6. Boyband Mutant Slaver Vampires

Fan-Fictions. Sie machen einen Großteil des Spektrums von Wattpad aus und ein Großteil von ihnen handelt von einem gewissen britischen Boyband-Mitglied, das manchmal auch noch seine (ehemaligen?) mit ins Spiel bringt. Es handelt sich hierbei um niemand geringeren als Harry Styles, den feuchten Traum vieler Teenie-Mädels und anscheinend auch Teilzeit-Vampir, denn in meiner heutigen Hetze treffen wir ihn in dieser Form an.

Dabei lässt das Cover gar nicht darauf schließen und da der Klappentext zuerst nur eine englische Warnung vor Gewalt, Sex und Kram (was auch immer man sich dabei vorstellen kann) und dann ein "Zitat" des Protagonisten enthält, das aber in falschem Englisch, kommt der eigentliche Text, der auch der Prolog ist, sehr überraschend.
Harold ist also ein Vampir, der sich die Protagonistin raubt, damit sie seine Sklavin wird und, nun ja, Kram mit ihm anstellen kann, nehme ich an.

Den Prolog haben wir ja schon abgehakt, aber in der Author's Note, die diesem angeheftet ist, steht, dass es sich um eine unverwechselbare Storyline handeln wird. Liebe stylesparadiise, ich nehme dich hiermit beim Wort.

Kapitel 1, also "Chapter 1", trägt den Titel "Das Picknick". Die Perspektive ist die von Avery in der ersten Person Singular, aber da ihr Name schon jetzt darüber steht, nehme ich an, dass wir es auch bald mit anderen Ich-Erzählern zu tun bekommen.
Bevor es richtig anfängt gibt es aber erstmal eine Erklärung, dass die Namen, mit denen wir es vermutlich zu tun bekommen, Ejwery und Sjärrah ausgesprochen werden. Gut zu wissen für die Leute, die kein Englisch können (und somit auch nicht vor dem Inhalt für "reife Personen" gewarnt wurden, interessant).

Avery sitzt auf einem "abgesagten holzstamm" und bekommt Besuch von ihrer Freundin Sierra, die in einem anderen Dorf wohnt, wo die Mädchen, die sechzehn werden und somit zu Freiwild für Vampire werden, entstellt werden. Das geschieht durch einen Schnitt auf jeder Wange. Ich denke zwar, dass die Vampire den "Kram" auch so mit den jungen Ladys erledigen können, aber die Menschen sind ja abergläubisch und wähnen sich gerne in Sicherheit.

Sierra ist jetzt also auch sechzehn, wurde entstellt und ihre Narben "strahlen Angst, und Verletzlichkeit, aber auch Mut und Kämpfergeist aus". Sie ist also durch die Narben mit Bipolarität gekennzeichnet worden. Vielleicht ist es ja das, das den Vampir abschrecken soll?

Ganz aus dem Nichts kommt dann auch noch eine Markierung ins Spiel, eine Art Geburtsmal nehme ich mal an, denn Genaueres wird nicht gesagt, die die Sache mit den Vampiren zu einem lustigen Memory-Spiel über den ganzen Erdball werden lassen. Wer dasselbe Zeichen hat, wie man selbst, ist ein "Lebensverwandter" und man kann machen, was man will, man gehört zusammen.
Avery beneidet die Mädchen, "die das Glück haben, einen Mann als Lebensverwandter zu haben und ihn auch zu begegnen". Ein Glück, dass Harry Styles männlich ist, Fräulein Homophobia.

Weitere Infos zu der Markierung: Es ist eine Art Henna-Tattoo, aber es tut unendlich weh, es zu übermalen. Also definitiv kein Henna. Was ist es nun? Ist es magisch? Oder könnte es auch als ABC-Waffe verwendet werden? Wir werden es wohl nie erfahren.

Es folgt eine Verabredung zum Picknick um fünf Uhr nachmittags, zu dem auch der von Avery gefriendzonte Alexander eingeladen wird.
Es wird eine schnelle Spiegelszene von knapp hundert Wörtern bei ihr zu Hause eingeschoben, weil die ja auf keinen Fall fehlen darf und man unbedingt erfahren soll, dass Avery mit dem Glück beschieden ist, hüftlange, ausnahmsweise mal braune, Haare zu haben, die einen natürlichen Ombré-Look aufweisen.

Vor ihrem Haus treffen wir zum ersten Mal auf Alexander, der in exakt diesem Moment auf einmal attraktiv für das edle Fräulein Protagonistin wird. Sie "hatte ihn gar nicht mehr so in Erinnerung". Wann haben sie sich das letzte Mal gesehen? Das interessiert mich jetzt echt, aber ich muss mir da wohl selbst eine herzzerreißende Background-Story ausdenken oder vielleicht das Buch bis zum Ende lesen, falls die Autorin mal die Lust bekommt, ihre Charaktere vom Anfang wieder auftauchen zu lassen, was ich irgendwie bezweifle, wenn man bedenkt, das Harry Styles sie wahrscheinlich 24/7 in seiner Playboy-, ähm nein, Badboy-Mansion festhalten wird.

Auf einer wunderschönen Lichtung mit Bächlein, grünem Gras und allem was dazugehört, um auch in einem Disney-Film unterkommen zu können, setzen sich die drei hin, der Alex zündet sich wahrscheinlich eine Kippe oder einen Joint an ("Das ist doch ein leben nicht war?", blies Alex erleichtert aus") und das Kapitel endet in einem dramatischen Cliffhanger, als Avery hinter Sierra etwas erblickt.

Kapitel 2, diesmal ist es kein Chapter, trägt den Titel entführt und da wir alle wissen, dass der Teufel ein Eichhörnchen ist, ist es auch wenig überraschend, dass es genau das ist, was hinter Sierra auftaucht. Avery glaubt zwar, sie habe einen Schatten gesehen, aber auch so ein kleines, possierliches Tierchen kann einen großen Schatten werfen, aber ich glaube kaum, dass Physik zu den Stärken der jungen Dame gehört.

Neuer Absatz. Wir befinden uns etwas später bei Avery zu Hause, die gerade ein Buch von "John Grey" liest. Ich dachte das wäre eine nette Parallelwelt-Anspielung auf John Green, aber die Kommentare verraten, dass die Autorin den Namen einfach falsch im Kopf hatte. Grau, grün, wo ist da schon der Unterschied? Und nein, Farbenblindheit ist hier keine Ausrede.

Es gibt Abendessen, es wird etwas ihre Vergangenheit als Scheidungskind erläutert, aber sie ist anscheined auch mit dem neuen Mann ihrer Mutter zufrieden. Hat zwar keine Plotrelevanz, aber wenn man dabei ist, sich eine Mary-Sue zusammenzubasteln, gehört das eben mit dazu. Ihr Vater scheint aber immer noch fester Bestandteil der Familie zu sein, denn sie liebt Daniel so "wie [ihr] (ich substituiere hier das Wort 'mein') leiblicher Vater".

Die Harmonie wird aber durch einen Kerl gestört, der an der Tür klingelt, en détail beschrieben wird und laut Kommentaren Niall Horan ist. Er ist ein Vampir und klaut sich einfach mal die Avery und fügt ihrer Mutter mit dem Vampir-Cruciatus Schmerzen zu, während sich alle in Capslock anschreien und sie schließlich mitgenommen wird. Über seine Schulter geworfen oder so.

Kapitel 3 trägt den Titel "Gefangene" und hat einen Header, der Natalie Portman mit roten Augen in Black Swan zeigt. Bevor die Handlung aber losgeht, folgt eine lange Anmerkung der Autorin, die festgestellt hat, dass ihre Erklärung mit der Markierung eher verwirrend war, was sie mit ihrer komplexen Storyline rechtfertigt. Dass das gar nichts mit der Storyline zu tun hat und eigentlich so hätte erklärt werden können bzw. müssen, merkt sie anscheinend nicht. Immerhin hab ich das mit dem Menschen-Vampir-Memory richtig interpretiert. Strike!

Vampir-Niall schleppt sie ewig lang durch die Gegend, zu Fuß wohlgemerkt, sie beschwert sich, er droht ihr und man kriegt somit die Info geliefert, dass Vampire die Farbe ihre Iris wechseln, wenn sie wütend sind oder wann auch immer. Was das für einen Zweck hat, das Gold jetzt auch keine wirklich bedrohliche Farbe ist und mich meine gelb gestrichene Zimmerwand auch eher positiv stimmt, kann ich mit den evolutiven Zweck hier nicht erklären. Da hilft mir auch kein Lamarck weiter und ein Darwin erst recht nicht.

Und jetzt, meine Damen und Herren, wird die wahre Macht der Vampire gezeigt, denn die ist schon echt krass. Der Niall schafft es doch tatsächlich, Avery mit Chlorophyll zu betäuben. Ich weiß nicht wie er das tut, aber wenn er den Pflanzenfarbstoff so zweckentfremden kann, dauert es wahrscheinlich nicht mehr lange, bis die da Benzin usw haben, das nicht mehr aus Erdöl hergestellt werden muss. Karla Kolumna, die rasende Reporterin, würde das jetzt sensationell finden.

Avery wacht woanders wieder auf, verflucht das Chlorophyll, dem sie ja eigentlich die Luft zum Atmen zu verdanken hat und stellt panisch fest, dass sie Handschellen anhat. Begrüßt wird sie von einer netten Frau, die aber irgendwie zum Vampir gewandelt wurde und jetzt rote Augen hat. Dass das Farbschema Twilight entnommen wurde, erwähne ich mal nur am Rande, denn wir haben es hier ja mit einem Meisterwerk der Individualität zu tun.

Die nette Vampir-Schnalle nimmt Averys Daten auf wie diese freundliche Sekretärin, die wir alle aus amerikanischen Filmen kennen und versorgt den Leser jetzt mit Infos über die Vampire. Unter "Kram" ist nämlich wahrscheinlich zu verstehen, dass die Mädchen zu Vampiren gemacht werden. Irgendwie müssen die sich ja auch fortpflanzen können.

Kapitel 4 heißt "Verkauft an.." und Avery will die Vampirin nicht weiter mit Fragen nerven, weil sie ja ein höfliches Mädchen ist und füllt lieber weiter den Bogen aus, der auch als Anmeldeformular für Germany's next Topmodel hätte durchgehen können. Sogar der Vergleich der Autorin mit Schlachtvieh untertsützt diese Analogie meinerseits.

In orangefarbenen Overalls werden die Mädels zum Verkauf angeboten in einer ganz handelsüblichen Auktion.
Avery wird für schlappe "500'000 £" verkauft und hat in der ganzen Aufregung ganz vergessen, dass man das Pfundzeichen vor die Zahl schreibt. Kann ja mal passieren.

Kapitel 5 heißt "Willkommen in meiner Hölle" und ich hoffe ja inständig, dass das Eichhörnchen wieder auftaucht, werde aber wahrscheinlich bitter enttäuscht werden. Wäre es nicht verdammt cool, wenn die Vampire da sich in Eichhörnchen verwandeln könnten anstatt in Fledermäuse oder einfach nur langweilig glitzernd in der Sonne zu stehen.

Harry ist unter dem Pseudonym "Master 3" bekannt und kommt sich seine überteuerte Ware abholen. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass Gebot vor seinem 25.000 Pfund waren.
Um ihm einen aristokratisch-verstaubten Touch zu verleihen, nehme ich an, redet er sie in der zweiten Person Plural an. Aber ohne, dass das "Euch" und die anderen Personalpronomen großgeschrieben werden. Zumindest meistens nicht.

Er bringt sie rasend schnell zu ihrem neuen zu Hause, das anscheinend an einer Flugschneise für Krähen liegt, denn die fliegen "ab und zu"  in den ersten paar Sekunden, die sie da steht vorbei. oder es ist immer dieselbe und sie ist dement und kreist deswegen immer aus der gleichen Route.

Das Kapitel endet, indem Harry sie erschreckt, weil er "Boo!" sagt. Ungelogen. Ich glaube er hat Die Monster AG gesehen und will das dort gelernte jetzt umsetzen.

Für mich war es das auch schon, aber ich gebe noch eine kurze Vorschau für das nächste Kapitel mit, in welchem er von ihr verlangt zu fliehen, damit er sie wieder einfangen kann. Würde er das in einem Wald tun, mit Hunden, die er nach seinen vorherigen Opfern benannt hat, wäre das sogar eventuell noch cool, aber das in seiner Mansion zu machen, die er in uns auswendig kennen sollte, erinnert mich dann doch eher an einen verwöhnten kleinen Justus-Aurelius, der von Beruf Sohn ist (und nebenbei Jura studiert oder so).

"sixteen" wie das Werk übrigens heißt, was ich irgendwie noch gar nicht erwähnt habe, ist eine Fanfiction, die versucht diverse Trend-Genres miteinander zu verbinden und es auf die profanste, Mary-Sue-haftigste Weise tut, die man sich nur denken kann.
Rechtschreib-, Grammatik-, und insbesondere Tempusfehler untertstützen dieses Bild und machen es zusammen mit den permanenten Author's Notes zu einem langwierigen Lesevergnügen, das den Charme einer toten Nacktschnecke versprüht (Credist für dieses rhetorische Bild gehen an Suzanne Collins).

Wie immer bin ich sehr interessiert, ob es unter euch Leser gibt, die sich weiter vorgewagt haben als ich und mir vielleicht berichten könnten, was sonst noch so episches vorgefallen ist. Bis zur nächsten Hetze, und wer weiß, wo Vampire sind, sind Werwölfe ja nicht weit (also zumindest in der schnöden Mainstream-Teenie-Literatur).



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