17. Suephia [Axolotl/Statist #27 FF]

Das Genre der Fanfictions ist äußerst flexibel und passt sich immer dem neuesten Trend an. Dieser lautet in dieser und den nächsten Wochen (wahrscheinlich bis zum Erscheinen von »Rogue One«) »Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind«. Gerade auf Wattpad ist die Sektion der Fanfictions durch ihr unterirdisches Niveau geprägt und infiltriert von Mary-Sues und anderen schauerlichen Kreaturen. Aufgrund dessen hat @-Avani- die Frage aufgeworfen, wann wohl die ersten Sues sich an Newt Scamander Hals ranschmeißen und ich konnte es leider nicht lassen nachzuforschen... Dafür wurde ich aber schon mit den ersten Suchergebnissen bestraft und habe todesmutig die Geschichte »Saphia [Newt Scamander/Harry Potter FF]« von @Teen__Wolf_ geöffnet.

Die Handlung ist so simpel wie dämlich. Protagonistin Saphia war tot und ist nun wieder lebendig, weil der Plot das so will. Irgendwie muss die Gute sich ja frisch halten, um ein sexy Love Interest für den ebenfalls wiedererweckten Newt abzugeben und aber auch in Kontakt mit dem goldenen Trio treten zu können. Was könnte ein echter Potterhead mehr wollen, als möglichst viele Inhalte des Fandoms aus Raum und Zeit zusammengekratzt? Richtig, Logik und eine respektvolle Behandlung des Quellenmaterials. Aber wir sind ja hier auf Wattpad und da muss alles ganz kreativ und besonders (einfältig) sein.

Also, wo war ich? Ach ja, Saphia lebt, Newt lebt und sie ist sich sicher »das Gellert Grindelwald ebenfalls zurück« ist. Es war mir neu, dass Grindelwald ein Neutrum ist (auch wenn man sich bei Johnny Depp ja nie wirklich sicher sein kann) und dass man Sätze im Deutschen so konstruiert, aber da die Verwendung von »das« und »dass« schon in der vierten Klasse auf dem Lehrplan steht, schließe ich einen Fehler in der Verwendung der beiden (wie eigentlich immer) kategorisch aus. Desweiteren spielen auch noch Harry, Ron, Hermine und Albus Dumbledore eine Rolle und alle machen sie »sich auf die Suche nach Newt und nach Grindelwald, um die Welt zu retten.« Das war gerade einmal der Klappentext und mein innerer Canon-Nazi springt schon im Tarnumhang (also im Dreieck).

Vor allem stellen sich mir schon vorm eigentlichen Lesen Fragen, die zu beantworten ganz schön schwierig wird. Erstens ist Dumbledore vor Grindelwald gestorben, welcher im Verlauf des siebten Bandes von Voldemort umgebracht wird, weil er nicht verraten will, wer den Elderstab besitzt. Demnach wurde von der Autorin fälschlicherweise angenommen, Grindelwald sei schon tot gewesen oder aber auch Dumbledore wurde randomly wieder ins Leben geholt. Somit steigt dieser Count schon auf vier Figuren von sieben, die bisher überhaupt erwähnt wurden.

Desweiteren will ich natürlich wissen, wie eine Rückkehr von den Toten überhaupt möglich ist, denn wir wissen, dass selbst der Tod höchstpersönlich nicht über diese Macht verfügt, denn der Stein der Auferstehung funktioniert nur begrenzt. Wer einmal durch den Schleier getreten ist, gehört auch dorthin. Einzig bei Newt böte sich mir eine Theorie an, die zwar weit hergeholt, aber aufgrund von Rowlings Drang zur Bedeutsamkeit von Namen, möchte ich diese nicht sofort abweisen.

Leute, die der englischen Sprache mächtig sind, wissen, dass Newt so viel wie Lurch bedeutet. Leute wiederum, die eine Affinität zu Tieren dieser Art haben, wissen, dass es Axolotl gibt, welche irgendwie Lurche sind oder mit Lurchen zu tun haben. Wie die Ordnungen da genau sind weiß ich nicht und es spielt hierfür auch gar keine Rolle, denn es sollte auch so klar sein, dass Newt Scamander womöglich Fähigkeiten eines Axolotls besitzt. Diese Tiere verweilen ihr Leben lang im Larvenstadium (hier könnte es meiner Argumentation zuspielen, dass Newt mit Eddie Redmayne besetzt ist, der in den sechs Jahren, die er mir als Schauspieler bekannt ist, kein bisschen gealtert zu sein scheint) und können Körperteile und Organe fast schon beliebig nachwachsen lasse. Auch wenn es bei ihnen nicht zu Unsterblichkeit führt, könnte das bei einem Wesen mit menschlicher Physis, das sogar ein Zauberer ist, ganz anders aussehen. Die Wiederkehr der ehemals toten Protagonisten könnte also schon zu 25% geklärt sein, aber da es sich hierbei wie gesagt nur um eine spontan aufgestellte Theorie handelt, sollte ich wohl endlich mal anfangen zu lesen.

Der Prolog spielt am 21. März des Jahres 2000, also drei Jahre nach Dumbledores und zwei nach Grindelwalds Ableben. Hierbei handelt es sich um einen in der Muggelwelt nicht besonders geschichtsträchtigen Tag. Es wurde von der NATO der Einsatz von mit Uran angereicherten Waffen zugegeben und President Blowjob und der indische Staatschef, dessen Namen ich mir auf die kurze Zeit nicht habe merken können, haben ein Treffen vereinbart, um über die indische Nuklearpolitik zu sprechen. Ein Tag im Zeichen der Atomkraft also, doch was ist in der Zaubererwelt geschehen?

Die Geschichte beginnt auf den Straßen New York Citys, wo Suephia urplötzlich auftaucht und sie zunächst niemand beachtet. Erst, als sich das Sonnenlicht in ihrem güldenen Haar verfängt, wird sie auf einmal zum Objekt der Aufmerksamkeit für Männer Nummer Eins, weil sie natürlich absolut herausstechend sein muss, denn sie ist hier der OC und muss besser sein als alle anderen und alles können und begehrt sein und alle Anforderungen einer Mary-Sue erfüllen.

Nachdem geschildert wurde, wie awesome ihr Haar doch ist, befindet sie sich auf einmal im Central Park, ohne, dass man erfährt, wie sie dorthin gekommen ist. Sie ist ja immerhin eine Zauberin, also kann sie appariert sein, aber das zu erwähnen würde diesem magischen Moment wahrscheinlich die Mystik nehmen. Sich an einen Holzstock klammernd wie eine alte Oma, Gandalf oder der Nikolaus sieht sie sich um und stellt eines fest: »Es hatte sich viel verändert seit dem letzten Mal, wo sie hier war.« Die Arme. Da ist man mal eben mehrere Dekaden lang tot und schon hat es einen so sehr mitgenommen, dass man vergessen hat, was Vorzeitigkeit ist... Bemitleidenswerte, arme, kleine Mary-Sue. Ach Mist, da hat sie mich also doch voll erwischt mit der Masche!

Das erste »Chapter« trägt den Titel »Living Magic« und setzt etwa ein halbes Jahr später im Oktober ein. Blondie steht vor den Toren Hogwarts' »der schönsten Zauberschule der Welt«. Sie hat zwar nur ein Jahr dort gelebt und ist dann in die USA gezogen, weswegen sie Ilvermorny auch ganz toll findet, aber wenigstens schlagen beide Beauxbatons um Längen. Schön, das zu wissen. Vor allem ist Durmstrang gar nicht in ihrem Ranking. Wahrscheinlich, weil Grindelwald dort zur Schule gegangen ist oder weil ein Gebäude mit nur vier Stockwerken gar nicht schön genug sein kann oder weil Vorurteile gegen Osteuropa der Grund sind, ich weiß es nicht...

»Mit einem Zauberstab bewaffnet«, tritt Suephia die Tore auf (ernsthaft, das steht da so) und marschiert einfach mal so wie ein Invasor über die Schlossgründe, wo niemand aufzufinden ist. Das wird damit begründet, dass Mittagszeit ist. Immerhin kriegen wir hierfür eine Begründung, denn schon stößt Miss Wallemähne zum Büro des Schulleiters vor, das nicht etwa Minerva McGonagall gehört, sondern Albus Dumbledore, der lebt, denn »wieso sollte dieser Größe Zauberer nicht auch zurückgekehrt sein?«. Wie Ellen J. Langer in ihrem Buch »Mindfulness« beschreibt, kann eine Aussage auch durch gehaltlose Begründungen unterstützt werden. Allein die Erwähnung eines scheinbaren Grundes reicht aus, um Menschen zu täuschen. Das wurde hier anscheinend auch versucht, aber seien wir ehrlich, so blöd ist niemand, der in der Lage ist, auch zu lesen.

Ohne Passwort kommt Suephia ins Büro hinein. Hier wird sich nicht einmal die Mühe einer Pseudo-Begründung gemacht, denn man will ja schließlich auch mal auf den Punkt kommen. So trifft sie also auf Dumbledore und das goldene Trio, das sie sofort analysiert (Harry hat mandelförmige, grüne Augen und stammt eindeutig aus der Linie Evans, wer erkennt das nicht sofort?), aber gleich abgelenkt wird von Dumbledore, der feststellt, dass sie »Jung und munter aufgewacht« ist. Nach einem halben Jahr, super DUMBledore.

Suephia lacht da aber nur drüber und schildert ihm ihr Aufwachen in der »glühenden Nachmittagshitze«. Ihr kennt das bestimmt auch im März, vor allem wenn die Temperaturen an dem Tag zwischen drei und sechs Grad Celsius geschwankt haben. (Immerhin hat es nicht geregnet.)

Der wahrscheinlich größte Zauberer aller Zeiten stimmt in ihr Lachen ein und meint, dass sie hoffentlich niemanden angegriffen hat (denn Suephia hat voll das Temperament und so und das rechtfertigt ja einen Amoklauf à la Peter Pettigrew und man muss bestimmt nicht nach Askaban oder so neiiiiin), doch sie erwidert: »Ausnahmsweise mal nicht!«

Da Dumbledore aber nicht der einzige im Raum von überdurchschnittlicher Intelligenz ist, meldet sich jetzt auch mal Hermine zu Wort und fragt, wer die Ische überhaupt ist, die da gerade reingeplatzt ist, Dumby stellt mit Freuden »Saphia Potter« vor, Mutter von Harrys »Großvaters Fleamond«, den man meines Wissens nach mit T schreibt, aber wer bin ich schon, dass ich die Weisheit eines Mannes anzweifle, der den Merlinorden erster Klasse trägt und von den Toten auferstanden ist, nachdem er ein paar Jahre den Toten gespielt hat, damit sich das wahrscheinlich sehr teure marmorne Grabmal auszahlt.

Nun aber weiter zu Suephia, denn wir wollen ja nicht zu lange davon ablenken, dass sie die einzige in der gesamten Geschichte ist, die das Recht hat im Mittelpunkt zu stehen. Sie hat auf ihrer (sechsmonatigen) Reise schon viel von Harry Potter gehört und zwar nicht, weil er ihr Urenkel ist, sondern weil er »diesen komischen Voldemort besiegt haben [soll], welcher seine Eltern getötet haben soll.« Auffällig ist hier natürlich der Konjunktiv. Der Tod ist aber auch so eine ungewisse Sache!

Es folgt ein bisschen Dramalama, bei dem erörtert wird, dass Suephia bei der Entbindung von Fleamont gestorben ist, nahm Henry Potter es als sein Kind auf. Aber wie ist die Olle dann an den Namen Potter gekommen? Hallo? Autorin? Ich will bitte antworten. Die bekomme ich aber nicht, nur eine Andeutung, dass Blondie »großartiges geleistet hat«. Mein Mary-Sue-Generator ist jetzt endgültig kaputt, na toll.

Das Teasen geht weiter und man erfährt, dass Grindelwald jüngere Version lebt, weil Suephia auch lebt. Aha. Hochinteressant. Und deswegen muss er getötet werden. Klingt aber ehrlich gesagt ziemlich gut, find ich, denn wenn die Leben der beiden aneinander gebunden sind, beißt sie dann direkt mit ins Gras.

Der »rothaarige Weasley« stellt fest, dass Grindelwald von Voldemort getötet wurde, aber das ist natürlich total lächerlich und dumm, denn die Sue lebt ja auch wieder und Dumby ebenso, deswegen ist es auch völlig legitim, dass Ron sofort angefaucht wird. Es folgt weiteres Blabla, das irgendwie erklärend sein soll und ich beende das Kapitel, ohne zu wissen, was der Titel genau aussagen soll.

Die Bedeutung von dem, den das zweite Kapitel trägt, wird mir aber schon vorher klar, denn es kann nur eine Person mit »Crazy Witch« gemeint sein. Also, Hermine natürlich, die nur hier ist, um zu versuchen den Bechtel-Test zu bestehen, denn Suephia ist ja eine ganz super Protagonistin. So edgy und der totale Antiheld, fast schon wie Darth Vader, wegen des sich für alle opfern und so.

Aus Gründen, die nicht weiter beleuchtet werden, macht sich das Sueicide Squad auf den Weg durch die Flure von Hogwarts. Dort werden sie alle angestarrt, denn irgendwie wusste noch niemand, dass Dumbledore wieder lebt. Wieso Harry, Ron und Hermine sich nicht weiter darüber gewundert haben und überhaupt in Hogwarts sind, spielt erstmal keine Rolle, denn, wenn man sich um eine Erklärung dafür bemühen würde, würde sich ein Plothole in Form eines riesigen schwarzen Lochs materialisieren und alles verschlingen.

Es folgen viele eifersüchtige Gedanken von Suephia gegenüber Hermine, die eine »neunmalkluge Göre« und ein »platzklauendes Wesen« ist und zeigt das auch offen. Aber hey, Zweifel an ihr sind »Zweifel am gesamten Weltbild fast aller Hexen und Zauberer und auch dem Weltbild der Muggel!«

Just in dem Moment, als sie die große Halle betreten, fängt mein Spotify an »The Rains of Castamere« zu spielen, doch McGonagall spricht leider nicht die besten Grüße von Jaime Lannister aus, sondern fällt Dumbledore um den Hals, weil er ihr bester Freund und sie als Schulleiterin »heillos überfordert« ist.

Da eine Handlung ja immer einer inneren Logik folgen soll und diese hier bis jetzt aus vollkommener Planlosigkeit und Randomness bestand, macht Suephia sich auf den Weg zur Hütte des Wildhüters. Auf dem Weg genießt sie erst einmal die warme Sonne in ihrem Gesicht, denn wenn im März Hitze herrscht, dann sicherlich auch im Oktober.

Um auf den Herzen der kleinen Fangirls von Fred Weasley rumzutrampeln, taucht zufällig George auf, der anscheinend Besseres zu tun hat, als in seinem Laden zu arbeiten und fragt, ob sein Bruder vielleicht auch wieder lebt. Nö. »›Manchmal sollte Totes tot bleiben!‹ Saphia wusste, dass sie recht hatte.« Die beiden schweigen ein bisschen rum und dann tauchen die Schüler auf, die Suephia zu Hagrid geschickt hatte, wie ich jetzt nach erneutem Lesen feststelle. Ich hatte dabei aber an die Person als die Hütte gedacht, aber gut, wertloses Halbblut und so, ich verstehe.

Hiermit endet die Verunstaltung eines meiner liebsten Fandoms vorläufig, noch bevor Newt überhaupt erwähnt wurde, abgesehen vom Klappentext. Scheint ja doch nicht so Suephias große Liebe gewesen zu sein. Ich will nicht, was da noch weiter auf uns zukommt. Vielleicht eine Sexszene von Dumby und Grindelwald, vielleicht weitere Charaktere, die random wieder spawnen, vielleicht aber auch nur weiteres Bashing gegen Hermine.

Ich schaue mir jetzt beruhigende Tiervideos an (Axolotl sind irgendwie echt niedlich) und weine mich dann in den Schlaf, während ich »Harry Potter und der Halbblutprinz« höre, wo ich mich herrlich über »Sievierus« aufregen kann, der redet als wäre er Karkaroff oder alternativ Heinz Doofenshmirtz. Das Auftauchen desselbigen im Potterverse hätte wahrscheinlich mehr Substanz als das, was ich gerade gelesen habe.

Falls irgendjemand Lust hat, später zu überprüfen, ob meine Axolotl-Theorie stimmt: Tut euch keinen Zwang an. Ich glaube einfach ganz fest daran, da es mein letzter verbliebener Halm der Logik ist, an dem ich mich festklammere. Auf Wiedersuen!

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top