3. Ganz bestimmt nicht Toph

Heute begeben wir uns mal in ein andere Genre, fernab der Badboys. Hoffe ich zumindest, denn die Protagonisten in "School of Elements - Neumond" sind erst dreizehn Jahre alt. Das Werk der Autorin Bluuubii ist in der Kategorie Fantasy zu finden, wobei ich mir bei Wattpad immer noch eine Einteilung in klassische Fantasy und realitische Fantasy wie bei myfanfiction wünsche. Diese Geschichte würde ich bei Urban Fantasy einordnen, auch wenn der einzige wichtige Handlungsschauplatz bis jetzt nur ein Internat war.
Der Prolog ist kurz gehalten und beschreibt einen Streit zwischen zwei Männern, die sogenannte Elements sind, Leute die die Elemente beherrschen. Also Feuer, Wasser, Erde, Luft und andere Fähigkeiten, die hier einfach unter den Begriff fallen. Hat wie zu erwarten nichts mit dem Periodensystem der Elemente zu tun.

In Kapitel 1 lernen wir dann unsere Protagonistin mit dem Namen Sunshine kennen, ein Name der schon nichts Gutes verheißt. Zusammen mit ihren blonden Haaren und der Tatsache, dass sie mehrmals, auch in unpassenden Situationen, als blonder (ich habe hier eben zuvor blinder getippt, höhö) Engel bezeichnet wird, können wir uns diesmal auf eine Mary-Sue gefasst machen wie sie im Buche steht.
Es wird eine heile Welt mit Mutter, Vater und Kind geboten, die noch plakativer wirkt als die aus den Conni-Pixibüchern, die aber dann sofort zerstört wird, als Männer auftauchen, die Jagd auf die Elements machen und Sunshines Eltern vor ihren Augen eiskalt ermorden (und sie vorher auch noch eigenmächtig zum Tode verurteilen. Selbstjustiz ist doch was Schönes, vor allem wenn sie vom Staat beglaubigt ist).

Vor dem Tod der Mutter kriegt die Kleine aber noch mitgeteilt, sie solle zum nächsten House of Night, pardon, zur nächsten School of Elements laufen, um dort ihre Ausbildung zu erhalten. Wie praktisch, dass das Mädchen wenige Sekunden später ihre Fähigkeiten entdeckt, die irgendwas mit Mondlicht zu tun haben und basht die Angreifer weg.
Und dann kommt das große Drama am Ende des ersten Kapitels. Sie ist deswegen doch tatsächlich erblindet. Wird das noch irgendwelche weitere Bedeutung für die Story haben außer Mitleid zu erhaschen? Ich denke nicht.

Sunshine ist also auf der Flucht und rennt wortwörtlich blind weg, weiß aber immer, wo sie hinmuss und rennt auch nirgendwo gegen. Kann man jetzt mit ihren Fähigkeiten begründen, ergibt dann aber einen Logikfehler mit späteren Erklärungen. Sie ist übrigens barfuß und merkt, dass sie vom Rennen Blasen an den Füßen bekommt. Das an dieser Stelle bitte merken.

Da die kleine (die nach meinen Berechnungen sieben ist), sich ja auch gerade nur in akuter Lebensgefahr befindet, denkt sie es wäre die perfekte Gelegenheit, um darüber zu philosophieren wie schrecklich es doch ist, blind zu sein und was sie alles vermissen wird. Das Ganze dann auch noch in pathetischer Sprache, die einem Mädchen dieses Alters absolut nicht angemessen ist. Natürlich leidet sie dann auch nochmal den Tod der Eltern durch, eroiert die Bedeutung dessen und vergleicht es mit dem Tod ihres "Opers". Ich hoffe keiner der das liest hat an dieser Stelle etwas im Mund, ansonsten wünsche ich allen Lesern dieses Buches R.I.P Display.

Irgendwann wird Sunshine dann von der Schulrektorin gefunden und in die namensgebende School of Elements gebracht, wo sie ihre ganze Leidensgeschichte erzählen kann, was sie ja eben in Gedanken ja schon so schön geübt hat und dann klopft es an die Tür und Sunshine dreht sich automatisch um. "Das [ist] so eine Angewohnheit von ihr." Sie ist seit nicht mal 24 Stunden blind. Wenn überhaupt mehrere Stunden. Ich bin mir sicher, da hat man sich noch nichts abgewöhnt. Aber gut, Mitleid wem Mitleid gebührt, hieß es da wahrscheinlich.
Ein Mädchen im selben Alter kommt, deren Aussehen trotz personaler Erzählweise en détail beschrieben wird und auf den Namen Louise wird. Während sich "Frau Direktorin" um das Anliegen ihrer Schülerin kümmert, bleibt Sunshine allein zurück, denkt über den Tod ihrer Eltern nach, was auch die Autorin so mitgenommen hat, dass sie prompt mehrere Tempusfehler eingebaut hat und setzt dann fast alles in Flammen, weil der Mond ja auch von selber scheint wie ein Stern und nicht einfach nur ganz leicht das Licht der Sonne reflektiert.

Sunshine wird zu Louise aufs Zimmer geschickt und dabei von Fio begleitet, der schon was länger an der Schule zu sein scheint. Wieder werden einem Beschreibungen geliefert, wie die Umgebung aussieht, obwohl es immer noch ganz klar Sunshines Perspektive ist, aber wen stört das denn schon? Es bemerkt ja eh keiner, dass sie blind ist, obwohl gesagt wird, dass sie milchige Augen hat. Warum nicht? Dann ist das Drama größer, wenn es rauskommt, schätze ich.

Louise und der blinde, blonde Engel werden natürlich sofort beste Freundinnen wie kleine Mädchen das eben so tun, aber das wird sofort wieder zerstört, denn Sunshine kann ihre Kräfte nicht kontrollieren und kokelt ständig alles und jeden an. Deswegen sperrt man sie weg, in einen nicht feuerfesten Raum wohlgemerkt. Der besten Freundin werden alle ihre Gedanken an ihre kurzzeitige Zimmergenossin genommen. Drama, Drama, Drama und das alles nur, um unsere Mary-Sue möglichst akkurat und nach Lehrbuch zu platzieren.

Sie wird ein halbes Jahr lang weggesperrt und eines Tages kommt ganz random Fio zu Besuch, der eigentlich noch nichts Weltbewegendes getan hat, außer als nett beschrieben zu werden und Everybody's darling zu sein. Ein Mittel zum Zweck. Er redet ihr gut zu, wird aber dann von Frau Rektorin angepampt dem Mädchen falsche Hoffnungen zu machen, das ihr ganzes Zimmer verkohlt und sich sogar Brandblasen an den Händen zugefügt hat, die sie nicht bemerkt hat. Zum einen hat Sunshine sich also in Voldemort verwandelt, weil sie anscheinend nichts Verbranntes riecht und sie ist total verblödet, weil sie nicht bemerkt, dass sie verdammt noch mal Brandblasen an den Händen hat. Die an ihren Füßen auf der Flucht konnte sie aber prima spüren. Mysteriös. Außerdem wird erst jetzt langsam eingeführt, dass das Mädel seine Umgebung spüren kann, obwohl das am Anfang ja auch schon so war, wenn der Plot denn keine behinderte Hauptfigur vertragen konnte.

Es geht noch mysteriöser weiter, denn jetzt folgt ein Plot twist of doom. Fio ist Mary-Sues Bruder. Er hat zwar einen ganz anderen Nachnamen und es macht absolut null Sinn, dass er nie erwähnt wurde, aber die permanente Erwähnung der blonden Haare muss wohl als Begründung reichen, denn das Ganze wird nicht weiter ausgeführt, denn Sunshine will aus lauter Wut Frau Direktorin umbringen und Fio wirft sich dazwischen und ist... nun ja... tot. Nicht weiter tragisch sollte man meinen, aber er ist ja ihr Bruder und das macht die Sache noch viel viel schlimmer, dass der Kerl mit dem sie erst drei Mal gesprochen hat, jetzt tot ist.

Daraufhin lässt unsere Mary-Sue sich also sechs Jahre bis zur offiziellen Einschulung einsperren und einem wird ein Perspektivenwechsel zu Mikaru präsentiert, die angeblich Japanerin ist, aber weder einen japanischen Vor- noch Nachnamen trägt. Sorgt sie eben für die Quote an ethnischer Vielfalt und dafür, dass man sie hasst, während Sunshine noch mehr bemitleidet wird, denn die ganze nächsten Kapitel drehen sich darum, dass die Gang um Mikaru und eben auch Louise, Sunshine mega unfreundlich finden, aus keinem guten Grund wohlgemerkt und ziemlich hart über sie ablästern.

Aber diese Kiddies sind allgemein nicht die Hellsten, denn sie finden es lustig, dass Louise zu spät zum Unterricht kommt und lachen sie deswegen aus und desweiteren halten sie sich alle für so obererwachsen. Sie sind dreizehn, wohlgemerkt. Und haben merkwürdige Nachnamen. Louise heißt zum Beispiel Frogstuff. Ist das nicht eher Grund für Mobbing als einfach schüchtern in der Ecke stehen wie Sunshine es immer tut?

Irgendwann schnallen dann aber auch unsere Mobber, dass Sunshine blind ist, weil sie nach Tagen endlich mal auf ihre toten milchigen Augen achten, die Mary-Sue dann auch einen Satz später verdreht, als ihr diese Erkenntnis mitgeteilt wird. Konsequenz hoch minus 10 würde ich mal sagen (das ist immer noch mehr als Null, aber nicht viel).
Jetzt ist natürlich das Interesse geweckt und ich höre auf zu lesen, weil es nach zehn Kapiteln noch keinen richtigen Plot gab und Sunshine erfolgreich zur Muster-Sue ausgearbeitet wurde. Das dann allerdings mit viel Liebe zum Detail.

Mein Fazit ist, dass School of Elements gerne genommen werden kann, um als Referenz für eine Mary-Sue zu dienen, aber sonst weder durch Handlung, noch Charakterdesign, noch eine gute Sprache glänzt. Dinge werden einfach so gesagt und man muss sie ohne weitere Erklärung hinnehmen.
Vor allem nervt einen Sunshines Blindheit, die einfach nur genutzt wurde, um sie bemitleidenswert zu machen, aber keine Rolle mehr spielt, sobald sie irgendetwas machen muss. Denn damit umzugehen wäre ja zu viel verlangt und Mademoiselle kann ja sowieso alles.
Ich habe jetzt auch absichtlich den Vergleich zu Toph aus Avatar außen vor gelassen, denn auch wenn es Parallelen gibt, möchte ich diese nicht wahrhaben. Allerdings zeigt Toph, dass ein blinder, Elemente beherrschender Charakter im jungen Alter auch cool sein und in keiner Weise erzwungen wirken kann.

Das war jetzt eine eher ernstere Hetze, obwohl mir das Lesen des Buches eigentlich ein paar Lacher beschert hatte, aber zweimal drüber nachzudenken hat mich dann einfach niedergeschlagen zurückgelassen und das hat auch auf den Text abgefärbt. Bis zum nächsten, hoffentlich wieder etwas amüsanteren Text.

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