5. Hätte sie doch das Gespräch nur nie gehört!

Langsam schlenderte sie durch die Strassen. Draussen war es schon dunkel und es ging ein leichter Wind, der sie frösteln liess. Schaudernd zog sie die Schultern hoch und beschleunigte ihre Schritte. Gleich vor ihr gabelte sich der Weg und links von ihr tat sich eine schmale und krumme Gasse auf. Die Strassenlaternen dort waren so alt, dass sie nicht an das Netzwerk angeschlossen waren und niemand kümmerte sich mehr darum, ob sie funktionierten oder nicht. Die meisten Leuten liefen achtlos daran vorbei, ohne einen Blick hinein zu werfen. Man behauptete, dass die Leute, die diese Gasse betraten, niemals zurückkehrten. Sie glaubte diese Gerüchte nicht, trotzdem beeilte sie sich, daran vorbei zu kommen. Plötzlich hörte sie ein leises Geräusch aus der Dunkelheit vor sich. Von einem unguten Gefühl gepackt, huschte sie in die Gasse und trat einige Schritte in die Dunkelheit hinein. Das Geräusch, dass sie vorhin wahrgenommen hatte, konnte sie nun als Schritte erkennen. Zwei Männer tauchten auf und gingen langsam auf die Gasse zu. Sie waren ganz in dunkle Kleidung gehüllt und die Jacken waren lang und wehten im Wind. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie denn nicht kalt hätten. Da hörte sie, wie der grössere der Beiden anfing zu sprechen. «Bist du sicher, dass er tot ist? Der Boss wäre nicht erfreut, wenn er plötzlich wieder vor der Tür stünde.» Seine Stimme war tief, und hätte angenehm geklungen, wenn nicht eine gewisse Dunkelheit darin gelegen hätte, die wie eine Warnung wirkte. Der kleinere neben ihm, der sich beeilen musste, Schritt zu halten, nickte. «Natürlich bin ich sicher. Denkst du, ich bin ein Anfänger? Glaubst du, ich hätte...» Erst jetzt realisierte sie wirklich, worüber die Männer sprachen. Sie hatten einen Menschen getötet! Sie trat einen Schritt nach hinten und stiess leicht an eine Tonne, wobei ein leises, kaum wahrnehmbares Geräusch entstand. Panisch hielt sie den Atem an. Inständig hoffte sie, dass das Geräusch die Gasse nicht verlassen hatte. Doch der Grössere der beiden blieb stehen, streckte den Arm aus und hielt seinen Kumpanen fest.
«Da ist wer.»
«Was?»
«Ich sagte, hier ist jemand.» «Hier ist nie jemand, du weisst doch, die Leute meiden diese Gegend. Aus gutem Grund», lachte der kleinere.
Das Lachen klang kalt und kratzig. «Dummkopf! Selbst wenn normalerweise niemand hier ist, bedeutet das nicht automatisch, dass es immer so ist. Nein, ich bin sicher, hier ist jemand.» Ihr Herzschlag beschleunigte sich und sie biss sich auf die Lippe, als der grössere sich umwandte und die Gasse betrat. Langsam, um zu vermeiden, nochmals ein Geräusch von sich zu geben, schlich sie nach hinten und hoffte, dass sie nicht entdeckt wurde. Doch dann strauchelte sie über einen Abfallsack und das Reissen des Plastiks nahm allen Zweifel, ob hier jemand war. Der Mann eilte ihr nun schneller nach. Sie vergass, dass sie vorsichtig sein sollte warf sich herum und eilte die Gasse hinunter. Ihre Schritte halten auf dem Kopfsteinpflaster und auch die Schritte des Mannes beschleunigten sich jetzt, wobei er lauthals fluchte und den kleineren beschimpfe. «Ich hab dir doch gesagt, da ist wer!» Das ein keuchendes Pfeifen erklang. «Und was machen wir jetzt?» «Was wohl? Wir sorgen dafür, dass sie niemandem etwas erzählen kann, was sie heute gehört hat.» Sie hörte, wie ein Stück Stoff zurückgeschlagen wurde und das metallische Geräusch, als etwas einrastete. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie wusste, dass sie nun ebenfalls das Schicksal des unbekannten Menschen teilen würde. Verzweifelt versuchte sie, noch schneller zu werden, doch strauchelte erneut, als sie mit der Schuhspitze an einem Pflasterstein hängen bleib. Im letzten Moment konnte sie sich fangen und eilte weiter. Doch diese wenigen Sekunden reichten aus und ein Schuss peitschte durch die Nacht. die dunkle Gasse lag wieder in nächtlicher Stille und hatte einen weiteren Menschen, der nie wieder aus ihr herauskam.

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