft ihrer "Angestellten" etwas hinterher, die sie aber gar nicht so nennen will, denn das setze ja ihren Status als Mensch herab. Also liebe Arbeitnehmer, kündigt eure Stellen und meldet ein eigenes Gewerbe an, denn sonst seid ihr automatisch weniger wert. Ist aber auch kein Wunder, dass Madame das denkt, denn sie verschläft ja immer ihren Unterricht und wahrscheinlich nie in ein Arbeitsverhältnis hereinrutschen, weil sie dafür nicht die nötigen Qualifikationen aufbringt.

Die Angestellte Kessy wird vorgestellt als Mutterersatz und einer der wenigen Leute, die etwas über Sofias Identität wissen. Ich will mich ja nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber wenn Vater und Tochter sich öfter so anschreien, werden wohl ein paar mehr Personen davon wissen, als beabsichtigt ist.
Desweiteren beginnt in diesem Kapitel die besagte Veranstaltung, aber es ist keine Presse zugegen, was die Frage aufwirft, was passieren wird. Zuvor wird aber wieder ein Hunter-Kapitel eingeschoben.

Immerhin geht es da jetzt endlich mit einer Handlung los, denn Hunter und Boone werden ins Weiße Haus geschickt, um bei der Veranstaltung auf Sofia aufzupassen. Außerdem erfahren wir, dass ihre Mutter nicht bei der Geburt gestorben ist. Eigentlich ganz nett verpackt diese Info, denn jetzt interessiert mich wirklich, was das Mädchen denn verbrochen hat. Verdammt.

Im nächsten Kapitel wird Sofia prompt von Boone angebaggert, der Smalltalk mit ihr betreibt, wie professionelle Bodyguards in der Zukunft das wohl so tun.

Immerhin erfahren wir jetzt so, dass Sofia doch nichts mit dem Tod ihrer Mutter zu tun hat, denn dass sie bei ihr aufgewachse ist, ist nur eine Lüge, um zu rechtfertigen, dass sie jetzt erst an die Öffentlichkeit kommt. Boone plaudert das alles natürlich ganz locker aus.

Aber das ist noch nicht alles. Sie bekommt einen Bodyguard zur Seite gestellt, der sich als ihr Freund ausgibt und zu einer öffentlichen Schule begleiten wird. Also doch eine Art Kuppelversuch.

Ausgewählt werden natürlich Hunter, Boone und ein Mädchen, um die Frauenquote aufrecht zu erhalten. Sofia äußert sofort, dass sie beide Kerle scharf findet, was nicht mal subtil verpackt ist und tut dann etwas, was zeigt, dass sie wirklich ihr Vater in klein ist.

Sie fragt ihren Vater, ob sie einen Job haben darf. In einem Café oder so. Sie will also freiwillig eine Angestellte werden. Holla, die Waldfee. Die ist genauso heuchlerisch wie ihr alter Herr.

An dieser Stelle beende ich die Lektüre allerdings, denn ein Kapitel aus Boones Sicht will ich mir nicht antun. Dann schon lieber die Roboterfreunde, an die seit Kapitel drei kein Gedanke mehr verschwendet wurde.
Ich musste übrigens jedes Mal, wenn ich hier den Namen Boone gelesen habe an "Boner" denken. Dieses Phänomen kam bei mir in der gesamten ersten Staffel von Lost nicht vor. Also entweder Wattpad hat mich verdorben oder ich sehe in diesem Namen ein steilgehendes Foreshadowing.

Mein Fazit zu dieser Geschichte ist ganz eindeutig. Die Charaktere sind allesamt Idioten und wenn sie das nicht sind, dann sind sie mangelhaft entwickelte Zylonen. Es hat sich in der Welt nicht viel getan, außer, dass Bodyguards jetzt eine persönliche Beziehung zu ihren Schützlingen aufbauen und eine Pseudodiktatur in den USA geduldet wird. Wahrscheinlich wurde das alles durch einen gewissen Toupet-Träger ins Rollen gebracht.

Wie dem auch sei. Ich habe heute gelernt, dass sich vierhundert Wörter anfühlen können wie viertausend und dass Politik in einem Roman, der im Weißen Haus spielt, völlig fehl am Platz ist.

Ich gehe jetzt schön Battlestar Galactica gucken und erfreue mich an der Lebhaftigkeit und der individuelle Ausarbeitung der Charaktere der Zylonen und einer Präsidentin, die ihren Job macht. Einen schönen Tag noch.

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