So excited

"The things we love destroy uns every time. Remember that."

-George R.R. Martin

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So excited

1979

Es ging uns gut. So gut wie es einem Haufen Teenager gehen konnte, die plötzlich in eine Welt entlassen wurden in der keine Hauselfen dafür sorgten, dass unser Frühstück Morgens auf dem Tisch stand.

Die Milch wurde schlecht und wenn wir nicht rechtzeitig neue kauften, war auch keine da. Unsere Kleidung mussten wir selbst waschen und beim Bügeln setzte James mehrmals beinah die Wohnung in Brand. Wir nahmen uns vor jede Woche gemeinsam Tee zu trinken und vergassen es dann doch wieder. Obwohl ich mit der Hälfte meiner Freunde zusammen wohnte, sah in den ersten Monaten nicht viel mehr als morgendliche müde Gesichter und gehobene Mundwinkel, die nicht die Augen erreichten.

Ruby begann eine Aurorenausbildung im Ministerium und trennte sich wöchentlich von Benjy. Melody lebte bei ihren Brüdern an der Küste und wir sahen sie so selten, dass sich jede Trennung wie ein ganzes Jahr anfühlte.

Peter fand eine Stelle in der Winkelgasse und er beriet ältere Hexen zur Pflege ihrer Gartengnome. Wir wussten, dass er seinen Job liebte, denn wenn er darüber sprach, leuchteten seine Augen zum ersten Mal seit Tagen auf. Trotzdem wurde sein Gesicht immer schmaler und seine Bewegungen gehetzter.

Remus schaffte es keinen Job länger als ein paar Wochen zu halten und er übernachtete oft auf unserer Couch, bis er wieder zu neuen Aufträgen geschickt wurde. Jedes Mal kehrte er schweigsamer und verbitterter zurück. Erst ein langes Gespräch mit Lily und mehrere Tassen Tee ließen ihn wieder weniger wie einen Mann aussehen, der bereits Jahrzehnte an Schmerz durchlebt hatte. Trotzdem wurden seine Haare grauer und seine Narben mehr

Lily hatte ganz zu Anfang eine Stelle im Mungos und wir alle wussten, dass sie ihre Bestimmung als Heilerin gefunden hatte. Aber nicht einmal ein Jahr später entschuldigte sich der Leiter bei ihr, dass man in solchen Zeiten niemanden mit ihrem Blutstatus beschäftigen könne.

Dieses Mal gab es keine Gelegenheit für die Rumtreiber Lilys Tränen mit einem Streich zu rächen, denn wir waren in der wirklichen Welt und Schicksale wie ihre gehörten zum Alltag.

Danach zogen Lily und James aus Sirius' Wohnung in eine eigene und wenn ich sie vorher Tagelang nicht gesehen hatte, so waren es jetzt Wochen. Und wenn sie wieder kamen, dann zitterten James Hände und Lilys Augen wirkten trüb.

Sie erzählten mir kaum etwas von dem Horror, den sie bekämpften, doch das mussten sie auch gar nicht, denn ich durchlebte ihn selbst.

Anfangs sah ich ihn nur an Sirius' Blick, wenn er wieder kam und mich anstarrte, als hätte er nicht geglaubt je wieder die Gelegenheit zu haben. Die andere Seite meines Bettes blieb oft leer und als das Ministerium in England meine Bewerbung ablehnte, und mir dafür Deutschland eine Stelle anbot, packte ich einen Koffer und zog nach Berlin, um der großen, leeren Wohnung und den glanzlosen Blicke zu entkommen.

Ich sprach wieder jeden Tag in meiner Muttersprache, die es doch eigentlich nicht war, und arbeitete mich in der Regierung nach oben. Meine Besuche in England wurden seltener und jedes Mal erzählte ich Sirius jede Kleinigkeit, bis ich nicht mehr nach Worten suchen musste.

Ich arbeitete in einem Land, in dem es normal geworden war, dass Muggelstämmige auf offener Straße getötet wurden. Und bei jeder Regierungsversammlung musste man um sein Leben, und auch seinen Verstand, fürchten.

Mein Name half mir und nach einem Jahr konnte meine Großmutter aus London zurückkehren.

Es wurde Alltag Tag für Tag schlimmere Dinge als bei dem Angriff auf Hogsmead zu erleben und anfangs weinte ich noch bei jedem bekannten Toten, doch wenn man wusste, dass es jeden Augenblick vorbei sein konnte und man sich womöglich nicht mehr wiedersehen würde, lernte man auch den Wert des Lebens.

Jedes Mal wenn wir zusammenkamen, ob in Sirius Wohnung oder in Lilys und James, gingen nicht auseinander bis sich die Kälte langsam verflüchtigte.

Mein Herz blieb bei ihnen, in London. Bei Sirius Augen und den Nächten, in denen das Feuer in seinem Blut auch meines wärmte. Desto größer mein Einfluss in Deutschland wurde, desto ferner fühlte ich mich dem Land meiner Familie.

Wir lebten weiter in einem Krieg und wir liebten und weinten und stritten und vergaben. James hielt um Lilys Hand an und sie flüchtete zu mir und Sirius und sie brauchte eine ganze Flasche von Sirius bestem Feuerwhiskey, bis sie sich entschied den gottverdammten Ring zu nehmen und mit James alt zu werden.

Sie würde noch einmal zu uns flüchten und damals war sie noch viel verängstigter und den Whiskey versteckte Sirius vor ihr.

Der Tag an dem Lily zu einer Potter wurde war ein heißer Sommertag und egal wie viel Mist ihre Freunde, mich eingeschlossen, planten, ihre Hochzeit war ein Tag, an dem wir alle zum Bersten voll mit Glück waren.

Die Bilder hatte ich bis heute und jedes Mal wenn ich uns Brautjungfern sah, dachte ich an Rubys Gesicht, als Lily für alle Brautjungfern Pinke Kleider bestellte. Die Kleider waren fürchterlich und bei unserer Anprobe waren Lily Tränen vor Lachen über die Wangen gelaufen. Wir schworen damals es ihr bei unseren eigenen Hochzeiten heimzuzahlen.

In ihrem Kleid strahlte Lily vor Glück und als ihr Vater sie zum Altar führte, brach James in Tränen aus. An diesem Tag zählte nichts anderes als diese beiden wundervollen Menschen, die uns an ihrem Glück und an ihrer Liebe teilhaben ließen.

Während Sirius' Trauzeugen Rede drohte McGonagall mehrmals den Gryffindor noch nachträglich Punkte abzuziehen und später tanzte Sirius mit ihr direkt nach dem Brautpaar einen perfekten Walzer, bevor ich ihn wieder bekam.

Damals dachte ich zum ersten Mal an die Möglichkeit einer Zukunft mit Sirius, die aus mehr als der Wohnung bestand, in der ja offiziell nicht mehr wohnte. Ich verschob die Gedanken auf eine Zeit nach dem Krieg.

Ein Bild zeigte uns vier zusammen. Lily in unserer Mitte, strahlend und schön, und Melody, Ruby und ich in unseren hässlichen Kleidern. Im Hintergrund tanzte Sirius mit James vorbei und unsere Wangen waren bereits gerötet.

Wir glaubten Leid bereits zu kennen. Wir waren so naiv.

Melody war die erste, die uns genommen wurde. Doch es war kein Todesfluch, kein maskierter Zauberer, der sie uns entriss. Es war der Krieg, der in ihr tobte.

Ihre Brüder machten uns ausfindig, um uns ins Mungos zu rufen und erst viel später erfuhren wir, dass sie Melody dorthin gebracht hatten, nachdem bei einem Spaziergang ihre Lungen aufgeben hatten und plötzlich nur noch Blut aus ihrem Mund kam.

In einem Krankenhausbett und umgeben von Blumen erwartete uns eine Melody, die wir seit Wochen nicht mehr gesehen hatten, und dabei schien unsere letzte glückliche Nacht doch erst wenige Tage her zu sein.

Die Zauberer hielten ihre Lungen mit glitzernden Zaubern zusammen, die über ihrer Brust flimmerten, doch sie machten uns keine Hoffnungen. Melody entschuldigte sich mit schwacher Stimme, dass sie nach dem Angriff auf Hogsmead nicht ehrlich zu uns gewesen war. Damals, als die Explosion beim Duell der Lestrange Geschwister sie getroffen hatte.

Sie dachte ihr bliebe mehr Zeit, sie hoffte auf ein Wunder, das ihre zerfetze Lunge plötzlich auch ohne Magie zusammenhielt.

Doch es kam kein Wunder. Wir weinten und verfluchten das Schicksal, wir gaben uns gegenseitig die Schuld und hielten abwechselnd Wache an ihrem Bett, während wir gleichzeitig versuchten den Wahnsinn von unserer sterbenden Freundin fernzuhalten.

Sie starb vor unseren Augen und wir konnten nichts tuen, außer ihre Hand halten und ihr von besseren Zeiten erzählen. Es war jedes Mal schwer sie wieder zu verlassen, denn wir wussten nie, ob wir sie wieder sehen würden und wenn wir kamen, dann fürchteten und hofften wir gleichzeitig, dass sich ihr Brustkorb noch hob und senkte.

Es war ein schöner Frühlingstag, als ich das Mungos zum letzten Mal für eine lange Zeit betrat. In der Nacht hatte es einen Angriff in Berlin gegeben und ich hatte das Blut nicht komplett von meinen Händen bekommen.

Unter meinem Arm trug ich eine Kiste mit Bilder, die Melody in unserem sechsten Schuljahr gemacht hatte, und in meiner Hand wippten weiße Tulpen mit ihren Köpfen. Es waren die ersten Blumen, die sich in meinem kleinen Garten durch die Erde geschoben hatten.

Auf den steinernen Böden der Klinik hallten meine Schritte wieder und die Empfangsdame hielt sich nicht mit meiner Anmeldung auf. Man merkte sich hier die Besucher für die hoffnungslosen Fälle.

Ich wusste, dass Remus die Nacht an ihrem Bett verbracht hatte und um niemanden zu wecken, schob ich die Tür auf ohne anzuklopfen. Der süßliche Duft von sterbenden Blumen wehte mir entgegen und für den Rest meines Lebens würde er mich an den Tod erinnern.

In dem Sessel am Bett fand ich keinen schlafenden Remus. Neben Melody, die bei meinem Eintreten ein Lächeln auflegte und ihre dünne Hand hob, stand Lily am offenen Fenster. Sie weinte.

"Oh, tut mir leid." Der Riemen meiner Aktentasche rutschte von meiner Schulter und ich stellte den Karton auf einen kleinen Tisch, sodass ich Melody die Blumen reichen konnte. "Ich kann später noch einmal wieder kommen."

"Nein, nein." Melody legte mir eine Hand auf den Arm. Sie war eiskalt. Dafür war ihr Lächeln voller Wärme. "Hast du schon die Neuigkeiten gehört?"

"Mel, bitte." Lily fuhr sich mit dem Ärmel ihrer Bluse über die Augen und ihr Make Up hinterließ dunkle Streifen. "Ich weiß noch nicht einmal ob ich es behalten will. Gerade in diesen Zeiten. James und ich können Morgen tot sein und wer soll dann..." Sie schüttelte den Kopf. "Ich bin 19 bei Merlins Bart und ohne dich...ich kann das nicht."

"Doch, mein Herz, das kannst du." Ein Husten schüttelte Melody und bevor sie ihre Hand verstecken konnte, hatte ich schon das Blut in ihr gesehen. "Es könnte keine perfekteren Eltern als euch beide geben. Solang du verhinderst, dass James das Kind nach sich benennt und Sirius es zu früh verdirbt, kann nichts schiefgehen."

"Ich habe James noch nicht einmal etwas gesagt." Lily sah so verängstig aus, dass ich mich fragte, wie lange sie ihr Geheimnis schon mit sich herumtrug. "Wir können doch uns kaum durch diesen Wahnsinn bringen. Wer mit einem Hauch Verstand setzt denn bitte Kinder in einem Krieg in die Welt? Wir wurden zumindest gefragt. Außerdem mit meinem Blutstatus-"

Melodys sanfte Stimme unterbrach sie, "Habt ihr schon einmal über Kinder gesprochen?"

"Ja, natürlich, irgendwann. Aber es ging um die Zeit nach dem Krieg. Wenn das alles vorbei ist und wir wirklich eine Familie sein können."

"Wen wollt ihr als Paten haben?" Blut lief aus Melodys Mundwinkel und ich setzte mich auf den Rand ihres Bettes, um es mit dem Ärmel meines Umhangs fortzuwischen.

"James wollte natürlich Sirius, als ob man ihm ein Kind anvertrauen könnte, und ich...." Sie vergrub das Gesicht in ihren Händen und ihre Schultern zuckten.

Melody wollte etwas sagen, doch ihr schien das Sprechen schwer zu fallen und da hob Lily auch schon den Kopf und trat an das Bett ihrer sterbenden Freundin.

"Verstehst du denn nicht, Mel? Ich kann das nicht. Ich kann nicht in einer Welt ohne dich leben. Das geht nicht. Ich kann nicht hier stehen und dich sterben sehen. Du bist ein Teil von mir, du bist das Gute in dieser Welt. Mel..." Sie sank auf die Knie und presste das Gesicht in die weißen Laken.

"Ach Lily." Melody lächelte und es war dieses Lächeln, dass mein Herz endgültig zerriss. "Ich will euch nicht verlassen. Um keinen Preis der Welt will ich James 2 nicht aufwachsenden sehen. Ich will mit euch zusammen sein und nicht mit 19 Sterben." Trotz ihres Lächelns weinte Melody nun auch. "Ich will atmen können und euch allen sagen, wie sehr ich euch liebe und das ihr alle ein Haufen Idioten seid. Ich will bei euch bleiben. Lily-" Sie strich ihr über den Kopf. "-ich will euch nicht verlassen, aber ich muss. Vielleicht heute, vielleicht Morgen. Und du musst wissen-" Sie hustete erneut und Lily hob weinend den Kopf und hielt ihre Hand. "-du musst wissen, dass ihr es schafft. Ihr werdet es schaffen und eines Tages werdet ihr zurück sehen und der Schmerz wird nur noch eine Erinnerung sein. So wie ich bald auch nur noch eine Erinnerung bin und ich glaube es ist in Ordnung. So wie alles irgendwie in Ordnung ist und alles irgendwie weiter geht." Sie lehnte den Kopf zurück, zu schwach um weiter zu sprechen und Lilys Mund verzehrte sich zu einem stummen Schrei.

Die Brust des Mädchens, dass in meinen Erinnerung immer mit ihrer sanften Stimme und ihrem viel sanfteren Herzen bleiben würde, hob sich weiter und senkte sich beinah schon unbemerkt.

Wir hielten ihre Hände und strichen das Blut fort und sprachen über die Vergangenheit und goldene Tage in einem magischen Schloss, als sich die Welt noch heiler anfühlte. Unsere Stimmen versagten irgendwann und nur Melodys Lächeln blieb, bis der Schmerz zu übermächtig wurde und ihre Brust sich nicht mehr hob.

Ihr Verlust war mehr als wir ertragen konnten. Wie sollten wir in einer Welt ohne sie weiterleben?

Viele Stunden später saßen wir zusammen in Lily und James Wohung. Der Schmerz war in uns allen.

Ruby hatten wir nicht auftreiben können und James war auf der Suche nach ihr, wobei wir wussten, dass er einfach nur versuchte unseren trauernden Gesichtern zu entkommen. Er hatte sie von uns allen am Längsten gekannt.

Peter und Lily weinten offen, während Remus mit versteinerten Gesicht auf der Kante eines Sessels saß. Neben mir versuchte Sirius mit Mühe seine Wut in Zaum zu halten und ich wusste nicht genau warum er die Zähne zusammenbiss, aber ich konnte nicht die Kraft aufbringen um ihn zu beruhigen.

Damals wurden zum ersten Mal die Anschuldigungen gegen Remus laut. Sirius warf ihm vor Geheimnisse zu haben und obwohl wir wussten, dass Sirius nur nach einem Grund für die Ungerechtigkeit des Schicksals suchte, schaffte es keiner ihn aufzuhalten.

Remus verschwand mit dem Knall der Wohnungstür für mehrere Monate aus unserem Leben.

Melody hatte uns kaum verlassen und schon wurden wir auseinandergerissen.

Es tut mir leid.

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