4. Anonyme Nachricht
Genervt kramte ich in meinem Rucksack herum. Irgendwo in diesem schwarzen Loch, dass sich Rucksack schimpfte, mussten doch meine Unterlagen für die Recherche über den kalten Krieg sein! Doch alles was ich bisher zu Tage gefördert hatte waren ein altes Federmäppchen und hart gewordene Radiergummis sowie alte zerknüllte Zettel. Ratlos strich ich mir die Haare aus dem Gesicht. Neben mir vibrierte mein Handy. Ich ignorierte es und wühlte weiter, bis ich das Ziel der Suche gefunden hatte. Es hatte verknittert ganz unten gelegen. Ich breitete meine Bücher und Unteralgen auf dem Tisch aus und fing an zu arbeiten. Erst als ich fertig war, erlaubte ich mir, mein Handy zur Hand zu nehmen und nachzusehen, weshalb es vorhin vibriert hatte. Eine unbekannte Telefonnummer erschien auf dem Bildschirm mit dem Satz «Triff mich um 19 Uhr. M.» Ich runzelte die Stirn. Darunter war ein Screenshot von einem Ausschnitt des Stadtplans, in den jemanden mit roter Farbe einen Weg eingezeichnet hatte. Er führte direkt zum alten Friedhof. Nachdenklich tippte ich mit den Fingern einen Rhythmus auf das alte Holz des Tisches. Ich wusste, es war bescheuert zu tun, wozu mich diese Nummer aufforderte. Doch zu meinem Pech war ich schon immer sehr neugierig gewesen.
Unruhig tigerte ich am alten Eingang des verfallenen Friedhofs auf und ab. Ich wusste zwar nicht, ob ich draussen warten sollte oder drinnen, doch ich hatte mich entschieden, dass ich draussen warten wollte. Am Ende würde ich mich nur heillos verirren zwischen den alten Grabsteinen, welche teilweise schon halb verrottet waren und mit Efeu und Moos überwuchert. Nebel zog auf und quoll wie Trockeneis aus der Disco durch die Gitter des Fridhofeingangs. Ein Käuzchen schrie in einer krummen Weide und eine dunkle Gestalt tauchte auf der anderen Seite des Eingangs auf. Sie war ganz in einen burgunderroten Mantel gehüllt, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Langsam hob sie die Hand, welche in einem schwarzen Handschuh steckte und winkte mich heran. Misstrauisch beäugte ich die Gestalt, folgte der Aufforderung allerdings nicht. Die Gestalt wiederholte die Handbewegung, diesmal fordernder. Immer noch rührte ich mich nicht von der Stelle. Mein Handy vibrierte und erneut tauchte die Nummer auf mit der Nachricht «Wenn du schon einmal deiner Neugier gefolgt bist, folge ihr doch weiter. M.» Ich schluckte und hob den Blick. Die Gestalt war immer noch vor mir. Nun stiess sie das rostige Tor auf, welches protestierend quietschte und wiederholte zum dritten Mal die auffordernde Handbewegung. Ich biss mir auf die Lippe und folgte der Gestalt auf den Friedhof und zwischen die Gräber. Der Nebel folgte uns wie ein Schatten und verschluckte die nahe Umgebung beinahe gänzlich. Nur manchmal sah ich einen Umriss eines gespaltenen Kreuzes oder bröckelnden Grabsteins. Die Gestalt führte mich zu einer alten Gruft, deren Türen aufgestossen waren. Kalte Luft schlug mir entgegen, als die Gestalt zur Seite trat und in Richtung Gruft deutete. Mein Blick wanderte von der Gestalt zum Eingang, der mir wie ein gähnender Schlund vorkam, bereit mich zu verschlingen. Eine Stimme drang aus dem Dunkel. «Komm...» Wie hypnotisiert folgte ich der Stimme, trat in die Dunkelheit. Kaum betrat ich die Gruft, trat ich ins Leere und fiel in die Tiefe. Noch während dem Fall wusste ich, dass ich die falsche Wahl getroffen hatte, als ich der Aufforderung gefolgt war, doch nun war es zu spät.
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