Einsamkeit
***Wen***
Es ist zum verrückt werden. Endlich habe ich mich getraut sie zu fragen, ob sie mit mir ausgeht und dann finde ich raus, dass sie was mit meinem besten Kumpel am laufen hat. Das hätte ich echt niemals gedacht. Wie konnten die Beiden mir sowas an tun? Ich war so durcheinander, weil Olivia mich nicht küssen wollte, also bin ich einfach raus. Ich musste den Kopf frei bekommen und dann sehe ich sie zusammen. Charlies Lippen lagen eindeutig auf ihren. Aber es bringt nichts, sich weiter verrückt zu machen. Ich laufe ziellos durch die Gegend, bis ich plötzlich vor Scotts Haus stehe. Ich war noch nie alleine bei ihm, aber irgendeinen Grund mussten meine Füße ja haben, wenn sie hier hin gelaufen sind. Ich klingel an seiner Haustür und warte das mir jemand öffnet. Es ist Scott selbst, der mir aufmacht und er wirkt äußerst überrascht. "Wen? Was führt dich denn hier her?" Ich sehe mich hilflos in der Gegend um und zucke dann mit den Schultern. "Das weiß ich auch nicht so genau. Kann ich rein kommen?" Er geht einen Schritt zur Seite und ich trete ein. Wir setzen uns in die Küche und schweigen eine Weile. Scott bricht die Stille. "Willst du was trinken?" Ich nicke und er füllt uns beiden ein Glas Cola ein. Dann setzt er sich mir gegenüber und sieht mich fragend an. "Gehts immer noch um die Sache mit Olivia? Ich habe sie echt nur um einen Rat gebeten." Ich unterbreche ihn. Das ist mir mittlerweile auch klar. "Hat sie irgendwas über Charlie gesagt, als sie hier war?" Scott schaut mich entgeistert an und bricht dann in lautes Lachen aus. Er braucht eine Weile, ehe er sich wieder einkriegt und beruhigt. "Wen, das ist doch nicht dein Ernst. Olivia und Charlie? Deine Eifersucht ist ja wirklich grenzenlos. Wie kommst du auf so einen Mist?" Ich sehe ihn finster an. "Ich habs mit eigenen Augen gesehen. Er hat sie vorhin im Park geküsst." Scott bleibt der Mund offen stehen. "Bist du sicher?" Ich schlage mit der flachen Hand auf den Thresen. "Ich bin nicht blind, Scott und ich weiß wie ein Kuss aussieht." Er schaut mich nachdenklich an. "Es muss eine ganz einfache Erklärung geben. Charlie steht auf Mo und Olivia steht auf dich. Das sieht doch jeder. Hast du mit den Beiden geredet?" Ich weiß, dass ich gerade zickig rüber komme, doch kann auch nicht verhindern, dass ich so reagiere. "Nein. Die zwei sind für mich gestorben!" Und das sind sie wirklich. Ich will mit keinem von ihnen noch reden. Scott sagt auch nichts weiter dazu. Was soll er schon sagen? Ich habe sowieso auf stur geschalten.
***Olivia***
Mir fließen Tränen über die Wangen. Noch vor wenigen Stunden war ich überglücklich und habe mich auf ein Date mit Wen gefreut. Und nun liege ich auf meinem Bett und weine ununterbrochen in mein Kissen. Was soll ich nur tun? Ich habe nicht nur Wens Gefühle verletzt, ich habe auch Charlies Freundschaft zu ihm zerstört. Ich bin so dumm. Wieso konnte ich ihn nicht einfach küssen? Ach ja, weil ich ein absoluter Angsthase bin. Ich stehe auf, suche mein Songbook aus meiner Schultasche und werfe es in den Mülleimer. Das mit Lemonade Mouth ist sowieso vorbei. Also wieso sollte ich mein Songbook noch brauchen? Ich lege mich wieder auf mein Bett und weine weiter. Ich werde morgen auf keinen Fall zur Schule gehen.
***Mo***
Dienstag Morgen. Ich stehe im Badezimmer und kämme meine Haare. Gleich muss ich zum Bus. Ich nehme meine Tasche und werfe meine Schminke hinein. Ich trage einen Blazer über meinem Kleid. Mein Vater duldet es nicht, dass ich zu aufreizend herum laufe. Er ist gerade im Gehen als ich in die Küche komme. "Ich wünsche dir einen schönen Tag, Mohini." Ich lächle und verabschiede mich mit einem Kuss auf die Wange von ihm. Dann gehe ich in die Küche, schnappe mir eine Flasche Wasser und gehe ebenfalls aus dem Haus.
Der Bus ist wahnsinnig voll, doch ich finde noch einen freien Platz neben einem Jungen aus meinem Spanisch-Kurs. Im Bus trage ich meine Schminke auf. Ich will nicht dass Scott mich ohne Make up sieht. Ich ziehe meinen Blazer aus und bin fertig bevor der Bus an der Schule hält. Ich steige aus und laufe Scott in die Arme. "Hey Süße." Ich begrüße kurz Wen, der neben meinem Freund steht und greife dann nach Scotts Hand. Wen wirkt richtig schlecht gelaunt. Als Stella auftaucht, haben wir noch kein Wort miteinander gewechselt. Alles ist irgendwie angespannt und ich verstehe überhaupt nicht wieso. Stella begrüßt uns und lächelt übermütig in die Runde. "Na ausgeschlafen für unsere Lieblingsbeschäftigung, die Schule?" Ihre Stimme könnte nicht sarkastischer sein. Im nächsten Moment kommt Charlie angelaufen. Wen nimmt seine Tasche und verschwindet ohne ein Wort. Was ist denn hier los? Scott sieht Charlie nachdenklich an. Er begrüßt uns und stellt sich zu uns. Auch er wirkt abwesend. Ich versuche die Stimmung zu lockern. "Wo ist denn Olivia?" Stella zuckt die Schultern. "Ihr Fahrrad ist nicht da. Ich glaube nicht, dass sie noch kommt." Scotts Blick auf Charlie ist wirklich merkwürdig. Charlie wirkt irgendwie...schuldbewusst. Ich habe sowas von keine Ahnung was hier abgeht. Mein Freund zieht an meiner Hand. "Lass uns rein gehen. Wir haben Musik." Ich sage nichts und gehe mit ihm rein.
***Stella***
Ich werde das Gefühl nicht los, dass was nicht stimmt. "Wie liefs gestern mit Olivia?" Charlie wirkt abwesend und frustriert. "Ich möchte nicht darüber reden." Doch so einfach lasse ich nicht locker. "Hast du Stress mit Wen?" Er stöhnt genervt auf. "Merkt man das etwa?" Also hat es sicher was mit Olivia zu tun. "Ist was mit Olivia?" Er verdreht die Augen und erzählt dann ohne groß Luft zu holen. "Ich hab mich nach der Schule mit ihr im Musiksaal getroffen, sie war auf alles vorbereiet und ist dann gleich zu Wen gefahren. Er hat sie um ein Date gebeten und sie hat ja gesagt. Er war überglücklich und wollte sie küssen. Sie ist einfach abgehauen und stand dann vor meiner Tür. Sie war aufgelöst und hat geweint. Wir sind eine Runde raus gegangen weil ich dachte frische Luft würde ihr gut tun. Ich war genervt von Wen und auch von Olivia, weil sich die beiden so anstellen. Sie hat mir gebeichtet dass sie Wen küssen will, sich aber nicht traut. Also wollte ich ihr die Angst nehmen und hab sie geküsst. Es ging höchstens drei Sekunden lang und ich wollte ihr nur zeigen, dass nichts dabei ist. Natürlich kam genau in diesem Moment Wen in den Park und hat uns seine Freundschaft gekündigt weil er sich hintergangen fühlt. Zufrieden?" Ich schüttle überwältigt den Kopf. "Musstest du sie unbedingt küssen?" Er lacht etwas verbittert. "War im Nachhinein betrachtet nicht meine beste Idee." Ich lege ihm meine Hand auf die Schulter. "Das wird wieder. Wen kriegt sich schon wieder ein." Charlie schüttelt frustriert den Kopf. "Glaube ich nicht. Er lässt mich ja nicht zu Wort kommen. Und mit Olivia redet er erst recht nicht." Wir gehen rein und ich denke darüber nach, wie ich das wieder gerade biegen könnte. Ich hasse es, wenn es Stress in der Band gibt.
In der Mittagspause sitze ich mit Mo und Scott in der Mensa. Wen setzt sich ohne ein Wort zu uns und stochert dann in seinem Essen rum. Charlie sitzt alleine an einem Tisch. Ich seufze und erhebe dann das Wort. "Sag mal, Wen. Wie soll es deiner Meinung nach mit Lemonade Mouth weiter gehen? Charlie ist unser Drummer und Olivia unsere Sängerin." Wen sieht mich mit einem fast tödlichen Blick an. "Wir finden einen neuen Schlagzeuger, einen Besseren." Er sieht wütend zu Charlies Tisch und wirft dann sein Besteck aufs Tablett. Ich zucke die Schultern. "Okay, also Charlie kann man ersetzen. Und was ist mit Olivia?" Wen schaut eine Sekunde betrübt, schüttelt dann aber den Kopf und die Wut ist wieder da. "Sie ist schon ausgestiegen. Sie hat mir heute morgen geschrieben, dass sie die Band verlässt. Ende aus. Du kannst singen und Mo kanns auch. Wozu brauchen wir diese Verräter?" Mo sieht mich entsetzt an. "Wie? Was ist denn los?" Charlie schaut zu uns rüber und Wen redet laut genug dass auch er ihn hören kann. "Charlie hat Olivia geküsst, nachdem sie einem Date mit mir zugestimmt hat. Keine Ahnung, wie lange das mit den Beiden schon läuft aber ich hab keinen Bock mehr auf die." Dann nimmt er seine Sachen, steht auf und verschwindet. Charlie kommt mit seinem Tablett zu uns und sieht fragend in die Runde. "Kann ich mich setzen?" Mo nickt und Charlie setzt sich. Scott mustert ihn wieder nachdenklich. "Du hast Olivia also wirklich geküsst?" Charlie nickt schuldbewusst. "Ja aber nicht wegen irgendwelchen Gefühlen. Ich wollte ihr mit Wen helfen." Mo sieht ihn entsetzt an. "Indem du sie küsst?" - "Erzählt es nicht Wen, okay? Olivia war das mega peinlich. Sie hat null Erfahrung mit Jungs. Also habe ich ihr Nachhilfe bei Dates gegeben. Es hat auch geklappt. Sie war selbstsicherer und war endlich bereit ja zu einem Date zu sagen. Wen hat sich gefreut und wollte sie küssen, woraufhin sie abgehauen ist und völlig aufgelöst zu mir kam. Ich wollte ihr nur zeigen, dass nichts schlimmes dabei ist jemanden zu küssen und da ist es eben passiert. Blöd nur, dass Wen das gesehen hat und es in den falschen Hals bekommen hat." Scott lehnt sich zurück und wirkt nachdenklich. "Das hätte man auch nicht einfach verstehen können. Ihr müsst ihm sagen dass da nichts war und dass du ihr nur helfen wolltest. Ist doch egal, dass es Olivia peinlich ist. Ihr müsst die ganze Geschichte erzählen." Charlie schüttelt den Kopf. "Nein, irgendwo muss ich da auch Rücksicht auf Olivia nehmen. Sie wird es ihm sagen, wenn sie bereit dazu ist." Mo schüttelt den Kopf. "Solange können wir nicht warten. Sie ist schon aus der Band ausgestiegen." Charlie sieht entsetzt in unsere Gesichter. "Im Ernst?" Wir nicken nur. Ich ergreife wieder das Wort um diese entsetzliche Stille zu brechen. "Wir müssen was tun. Charlie, du musst mit Olivia reden." Er nickt. "Schon klar. Das ändert aber nichts daran dass Wen keinem von uns zuhört." Mo lächelt entschlossen. "Dann müssen wir ihn eben dazu zwingen."
***Olivia***
Am nächsten Tag gehe ich wieder zur Schule. Ich versuche die anderen zu meiden. Charlie war gestern bei mir und meinte, ich muss Wen erzählen was wirklich abgelaufen ist. Ich sehe es ein, aber ich weiß dass Wen nicht mit mir reden wird. Trotzdem versuche ich es und fange ihn morgens vor der an ersten Stunde an seinem Spind ab. "Wen." Er sieht mich nicht an, geht aber auch nicht einfach weg, wie ich es erwartet hatte. "Ich möchte mich entschuldigen. Ich war nicht bereit dich zu küssen." Er unterbricht mich. "Aber Charlie kannst du küssen?" Ich schüttle verneinend den Kopf. "Er hat mich geküsst weil..." Er unterbricht mich wieder. "Erzähl das jemandem, den es interessiert." Damit lässt er mich stehen. Ich hätte mir ja denken können, dass er mir nicht einfach so zuhören wird.
Der Rest des Schultages zieht an mir vorbei, als wäre ich gar nicht anwesend. Ich höre nichts von dem was die Lehrer mir sagen und ich gehe weiterhin allen aus dem Weg. Kurz vor Schulschluss erhalte ich eine Nachricht von Stella.
Von: Stella
Wenn du schon einfach so die Band weg wirfst, dann komm wenigstens nochmal ins Untergeschoss um mir zu erklären wieso.
Seufzend nehme ich meine Sachen und bewege mich ins Untergeschoss.
***Wen***
Von: Stella
Vorspielen für den neuen Drummer.
15.00 Uhr, Untergeschoss
Punkt 15 Uhr sitze ich im ehemaligen Nachsitzeraum und warte auf die Anderen. Doch die einzige die auftaucht ist Olivia. Was will sie hier? Sie hat der Band doch abgeschworen. Hinter ihr fällt die Tür ins Schloss und man hört nur wie abgeschlossen wird. Ich werde richtig sauer. "Macht sofort die Tür auf! Ich will nicht mit ihr reden." Von der anderen Seite der Tür höre ich Stellas Stimme. "Ich lasse euch erst raus, wenn ihr geredet habt. Also hör ihr doch einfach mal zu." Ihre Schritte entfernen sich und Olivia setzt sich frustriert auf den kalten Boden. Ich suche in meinen Hosentaschen nach meinem Handy, kann es aber plötzlich nicht mehr finden. Ich muss es in meinem Spind vergessen haben. Ich sehe fragend zu Olivia. "Hast du dein Handy mit?" Sie nimmt es aus ihrer Tasche und reicht es mir. Ich nehme es und sehe dass sie keinen Empfang hat. Ich steige auf einen der Tische und schaue ob ich so Empfang bekomme, doch es tut sich nichts. Ich springe vom Tisch runter und sehe auf ihren Hintergrund. Es ist das Bild der Babykatze, die ich ihr neulich geschenkt habe. Ich gebe ihr das Handy wieder und setze mich auf einen der Tische. Wir schweigen uns eine halbe Ewigkeit an. Ich spiele mit meinem Schnürsenkel, als sie die Stille bricht. "Wen, ich meine das Ernst. Es tut mir wirklich Leid." Es tut fast weh, wie gebrochen ihre Stimme klingt. Doch ich bleibe kühl. Ich bin zu verletzt um ihr zu vergeben. Sie spricht einfach weiter und lässt sich nicht von mir aus der Fassung bringen. "Ich bin dir am Montag aus dem Weg gegangen. Ich hatte Angst, dass du mich um ein Date bittest. Ich habe keine Erfahrungen mit Jungs. Ich wusste nicht wie ich mich bei einem Date verhalten soll und schon gar nicht wusste ich, was ich tun sollte, wenn du mich küssen wölltest." Ich bin ehrlich erstaunt. Olivia ist wunderschön und ich kann kaum glauben dass sie noch keiner eingeladen hat und erst Recht nicht dass sie nicht weiß wie man küsst. "Charlie hat mich am Montag im Musiksaal gefunden und mich ziemlich aufgebracht gefragt, warum ich dir aus dem Weg gehe. Ich hab ihm erzählt dass ich Angst hatte dass du mich einladen willst. Also hat er mir am selben Tag Nachhilfe in Dates erteilt. Als er mir beibringen wollte, dass meine Ängste unberechtigt sind, weil ich ja auf ein Date mit dir gehe, habe ich mich selbst nicht mehr verstanden. Er hatte ja Recht. Du würdest mich niemals verletzen und du würdest mich auch nicht bedrängen." Naja, da liegt sie ein wenig daneben. Ich habe schließlich versucht sie zu küssen und ich habe nicht aktzeptiert dass sie einfach gegangen ist. "Ich bin dann direkt zu dir gefahren. Ich hatte Angst dass ich Panik bekomme wenn ich länger warte. Du hast mich um ein Date gebeten und ich war so außer mir vor Freude. Überall in meinem Bauch waren Schmetterlinge. Dann hast du versucht mich zu küssen. Ich bin panisch geworden und einfach gegangen. Das tut mir Leid, aber ich wusste nicht wie ich dir sagen könnte, dass ich so unerfahren bin." Sie sieht mich nicht an. Trotzdem nicke ich. "Ich wusste nicht wohin. Ich habe geweint und bin zu Charlie gefahren um ihm zu beichten was ich für eine Versagerin bin, weil ich vor dir geflüchtet bin. Er ist mit mir raus gegangen und hat mir zugehört. Wir sind in den Park gegangen. Dort hab ich ihm gesagt dass ich dich küssen will, aber zu große Angst davor habe. Er hat gesagt, dass man keine Angst haben muss weil ein Kuss harmlos ist. Und dann hat er mir diesen Kuss gegeben um mich zu überzeugen. Es waren keine Gefühle im Spiel aber ich war danach erleichtert weil ich gemerkt habe, dass es nicht schlimm war. Und dann kamst du. Ich war so traurig als du gegangen bist. Du hättest mich ruhig weiter anschreien dürfen. Hauptsache du wärst da gewesen. Charlie wollte mir nur helfen. Er wollte uns beiden helfen." Ich schlage mir gedanklich selbst gegen die Stirn, weil ich wirklich dachte die beiden würden mich hintergehen. Trotzdem kann ich nicht einfach so weiter machen wie bisher. Ich muss das erstmal verdauen.
Draußen ist es mittlerweile schon dunkel. Ich habe mich nicht zu Olivias Rede geäußert. Sie umklammert ihren Körper, während sie dort auf dem Boden sitzt. Es tut mir Leid, dass sie so traurig ist. Ich ziehe meine Jacke aus und lege sie ihr über die Schultern. Hier drin ist es wirklich kalt. "Danke" Wann will Stella eigentlich wieder kommen? Plötzlich klingelt Olivias Handy. Der Empfang ist also wieder da. Es klingt als wäre es ihre Großmutter. Olivia sagt, dass sie beim Lernen die Zeit vergessen hat und bei einer Freundin übernachten wird. Ihre Großmutter scheint einverstanden zu sein und die beiden legen auf. "Wie spät ist es?" Olivia schaut auf ihr Handy. "19.07 Uhr. Stella hat uns wohl vergessen." Ich seufze genervt. Ich werde nochmal versuchen sie anzurufen. Sie nickt und legt mir ihr Handy in die Hand.
Ich wähle Stellas Nummer.
>>Stella, wann hast du vor uns hier rauszuholen?<<
>>Sorry Wen. Ich hab die Zeit vergessen und jetzt ist die Schule abgeschlossen.<<
>>Ich werde dich morgen sowas von umbringen<<
>>Soll ich einbrechen und euch rausholen oder den Hausmeister anrufen?<<
>>Nichts von beidem. Wir wollen nicht wieder im Gefängnis landen.<<
>>Tut mir wirklich Leid. Haltet ihr bis morgen früh durch?<<
>>Müssen wir ja wohl. Aber du kommst morgen, sobald die Schule aufmacht und holst uns raus. Und du bringst uns Frühstück mit.<<
>>Geht klar. Bis morgen<<
Wir legen auf und ich rufe zuhause an, um Bescheid zu geben dass ich bei einem Freund übernachte. Mein Dad hat nichts dagegen, erinnert mich aber daran dass morgen Schule ist. Ich lege auf und muss kurz grinsen. Ich kann die Schule nicht vergessen. Schließlich bin ich dort. "Stella holt uns morgen früh raus. Die Schule ist abgeschlossen und sie kommt nicht mehr rein." Olivia nickt bloß. "Alles in Ordnung?" Sie sieht blass aus. "Alles okay. Ich hab nur Durst. Ich habe heute noch gar nichts getrunken." - "Wieso nicht?" Sie verdreht die Augen. "Du weißt doch wie ich bin. Ich hab mir nichts eingepackt und mein Portmonee liegt zuhause. Ich konnte mir also den ganzen Tag nichts holen." Ich gehe zu meiner Tasche und sehe nach ob ich noch was habe. Ich gebe ihr meine halbvolle Wasserflasche. "Trink ruhig aus. Ich habe sowieso keinen Durst." Sie zögert erst, nimmt dann aber dankend meine Flasche entgegen. Sie nimmt einen großen Schluck, verschraubt sie wieder und stellt sie neben sich. Ich setze mich deutlich näher als vorhin an sie ran. "Wie war der Kuss mit Charlie?" Sie lächelt traurig. "Er hat mich nicht gefragt. Es war ein ziemlich blöder erster Kuss. Ich habe mir das ganz anders vorgestellt." Ich lächle und sage erstmal nichts. Ich stehe wieder auf und sehe mich im Abstellraum um. Ich sehe an einer Wand eine Sportmatratze lehnen. Ich gehe hin und lege sie auf den Boden. In einem Regal entdecke ich eine Decke. Die nehme ich und lege sie auf die Matratze drauf. Olivia beobachtet mich abwesend. Mein Magen gibt ein lautes Knurren von sich. Ich ignoriere es und schaue mich weiter um. In einer Ecke entdecke ich ein Geografiebuch. Ich blättere darin und versuche mir etwas davon zu merken. Ich schreibe morgen einen Test und ich habe sowieso nichts anderes zu tun im Moment. Also kann ich auch lernen. Olivia reicht mir eine angebrochene Packung Kekse. "Ich habe deinen Magen knurren gehört. Möchtest du welche?" Ich nicke und greife gleich zu. Sie setzt sich neben mich und liest mit. "Wieso muss es auf dieser Welt so viele Gewässer geben? Wer soll sich das alles merken?" Sie lacht. "Schau mal, man kann sich das ganz einfach merken..."
Eine Stunde sitzen wir so da. Sie erklärt mir wie ich mir merken kann wo welches Meer liegt. Ich habe es jetzt halbwegs begriffen und lege das Buch zur Seite. "Danke Olivia. Du hast mir wirklich geholfen." Sie nickt nur, sagt aber nichts weiter dazu. "Hör mal, Olivia. Du solltest nicht aus der Band aussteigen. Du liebst die Musik doch." Sie zuckt traurig die Schultern. "Ich hatte schon länger darüber nachgedacht aufzuhören. Ich werde mich auf Bühnen nie wohl fühlen und jetzt wo unser Bandklima so unterkühlt ist, ist es besser so." Ich lächle sie an. "Das ist doch nicht deine Schuld. Ich weiß, ich hab überreagiert und ich hab euch nicht zu Wort kommen lassen. Steig nicht aus, okay?" Sie nickt. "Okay." Dann sehe ich ihr wieder in die Augen. "Und das mit dem Date...naja, wir habens beide verbockt weil wir nicht miteinander geredet haben. Vielleicht sollten wir das nochmal verschieben. Ich frage dich nochmal, wenn ich nicht mehr so zerstreut bin." Sie nickt und will aufstehen, doch ich ziehe sie am Handgelenk wieder zu mir. "Ich mag dich immer noch sehr, sehr gerne. Und es tut mir wirklich Leid, was ich zu euch gesagt habe." Sie wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich kann sie so nicht sehen. Ich hebe ihr Kinn mit meinem Zeigefinger an, um sie zu zwingen mich anzusehen. Dann lege ich meine Lippen auf ihre. Sie ist ganz ruhig und ich vergesse alles um mich herum. Ich spüre nur ihre weichen Lippen und wünsche mir, dass dieser Moment niemals aufhört. Die Lichter der Lampen fangen an zu flackern und gehen dann plötzlich ganz aus. Ich merke wie Olivia wieder panisch wird. Ich löse den Kuss und greife in ihre Hosentasche um ihr Handy rauszuziehen. Sie erschreckt bei meiner Berührung, sagt aber nichts weiter. Ich schalte die Taschenlampe an und laufe mit ihrem Handy in der Hand zur Tür. Der Lichtschalter reagiert leider nicht. Ich laufe wieder zu Olivia und setze mich neben sie. Ich lege meinen Arm um sie und versuche beruhigend auf sie einzureden. "Ich pass auf dich auf. Lass dich von der Dunkelheit nicht verängstigen." Sie legt ihren Kopf an meine Schulter und ich streichle ihren Kopf. Ich bin überrascht als ich ihre Stimme höre. "Wieso hast du mich geküsst?" Ich lächle und bin froh dass sie das nicht sieht. "Ich wollte dir zeigen wie schön dein erster Kuss hätte sein sollen. War das in Ordnung?" Ihre Stimme ist leise, aber ich verstehe jedes Wort. "Es war wunderschön. Ich hatte das Gefühl mein Herz würde stehen bleiben." Ich drücke ihr einen Kuss auf die Stirn. "Ging mir genauso."
Ich sehe auf Olivias Handy. Es ist mittlerweile 23.30 Uhr. Sie hat schon einige Male gegähnt, doch wir haben uns kein bisschen bewegt. "Bist du müde?" Sie nickt. "Willst du dich hinlegen. Du kannst ja meine Jacke als Kissen nehmen." Sie sieht mich erstaunt an. "Du bist sicher auch müde." Ich lache. "Ja, war ein langer Tag." Sie klingt unglaublich schüchtern. "Wir könnten uns beide hinlegen, wenn du möchtest." Ich nehme ihre Hand und führe sie zur Matratze. Dort nehme ich ihr meine Jacke ab und lege sie als Kopfkissen hin. Ich ziehe sie zu mir runter und wir legen uns nebeneinander hin. Ich decke uns zu und nehme sie in den Arm. Olivia gähnt ein weiteres Mal. "Danke, dass du da bist, Wen. Ich wünschte ich hätte dir gleich gesagt, was Sache ist. Dann hätte ich uns diesen Ärger erspart." Ich beuge mich über sie und gebe ihr noch einen Kuss. Ich kann mich gerade wirklich schwer beherrschen. Sie erwidert meinen Kuss und wir lösen uns erst nach mehreren Minuten voneinander. Ihre Wangen sind leicht gerötet und ich kann bei diesem Anblick nur lächeln. Kurz darauf schläft sie in meinen Armen ein und ich höre nur noch ihr gleichmäßiges Atmen. Eine Weile denke ich über all' das nach. Irgendwann wird Olivia meine Freundin sein. Dann werde ich jede freie Sekunde damit verbringen sie zu küssen. Im Moment muss erstmal reichen, dass wir Freunde sind. Ich habe sie verletzt, obwohl ich wirklich in sie verliebt bin. Ich werde ihr ein großartiges erstes Date vorbereiten, irgendwann.
***Olivia***
Als ich aufwache, spüre ich Wen, der seinen Arm um mich gelegt hat. Sachte, um ihn nicht zu wecken, greife ich nach meinem Handy. Es ist fast um 7. Ich habe kaum noch Akku. Kurz danach klingelt mein Handy. Eine Nachricht, nein sogar mehrere Nachrichten.
Von: Stella
Bin auf dem Weg. Tut mir wirklich Leid. Ich machs wieder gut
An: Stella
Schon okay. Wir habens überlebt.
Auch Wen ist mittlerweile wach.
Von: Mo
Stella hat euch erbsthaft vergessen? Hoffe euch gehts gut.
An: Mo
Alles ist gut. Wir habens überstanden.
Auch Charlie hat sich gemeldet.
Von: Charlie
Na Blondie, habt ihr geredet?
An: Charlie
Nenn mich nicht immer Blondie.
Haben uns ausgesprochen. Wir sehen uns nachher.
Ich stecke mein Handy weg und helfe Wen, die Matte weg zu räumen. "Hast du gut geschlafen?" Ich lache. "Ging so. Mein Rücken tut weh und ich bin immer noch ziemlich müde. Und du?" Er grinst. "Mit dir wars gar nicht so übel. Schon was von Stella gehört?" Ich nicke und werde etwas rot, wegen seiner ersten Bemerkung. "Sie ist auf dem Weg." Wen lächelt. "Hoffentlich bringt sie was zu essen mit. Ich habe richtig Hunger."
Als die Tür endlich aufgeht, bin ich sehr erleichtert. Stella sieht uns entschuldigend an. "Hey ihr zwei. Sorry ich bin echt blöd. Ich hab euch Zahnbürsten und Zahnpasta mitgebracht. Und natürlich Frühstück." Wen sieht sie verärgert an, wirkt aber eher belustigt. "Hast du zufällig auch meine Algebra Hausaufgaben gemacht? Das Buch ist in meinem Spind." Stella lacht. "Sorry, ich machs wieder gut." Ich nehme ihr die Zahnbürste und die Zahnpasta ab und verschwinde auf die Mädchentoilette. Vorher gehe ich an meinen Spind und hole mir meine Bücher und meine Wechselkleidung. Ich ziehe mich um, putze Zähne und wasche mein Gesicht. Ich kämme mir meine Haare und gehe zurück zu den anderen. Meine Kleidung von gestern habe ich erstmal in meinen Spind gelegt, ebenso wie die Zahnbürste. Ich übergebe Wen die Zahnpasta und er verschwindet ebenfalls zu den Toiletten. Als er zurück ist, ist er umgezogen und man sieht nichts mehr davon dass er die Nacht in der Schule verbracht hat. Stella lacht. "Ich hab keine Wechselkleidung in meinem Schrank. Habt ihr das geplant?" Wen grinst. "Man sollte immer auf alles vorbereitet sein. Denk mal an die vielen Essenschlachten. Wenn du dabei mal was ab bekommst, riechst du den ganzen Tag nach Bolognese oder nach Eintopf." Sie lacht. "Ich werde mir auch mal zusätzliche Kleidung in meinen Spind legen" Ich nicke. "Ist wirklich besser so."
Wir sitzen in der Mensa und genießen das Frühstück. Stella hat uns Waffeln geholt und jedem einen Kakao. Viel früher als sonst, tauchen auch Mo und Scott auf und setzen sich zu uns. Wen erzählt von dem fehlenden Empfang und den kaputten Lichtern und die anderen müssen lachen. Die ganzen Dinge die zwischen uns gewesen sind, lässt er weg. Plötzlich steht er auf und nimmt seinen Kakao. "Da kommt Charlie. Ich muss mal eben mit ihm reden." Stella lächelt. "Lass aber seinen Kopf dran." Wir essen weiter und ich lehne mich an Mos Schulter, weil ich echt totmüde bin.
***Charlie***
Mo hat mir geschrieben, dass sie in der Mensa sind und Olivia und Wen mit einem Frühstück verwöhnen. Als ich da bin, kommt Wen auf mich zu. Wir setzen uns an einen Tisch, wo die anderen uns nicht hören können. "Tut mir Leid, Charlie. Ich war blind vor Eifersucht. Olivia hat mir alles erzählt." Ich nicke und bin erleichtert, dass Wen mir vergeben hat. "Es war nicht okay von mir sie zu küssen. Mir tuts auch Leid." Er lächelt und dreht sich zu Olivia, die an Mos Schulter zu schlafen scheint. Dann sieht er wieder mich an. "Du wolltest nur helfen, also schon gut." Dann fügt er halb scherzend und halb ernst hinzu: "Mach das aber nie wieder. Olivia ist mein Mädchen, klar?" Ich schmunzle. "Glasklar. Habt ihr überhaupt geschlafen?" Wen nickt und gähnt dabei. "Ja, aber es war nicht gerade erholsam. Ich habe eine Sportmatte gefunden und darauf haben wir dann geschlafen." Ich grinse cool. "Ah, geschlafen also, ja? Auf derselben Matte?" Wen sieht mich böse an. "Ja auf derselben Matte. Aber wir haben nur geschlafen. Es waren anstrengende Tage." - "Glaub ich. Wieder alles gut zwischen euch?" Wen sieht wieder zu Olivia und lächelt dann verträumt. "Wir haben das mit dem Date erstmal verschoben bis wieder alles normal ist. Aber ich habe sie geküsst und sie ist nicht weggelaufen." Ich lache. "Hätte sie ja auch nicht gekonnt. Seid ihr jetzt zusammen?" Wen schlägt mir auf den Oberarm. "Nein, wie gesagt. Erstmal muss sich alles beruhigen und ich muss mir meiner Gefühle bewusst werden und ich denke, sie muss das auch." Wir stehen auf und gehen zu den anderen. Ich begrüße alle, bis auf Olivia. Sie schläft nämlich tatsächlich. Die anderen erzählen mir die ganzen Dinge die Wen schon über die Nacht in der Schule erzählt hat. Das mit dem Kuss scheinen sie allerdings nicht zu wissen. Stella macht sich darüber lustig dass sowohl Olivia, als auch Wen Wechselsachen in der Schule haben. Ich grinse. "Hab ich auch. Man weiß ja nie."
Kurz bevor die Schule tatsächlich los geht, liegt auch Wen mit dem Kopf auf dem Tisch und schläft. "Sollen wir die beiden vielleicht entschuldigen?",fragt Mo. Scott grinst. "Nein, die werden schon gleich wieder wach" Um uns das zu demonstrieren, schreit er Wen laut "Guten Morgen" ins Ohr, wovon auch Olivia wach wird. Wen sieht finster zu Stella. "Ich hasse euch." Oliva gähnt. "Ich muss ihm zustimmen." Dann stehen wir auf und gehen in unsere Kurse.
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