Not so little furry problems*
"Some believe it is only great power that can hold evil in check. But that is not what I have found. I have found it is small everyday deeds of ordinary folk that keep the darkness at bay. Small acts of kindness and love."
-J.R.R. Tolkien, The Hobbit
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Little goats and not so little furry problems.
Der Stall war dunkel und außer den diversen Tierwesen in ihren Boxen leer. Nur ich war noch da. In einer Blase aus Licht meines Zauberstabes saß ich im Stroh und las eines von Lilys Romanen. Es ging um eine Muggelfrau, die partout nicht verstehen wollte, dass sie aufhören sollte alle um sich herum zu verkuppeln. Und sich womöglich mal bewusst zu werden, dass die Liebe ihres Lebens direkt vor ihr stand.
Nach dem Abendessen hatte ich meine Optionen abgewogen und mich kurzerhand dafür entschieden, dass die Gesellschaft eines Hippogreifes der meiner neugierigen Freundinnen vorzuziehen war. Daher hatte ich im Verlauf des Abends auch beinah die Hälfte des Buches geschafft, während ich immer wieder Seideschneibel über sein weiches Gefieder fuhr. Dieser hatte seinen Kopf auf meinem Schoss gelegt und döste.
Erst als Seidenschnabel erschrocken den Kopf hob und mit seinem Schnabel gegen den Umschlag des Buches kam, hob ich den Kopf von den Buchstaben.
„Was ist los?", fragte ich ihn und fuhr ihm beruhigend über den Schnabel. Ich warf einen Blick auf meine Uhr, nur um festzustellen, dass es bereits nach Mitternacht war.
Inzwischen war Seidenschnabel aufgestanden und nervös tänzelte er auf seinen ungleichen Beinen. Mit meinem Zauberstab leuchtete ich auf den Gang, dann klopfte ich mir das Stroh von der Kleidung und steckte das Buch ein.
„Ich sollte besser ins Schloss kommen" Ein letztes Mal fuhr ich Seidenschnabel über den Kopf, bevor ich aus seiner Box kletterte. Als ich die Stalltür öffnete, wehte mir eine kalte Böe ins Gesicht und fröstelnd zog ich meinen Umhang enger. Die Lichtung vor dem Stallgebäude war nur vom Mondschein erhellt und im Licht meines Zauberstabes stapfte ich durch den Schnee.
Doch bevor ich allzu weit kam, erklang ein Geräusch, welches mich erschrocken herumfuhren ließ. Es war ein langgezogenes Heulen, welches durch die Bäume um mich herum schallte. All die Geschichte, von Werwölfen im verbotenen Wald, schossen mir durch den Kopf und entsetzt hob ich meinen Zauberstab höher.
Das Licht reichte kaum aus, um die Schatten der Bäume zu durchbrechen und bevor ich es mir anders überlegen konnte, drehte ich mich wieder zum Stall. Doch ich kam nicht weit, denn an meiner Seite erklang ein Geräusch, welches mir sogar noch mehr Angst als das Heulen einjagte.
Es war ein Knurren und zwischen den Bäumen leuchteten Augen auf. Vor Entsetzten schrie ich auf, als sich ein langschnäuziger Kopf ins Mondlicht schob. Rasch folgte dem Kopf ein muskulöser Körper auf vier riesigen Pfoten. Mir blieb kein Raum für Zweifel, als mich der Wolf als pupillenlosen schwarzen Augen anstarrte und allein schon seine Größe verdrängte jeden Zweifel. Vor mir stand ein Werwolf.
Er reckte die Schnauze und schien zu schnuppern, dann knurrte er abermals und kam langsam auf mich zu. Als er ganz aus dem Schatten trat, hätte ich am liebsten noch einmal geschrien. Er war so groß wie ein Einhorn, wenn nicht sogar noch größer, und ich war eindeutig sein Ziel.
Ich drehte mich um und rannte so schnell es ging, doch der Stall war viel zu weit weg und ich war zu langsam. Selbst durch den Schnee spürte ich die Sprünge des Wolfes hinter mir.
Es war mir, als spürte ich bereits seinen Atem im Nacken und ich nahm den einzigen Ausweg, der mir einfiel. Ich verwandelte mich in meine Animagus-Gestalt und landete als Katze im Schnee.
Der Wolf sprang über mich hinweg und mit meinen nun geschärften Sinnen, sah ich seinen hellen Bauch im Mondlicht aufleuchten. Ich hörte auch sein frustriertes Knurren, als er erkannte, dass er mich nicht erwischt hatte und am ganzen Körper bebend beobachtete ich, wie er sich herumwarf und dann die Lichtung nach mir absuchte.
Seine Augen fanden meine und ein Grollen kam aus den Tiefen seiner Kehle. Er reckte die Schnauze in die Luft und schnüffelte, vermutlich irritierte ihn mein veränderter Geruch, aber so kurz nach der Verwandlung roch ich selbst für mich immer noch viel zu sehr nach Mensch. Und Werwölfe jagten Menschen.
Der Wolf sprang wieder auf mich zu und ich versuchte ihm auszuweichen. Ich hörte das Schnappen seines Kiffers, aber er hatte mich abermals nicht erwischt. Meine Instinkte übernahmen die Kontrolle und ich wich wieder aus und rettete mich aus seiner Reichweite.
Erst glaubte ich, dass ich es nun vielleicht bis zum Stall schaffen würde, als sich plötzlich aus dem Nichts Zähne in meinen Nacken bohrten und ich herumgeschleudert wurde. Wäre ich ein Mensch gewesen, ich hätte geschrien, so aber konnte ich nur zappeln und mit ausgefahrenen Krallen versuchen, irgendetwas zu erreichen. Auf diese Art wollte ich nicht sterben und ich war kurz davor mich wieder in einen Menschen zu verwandeln, als ich mit einer Pfote den Kopf des Wolfes erwischte und er mich mit einem Jaulen fallen ließ.
Fauchend drehte ich mich in der Luft und landete dann auf allen Vieren. Ich sah den Wolf, allerdings war er nicht bei mir, sondern wurde von einem Tier zurück in die Mitte der Lichtung gedrängt. Meinen menschlichen Verstand überforderte das Bild. War das etwa ein Geweih?
Ohne mich umzudrehen, sprang ich durch den Schnee. Hinter mir erklang ein tiefes Bellen und dann wurde ich schon wieder gepackt. Dieses Mal bohrten sich die Zähne nicht in meine Haut und nun erkannte ich auch am Geruch, dass es ein Hund war, der mich nun davontrug.
Wieder versuchte ich mich zu befreien, aber als ich mit meinen Krallen endlich seine Schnauze erwischte, ließ der Hund mich nicht los, sondern schüttelte mich nur einmal kräftig in der Luft. Benommen erschlaffte ich und sah nur aus dem Augenwinkel, wie das andere große Tier den Werwolf in den Wald drängte und dann rannte der Hund auch schon wieder los.
Ich schwang hin und her und obwohl meine Animagius-Gestalt nicht gerade klein war, so hing ich ziemlich weit über dem Boden. Dies reichte mir als Argument, um mich nicht zurück zu verwandeln. Riesiger Werwolf hatte mir nicht gefallen, riesiger Hund war vermutlich genau sowenig spaßig.
Der Hund sprang in großen Sätzen über die verschneiten Ländereien und seltsamerweise hielt er direkt auf das Schloss zu. Mir fiel gerade ein, dass uns der Prüfer des Ministeriums nie gesagt hatte, was geschah, wenn man in seiner Animagus-Form starb, als der Hund bei den Gewächshäusern ankam und sich geschickt innerhalb der Schatten bewegte.
Auf den letzten Metern rannte er plötzlich los und ich sah auch schnell den Grund dafür. Das Eingangsportal wurde von einer Frau geöffnet, die in einen dicken Wintermantel gehüllt war und ein Stoffbündel unter dem Arm geklemmt hatte. Ich erkannte sie als Madam Pomfrey. Sie ließ das Portal einen Spaltbreit hinter sich auf und als sie ein paar Meter entfernt war, schlüpfte der Hund beinah lautlos mit mir hindurch in die Eingangshalle.
Dies war nun wirklich nicht mehr normal für einen Hund und fauchend wand ich mich. Zu meiner Überraschung ließ er mich einfach fallen und ich wäre beinah bäuchlings auf den Marmorboden gefallen. Zum Glück war ich ja eine Katze und die landeten nun mal immer auf ihren Pfoten.
Ohne zu Zögern, verwandelte ich mich wieder in einen Menschen und hob meinen Zauberstab. Als ich mich herumdrehte, stand ich wirklich einem Hund gegenüber. Einem Hund, welcher alles andere als angriffsbereit mit dem Schwanz wedelte und mich mit schiefgelegtem Kopf ansah. Ich hatte nicht allzu viel Erfahrung mit Hunden, von den Crups meines Urgroßvaters mal abgesehen.
Verwundert betrachtete ich das Exemplar vor mir. Tatsächlich war der Hund groß, sehr groß sogar, sein Kopf war ungefähr auf der Höhe meines Brustkorbs und sein kurzes schwarzes Fell war struppig. Beim Klang meiner Stimme zuckten seine spitzen Ohren und der Blick seiner hellen Augen war definitiv zu Intelligent. Seine Augen...
Unsicher trat ich einen Schritt zurück. Sie waren hellgrau und wurden zu den Mitten hin immer dunkler, sie wirkten auf mich seltsam vertraut.
"Wer...wer bist du?" Der Hund winselte leise und hörte auf mit dem Schwanz zu wedeln. Ich hob meine zitternde Hand und legte sie ihm vorsichtig auf den großen Kopf. Sein Fell war kalt und Schneeflocken schmolzen unter meinen Fingern. Der Hund verharrte einen Herzschlag lang, dann sprang er von mir weg und stürmte wieder durch das Portal.
Verwirrt und ratlos blieb ich zurück. Was sollte ich ihn nun tun? Innerhalb einer Nacht hatte mich ein Werwolf beinah umgebracht und ein Hund, der kein wirklicher Hund zu sein schien, hatte mir das Leben gerettet. Ich fühlte mich, als wüsste ich die Antwort auf das alles, aber irgendwie schien mein Verstand damit zu ringen, wie ein Name, der mir auf der Zunge lag, mir aber einfach nicht einfallen wollte.
Ich trat mit hochgezogenen Schultern wieder durch das Portal nach draußen. Es schneite inzwischen stärker und sofort legten sich weiße Flocken auf meinen schwarzen Umhang. Ein Gefühl sagte mir, dass der Hund zurückkommen würde, weshalb ich im Licht des Vollmondes wartete.
Am Ende war ich mir nicht sicher, ob ich mehrere Stunden, oder nur ein paar Minuten gewartet hatte, als ich dunkle Körper sah und dann wie aus dem Nichts der Hund mit einem großen Tier an seiner Seite auftauchte. Beide erstarrten, als sie mich sahen. Der Hund zuckte unruhig mit den Ohren, aber ich hatte nur Augen für den Hirsch an seiner Seite.
Ich hatte mich nicht geirrt, tatsächlich hatte ein Hirsch den Werwolf vertrieben. An seinem Hals und seiner Flanke sah ich Kratz- und Bissspuren, alle unterschiedlich alt, aber sie konnten den beeindruckenden Anblick nicht zerstören.
Stauend blickte ich ihm in die braunen Augen, sie waren groß und schön. Selbst auf der Entfernung sah ich die langen Wimpern, die sie umrahmten und am liebsten wäre ich auf ihn zugegangen und hätte über sein hellbraunes Fell gestrichen, er wirkte so vertraut und gleichzeitig so erhaben.
Der Hirsch schnaubte und in der kalten Luft stieg sein Atem als Wolke gen Himmel. Zögernd trat ich einen Schritt vor, der Hirsch sah mir in die Augen und dann senkte er seinen Kopf und damit auch sein ausladendes Geweih. Ich hielt den Atem an. Es wirkte, als würde er sich vor mir verbeugen und dann wusste ich es plötzlich. Einfach so, als hätte ich es dir ganze Zeit gewusst. "Prongs...Krone..." Meine Stimme zitterte und der Hirsch hob wieder langsam den Kopf. Er sah mich mit den vertrauten braunen Augen an und ich spürte wie mir eine Träne über die Wange rollte. "James."
Es ergab alles plötzlich Sinn, aber ich wollte es nicht glauben. "Das kann nicht sein." Ich schlug mir eine Hand vor den Mund und starrte den Hund an, die Worte konnte ich trotzdem nicht aufhalten, "Padfoot...Tatze. Dann wart ihr das...auf der Lichtung." Der Hund winselte wieder leise und mein Blick glitt zu ihm, als könnte er mir Antworten geben. „Sirius."
"Lu..." Der Hirsch hatte sich verwandelt und nun stand James an seiner Stelle im Schnee und sah mich traurig an.
"Nein...Nein." Ich schüttelte den Kopf. In diesem Augenblick wollte wieder ins Schloss laufen, einfach so tun, als wäre das nur einer meiner Albträume gewesen, doch auch Sirius hatte sich jetzt verwandelt und jeder Versuch mir einzureden, es wäre anders, stürzte in sich zusammen wie ein Kartenhaus.
"Es war Remus, oder? Moony..." Es auszusprechen, machte es noch fürchterlicher.
James nickte langsam und bedächtig. Alles in mir wehrte sich dagegen Remus, einen meiner Freunde, mit dieser...Bestie in Verbindung zu bringen, die mich bereits zweimal beinah getötet hatte. Werwölfe waren Wesen der dunklen Magie, von Grund auf Böse, zu nichts anderem im Stande als zu Töten und zu Verletzten. Egal ob in Wolf- oder Menschen Gestalt. So hatte ich es von klein auf gelernt, immer und immer wieder. Wie konnte Remus so etwas sein?
Die Worte kamen einfach weiter aus meinem Mund, "Ich will damit nichts zu tun haben! Wenn Dumbledore davon wüsste, dass so...etwas frei herumläuft." Ich schüttelte den Kopf, unfähig weiter zu sprechen.
"Luné..." James trat auf mich zu und hielt meinen Arm fest. Ohne es wirklich zu merken, war ich mehrere Schritte zurückgewichen. "Dumbledore weiß davon. Er hat es überhaupt möglich gemacht, dass Remus nach Hogwarts durfte. Hör uns bitte zu, du darfst niemanden davon erzählen. Hast du mich verstanden? Remus ist unser Freund..."
"Dumbledore weiß davon?!" Meine Stimme war seltsam schrill. "Wie kann er so etwas zulassen? Ein Werwolf ist gefährlich, eine Gefahr für alle..."
"Prongs" Sirius legte James eine Hand auf die Schulter. "Vielleicht sollten wir ihr doch das Gedächtnis löschen, es ist viel zu gefährlich, dass sie von uns weiß. Sie wird sich verplappern und dann haben wir den Schlamassel..."
"Nein! Stopp." Mein Kopf schmerzte inzwischen. "Verflucht. Erklärt es mir. Ich versteh nicht, warum ihr Animagi seid, oder was das eben war. Ich verstehe gar nichts. Bevor ihr mir mein Gedächtnis nehmt, will ich wenigstens verstehen, warum..."
Sirius starrte mich an, als wäre ich verrückt geworden, während auf James' Gesicht ein müdes Lächeln auftauchte. "Klingt für mich fair." Er führte mich durch die Eingangshalle und dann Richtung Marmortreppe.
"Wohin gehen wir?" Trotz meiner Frage, folgte ich ihm die Stufen hinauf.
"Zum Krankenflügel. Poppy..." Er sah meinen irritierten Blick. "Ich meine natürlich Madam Pomfrey, sollte Remus inzwischen geholt haben und auf dem Weg zurück sein. Sie bringt ihn allerdings auf einem anderen Weg, als den wir nehmen hoch. Ich würde ja sagen, dass Remus dir seine Geschichte erzählen soll, aber mehr als schlafen und Schokolade essen, schafft er heute nicht mehr." James lockerer Plauderton täuschte mich nicht darüber hinweg, dass er ziemlich angespannt war.
"Ah, und wo ist eigentlich Peter?"
"Wormtail...ich meine Peter, ist noch in der Hütte, er wartet immer, bis Madam Pomfrey kommt, damit wir wissen, dass alles gut gegangen ist."
"Alles? Und in was für einer Hütte?"
"Die Verwandlung und die Hütte nun ja..." James verzog das Gesicht und sah mich zweifelnd an. "Am besten fang ich ganz von vorne an. Sagt dir der Name Fenrir Greyback etwas?"
"Ein Werwolf. Macht Geschäfte mit dem dunklen Lord. Mein Bruder hat ihn in Gesprächen mit meinem Vater erwähnt. Grausam." Ich ratterte alles, was ich wusste, herunter.
"Alles richtig. Also, Remus wurde, als er noch klein war, von Greyback gebissen. Remus' Vater hatte ihn irgendwie verärgert, deshalb hat sich Greyback bei Vollmond extra vor ihrem Haus auf die Lauer gelegt. Nachdem er gebissen wurde, haben seine Eltern alles versucht, aber es gibt ja leider keine Heilung. Als er 11 wurde, durfte er nur dank Dumbledore nach Hogwarts..." Ich wollte schon den Mund öffnen, aber James sprach schnell weiter. "Für die Verwandlungen bei Vollmond, wird Remus von Madam Pomfrey durch einen Geheimgang in die heulende Hütte gebracht...kennst du die eigentlich? Nein? Ist angeblich verflucht, aber das hat Dumbledore nur als Tarnung herumerzählt. Also, Remus verwandelt sich dort und der Eingang zum Geheimgang ist so geschützt, dass er nicht herauskommt und niemand herein."
"Wo ist dieser Eingang?" James sprach so normal von der ganzen Geschichte, dass ich mich beinah wieder beruhigte.
Bevor er antworten konnte, tat es Sirius. "Tut nichts zur Sache."
Ich beachtete ihn nicht und James erzählte einfach weiter: "In der Hütte kann Remus sich sicher verwandeln und dort bleibt er während dieser ganzen Werwolfgeschichte. Er ist keine Gefahr, dafür hat Dumbledore gesorgt."
"Aber heute Nacht war er nicht in der Hütte. Sondern auf einer verdammten Lichtung im verbotenen Wald und hat mich angegriffen..." Die Panik kam wieder in mir hoch und James sah plötzlich beinah aus, als würde er sich schämen.
"Na ja...das war theoretisch unsere Schuld."
"Was heißt theoretisch? Habt ihr den Werwolf etwa zum Spazierengehen rausgelassen?"
"Nein, natürlich nicht. Weißt du, wir wussten ja nicht, dass du draußen rumläufst und als Sirius dich gerochen hat, war Remus schon weg. Wenn wir gewusst hätten, dass irgendjemand außerhalb des Schlosses ist, wären wir diese Nacht gar nicht rausgegangen."
"Warum zur Hölle, wolltet ihr überhaupt mit einem Werwolf rausgehen, wenn der doch so sicher in irgendeiner Hütte hockt? Und warum rennt ihr als Hirsch, Hund und was weiß ich noch, bei Vollmond mit einem Werwolf über die Ländereien?"
"Als Ratte."
"Was?" Ich starrte Sirius an, der meinen Blick ruhig erwiderte.
"Hirsch, Hund, Wolf und Ratte. Prongs, Padfoot, Moony und Wormtail. Peter ist Wormtail. Eine Ratte. Und wir laufen aus Freundschaft so über die Ländereien."
"Was hat es bitte mit Freundschaft zu tun, wenn ihr mit einem Ungeheuer herumlauft?"
"Bleib ruhig, Lu." James warf Sirius einen warnenden Blick zu und zog mich dann weiter. "Um es kurz zu machen, wir haben uns mit Remus in unserem ersten Schuljahr angefreundet. Mit der Zeit ist uns natürlich aufgefallen, dass er ungewöhnlich häufig krank war oder ganz plötzlich nachhause musste, aber am Ende des Zweiten Schuljahrs haben wir dann geschnallt, dass er immer zur gleichen Zeit einmal im Monat nicht da war. Remus dachte, wir würden nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen, aber wir haben uns damals überlegt, wie wir ihm helfen können."
"Ihr wart also Zweitklässler, die erfahren haben, dass einer ihrer besten Freunde ein Werwolf ist? Und ihr habt überlegt, wie ihr ihm helfen könnt?", fasste ich seine Worte zweifelnd zusammen.
"Du verstehst nicht allzu viel von Freundschaft, oder?"
Ich biss die Zähne zusammen und erwiderte nichts auf Sirius Frage. James sah ihn wieder böse an und redete dann weiter: "Wir haben überlegt, wie wir ihm helfen können und sind auf die Idee mit der Animagi-Verwandlung gekommen. Es hat beinah drei Jahre gedauert, aber am Ende haben wir es geschafft."
"Tut mir leid...aber ihr seid für einen Werwolf nicht-verzeichnete Animagi geworden? Wie wolltet ihr dem denn bitte damit helfen?" Noch immer schwebte mir der fürchterliche Anblick des Werwolfes vor den Augen, ich konnte dieses Bild einfach nicht vergessen.
"Weil wir nicht als Menschen helfen können. Aber ein Werwolf ist nur für diese gefährlich. Als Tiere können wir ihm Gesellschaft leisten."
Ich war so fassungslos, dass ich ihn nur mit offenem Mund anstarren konnte. Wie konnte man nur auf die Idee kommen, sich einer gefährlichen illegalen Verwandlung zu unterziehen, bei der verdammt viel schief gehen konnte, nur um mit einem Werwolf über die Ländereien zu rennen?
Wir waren inzwischen vor den verschlossenen Türen des Krankenflügels angekommen und ich war mir alles andere als sicher, ob ich wirklich dort hineinwollte. Gerade als ich den Mund öffnete, um zu sagen, dass ich erst mal Zeit zum Nachdenken brauchte, erklangen Schritte auf der Treppe und wir erstarrten gleichzeitig.
Es waren leichte Füße, die schnell die Treppe hochkamen und im Gang vor den großen Türen standen leider nur zwei Rüstungen, hinter die ich vielleicht noch gepasst hätte. James und Sirius würden vermutlich mit jeweils einem Bein dahinterkommen.
"Wo ist der Tarnumhang?" Sirius flüsterte und starrte genau wie wir zum Anfang der Treppe.
"Noch in der Hütte. Peter wollte ihn mitbringen."
"Das ist nicht Peter..." Sirius kam nicht dazu weiter zu flüstern, denn eine helle Mädchenstimme rief: "Ist da jemand?", dann kam ein roter Haarschopf die Wendeltreppe hinauf und gleich darauf stand Lily mit erhobenem Zauberstab vor uns.
Ihre Augen weiteten sich als sie uns sah und während sie für James nur ein: "Hätte ich mir doch denken können.", übrighatte, starrte sie mich fassungslos an, "Was in Merlins Namen machst du um vier Uhr morgens mit den Rumtreibern vor dem Krankenflügel, Luné?"
"Ehm....ich...also wir...na ja..."
"Evans!" Auf James Gesicht war ein Strahlen erschienen. "Was machst du denn zu so einer späten Stunde in den Gängen? Darf ich dir sagen, dass du im Mondlicht ganz bezaubernd aussiehst?"
"Nein, darfst du nicht." Lily verdrehte die Augen. "Ich bin hier, weil die Vertrauensschüler heute Abend ein Treffen hatten. Irgendetwas schleicht über die Ländereien, das dort nicht sein sollte, daher laufen in den Gängen Patrouille und der hier gehört zu meinen."
"Was soll denn herumschleichen?" Ich versuchte ein Lächeln, aber ich war mir sicher, dass es eher einer Grimasse glich. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Sirius James auf den Fuß trat und der daraufhin wieder den Mund schloss.
"Wir haben zuerst überlegt, ob es vielleicht ein Werwolf ist, heute ist Vollmond, falls ihr das noch nicht gesehen habt und im verbotenen Wald soll es ja welche geben, aber Professor Dumbledore meinte, dass das unmöglich ist und wir im Schloss nach dem Rechten sehen sollen. Draußen schauen die Lehrer zusammen mit Hagrid nach dem Rechten und kontrollieren die Schutzzauber."
"Die Lehrer sind im Wald?!" James sah geschockt aus und ich war mir ziemlich sicher, dass er sich vorstellte, was passiert wäre, wenn er in dieser Nacht mit einem Werwolf im Schlepptau auf einen Lehrer getroffen wäre.
"Ja..." Lily sah uns der Reihe nach misstrauisch an. "Was macht ihr jetzt hier? Es wundert mich ja nicht Rumtreiber außerhalb der Betten anzutreffen, aber du, Lulu? Wo warst du überhaupt schon wieder die ganze Nacht?"
"Also weißt du..." Nervös fuhr ich mir durch die Haare. "Ich war im Stall, um mich um Seidenschnabel zu kümmern und irgendwie, habe ich dabei die Zeit vergessen." Ich suchte noch nach einer plausible Erklärung, warum ich vom Stall aus plötzlich zum Krankenflügel gegangen war.
Zum Glück übernahm Sirius: "Wir, also James und ich, haben uns Sorgen gemacht, weil Luné nicht zum Abendessen gekommen ist, obwohl...sie uns das versprochen hat und deshalb haben wir sie gesucht und als wir sie endlich gefunden haben, dann..."
"Habe ich mir den Fuß verstaucht!" Ich war so glücklich über meine Erklärung, dass ich am liebsten auf und ab gesprungen wäre. Um meine Geschichte zu bestätigen, lehnte ich mich aber an den verdutzt schauenden James und entlastete meinen linken Fuß. "Ich bin in ein Loch getreten und wir sind zum Krankenflügel, damit sich Madam Pomfrey darum kümmert."
"Um vier Uhr morgens?"
"Besser, als wenn ich morgen früh erst gehe und der Knöchel vielleicht gebrochen ist." Ich lächelte entschuldigend und hob meinen Fuß noch ein Stück höher.
"Und wo ist dann Peter? Ich dachte, Rumtreiber machen nichts allein."
James und Sirius tauschten einen Blick. "Der schläft..." "Der kann bei Vollmond immer so schlecht schlafen..." "Da sind wir froh das er es überhaupt mal tut..."
"Aha." Lily sah kurz nachdenklich zum Mond, der durch die Fenster schien. Ich konnte geradezu hören, wie es in ihrem Kopf arbeitete. "Wann kommt Remus nochmal wieder?"
"Heute, genau!" James strahlte wieder und bevor Sirius oder ich ihn aufhalten konnten, redete er schon weiter. "Wir wollten auch gleich im Krankenflügel bleiben, um auf ihn zu warten, denn das ist, was wahre Freunde tuen. Ich bin ein guter Freund. Aua." Empört sah er Sirius an, der ihm den Ellbogen in die Seite gerammt hatte. "Was habe ich denn gemacht?" Dann sah er Lily an und genau wie wir, sah er die Erkenntnis auf ihrem Gesicht.
"Remus... er ist ziemlich oft krank, richtig? Ungefähr einmal im Monat... und er hat auch immer noch mehr Verletzungen, wenn er wieder in den Unterricht kommt." Lily schien mit sich selbst zu reden. "Was sagt Potter ständig? Sein kleines Pelziges Problem? Das würde auch Dumbledores Verhalten erklären, er muss davon wissen." Plötzlich sah sie uns wieder an. "Ich muss auch in den Krankenflügel."
"Warum?" Automatisch stellte ich mich so, dass ihr der Weg versperrt war.
"Nur kurz was nachschauen. Mir ist da so ein Gedanke gekommen."
"Aber Lils..." Ich lächelte nervös. "Es ist doch schon so spät und du musst sicher noch weiter patrouillieren. Jetzt, wo die Lehrer nicht da sind, und..."
"Ich will mich nur versichern, dass ich mich irre." Lily wirkte aufgewühlt, während sie sich einfach an mir vorbeidrückte. Weil ich immer noch auf einem Fuß stand, fiel ich beinah hin und James griff an mir vorbei nach ihrem Arm, aber Lily befreite sich mit Leichtigkeit.
"Evans, warte! Es gibt für alles eine Erklärung..." Doch Lily wartete nicht, sondern drückte die Tür auf und trat in den schwach beleuchteten Krankenflügel. Gezwungenermaßen folgten wir ihr. James und Sirius redeten hektisch auf sie ein und versuchten sie aufzuhalten, aber Lily lief unaufhaltbar zu dem einzigen belegten Bett, um welches eine Trennwand aufgestellt war.
Ohne zu zögern, zog schob sie diese beiseite. Dann murmelte sie leise: "Verdammt."
Ich holte zu ihr auf und dann sah ich ebenfalls Remus. Er war an vielen Stellen mit weißen Verbänden verbunden und sein müdes Gesicht zierten frische Kratzer und blaue Flecken.
"Oh nein..." Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Es war leicht gewesen, von dem Ungeheuer zu sprechen, welches mich im Wald beinah getötet hatte, aber jetzt lag ein schwacher Junge vor mir und sah mich aus traurigen Augen an.
"Luné, Lily...was tut ihr hier?" Seine Stimme klang heiser und zittrig, wie die eines alten Mannes.
"Oh, Remus." Lily ließ sich auf die Bettkante sinken und nahm vorsichtig seine blasse Hand.
Sein Blick suchte seine Freunde. Diese standen mit hängenden Schultern neben mir, beiden wirkten wie kleine Jungen, die versuchten hatten gegen alle Wahrscheinlichkeit ein unmögliches Geheimnis gehütet und nun doch ertappt worden waren.
"Lily..." Mit Mühe richtete sich Remus auf. "Ich bin heute früher aus dem Mungos gekommen. Was machst du denn hier?" Er lächelte schwach.
"Warum hast du mir nichts gesagt?" Lilys grüne Augen schwammen in Tränen und ihre Worte ertranken beinah darin. "Wir sind doch Freunde."
"Was hätte ich dir sagen sollen?" Remus wirkte auf eine traurige und müde Art verzweifelt, als könnte er die Wahrheit noch hinauszögern, wenn er nur weiter unwissend tat.
"Du bist ein Werwolf." Lily weinte nun wirklich und James legte mir einen Arm um die Schulter, erst da merkte ich, dass ich es auch tat.
"Scheint so." Remus erschauderte leicht und schien in den Kissen zu verschwinden. "Ich bin ein Monster." Die Worte fielen beinah tonlos aus seinem Mund, "Ich verstehe, dass du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst...Ich will mich ja selbst nicht kennen." Er verzog angeekelt das Gesicht und die Bitterkeit in seinen Augen ließ ihn um Jahre älter erscheinen.
"Bitte, sag sowas nicht." Lily klang verzweifelt. "Als würde ich deshalb nichts mehr mit dir zu tun haben wollen. Es ist doch nicht deine Schuld."
"Doch ist es. Ich bin eine Gefahr für alle um mich herum."
"Remus Lupin..." Lily schien ein Lächeln zu versuchen. "Du bist höchstens ein Trottel, weil du denkst, ich würde nicht mehr mit dir befreundet sein wollen." Auf Remus Gesicht machte sich Unglaube breit. Ohne sich weiter mit Worten aufzuhalten, beugte Lily sich vor und zog Remus in eine Umarmung.
Er schien sich zu versteifen und ich glaubte, dass er sie jeden Augenblick wegstoßen würde, doch dann sackte er plötzlich in sich zusammen und seine Schultern zuckten.
In ihren Armen wirkte er wieder nur wie der kleine Junge, der von einem Werwolf gebissen wurden und auf dem ein schrecklicher Fluch lastete, dazu bestimmt sein Leben auch außerhalb des Vollmondes zu verdunkeln.
Und plötzlich wusste ich, was mir James hatte sagen wollen. Er war immer noch Remus. Egal, in was er sich einmal im Monat verwandelte.
Nur Remus, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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