gemeinsam einsam (2)

Welcome back! Ich habe mich sehr über euer Feedback zum ersten Teil gefreut, also nochmal danke an alle, die mir dazu Kommentare, DMs oder Whatsapp Nachrichten geschrieben haben🫶🏼 Hier kommt nun der zweite Teil! Doch anders als erwartet, ist das noch nicht der letzte Teil und es wird noch mindestens ein weiterer kommen. Viel Spass beim Lesen!🧡

Als am nächsten Tag mein Wecker klingelt, würde ich ihn am liebsten einfach ignorieren. Ich brauche zwar eigentlich nicht viel Schlaf, aber unter den Telefonaten bis in die Nacht mit Timon hat mein Schlaf schon echt gelitten und die lange Opening-Probe gestern hat mir noch den Rest gegeben. Trotzdem quäle ich mich aus dem Bett, ziehe mich an und putze mir die Zähne. Ich möchte schon los zum Frühstück, als ich mich entscheide, mich doch noch dezent zu schminken, denn ich sehe so fertig aus, dass ich das den Leuten nicht zumuten will. Und Timon würde bestimmt denken, dass es mir nicht gut geht und ich wieder die halbe Nacht wach lag. Ein paar Minuten später betrete ich den Frühstücksraum und Mariia winkt mir von ihrem Tisch bereits zu. Ich schaue mich kurz um ob Timon schon da ist, kann ihn aber nirgends entdecken. Also hole ich mir am Buffet was zu essen und setze mich dann zu Mariia. Gerade als wir fertig gefrühstückt haben und uns auf den Weg zum Shuttle machen, da im Studio nochmal eine Opening-Probe ansteht, kommt Timon uns entgegen. Irgendwie fühlt es sich seltsam an, ihn wieder zu sehen. Ein bisschen so, als wäre er in den letzten Tagen eine andere Person geworden, da mir all die persönlichen Gespräche in den Kopf schiessen, die wir miteinander geführt haben. Doch es fühlt sich an, als wäre das in einer anderen Welt passiert und hier, in dieser Welt, tuen wir beide so, als hätte es diese Gespräche nie gegeben. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich anscheinend stehen geblieben bin, als ich Timon gesehen habe, doch jetzt steht er direkt vor mir und Mariia ist schon ein paar Meter weiter gelaufen. „Hey.", sage ich, irgendwie plötzlich ganz schüchtern. „Hey.", gibt Timon zurück und ich habe das Gefühl, dass diese Begegnung auch für ihn irgendwie seltsam ist. Wir umarmen uns kurz zur Begrüssung und dann stammle ich: „Ich ähh, ich muss jetzt los.. wegen, also wegen der Opening-Probe. Bis später." Und schon bin ich auf dem Weg, um zu Mariia aufzuschliessen. Die ganze Shuttlefahrt über mache ich mir Gedanken über mein Zusammentreffen mit Timon. Wieso habe ich so seltsam reagiert? Wieso wusste ich plötzlich nicht mehr was ich sagen soll? Und wieso hat mein Körper angefangen so komisch zu kribbeln, als wir uns umarmt haben? Irgendwie will ich das nicht einfach so stehen lassen, weshalb ich Timon eine Nachricht schreibe und ihn frage, ob wir uns nachher bei ihm in der Garderobe treffen können, woraufhin er mir antwortet, dass ich nach dem Opening-Training vorbeikommen soll.

Zum Glück kann ich während der Probe meine Gedanken gut ausblenden, so dass ich mich voll und ganz auf den Openingtanz konzentrieren kann. Es ist irgendwie echt beeindruckend, wie das Tanzen mir immer hilft, mich abzulenken, ganz egal womit ich gerade zu kämpfen habe. Nachdem ich getanzt habe, bin ich immer glücklicher und optimistischer als zuvor und so auch jetzt, als ich auf dem Weg zu Timons Garderobe bin. Ich bleibe vor seiner Tür stehen, atme nochmal tief ein und klopfe dann an. „Herein, wenn's kein Schneider ist.", klingt Timons Stimme auf den Flur. Stirnrunzelnd öffne ich die Tür. „Das verstehe ich nicht, wenn ich jetzt Katia wäre, hätte ich dann nicht reingedurft?", frage ich, während ich die Tür hinter mir schliesse und mich neben Timon auf die Couch setze. Er erklärt lachend: „Ach quatsch, das sagt man nur so. Das kommt wahrscheinlich auch eigentlich gar nicht von Schneidern sondern von Schnittern. Die haben mit ihrer Sense Getreide geschnitten und da der Tod ja oft auch mit Sense dargestellt wird, ist das dann so symbolisch dafür, dass alle eintreten dürfen, ausser der Tod. Aber ist ja eigentlich auch egal." Seine Stimme wird leiser und sein Gesicht nimmt einen rosa Ton an. Ich habe keine Ahnung, wieso es Timon manchmal offensichtlich peinlich ist, wenn er sein Nerdwissen auspackt, denn eigentlich finde ich das ziemlich süss und witzig. „Ah, gut zu wissen. Also der Tod bin ich schonmal nicht, Glück gehabt.", witzle ich und sage dann etwas ernster: „Ich wollte mich kurz bei dir entschuldigen, dass unsere Begegnung vorher so unangenehm war. Irgendwie war es einfach seltsam, dich wieder zu sehen und ich wusste nicht so recht, was ich sagen soll." „Du musst dich dafür nicht entschuldigen, Ekat. Mir ging es ähnlich. Ich glaube, wir waren einfach überwältigt davon, voreinander zu stehen, nachdem wir die letzten Tage immer so tiefe Gespräche geführt haben. Es ist wahrscheinlich normal, dass man sich dann kurz einen Augenblick fragt, ob es falsch war, dem anderen so viel erzählt zu haben, da man erst in diesem Moment zu 100% realisiert, dass man das alles ja wirklich der Person erzählt hat, die da gerade vor einem steht und nicht irgendeiner unsichtbaren Person am Telefon.", erwidert Timon und das, was er sagt entspricht genau dem, was ich auch fühle. „Ich bin trotzdem froh, dass ich dem unsichtbaren Timon so viel erzählt habe, denn es hat auf jeden Fall sehr gut getan.", flüstere ich und Timon lächelt mich etwas traurig an. „Ich auch. Du hast mir sehr geholfen.", gibt er zurück. „Wie geht es dir denn jetzt? Ich habe das Gefühl, dass du das die letzten Tage ein bisschen überspielt hast und nur so tatest, als würde es dir besser gehen.", erkundige ich mich und füge scherzend hinzu: „Und wenn es dir so leichter fällt, kann ich mich auch verstecken, damit ich wieder unsichtbar bin." Timon lacht über meinen Witz, doch ich sehe bereits, dass Tränen in seinen Augen glitzern. Als ich ihn fragend ansehe, weil er meine Frage nicht beantwortet hat, zuckt er nur mit den Schultern und schaut zu Boden. „Timon, du musst nicht versuchen, stark zu sein. Du darfst es auch einfach rauslassen, dass es dir schlecht geht. Wirklich. Das ist völlig okay!", versichere ich und lege ihm sanft meine Hand auf den Rücken. Als er seinen Blick wieder anhebt, und mich ansieht, erkenne ich, dass nun auch seine Wangen nass, und seine Wimpern tränenverhangen sind. Ich möchte ihn nicht dazu drängen, was zu sagen, also streiche ich ihm nur beruhigend mit meiner Hand über den Rücken und schaue ihn einfühlsam an. Nach einer Weile beginnt Timon mit bebender Stimme zu sprechen: „Du hast recht, mir geht es immernoch beschissen. Ich meine, es waren 5 Jahre. 5 ganze Jahre, die mir im Nachhinein so bedeutungslos vorkommen. Wir waren verlobt. Wollten heiraten. Und eine Familie gründen. Und dann, von einem Moment auf den nächsten ist alles einfach weg und ich bin allein. Versteh mich nicht falsch, ich weiss, dass es das richtige war, die Beziehung zu beenden, aber ich bin einfach so enttäuscht, dass es nicht funktioniert hat. Irgendwie enttäuscht von mir selber, dass ich das nicht auf die Reihe gekriegt habe." Immer wieder wischt Timon sich mit dem Handrücken übers Gesicht. Ich rutsche etwas näher zu ihm heran und nehme ihn in den Arm. „Ich weiss, dass das wehtut. Und das wird es auch noch eine ganze Weile. Aber trotzdem darfst du dir keine Vorwürfe machen. Es hat nicht mehr funktioniert zwischen euch, aber das ist nicht deine Schuld. Manchmal verändern Menschen sich, grad über so nen langen Zeitraum und wenn man noch jung ist. Da kann es dann passieren, dass man sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, das ist zwar traurig, aber auch ganz normal. Und Timon, du bist nicht allein." Bei meinem letzten Satz drücke ich ihn nochmal etwas fester, um zu symbolisieren, dass ich für ihn da bin. Timon legt dankbar seinen Kopf auf meiner Schulter ab und murmelt: „Danke. Das weiss ich eigentlich, aber manchmal vergesse ich es." Tröstend streiche ich mit meiner Hand durch seine Haare und kraule ihm sanft den Kopf. Eine ganze Weile lang sitzen wir so da, bis Timon irgendwann den Kopf hebt. Da sein Gesicht immer noch feucht von den Tränen ist, lege ich meine beiden Hände an seine Wangen und versuche, mit den Daumen so gut es geht seine Tränen wegzuwischen. Gerade, als ich meine Hände wieder von Timons Wangen entfernen will, legt dieser seine Finger um meine Handgelenke, was mich dazu bringt, meine Hände in ihrer bisherigen Position zu lassen. Verwirrt schaue ich Timon an und merke, dass sein Blick bereits an meinen Augen hängengeblieben ist. Während wir uns in die Augen schauen,  spüre ich, wie meine Haut zu kribbeln beginnt, dort wo Timon sie berührt und als er seine Finger von mir löst, fühlt es sich kalt an, so als ob etwas fehlen würde. Doch seine Finger verlassen meine Haut nur einen Augenblick, bevor er mit der einen Hand federleich meinen Arm entlangstreicht und sie vorsichtig seitlich an meinen Hals legt, und mit der andern über mein Knie streift, bis sie auf meinem Oberschenkel liegt. Ich habe keine Ahnung, wie wir in diese Situation gekommen sind und ich weiss, dass es auf jeden Fall keine gute Idee ist, doch der Moment fühlt sich grad zu gut an, um nicht eine Hand in seine Haare gleiten zu lassen und Timon ganz vorsichtig näher zu mir hinzuziehen. Ich sehe, wie sein Blick meinen Mund streift, bevor sein Daumen ganz sanft über meine Lippen gleitet. Ich merke, wie er immer näher kommt und wie auch ich mich ihm entgegenlehne. Automatisch schliesse ich meine Augen. Ich spüre seinen warmen Atem auf meinem Gesicht und merke, wie er noch näher kommt, bis sich unsere Lippen streifen. Die Berührung ist kurz und kaum spürbar, weshalb ich mich weiter in Timons Richtung lehne, bis unsere Lippen erneut aufeinander treffen. Diesmal ist es keine sanfte Berührung. In dem Kuss liegt Verlangen und Leidenschaft und so dauert es nicht lange, bis ich meine Hand in Timons Haaren vergrabe, er seine in meinen Nacken krallt und wir versuchen, uns gegenseitig noch näher zu ziehen. Erst als es plötzlich an der Tür klopft fahren wir mit einem Ruck auseinander und starren und schockiert an. „Es... es tut mir leid.", stammelt Timon im selben Moment in dem ich murmle: „Sorry, ich wollte das nicht tun." Ich springe von der Couch hoch und im selben Moment öffnet sich die Tür und Mimi kommt rein. Er blickt in unserere schockierten Gesichter, zu Timons verwühlter Frisur und sieht und mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ähh, stör ich gerade bei etwas? Soll ich wieder gehen?", fragt er verwirrt, aber auch mit einem frechen Grinsen im Gesicht. „Ähh, nein, alles gut. Ich wollte grad gehen.", stammle ich, werfe einen Blick auf die Uhr und füge hinzu: „Wir sehen uns dann in einer halben Stunde zur Kameraprobe." Dann bin ich auch schon aus Timons Garderobe verschwunden und eile den Flur entlang. Ich möchte möglichst schnell weg hier. Und zwar irgendwo hin, wo ich meine Ruhe habe. Ich verschanze mich in der Toilette am Ende des Flurs, schliesse die Tür ab und setze mich auf den Klodeckel. Was ist da grad passiert? Habe ich Timon einfach so geküsst? Aber eigentlich hat er doch damit angefangen, oder habe ich mir das nur eingebildet? Na gut, falls es wirklich von ihm ausgegangen wäre, dann bestimmt nur, weil er in der Situation so traurig und vielleicht auch verwirrt war. Aber trotzdem, wieso sollte er mich deshalb küssen? Und dann auch noch SO? Auch wenn ich keine Ahnung habe, wer jetzt wen geküsst hat, fest steht, DASS wir und geküsst haben und das ist schlimm genug. Auch wenn ich zugeben muss, dass es sich gut angefühlt hat. Sehr gut sogar. Ah fuck, so darf ich nicht denken. Ich möchte nicht, dass sich irgendwas zwischen Timon und mir verändert. Besonders nicht jetzt, wo wir uns so gut verstehen und es mir so hilft, mit ihm über meine Probleme zu sprechen. Ausserdem müssen wir ab nächster Woche wieder zusammen tanzen. Wie soll das bitte gehen? Am besten ist es wahrscheinlich, wenn wir einfach so tun, als wäre das gerade nie passiert. Als hätten wir uns nie geküsst. Oh mein Gott, wir haben und wirklich geküsst?! Hilfe!

Ich bleibe auf dieser Toilette sitzen, bis es Zeit wird, um meine Sachen für die Kameraprobe mit Mimi zu holen. Doch bevor ich mich rauswage, mache ich mir noch ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht, da mein Kopf immer noch gerötet ist und versuche, meine durchwühlten Haare wieder glatt zu streichen. Als ich im Studio ankomme, steht Mimi bereits auf dem Parkett und wartet auf mich. „Sorry, bin ich zu spät?", murmle ich und Mimi schüttelt den Kopf: „Ach quatsch, ich bin nur ein besonders gut erzogener Schüler." „Das bist du.", bestätige ich und hoffe nur, dass Mimi mich nicht auf den Moment vorher in Timons Garderobe anspricht. Doch momentan ist dazu eh keine Zeit, da wir dazu aufgefordert werden, mit der Probe zu beginnen. Als alles mit den Kameraleuten geregelt ist, klatsche ich mit Mimi ein und lobe ihn: „Sehr gut gemacht! Morgen dann auch genau so." Mimi grinst breit und sieht stolz aus. „Krass, Timon meinte immer, dass es echt schwer ist, ein Lob von dir zu bekommen." Ich winke ab und behaupte: „Ach, Timon übertreibt definitiv! Eigentlich lobe ich ihn viel. Es reicht ihm nur nicht. Oh, und manchmal zwinge ich ihn dazu, sich währenddessen die Ohren zuzuhalten, damit er nicht abhebt." In dem Moment betritt Timon das Studio und da ich mir ja vorgenommen habe, zu versuchen, dass alles zwischen uns genauso bleibt wie es war und wir den Kuss einfach vergessen können, winke ich ihn zu uns herüber. „Timon, sag Mimi, dass ich dich schon auch manchmal lobe. Hier herrscht ein ganz falsches Bild von mir.", bitte ich ihn lachend, als er bei uns angekommen ist. Timon schaut mich kurz irritiert an, wahrscheinlich weil er nicht erwartet hat, dass ich ihn nach diesem Vorfall so normal behandeln würde, doch anscheinend versteht er, dass ich die ‚so tun als wär nichts passiert Taktik' anwende, denn er steigt drauf ein. „Okay Mimi, sie hat mich zweimal gelobt. Ich kann dir auch ganz genau sagen wann, denn es waren so besondere Momente, dass ich die direkt mit Datum in meinem Tagebuch festgehalten habe.", behauptet er und ich boxe ihm gegen den Oberarm. „Hey, das stimmt nicht!", rufe ich empört, kann mir ein Lachen aber nicht verkneifen und Mimi fügt grinsend hinzu: „Also Timon, so leid es mir tut, aber wenn das stimmt, dann hast du es vielleicht auch einfach nicht verdient. Denn mich hat sie ganz normal gelobt. Öfter als zweimal. Und das innerhalb nichtmal einer Woche." Timon sieht uns gespielt beleidigt an und sagt trotzig: „So, dann gehe ich jetzt halt zu Isabel, wenn ihr mich hier so fertig macht." Mimi und ich schlagen lachend ein und als Timon sich umdreht, um zu Isabel zu gehen, die bereits auf dem Parkett wartet, rufe ich ihm hinterher: „Gute Probe, Timon." Er lächelt mir nochmal zu und macht sich dann auf den Weg zu Isabel. Natürlich möchte ich mir den Tanz der beiden ansehen und auch Mimi entscheidet sich, noch zum Zusehen da zu bleiben. Wir stellen uns gemeinsam in die Sky-Lounge und schauen über den Balkon nach unten. Timon macht seine Sache echt gut und am Ende jubeln Mimi und ich den beiden zu. „Das war gut.", grinse ich Timon entgegen, als wir von der Sky-Lounge heruntergehuscht sind und unten wieder aufeinandertreffen. „Ach, das sagst du doch jetzt nur, um Mimi zu beweisen, dass du mich doch manchmal lobst.", zieht Timon mich auf und ich schüttle den Kopf. „Das war wirklich nicht schlecht.", versichere ich ihm und Timon möchte wissen: „Und was sagst du zu den awkward turtles? Das war das erste mal, dass ich selber einen Move in ne Choreo eingebaut habe." Er klingt stolz und das finde ich irgendwie süss. Isabel und ich grinsen uns amüsiert an und ich verspreche: „Die turtles waren cool, aber keine Angst, spätestens wenn du mein komplettes Let's Dance Training durch hast, machst du ganze Choreos selber." Timon sieht mich zweifelnd an und Mimi wirft ein: „Also wenn man bei dir eigene Choreos machen muss, bin ich richtig froh, dass ich ab nächster Woche wieder mit Masha trainieren werde." Wir lachen alle vier und ich warne Mimi: „Vorsicht was du sagst. Alles, was Masha über Let's Dance weiss, hat sie von mir gelernt." Als hätten sie aufs Stichwort gewartet, betreten Masha und Knossi in diesem Moment das Studio, da sie als nächste mit der Kamera-Probe dran sind. Diesmal stellen wir uns zu viert nebens Jurypult und schauen von da aus zu. Als auch die beiden ihre Probe beendet haben, klatschen wir sie alle ab und gratulieren ihnen. Irgendwie sind wir in dieser Woche so richtig zu einer kleinen 6er Gang geworden, in der man auf jeden Fall immer was zu lachen hat. Wir haben noch etwas Zeit bis zur Durchlaufprobe, und beschliessen deshalb, bei Mimi in der Garderobe einen Kaffee trinken zu gehen. In Garderobe sind bereits einige Leute und als wir den Raum betreten, ruft Zsolt: „Uhh, der Chef ist da!" Alle jubeln Mimi zu und lassen ihn durch zu seiner geliebten Kaffemaschine, wo er gleich beginnt, für und alle einen Kaffe zu kochen.

Als Abends die Durchlaufprobe geschafft ist, gehe ich noch mit den anderen Profis und Promis gemeinsam essen. Wie es der Zufall will, sitze ich neben Timon. Naja, vielleicht war es nicht wirklich ein Zufall. Mimi ist mit Timon direkt auf mich zugesteuert, nachdem ich mich hingesetzt habe, und hat Timon dann den Platz neben mir angeboten, während er um den Tisch herumging und sich gegenüber niedergelassen hat. „Ist das okay für dich, wenn wir einfach so tun als wäre das nie passiert?", wispere ich Timon zu, während wir auf unser Essen warten. „Was denn? Ist was passiert?", wispert Timon bereits ganz in seiner Rolle zurück. „Das deute ich als ja.", flüstere ich grinsend und er nickt und sieht irgendwie erleichtert aus. „Was habt ihr eigentlich so heimliches zu besprechen?", mischt sich Mimi ein. „Gar nichts!", behaupte ich ertappt, doch Timon bleibt cool und antwortet mit einem Zwinkern in meine Richtung: „Nur ne kleine Taktikbesprechung." Ich muss lachen, und bin etwas beeindruckt davon, dass er nicht mal lügen musste, denn in gewissem Sinne, war das ja wirklich ein Taktikbesprechung. Timon hat mir erzählt, dass er sich mal vorgenommen hat, nie mehr zu lügen und ich lerne gerade von ihm, dass es auch möglich ist, Leute zu täuschen, ohne dabei lügen zu müssen. Mimi sieht mit der Antwort zwar nicht ganz zufrieden aus, doch in dem Moment kommt das Essen und lenkt ihn davon ab, weiter nachzuhaken.

Als ich nach dem schönen Abendessen mit den anderen zurück in meinem Hotelzimmer bin, denke ich nochmal über den heutigen Tag nach. Es fühlt sich irgendwie immer noch nicht ganz real an, was passiert ist. Man kann doch nicht einfach jemanden küssen, und dann so tun, als ob nichts wäre?! Aber überraschenderweise kann ich das anscheinend ganz gut, denn es fällt mir nicht mal schwer, das zu verdrängen und weiter ganz normal mit Timon umzugehen. Wahrscheinlich, weil ich es selber noch gar nicht richtig realisiert habe, dass es überhaupt passiert ist, also kann ich es auch leicht wieder vergessen. Okay nein, vergessen kann ich es nicht. Und ich kann auch nicht verhindern, dass ich ein ganz klein wenig enttäuscht bin zu wissen, dass das eine einmalige Sache war. Ich weiss nichtmal genau, wann das passiert ist, dass ich Timon auch nur annähernd als was anderes als einen guten Freund sehe. Wir haben zwar durch unsere Gespräche die letzten Tage eine sehr tiefe Verbindung aufgebaut, doch auch wenn mir heute morgen noch jemand gesagt hätte, dass Timon und ich uns irgendwann küssen werden, hätte ich drüber gelacht und der Person einen Vogel gezeigt. Ich hab nicht mal im Ansatz über sowas nachgedacht, doch durch den Kuss habe ich plötzlich gespürt, wie es sein könnte und jetzt, wo ich weiss, wie es sich anfühlt, würde ich am liebsten in Timons Zimmer stürmen und ihn direkt wieder küssen. Doch ich weiss, dass ich so nicht denken darf und dass ich mich weiterhin darauf konzentrieren muss, mich ihm gegenüber so normal wie möglich zu verhalten. Schliesslich möchte ich noch möglichst lange mit ihm weitertanzen und da gäbe es wohl nichts unangenehmeres, als wenn ich ihm meine plötzlichen verwirrenden Gefühle gestehen würde, die Timon ganz offensichtlich nicht erwidert. Besonders, solange ich diese Gefühle selber nicht verstehe. Ich weiss nichtmal, ob ich sagen würde, dass ich mich in Timon verknallte habe. Irgendwie gab es nicht diesen ‚es trifft mich wie ein Blitz Verknalltheitsmoment'. Es fühlt sich eher an, als hätte sich etwas heimlich angeschlichen, ganz langsam, immer ein bisschen näher, und würde sich jetzt mit jedem Moment mehr in mir ausbreiten. Durch ein ‚Pling' von meinem Handy, werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Auf meinem Sperrbildschirm ist eine Nachricht von Timon zu sehen. ‚Wäre es weird, wenn ich dich jetzt anrufen würde?' Ich muss lächeln. Ich weiss zwar nicht, ob er fragt ob das weird wäre, wegen dem was heute passiert ist, oder weil er nur vielleicht hundert Meter entfernt ist, aber das ist mir eigentlich auch egal. ‚Nein. Das wäre schön.' schreibe ich zurück, sehe wie die zwei Haken blau werden und sofort taucht auch schon Timons Anruf auf meinem Display auf. „Hey.", begrüsse ich ihn und er erwidert: „Ebenfalls hey. Ich hoffe, das ist okay, dass ich angerufen habe. Ich habe das irgendwie vermisst gestern. Also abends noch mit dir zu reden. Und ich weiss, wir waren vorher grad noch zusammen beim Essen, aber das ist irgendwie was anderes. Ich meine, da waren halt so viele Leute dabei, da konnte man sich ja nicht wirklich zu zweit unterhalten." „Alles gut, Timon. Du musst dich nicht erklären, ich freu mich doch, dass du angerufen hast." „Okay gut. Na dann, ähh, wie geht es dir?", möchte er wissen. „Gut.", behaupte ich wenig überzeugt. Timon seufzt „Ekat...", doch ich unterbreche ihn: „Ich weiss, ich weiss, du hörst mir an, dass das nicht stimmt, weil ich bestimmt wieder was ungewöhnliches mit meiner Stimme gemacht habe oder zu laut geatmet habe oder so. Aber Timon, wie soll ich dir denn ehrlich sagen, wie es mir geht, wenn es eine Sache gibt, die beeinflusst, wie es mir geht, über die ich aber nicht reden kann, weil wir beschlossen haben, nicht darüber zu reden?" Ich weiss nicht, wieso ich plötzlich wütend klinge. Vielleicht weil ich merke, dass es mich doch mehr belastet, als ich gedacht hätte. Oder weil ich innerlich gehofft habe, dass Timon gar nicht erst nachfragt wies mir geht, sondern versucht, dem Thema aus dem Weg zu gehen. „Ich habs nicht böse gemeint. Es interessiert mich wirklich, wie es dir damit geht. Und ich wollte mich entschuldigen. Also für die Sache, über die wir nicht sprechen.", murmelt er nun leise und ich kriege ein schlechtes Gewissen. „Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht so angreifen. Es ist nur... also... keine Ahnung, irgendwie hat mich das alles schon bisschen durcheinander gebracht und ich weiss nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Ich will nicht, dass das jetzt etwas kaputtmacht oder so, weil ich finds grad wirklich sehr schön mit dir. Also als Tanzpartner. Und als guter Freund.", flüstere ich und hoffe, dass Timon nicht hört, wie meine Stimme leicht zittert. Falls er es hört, lässt er es sich nicht anmerken, denn er versichert mir nur: „Ich auch, Ekat. Wirklich. Und ich will auch nicht, dass das irgendwas verändert. Wie gesagt, es tut mir leid. Es, also, es war echt dumm von mir und wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen, das würde einiges leichter machen." Zu hören, dass er es am liebsten rückgängig machen würde, trifft mich zwar wie ein Schlag ins Gesicht, aber es hilft mir auch irgendwie, damit klarzukommen. Zumindest weiss ich jetzt mit Sicherheit woran ich bin, auch wenn mich die Erkenntnis alles andere als überrascht, und kann so vielleicht besser damit abschliessen und zum Normalzustand zurückkehren. Weh tut es trotzdem irgendwie. „Es war ja nicht deine Schuld. Also zumindest nicht nur.", sage ich leise. Wir beide schweigen eine Weile, bis Timon das Thema wechselt und wissen will, ob ich noch Tipps für seinen Jive morgen habe. „Du machst das echt sehr gut. Hab einfach Spass, der Ausdruck und die Energie sind beim Jive ähnlich wichtig wie die Technik.", rate ich ihm. „Ausserdem kann morgen ja eh niemand rausfliegen zum Glück.", füge ich noch hinzu und er stimmt mir zu: „Ja, zum Glück. Sonst hätte ich schon echt bisschen Angst." „Na dann spar dir deine Angst lieber für nächste Woche auf, wenn dann zwei rausfliegen.", scherze ich und Timon stöhnt auf: „Boah, erinner mich nicht daran!" „Ach quatsch, wenn du so fleissig trainierst wie bisher immer, werden wir bestimmt noch nicht rausfliegen. Ausserdem ist nächste Woche ja noch Osterpause, da hast du dann eine Woche länger Zeit, in der du selber jeden Tag deine Schritte wiederholen kannst." Ich stocke einen Moment, da mir einfällt, dass Timons Exfreundin ja wahrscheinlich zu der Zeit in der Wohnung in Berlin sein wird und erkundige mich dann: „Sag mal, was machst du eigentlich während der Osterpause? Also wo bist du da?" Timon seufzt und antwortet: „Puh, gute Frage. Eigentlich weiss ich das selber noch gar nicht so genau. Über die Feiertage fahre ich wahrscheinlich zu meiner Familie, aber die restliche Zeit, keine Ahnung. Wahrscheinlich bleib ich einfach hier. In Berlin hab ich zumindest nicht mehr wirklich ne Wohnung, in die ich gehen könnte." „Habt ihr da eigentlich jetzt mal nochmal drüber gesprochen? Also was mit der Wohnung passiert und so?", hake ich nach und Timon lacht auf. „Ha, gesprochen ist gut. Sie hat mir einfach geschrieben, und mich gebeten sobald ich wieder Zeit habe, auszuziehen. Und da die Wohnung auf ihren Namen läuft, kann ich da auch nicht wirklich was machen. Also es ist für mich ja auch okay, wenn sie da bleibt, aber ich hätts schon nett gefunden, wenn wir das zusammen entschieden hätten eigentlich." „Oh. Ja, das ist echt nicht so nett.", gebe ich zu bedenken und füge hinzu: „Ich bleibe übrigens auch da. Also über Ostern. Mariia fährt zu ihrem Freund, wahrscheinlich gehe ich dann in ihre Wohnung, im Hotel bin ich zur Zeit ja echt oft genug. Wenn du willst, ähh also vielleicht könnten wir ja mal gemeinsam dort kochen oder sowas in der freien Zeit?" „Das wäre schön! Und wir können auch sonst gerne was unternehmen ab und zu, wenn wir schon beide hier sind.", sagt Timon und ich höre, wie seine Stimme sich ein wenig aufhellt. „Willst du eigentlich dann die nächste Zeit auch in Köln trainieren?", möchte ich noch wissen und Timon antwortet: „Also die zwei Trainingstage vor und nach der Osterpause auf jeden Fall, wenn wir da eh die meiste Zeit hier sind, lohnt es sich ja auch nicht extra zum trainieren noch wegzufahren. Für die Wochen danach würde ich gerne mal noch mit Sarah schauen, weil ich weiss, dass sie da irgendwann nochmal wegfährt, aber keine Ahnung wann genau, und das wär dann vielleicht ganz praktisch, damit ich abends dann manchmal Zeit hab um schon mal bisschen meine Sachen zusammenzupacken und sowas. Aber die Zeit, die ich eh im Hotel wohnen müsste, können wir dann auch genauso gut hier bleiben. Dann sparen wir uns zumindest die Fahrten hin und her. Auch wenn ich unsere Mülltonnen dann echt vermissen werde." Das bringt mich zum lachen und ich stimme zu: „Ohh jaaa, die Mülltonnen!" Mittlerweile ist es echt spät geworden und wir beschliessen, dass wir langsam echt schlafen sollten, um morgen fit für die Show zu sein. „Na dann. Du kannst mir ja noch Bescheid geben, sobald du mehr darüber weisst, wann du wo trainieren willst. Gute Nacht. Und schlaf dich gut aus für morgen!", wünsche ich ihm und Timon erwidert: „Danke, dir auch eine gute Nacht."

Die Show am nächsten Tag läuft gut und und da niemand rausfliegen kann, herrscht die ganze Zeit über sehr lockere Stimmung bei allen. Heute ist es schon viel weniger seltsam, Timon wieder zu treffen. Wir sind zwar beide etwas zurückhaltend, wenn es darum geht, persönliche Dinge zu besprechen, aber sonst machen wir ganz normal unsere Spässe, ziehen und gegenseitig auf oder sprechen über die Show. Es ist, als hätten wir uns im Stillen darauf geeinigt, dass unsere vertrauteren Momente in Zukunft nur noch am Telefon stattfinden, da wir glaube ich beide Angst haben, dass sonst nochmal sowas wie gestern passieren könnte. Ich glaube für mich ist das auch ganz gut so, denn so kann ich den Timon, mit dem ich all die intensiven Gespräche hatte und für den ich diese merkwürdigen Gefühle habe, irgendwie ein bisschen abgrenzen von dem Timon, der mein Tanzpartner ist. Fast so, als wären das zwei unterschiedliche Personen, die nur gleich aussehen. Wie Zwillinge! Obwohl Zwillinge wohl kaum beide Timon heissen würden, aber das ist jetzt ja auch egal. Nach der Show treffe ich mich noch kurz mit Timon in seiner Garderobe. Kurz fühlt es sich weird an, wieder hier zu sein und ich setze mich mit Absicht auf das andere Sofa, als beim letzten mal. „Bist du zufrieden?", möchte ich von ihm wissen. „Ich glaube schon, ja. Aber jetzt freu ich mich auch, wieder mit dir zu trainieren nächste Woche. Du willst mir nicht per Zufall schon verraten, welchen Tanz wir haben, oder?" „Natürlich nicht!", rufe ich gespielt empört, muss aber lächeln, als ich an unseren Tanz denke, den ich vorher zugewiesen bekommen habe. Genauer gesagt muss ich lächeln, wenn ich an das Lied denke, denn wir dürfen zu meinem Lieblingslied tanzen. Einen Wiener Walzer zu Hallelujah, das wird bestimmt schön. „Schade. Aber so wie du lächelst, wirds wohl was gutes sein.", stellt Timon fest und ich gebe lachend zurück: „Du weisst aber schon, dass ich Tänzerin bin und jeden Tanz als was gutes bezeichnen würde." „Da hast du auch wieder recht. Aber deine Choreos sind eh immer wunderschön, also freue ich mich jetzt einfach drauf und lasse mich überraschen.", beschliesst er. Danach machen wir uns mit den anderen auf den Weg zurück ins Hotel. Die Promis gehen direkt schlafen, da morgen schon das Teamtanz Training ansteht, während die meisten Profis in ihre Zimmer verschwinden, um an denn Choreos zu arbeiten, denn wenn Samstags Training ist, bleibt da sonst meist nicht mehr so viel Zeit übrig für.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top