To be loved

Dieses Kapitel war nie so geplant.
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"There are wounds that never show on the body that are deeper and more hurtful than anything that bleeds."
-Laurell K. Hamilton, Mistral's Kiss
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To be loved

Im Gemeinschaftsraum der Ravenclaw waren am frühen Abend alle Tische mit arbeitenden Schülern besetzt und in meinem Kleid kam ich mir reichlich fehl vor.
Seit Alec mich hereingebracht hatte stand ich an einem der hohen Fenster, doch inzwischen konnte ich den Blick über den See und die Ländereien nicht mehr genießen. Genauer gesagt, seit die Sonne untergegangen war.
Anna, die zwischen ihren Freunden, die uns zu Slughorns Party begleiten würden, am Feuer gesessen hatte, trat an mich heran. Sie hatte die dunkelbraunen Haare hochgesteckt und trug ein hübsches blaues Kleid. "Du siehst nicht aus, als hättest du umbedingt Lust auf den Abend."
"Wie kommst du bloß darauf?"
Sie lachte als Antwort, "Cindy gehen langsam die Bemerkungen über dein Aussehen aus."
"Kann ich mir schwer vorstellen." Mein Blick traf Cindys, die perfekt herausgeputzt neben einem großen Ravenclaw saß. Generell schienen all diese Ravenclaw Typen groß zu sein. Nicht mal von der Hälfte kannte ich die Namen und es frustrierte mich, dass Cindy in ihrem goldenen Kleid tatsächlich hübsch aussah. Generell frustrierte mich an diesem Abend sehr viel.
"Ich find das Kleid steht dir gut."
"Danke, Anna." Mit einem Seufzen strich ich über den dunklen Stoff. Das Kleid gehörte nicht einmal mir. Alecs Einladung zu Slughorns Feier war so überraschend gekommen, dass ich mir nur schnell ein Kleid von Ruby geliehen hatte. "Weißt du, warum sie so lange brauchen?"
"Gute Frage." Anna sah wie ich zu den Treppen, die zu den Schlafräumen führten. Vor mindestens einer halben Stunde war Alec mit einem Freund verschwunden, um kurz noch etwas zu erledigen.
"Wenn das noch lange dauert geh ich bald, James und Lily sind vermutlich schon längst auf der Feier."
"Vielleicht sollten wir mal...Moment, ich glaube, da kommen sie."
Gemeinsam mit einem seiner Teamkollegen kam Alec die Treppe hinunter. Er trug nun auch einen Festumhang, wobei ich mich fragte, warum ich im Kleid hatte antanzen müssen, nur damit er mich warten ließ.
"Hallo ihr Hübschen." Alec küsste mich kurz auf den Mund, bevor er seinen Arm um mich legte. "Können wir los?"
"Wir hätten schon vor einer halben Stunde losgekonnt."
Meinen Kommentar ignorierte er gefließlich.
Seine restlichen Freunde erhoben sich und gemeinsam liefen wir zwischen ihnen durch's Schloss.
"Entschuldige bitte, dass ich dich hab warten lassen." Alecs Mund war nahe an meinem Ohr und seine Hand lag nun an meiner Taille.
"Kein Problem." Ich seufzte und legte meine Hand auf seine.
"Hast du dich gut mit den Anderen unterhalten?"
"Anna war sehr nett."
"Eigentlich meinte ich..."
Er wurde von Cindy unterbrochen, die bisher stumm neben uns gelaufen war. "Ihr beide seid ein tolles Paar. Beinah könntet ihr einem Bild entsprungen sein."
Ich murmelte ein knappes, "Danke.", während Alec strahlend lächelte.
"Vielen Dank. Du siehst aber auch perfekt für den Abend aus."
Cindy lachte und die Beiden unterhielten sich, bis wir bei Slughorns Büro ankamen.
Ich seufzte nur und strich abermals über mein Kleid.
Innen erwartete uns das gleiche wie bei allen vorherigen Slughorn Feiern. Nur war diese kleiner als bei Lilys Geburtstag und die Wände waren mit Blumentapeten und lebenden Feen geschmückt. Slughorn begrüßte mich und die Ravenclaw persönlich, bevor er uns Slytherin, mit denen wir jeden Tag Unterricht hatten, vorstellte als wären sie die nächste große Prominenz.
Schließlich übergab er uns in die Obhut des neuen, ganz entzückenden, Schulsprecherpaares und ihrer Freunde. Die in diesem Fall Sirius und Ruby hießen, die beide so missgelaunt aussahen, wie ich mich fühlte.
Während James sich mit Alec über die nächste Quidditch Saison unterhielt, warf Ruby mir einen fragend Blick zu und ich verdrehte die Augen.
"Liebes?" Alec drückte mir einen Kuss auf die Wange. "Macht es dir etwas aus, wenn ich dich kurz bei deinen Freunden lasse?"
"Kein Problem." Ich lächelte und Alec verschwand mit seinen Freunden zwischen den Gästen. "Merlin, endlich." Ich seufzte, dieses Mal erleichtert, und strich mir eine Locke aus den Augen.
"Schlechte Stimmung?" Ruby hackte sich bei mir ein und zog mich zum Büffet. "Das Kleid steht dir übrigens super."
"Danke." Ich nahm mir ein Glas Elfenwein. "Mir gehen gerade nur seine Freunde und Cindy und irgendwie alle auf die Nerven."
"Hat man dir nur ein wenig angesehen." Lily, die Seite an Seite mit James das perfekte Paar abgab, lächelte amüsiert.
"Es geht gleich wieder. Ein wenig Zeit mit meinen Freunden und ich halte alle Ravenclaw dieser Welt aus."
Während ich einen Schluck Wein trank, begegnet mein Blick Sirius', der eine Augenbraue hob. "Lust zu tanzen?"
Kurz wollte ich seine angebotene Hand ergreifen, aber dann schüttelte ich den Kopf.
"Schade." Er drehte sich zu James. "Dürfte ich deine zauberhafte Begleitung entführen?"
"Nur, wenn du sie mir auch wieder zurück bringst."
"Darf die zauberhafte Begleitung auch etwas sagen?"
"Natürlich, Evans." Sirius hielt ihr seine Hand hin. "Lust zu tanzen?"
"Klappe, Black." Sie schnappte sich seine Hand und lachend machten sie sich zur Tanzfläche auf.
James sah Lily mit einem Lächeln nach, bevor er sich vom Büffet etwas zu Essen schnappte. Gerade als er einen Bissen nahm, tauchte Slughorn auf und zog ihn mit sich.
"Und so waren es nur noch zwei."
"Rubs." Ich nahm mir noch ein Glas und drückte ihr ebenfalls eins in die Hand. "Es gibt gerade niemanden, mit dem ich lieber zu zweit wäre, als mit dir."
"Na dann." Lachend stieß sie mit mir an. "Lass uns eine dunkle Ecke nur für uns allein suchen."
Wir landeten schließlich in zwei bequemen Sesseln abseits des Trubels und weil Ruby einen der jüngeren Schüler, der Keller spielte, um den Finger wickelte, wurde wir noch mit Wein und Essen versorgt.
Über den Rand meines Glases hinweg beobachtete ich das Treiben und während ich mit Ruby über alles mögliche redete, fühlte ich mich zum ersten Mal seit Wochen wieder normal. Selbst das Glas in meiner Hand zitterte kaum.
"Hey James!" Ruby winkte James zu sich, der mit zwei indisch aussehenden Schülern zusammen stand, die ich vom Sehen kannte. Als James den Kopf schüttelte, rief sie ihre Worte so laut, dass selbst Lily sie mitbekommen musste, die auf der Tanzfläche mit Sirius tanzte. "Wie läuft es eigentlich zwischen dir und der Schulsprecherin? Ich hab gehört, die nächtliche Sitzungen sind ziemlich zahlreich und die anderen Vertrauensschüler beschweren sich schon, dass der Wein langsam zur Neige geht."
James verschluckte sich an seinem Essen, während Lily auf der Tanzfläche mit einer anderen Hexe zusammenstieß.
Zufrieden drehte sich Ruby zu mir. "Du müsstest mal den Plan für die Patrouillen sehen. Wetten die beiden knutschen die ganze Nacht in irgendeiner dunklen Ecke rum. Um das zu kontrollieren, wäre die Karte dieser Hohlköpfe mal ganz nützlich, aber nein, die hat ja jetzt Filch." Mit einem dramatischen Seufzer trank sie ihr Glass aus.
"Ganz ehrlich." Ich ließ meine Beine über die Lehne meines Sessels baumeln. "Vermutlich unterhalten sie sich die ganze Nacht über Schulsprecher Kram, weil James in Lilys Gegenwart immer ein Idiot bleiben wird. Und was ist mit der Karte?"
"Oh. Das hast du ja gar nicht mitbekommen." Unter ihrem Pony funkelten Rubys Augen verräterisch. "Du verpasst aber auch immer die besten Geschichten. Merlin, all die Tränen und das Drama."
"Rubs." Ich lehnte mich vor und schlug ihr Bein.
"Wenn du schon so fragst." Sie grinste. "Soweit ich es verstanden habe, hatten James und Peter die Karte, als Filch sie erwischt hat. James hat es noch irgendwie geschafft sie mit ihrem komischen Spruch wieder leer zu zaubern, dieses Missetat oder Unheil..."
"Jaja, schon klar." Ich winkte ab.
"Jedenfalls hatte James die brillante Idee, es Sirius im Gemeinschaftsraum zu beichten."
"Hat er wirklich geglaubt Zeugen würde bei der Sache helfen? Merlin, wie lange sind diese Idioten befreundet?"
"Darf ich jetzt die Geschichte zu Ende erzählen? Also; Karte bei Filch, James beichtet es Sirius, der natürlich erst mal seine Freundschaft zu Peter und James für beendet erklärt, irgendwas von 'die Karte, unser Meisterstück' durch den Raum brüllt und Remus dann zwingt mit ihm an einem Wiederbeschaffungsplan zu arbeiten."
"Kann ich mir nur zu gut vorstellen."
"Wobei, ganz ehrlich." Ruby lehnte sich wie ich in ihrem Sessel zurück. "Remus wird eh irgendwann Lehrer und dann kann er die Karte an die nächste Generation Unruhestifter weitergeben."
"Bei Merlin, ich möchte keins von James Kindern sein. Allein der Druck diesem Vorbild gerecht zu werden. Und nicht zu vergessen, was für einen Ruf sie haben werden, bevor sie überhaupt im Schloss ankommen."
"Stell dir erst mal Sirius' Kinder vor."
"Tut mir leid, aber Sirius mit Kindern?" Lachend schüttelte ich den Kopf. "Dafür liebt er sein Rebellendasein doch viel zu sehr."
"Entschuldigung." Wir wandten beide den Kopf.
"Sirius!" Rubys Lächeln schwankte. "Wie schaffst du es eigentlich immer dann aufzutauchen, wenn man über dich spricht?"
Er antwortete ihr nicht. Sein Blick lag auf mir und sofort wusste ich, dass etwas nicht stimmte. "Was ist los?"
"Kann ich mit dir sprechen?"
Mit einem Nicken nahm seine angebotene Hand an und ließ mich hochziehen. Beinah sofort ließ er meine Hand wieder los. "Ich bring sie dir gleich wieder." Bei seinen Worten sah er Ruby nur kurz an, bevor er mich am Arm mit sich zog.
Erst als wir mitten unter den Tanzenden waren, blieb er stehen. Obwohl wir uns nicht berührten, konnte ich seine Anspannung spüren. Sirius wirkte wütend und leise murmelte er, "So viel Glück hat der Bastard nicht verdient.", bevor er mich an sich zog.
Seine Hand umschloss meine und ich legte automatisch meine Hand um seine Taille, als wir uns langsam zu Musik drehten.
"Erzähl mir was los ist." Mein Kopf lag an seiner Schulter und ich konnte sein Gesicht nicht sehen, doch ich spürte wie seine Hand über meine Haare strich.
"Lu." Sein Mund war nah an meinem Ohr und ich musste lächeln. "Ich bin gerne mit dir befreundet. Und auch wenn dieses ganze Freundschaftsding zwischen uns meistens mehr schlecht als recht funktioniert, bin ich wirklich gerne in deiner Nähe. Und ich will das du weißt, dass ich inzwischen an einem Punkt angelangt bin, an dem ich an deiner Seite bleiben möchte, egal was für Entscheidungen du triffst." Seine Stimme klang sanft und seine Worte wirkten, als wäre er sie vorher in seinem Kopf durchgegangen. Ich sagte nichts. "Aber wenn du mir in irgendeiner Weise als Freund vertraust, dann bleib nicht mit Alec zusammen."
"Hat er mit dir gesprochen?"
"Ja." Seine Hand verharrte für einen Moment auf meinem Rücken, bevor er mir weiter über die Locken strich. "Er war betrunken und hat mir gedroht, dass ich mich von dir fernhalten soll. Du weißt, ich habe Martens noch nie gemocht, aber ich kann nicht mitansehen, wie er dich behandelt."
"Was meinst du?"
"Erinnerst du dich noch daran, wie du ihn und mich und Lin Lee in Hogsmead überrascht hast?" Ich schloss die Augen und hielt mich an seinem Hemd fest, als könnte mich das irgendwie vor seinen nächsten Worten retten. "Lin und Alec haben sich seit den Weinachtsferien heimlich getroffen. Ich habe dir nichts erzählt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass Martens wirklich so ein Idiot ist und als ich mir dann sicher war, wollte ich dich nicht verletzen. Es tut mir leid, Lu." Seine Hand streichelte meinen Rücken, doch ich nahm es kaum wahr. Meine Beine bewegten sich weiterhin im richtigen Takt, doch ich steuerte sie nicht mehr.
Es tat weh. Es tat verdammt weh.
Ich wusste nicht wie lange wir uns drehten, bis Sirius murmelte, "Wenn du willst kann ich dafür sorgen, dass sein hübsches Gesicht nicht mehr so hübsch ist. Oder ich kann ihn von der Schule fliegen lassen. James und ich hätten da noch einen netten Trank..."
"Ich glaube, ich geh besser wieder zu Rubina."
Sirius ließ mich los und ich wartete gar nicht erst auf weitere Worte, sondern schob mich nur durch die Tanzenden Paare.
Ruby saß immer noch in ihrem Sessel. "Hey! Ich hab uns noch Elfenwein besorgt." Sie schwenkte zwei Gläser. "Was wollte Sirius?"
"Mit mir über Alec reden." Eine Träne rollte über meine Wange und ich strich sie weg. Warum musste es so verdammt weh tun?
"Scheisse, was ist los?" Ruby sprang auf und verschüttete dabei ihren Wein.
"Anscheinend hatte Alec noch nebenher etwas mit Lin Lee."
Ruby starrte mich an, dann murmelte sie, "Dieses Arschloch."
"Du klingst nicht sonderlich überrascht?"
"Es tut mir so leid."
"Luné." Beim Klang der vertrauten Stimme zuckte Ruby zusammen, während ich mich nur zu Alec drehte. "Ich hab dich mit Black gesehen. Wohlmöglich sollten wir uns unterhalten."
Ich erkannte nur an seiner Stimme, dass er betrunken war und angesichts seines ruhigen Gesichts, verspürte ich plötzlich Wut. "Das sollten wir tatsächlich. Wir wäre es wenn wir raus gehen?"
Er nickte und automatisch wollte er nach meinem Arm greifen, doch ich wich ihm aus. Für einen Augenblick veränderte sich der Ausdruck in seinen dunklen Augen und in diesem kurzen Moment ahnte ich, dass es vermutlich nicht ratsam war mit ihm allein zu sein.
Doch trotzdem suchte ich mir meinen Weg durch die Gäste.
Der Gang vor Slughorns Büro war leer und ich ging ein paar Schritte, bis ich weit genug von der Tür entfernt war.
"Nun?" Alec hatte die Hände in seinen Hosentaschen vergraben und seine Lippen kräuselten sich zu seinem Lächeln, als ich die Arme verschränkte.
"Sirius hat mir von dir und Lin erzählt."
"Was meinst du?" Er hob die Hand und strich über meinen Hals.
"Du hattest etwas mit mir und ihr gleichzeitig."
"Die Betonung liegt auf der Vergangenheitsform. Ich hätte dir früher davon erzählen sollen, Liebes, aber Lin hat sich mir an diesem einen Hogsmead Wochenende an den Hals geschmissen und unglücklicherweise hat Sirius gerade das mitbekommen."
"Ich glaube dir kein Word."
"Warum vertraust du mir nicht?" Er nahm mein Gesicht in seine Hände und alles in mir streubte sich, doch ich konnte mich nicht rühren.
"Warum kannst du nicht wenigsten jetzt ehrlich zu mir sein?"
"Weißt du, Luné, Ehrlichkeit beruht auf Gegenseitigkeit." Sein Lächeln wurde triumphierend und gegen meinen Willen stimmte ihm ein kleiner Teil von mir zu.
"Du hast mir selbst gesagt, dass dir meine Vergangenheit egal ist. Ich wollte oft genug ehrlich zu dir sein, aber es hätte alles kaputt gemacht."
"Du weißt, dass es so nicht stimmt. Du kannst nicht massenhaft Geheimnisse vor mir haben und dich dann wegen einem kleinen, unwichtigen aufregen."
"Ich wollte dich doch nur schützen."
"Schon klar. Es war einfach so bequemer für dich. Und du kannst mir nicht erzählen, dass zwischen dir und Black nichts läuft. Du hast kein Recht mir Vorwürfe zu machen."
Betroffen schwieg ich und Alec lachte freudlos. Sein warmer Atem schlug mir ins Gesicht und ich roch den Alkohol überdeutlich. "Jetzt sollte ich dich eher fragen, wie du mir so etwas antun kannst."
"Es tut mir leid."
"Wie lange sind wir nun zusammen?"
"Ein Jahr."
Er nickte nachdenklich, "Möchtest du das alles wegschmeißen?"
Beinah ohne das ich es bemerkt hatte, war er näher gekommen. Ich hob meine immer noch verschränkten Arme an, um ihn auf Abstand zu halten. Doch es kümmerte ihn nicht.
Erneut schlug mir sein heißer Atem ins Gesicht, bevor er plötzlich seine Lippen hart auf meine presste. Ich versuchte ihn von mir wegzuschieben, doch sein Griff wurde nur noch fester, bis er mir wehtat.
"Alec...hör auf."
Seine Hand umschloss meinen Kiefer und ich konnte nicht fassen, was geschah.
"Du willst doch nicht alles kaputt machen, oder?" Seine Stimme klang atemlos und er drückte mich mit seinem Körper an die Wand in meinem Rücken.
"Bitte. Hör auf." Ich kniff die Augen zusammen und als ich plötzlich seine kalten Finger unter meinem Kleid spürte, schmeckte ich Tränen in meinem Mund. Seine tastenden Finger auf meiner Haut erinnerten mich an andere, die trotz meines Flehens auch nicht gestoppt hatten.
Erneut drückte er seinen Mund auf meinen und obwohl ich mich gegen seinen Griff wehren wollte, schien mir mein Körper nicht mehr zu gehorchen. Alec tat mir weh und ich fühlte mich so hilflos.
"Komm, stell dich nicht so an." Er beugte den Kopf und seine Hände waren nun beide unter meinem Kleid.
Erst als sich die Tür zu Slughorns Büro öffnete, hielt er inne.
"Luné?" Ich erkannte Lilys Stimme.
Schritte näherten sich uns und Alec trat mit einem Räuspern von mir weg.
Meine zitternden Finger wanderten zu meinen Lippen, von denen mir Blut auf mein Kleid tropfte. Alec fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund und richtete seinen Festumhang.
"Warum hast du das getan?" Meine Stimme war so schwach, wie ich mich fühlte.
"Das muss ich dir wohl kaum erklären." Alec schüttelte den Kopf. "Es war deine eigene Schuld."
"Lulu?" Ich konnte Lily nach Luft schnappen hören. "Was ist passiert?"
Meine Beine gaben nach, als ich ihrem Blick begegnete, und sie fing mich auf und drückte mich an sich. "James, Sirius, kommt her!"
Eilige Schritte näherten sich uns und ich hörte wie Sirius rief, "Was zur Hölle ist passiert?"
"Ich geh dann mal wieder rein."
"Was hast du ihr angetan?" James' Stimme war laut und wütend. "Ich schwöre, Marents, wenn du ihr wehgetan hast..."
"James!" Lily strich mir über den Kopf, während ich weinte. "Wir müssen uns um Luné kümmern, für ihn bleibt noch genug Zeit."
"Du hast recht." Ich spürte James' Hand auf meiner Schulter. "Lu? Was ist passiert?"
Als ich mich zu ihm drehte, versucht ich die Tränen zurück zu halten, doch sie liefen einfach weiter über mein Gesicht und James murmelte, "Scheisse."
"Wir sollten sie hier weg bringen." Ich konnte Sirius nicht ansehen. Alecs Berührungen brannten immer noch auf meiner Haut.
"Unsere Räume sind am nächsten. Könnt ihr sie hinbringen? Ich geh rein und hol Ruby."
"In Ordnung. Lu?" Sirius Stimme klang vorsichtig und der Schock schwang noch in ihr mit. Ich hob den Blick. "Es sind nur ein paar Schritte. Macht es dir etwas aus, wenn ich deine Hand nehme?"
Ich starrte ihn an. Jakes Berührungen hatte ich anfangs Wochenlang nicht ertragen können. Doch es war Sirius und ich wollte ihm vertrauen. Unsicher sah ich auf seine Hand und beinah wollte ich mich entschuldigen, weil ich einen Schritt zurück trat. Aber Sirius nickte verstehend und ich schlang meine Arme um mich selbst.
Wir brauchten nicht lange bis zu den Räumen der Schulsprecher und als wir hinein traten, sprangen Melody und Remus von dem Teppich vor dem Kamin auf. Zwischen ihnen stand ein Schachspiel.
"Ich dachte ihr bleibt länger weg..." Melodys Augen weiteten sich. "Was ist passiert?"
"Alec Martens ist passiert, verfluchter Mist." James wirkte als würde er am Liebsten auf etwas einschlagen.
Ein seltsamer Laut kam aus meinem Mund und neue Tränen fielen auf mein Kleid. Die Bilder in meinem Kopf vermischten sich zu einem einzigen Gefühl von Schmerz und Hilflosigkeit und weinend drehte ich mich zu Sirius, der mit halb erhoben Armen neben mir stand. Ich fiel beinah in seine Umarmung. Die Erinnerungen an Berührungen und laute Stimmen waren so übermächtig, dass nicht einmal Sirius Nähe sie vertreiben konnte.
"Lulu!" Rubys Stimme war laut und panisch. "Was ist passiert?" Ich löste mich von Sirius. "Oh mein Gott, ich bring diesen Kerl um." Sie starrte mich an und ich konnte ihren Blick nicht ertragen. "Was ist passiert, Lu?"
"Ich konnte mich nicht wehren." Mein Körper zitterte unkontrollierbar. "Ich dachte ich hätte irgendetwas gelernt, aber es war wie beim ersten Mal. Er konnte mit mir machen was er wollte. Dieses Gefühl...so wehrlos zu sein...es ist fürchterlich." Heiß liefen die Tränen über mein Gesicht und Ruby kam mit zwei großen Schritten näher.
"Gott, Lu. Wie hast du es nur geschafft das die ganze Zeit mit dir herumzutragen? Die Albträume...verdammt, ich hätte darauf kommen müssen." Sie zog mich in eine Umarmung und ich lehnte meinen Kopf an ihre Schulter.
"Ich war doch erst 15 und ich dachte, ich könnte es einfach vergessen. Doch sie verfolgen mich, Ruby. Ihre Gesichter tauchen in meinen Träumen auf und...es ist meine Schuld. Sie sind Tod und es ist meine Schuld."
"Was ist passiert?"
Ich sah über Rubys Schulter meine Freunde an, die besorgt um uns herum standen, und etwas in mir zerbrach in diesem Augenblick. "Es ist passiert als ich noch in Grüntal war. Ich hatte kurz was mit Felix Schimmer, aber er wollte immer mehr und hat mich zu immer mehr gezwungen." Zitternd holte ich Luft und Ruby strich mir tröstend über den Rücken. "Es war auf einer Party. Ich war betrunken und er und sein Freund auch. Sein Freund war Damian Rosendorn...und bis heute weiß ich nicht wie sie sich dazu entschieden haben...Sie haben mich in ein unbenutztes Zimmer gebracht. Vermutlich war ich so betrunken, dass es mich nicht gekümmert hat. Sie meinten, dass ich bestrafen werden müsste. Für meine Arroganz und meinen Namen und sie haben mich gefoltert." Ich schloss die Augen, als die bekannten Erinnerungen jeden anderen Gedanken in meinem Kopf verdrängten. "Und sie haben mich angefasst und mir wehgetan und ich konnte nichts tun. Immer wieder bin ich ohnmächtig geworden, weil ich es nicht ertragen konnte. Und irgendwann war es zu viel. Ich weiß nicht wann ich die Kontrolle über meine Kräfte verloren habe, aber ich bin aufgewacht und sie haben sich nicht mehr bewegt."
Rubys Hände auf meinem Rücken waren erstarrt und ich trat von ihr weg.
"Ich habe sie getötet." Ein undefinierbarer Laut kam meinem Mund. "Nächste Woche ist der Prozess in London. Felix Vater hat Anklage erhoben. Damals hatte ich vergessen, was mein Großvater mit mir als Kind gemacht hat, aber danach...ich konnte nicht mehr in Grüntal bleiben, ich konnte es nicht mehr ertragen. Ich wollte nicht mehr zu diesen Menschen gehören. Damals habe ich in meinen Namen vertraut, heute habe ich Alec vertraut." Neue Tränen rollten über meine Wangen. Der Schmerz war schon lange nicht mehr nur in meinem Herzen. Er riss an mir, brannte in meinem ganzen Körper und jede Verletzung hätte ich lieber ertragen, als dieses Grauen wieder fühlen zu müssen.
Meinen Freunden hatte ich mein schlimmstes Geheimnis anvertraut und mich ihnen ausgeliefert. Ich hatten ihnen die Macht gegeben, mich endgültig wieder zum Fall zu bringen.
Mein Blick war auf meine bebenden Hände gerichtet und trotzdem sah ich Sirius aus dem Augenwinkel näher kommen. Ich wich zurück. Nun konnte ich nicht einmal mehr seine Nähe ertragen.
"Lulu." Ruby klang als würde sie selber mit den Tränen kämpfen. "Es war nicht deine Schuld."
"Sie sind tot. Es meine Schuld, es ist alles meine Schuld. Vom ersten Tag an habe ich euch angelogen und ihr wart so gut zu mir. Es ist meine Schuld." Ich wusste nicht wie es schaffte auf den Beinen zu bleiben und weiter zu atmen.
"Es ist nicht deine Schuld." Lily kam auf mich zu, nur um wieder zurück zu treten. "Sie haben dir keine Wahl gelassen. Du konntest dich nicht anders wehren, wenn ist es ihre Schuld. Schau wie weit du in diesem einem Jahr gekommen bist. Du bist so stark, mein Herz."
"Sie hat Recht." Ruby trat nicht wie Lily zurück. "Du bist verflucht stark und Alec hat Angst davor. Er wollte die Macht über dich behalten, weil er ein verfluchtes, feiges Arschloch ist. Gib ihm keine Macht über dich. Du hast schon ein Mal überlebt. Du bist besser als das als."
Unfähig Rubys Worte vollkommen zu begreifen, starrte ich sie an.
Melodys sanfte Stimme drang durch die Erinnerungen, die mich immer noch gefangen hielten, "Du bist nicht was dir angetan wurde, Lulu. Du bist nicht deine Vergangenheit, du bist eine Überlebende. Du verdienst alle Liebe die wir dir geben können und wir lieben dich so sehr. In deinem Leben hast du fürchterliches erfahren und trotzdem stehst du noch hier. Es geht nicht darum, ob es die Wahrheit oder Lügen waren, die du uns erzählt hast, es geht darum, dass wir in all dieser Zeit zusehen konnten, wie du dich selbst wieder zusammen gesetzt hast. Ich flehe dich an, lass dich nicht von dem was dir angetan wurde bestimmen. Du bist mehr als das."
Meine Freunde sahen mich an und in keinem Gesicht konnte ich die erwartete Ablehnung lesen. Die Gesichter meiner Freundinnen waren voller Mitleid und Liebe und ich spürte, wie sich etwas in mir mit dem Versiegen meiner Tränen veränderte. Das Harte in mir erweichte und es war, als könnte ich meinen Herzschlag wieder hören.
Während ich auf meine Freunde zutrat, zogen die Dämonen ihre Klauen aus meiner Haut und die zurückgelassenen Wunden bluteten, doch ich wusste, dass sie verheilen würden. Mit Narben konnte ich leben.
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Es würde mir wahnsinnig viel bedeuten eure Meinung zu erfahren.
Lasst mich nur vorher sagen, dass keiner meiner Charaktere so geplant war.

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