Suche nach Niemandem

Ich wunderte mich etwas darüber, wie detailgetreu Malia ihre Geschichte erzählen konnte und wie genau sie auf Fragen von Elrond, Galadriel und Gandalf antworten konnte.
Aber ich war auch sehr froh darüber.

Malia erzählte, wie sie auf dem Markt Brot für ihre Mutter gekauft und mich dabei entdeckt hatte. Sie erzählte, dass an meiner Seite eine wunderschöne Elbin gegangen war. Mit langen blonden Haaren und leuchtend hallblauen Augen. Sie sagte, dass diese Elbin die schönste gewesen wäre, die sie je gesehen hatte. Aber auch, dass sie Aryana dort zum ersten, aber auch zum letzten mal gesehen hätte.

Elrond schienen ihre Aussagen nur noch mehr ins Grübeln zu bringen. Ich wusste, wie sehr er es hasste, keine Antwort auf eine Frage zu wissen.

Und die unausgesprochene Frage stand für alle sichtbar im Raum:
Was war an Malia anders, dass sie sich als einzige an Aryana erinnern konnte?

Galadriel lauschte Malias Geschichte fasziniert. Auch sie schien es wieterhin nicht zu verstehen. Allerdings beschrieb Malia die Elbin so genau, dass Galadriel eine Verwechslung ausschloss. Hinzu kamen noch meine Erfahrungen über Aryanas Charakter, die für die Herrin des Lichts nur eine weitere Bestätigung waren.

Gandalf, schwieg die meiste Zeit und ging wahrschwinlich im Kopf alle möglichen Zauber durch, die eine Vergesslichkeit in den Köpfen hervorrief. Zumindest sprach er diesen Punkt irgendwann an. Doch Galadriel und Elrond bestätigten Gandalfs Vermutung:
Nur eine Elbenhexe oder ein Zauberer konnte solche Magie nutzen und anwenden. Und Aryana war weder das eine noch das andere.

der Tag zog vorbei und der Abend kündigte sich über Bruchtal an. Lange hatten Elrond, Galadriel, Gandalf, Aragorn und ich über das Rätsel Aryana diskutiert. Malia war irgendwann, mit den Armen auf dem Tisch und dem Kopf darauf, eingeschlafen.

Elrond hatte im Laufe der Diskussion eingewilligt, Steckbriefe über Aryana in Imladris auszuhängen. Doch mir reichte das bei weitem nicht. Ich wollte nicht wieder nur warten und nur tatenlos herumsitzten, sondern selbst etwas unternehmen. Aragorn schlug mir daraufhin vor, mit mir selbst durch Bruchtal zu laufen und in Gasthöfen nach Aryana zu fragen.

Auch wenn das nur ein kleiner Schritt war, es war immerhin ein Schritt Richtung Aryana.

"Dann ist es wohl beschlossen", sagte Gandalf irgendwann, "Wir werden Flugblätter in Bruchtal aushängen und ihr beiden seht euch etwas in der Stadt um. Und ich...", der Zauberer erhob sich langsam, "werde mich mal in den Umliegenden Dörfen nach ihr erkundigen".

"Dann sei es so", murmelte Elrond und verließ zusammen mit Gandalf den vergläserten Pavillion.

Galadriels Blick haftete einen Moment auf Malia, die seelenruhig schlief. Auf leisen Sohlen trat sie an den Tisch heran und ließ ihre Hand einige Zentimeter über ihrem Kopf schweben. Ein Schatten überzog ihr Gesicht und sie schloss die Augen. Dann glitt ihr Blick zu Legolas.

Ein reiner Geist, der die Wahrheit spricht. Aber auch eine verletzte Seele. Ihr Schmerz wird sie zerstören wenn ihn niemand lindert. Du solltest für sie sorgen, Legolas.

Galadriels Stimme in meinem Kopf ließ mich aufhorchen.

"Weshalb denkt ihr, dass ich eine gute Wahl wäre?" fragte ich sie leise.

Ihr beide habt jemanden verloren, der euch am Herzen lag. Und selbst wenn du deine nicht wieder findest, wird sie jemanden in dir finden können, antwortete mir Galadriels Stimme, die leise in meinem Kopf klang.

Ich senkte den Blick auf Malia.
Ich sollte für sie sorgen? Ich hatte bisher noch nie an eigene Kinder gedacht. Elben machten sich darüber auch kaum Gedanken. Wozu auch die Eile, wenn man unsterblich war?

Malia jedoch hatte ihre Eltern verloren. So wie ich meine Mutter vor vielen Jahrhunderten und Aryana vor einigen Tagen. Und wenn meine Suche nach Aryana erfolg haben sollte, dann wäre es doch nur gerecht, wenn Malia auch wieder jemanden haben würde, der für sie sorgt.

Ich nickte leicht, legte Malia wieder meinen Umhang um die Schultern und hob sie sanft in meine Arme. Aragorn, der Galadriels Wunsch natürlich nicht gehört hatte, öffnete mir die gläserne Tür und folgte mir durch das leichte Schneegestöber, dass nun wieder über Bruchtal einsetzte.

"Für was wärst du eine gute Wahl, Mellon nin?" fragte Aragorn während wir den Weg zu Elronds Haus einschlugen.

"Sie möchte, dass ich mich um sie Kümmere", antwortete ich leise um Malia nicht zu wecken.

"Tatsächlich? Und wirst du es tun? Ich meine, nimmst du sie mit in den Düsterwald?" fragte Aragorn interessiert.

Wir passierten das Haupttor, welches uns von zwei Wachen geöffnet wurde und traten in das warme Innere des Hauses ein.

"Ich weiß es nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ein gutes Vorbild wäre. Ich habe Pflichen im Düsterwald, Aragorn. Ein Kind dabei aufzuziehen,... wird eine schwierige Aufgabe sein", meinte ich und stieg die Treppen zu den Gastgemächern hinauf. Aragorn folgte mir und öffnete die Tür zu meinem Gemach, in welches ich sofort eintrat.

Vorsichtig ließ ich Malia sanft in das große Himmelbett sinken, wo ihr Kopf sofort zur Seite rollte. Die kleine hatten wirklich einen festen Schlaf. Sanft legte ich die Decke über ihren kleine Körper und betrachtete sie dann einen langen Moment.

Dann legte sich eine Hand auf meine Schulter, die nur von Aragorn kommen konnte.

"Du wärst ein guter Vater, mein Freund".

Ich ließ meinen Blick auf Malia ruhen, die seelenruhig schlief. Sie hatte alles verloren. Und dennoch schien sie mir zu vertrauen. Ich dachte daran, wie sie sich an mich gedrückt hatte, als wir vor Elrond, Galadriel und Gandalf gestanden hatten.

Wer weiß, vielleicht war ich wirklich ein guter Vater.

Es vergingen drei Tage.
Drei Tage in denen keine neue Spur von Aryana auftauchte.
Kein weiteres Zeichen.
Kein schimmer der Hoffnung.

Elrond hatte mit meiner und Malias Hilfe Steckbriefe anfertigen lassen, die Aragorn, Ich, Malia und einige Diener Elronds in Bruchtal verteilten. Arargorn, Malia und ich gingen sogar noch weiter und gingen mit den Steckbriefen zu allen möglichen Orte, an denen es Übernachtunsmöglichkeiten gab und befragten die Elben dort. Aber niemand schien die Beschreibung Aryanas etwas zu sagen. Niemand konnte sich daran erinnern. Nur mich erkannten natürlich viele. Sicher, es hatte in Bruchtal damals schnell die Runde gemacht, das der Prinz des Düsterwaldes erblindet war und in Bruchtal auf seine Genesung wartete. Welche nun zu meiner großen Freude auch eingetreten war.

Malia taute mit jedem Tag ein wenig mehr auf. Mit jedem Tag zeigte sie öfter ihr Lächeln und sie schien mit jedem Tag ein größeres Vertrauen zu mir aufzubauen. Eifrig half sie mit bei der Suche nach Aryana und unterstütze mich damit mehr, als ich von ihr erwartet hatte.

Wir befragten beinahe ganz Bruchtal, suchten sogar unter Brücken und in versteckten Orten Imladris nach Aryana. So, als wollte ich die Wahrheit nicht aktzeptieren. Und Aragorn war der erste, der diese irgendwann, nachdem wir drei Tage lang gesucht hatten, aussprach.

Wir befanden uns auf dem leeren Marktplatz, als er mich davon abhielt in die nächte Weinstätte zu gehen, die uns gegenüber am Rand des Platzes lag und aus welcher Geigenmusik und Gelächter kam.

"Legolas, mein Freund, ich sage es zwar nicht gerne. Aber es scheint, als wäre Aryana schon lange nicht mehr in Bruchtal. Sie hat es vermutlich gleich verlassen, als sie plötzlich verschwunden ist. Gandalf sucht die nahegelegenen Dörfer ab. Vielleicht findet er sie. Du solltest dich wirklich ausruhen mein Freund. Du hast seit Tagen nicht mehr geruht. Ich bitte dich. Der Zauber für deine Augen hat dich ohnehin schon viel Kraft gekostet", sagte Aragon eindringlich.

"Ich kann jetzt nicht einfach aufhören, Aragorn", meinte ich nur und schüttelte den Kopf.

"Ich verstehe dich ja, mein Freund" erneut spürte ich ein Hand auf der Schulter, "aber hast du schon mal daran gedacht, dass sie weg gelaufen ist, weil sie es so will? Vielleicht möchte sie nicht gefunden werden!" sagte Aragorn vorsichtig. Doch ich drehte mich blitzartig herum, sodass seine Hand von meiner Schulter rutschte.

"Nein, ich weiß nicht, warum sie weg gelaufen ist. Ich weiß auch nicht, warum sich niemand mehr an sie erinnert. Ich weiß es nicht, in Ordnung? Ich weiß aber, dass ich sie liebe. Und dass ich nicht aufhören werde nach ihr zu suchen. Ob mit oder ohne dich", fuhr ich ihn etwas hart an, aber ich konnte und wollte mich jetzt einfach nicht mehr zurück halten.

Ich war müde, da ich seit Tagen nicht mehr geruht hatte.

Ich war gereitzt und verzweifelt, weil anscheinend keine Bemühung Aryana zu finden groß genug war und es immer noch kein Zeichen ihres verbleibens gab.

Aber aufgeben kam für mich nicht in Frage!

Aragorn sah mich traurig, aber mit Verständnis in seinen grauen Augen an. "Na gut, ich verstehe dich. Aber ich werde mich jetzt dennoch zurück ziehen und etwas schlafen. Ich bin schließlich nur ein Mensch".

Ich nickte nur stumm und Aragorn kehrte mir und Malia den Rücken zu und ging in Richtung Elronds Haus.

Ich sah zu Malia hinab. Es wurde bereits dunkel und die ersten Schneeflocken fielen vom Himmel.

Ich hatte Malia von Galadriels Wunsch noch nichts erzählt.

"Die Nacht bricht, Malia. Du solltest mit Aragorn gehen", meinte ich leise, doch die Kleine schüttelte nur den Kopf. "Ich will bei dir bleiben", sagte sie nur und zog sich ihren neuen Umhang, den sie von Galadriel erhalten hatte, fester um die Schultern.

Ich schmunzelte. "Würdest du auch für immer bei mir bleiben?" fragte ich.

Malia blickte mit fragendem Blick zu mir auf. "Was meinst du?"

Ich führte Malia zu dem großen Brunnen, der in der Mitte des Marktplatztes stand. Auf eine Handbewegung von mir setzte sich das kleine Elbenkind auf den unteren rand, während ich vor ihr in die Hocke ging um mit Malia auf Augenhöhe zu sein.

"Herrin Galadriel hat mir gegenüber den Wunsch geäußert, dass ich mich um dich kümmern sollte. Du hast jemanden verloren. Und ich habe jemanden verloren. Und wenn ich Aryana finde, ist es nur gerecht, wenn du in mir auch jemanden findest, der für dich da ist", sagte ich leise und sah ihr fest in die Haselnuss braunen Augen.

Malia sah mich einen Moment erstaunt und überrascht an.
Dann, mit einem mal, sprang sie auf und viel mir um den Hals.

"Und wenn du sie nicht findest, wirst du mich haben. Ja ich will bei dir bleiben. Ich möchte mit in den Düsterwald kommen. Ich will die großen Bäume sehen und die vielen Wunder von denen immer alle sprechen", sagte sie leise in mein Ohr hinein.

"Die werde ich dir alle zeigen. Versprochen", sagte ich, als sie mich losgelassen hatte, "Aber nur, wenn du jetzt Aragorn hinterher gehst und etwas schläfst".

Malia stemmte die kleinen Arme protestieren in die Hüfte. "Na schön, aber du musst mitkommen. Aragorn hat recht. Du brauchst auch Ruhe".

Ich schmunzelte.
Malia war unglaublich.

"In Ordnung. Vielleicht hast du recht", meinte ich. "Ich werde morgen die umliegenden Dörfer absuchen. Möchtest du mitkommen?"

"Auf jeden Fall", sagte das Mädchen entschlossen.

Sie nahm meine Hand und gemeinsam machten wir uns auf den Rückweg zu Elronds Haus. Im Eingangsbereich trafen wir noch einmal auf Aragorn, der gerade ein Gespräch mit Elrond beendet hatte und uns nun entgegen kam.

"Das darf doch nicht wahr sein. Du hörst nicht auf den Ratschlag eines Königs und deines besten Freundes, aber einem kleinen Mädchen gehorchst du?" fragte er schmerzhaft, als er uns kommen sah.

"Tja, was ich soll ich sagen? Malia hat eine starke Überzeugungskraft", lachte ich.

Aragorn schüttelte lachend den Kopf und folgte mir und Malia zu den Gastgemächern. Malia hatte ein eigenes kleines Zimmer erhalten, das direkt neben meinem lag. In dieses brachte ich sie nun, während Aragorn sein eigenes Gemach aufsuchte. nachdem Malia in das große Bett geklettert war, deckte ich sie zu.

"Ich freue mich darauf den Düsterwald zu sehen", sagte sie leise.

"Ich freue mich darauf dir alles zu zeigen, meine kleine".

"Legolas?"

"Ja?"

"Danke".

"Für was?" fragte ich.

"Das ich mit dir kommen darf", antwortete Malia leise. Ihre Augen leuchteten mich dankbar an.

Ich lächelte. "Ich sollte dir danken".

"Warum?"

"Weil du mich nicht alleine lässt".

Nun war es Malia die lächelte.
"Gute Nacht, Legolas".

"Schlaf gut, meine Kleine".

Als Malia die Augen zumachte und im Land der Träume versank, verließ ich das Zimmer leise wieder. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, noch einmal auf den Marktplatz zu laufen und in ein paar Weinhöfern nach Aryana zu fragen. Aber mittlerweile nagte die Müdichkeit doch sehr stark am mir. Immerhin hatte ich seit Tagen nicht mehr geruht.
Und Morgen war auch noch ein Tag. Und wer weiß, vielleicht hatte Aragorn recht und Aryana hatte Bruchtal mittlerweile wirklich verlassen.

Oder Malia und ich bildeten sie uns beide nur ein.
Schließlich waren wir beide immer noch die einzigen, die sie gesehen, oder in meinem Falle gehört und gespürt hatten.

Ich beschloss, nun doch etwas zu schlafen und meine Suche am nächsten Tag fort zu setzten. Also öffnete ich die Tür zu meinem Zimmer.
Allerdings nur, um sofort inne zu halten und im Türrahmen stehen zu bleiben.

Denn mein Blick war sofort auf das eine gefallen, dass nicht in das Zimmer gehörte....

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