Im Schutz von Bruchtal
Die schwarzen Gewitterwolken, welche schon seit Stunden über den Wäldern hingen, wollten einfach nicht vom Himmel weichen. Immer wieder zuckten Blitze über mir. Gefolgt von einem lauten donnern.
Ich zog mir meine Kapuze, welche mir ein starker Windstoß vom Kopf gerissen hatte, wieder über das Gesicht, damit meine Augen wenigstens etwas sehen konnten.
Augenblicklich musste ich wieder an Legolas denken, der vor mir im Sattel mehr lag als saß. Sein Gesicht war kreidebleich und voller Blut, welches von den Augen ausging.
Mein Magen hatte sich beinahe rumgedreht, als ich meinen Freund gefunden hatte. Man erkannte nicht einmal mehr, wo die Augen anfingen. Und dann war da noch das gewesen, was Legolas mir gesagt hatte:
"Aragorn, ich sehe dich nicht. Nichts"
Dieser Satz war es gewesen, der mich verzweifelt zum nachdenken brachte. Den so, wie es sich für mich im Moment anhörte, hatten die Angreifer Legolas' Augen zu sehr verletzt. Und wenn ich meine Gedanken richtig verstand, bedeutete das, dass mein Freund während des Kampfes erblindet war.
Verwirrt schüttelte ich den Kopf.
Einen Blinden Elben...
Das gab es doch gar nicht...
Das konnte es nicht geben...
Niemals...
Aber weshalb konnte Legolas mich dann nicht mehr sehen? Warum sah er nur noch schwarz, wie er behauptete?
Vorsichtig legte ich eine Hand auf die kreidebleiche Stirn meines Freundes. Sie glüte nur so vor Hitze.
'Nicht doch. Jetzt bekommt er auch noch Fieber!'
Besorgt musterte ich meinen Freund. Er brauchte Hilfe. So schnell wie möglich. Und in einem solchen Fall konnte nur einer helfen. Elrond.
Ja, er konnte helfen!
Er war der beste heiler Mittelerdes....
Er musste helfen!
Ich bedeutete Brego noch etwas schneller zu laufen. Es war nicht mehr sehr weit bis Bruchtal. Aber je schneller ich Legolas aus der Kälte und Nässe bekam, desto schneller würde sein Fieber wieder vergehen.
Sicht Legolas:
Während des gesamten Ritts schwebte ich in einer Art Trance. Ab und zu nahm ich nichts mehr von meiner Umgebung war. Dann hörte und spürte ich plötzlich wieder alles. Als ob mein Körper gegen die Ohnmacht kämpfen und dabei immer wieder kurz überwältigt werden würde.
Ich versuchte die Benommenheit zu verdrängen. Aber ich konnte nicht gegen die starken Schwindel Gefühle tun. Ich spürte nur, dass sich die Kälte, welche sich in meinem ganzen Körper verbreitet hatte, ganz langsam zurück zog. Sie wich nicht vollständig. Aber sie zog sich zurück.
Sicht Aragorn:
Der Weg vom alten Wald, in dem ich Legolas gefunden hatte, bis nach Bruchtal, kam mir unendlich lang vor. Viel länger als ich in Erinnerung hatte. Oder dachte ich das nur, weil ich mir solche Sorgen um meinen Freund machte? Ich wusste es nicht. Fakt war, das ich irgendwann in der Dunkelheit zwei graue Wachtürme, die zu Bruchtal gehörten, erkannte.
Das Tor war, wie jede Nacht, geschlossen. Doch in den Nischen der beiden Wachtürme standen zwei Wachen.
Als ich nur noch wenige Meter vom Tor entfernt war, traten sie hinaus in den Regen.
"Halt! Wer ist da?" rief einer der beiden Elben laut.
Ich bedeutete Brego stehen zu bleiben und zog meine Kapuze runter.
"Mein Herr Aragorn. Ihr seit zurück. Herr Elrond macht sich schon sorgen" sagte die zweite Wache erleichtert.
"Ich muss sofort zu ihm. Legolas ist schwer verwundet" rief ich den beiden Wachposten zu.
"Das ist Legolas? Sohn von König Thranduil? Der Prinz des Waldlandreiches?" fragte die erste Wache erstaunt und deutete auf die reglose, bleiche, blutverschmierte Gestallt, die vor mir im Sattel lag.
Ich nickte.
Natürlich, es war schwer zu glauben. In Bruchtal war Legolas als stolzer, junger und vorallem schöner Elb bekannt, der ein riesiges Talent für das Bogenschießen hatte und die Natur über alles liebte. Doch leider war er auch etwas verschlossen und sehr skeptisch gegenüber Fremden. Diese Eigenschaften waren nicht immer von Vorteil. Doch im großen und ganzen hatte er einen ziemlich guten Ruf in Bruchtal. Noch nie hatte man ihn dort verletzt gesehen.
Die beiden Wachen öffneten das Tor und Brego donnerte in die Stadt, welche auch bei Regen ihre Magie ausstrahlte, hinein. Erst vor dem großen Haupthaus, welches im Besitz von Elrond war, hielt ich mein Pferd an und sprang aus dem Sattel. Vorsichtig zog ich Legolas von Brego herunter und stütze ihn.
Mein Freund schien in einer Art Dämmerzustand zu sein. Er konnte zu meiner Erleichterung noch selbst stehen und mit mir als Stütze sogar ein paar Schritte gehen.
"Du hast es bald geschafft, mein Freund. Kannst du mich hören? Legolas?"
Besorgt musterte ich ihn. Aber Legolas gab nur ein leises gemurmel von sich, das ich als elbisch deutete.
Ein Stallbursche kam angerannt und versorgte Brego, während ich meinen Waffenbruder die Treppen hinauf zum Eingang schleifte.
Drei mal donnerte ich meine Faust gegen die Tür. Als diese geöffnet wurde, blickte ich in das Gesicht von Elladan, Elronds Sohn.
"Estel, du bist wieder - was ist geschehen?" fragte er erschrocken als er Legolas erkannte und half mir sofort ihn zu stützen und ihn ins Haus zu bringen.
"Keine Zeit für Erklärungen. Ich brauche Herrn Elrond. Schnell" rief ich hektisch.
Elladan ließ Legolas los. Sein Blick viel auf sein Gesicht.
"Aragorn, seine Augen-" begann er. Doch ich unterbrach ihn.
"Ich weiß, schnell. Beeil dich" drängte ich ihn und Elladan eilte davon.
Ich wusste das alle Krankenzimmer belegt waren. Also musste ich meinen Freund in eines der Gästezimmer bringen. Legolas taumelte mittlerweile nur noch neben mir her. Immer wieder sackte er zusammen - fing sich dann aber einigermaßen wieder. Ich verlangte zu viel von ihm. Das wurde mir aber erst richtig bewusst, als Legolas ganz neben mir zusammen brach. Ich konnte ihn gerade noch rechtzeitig packen, bevor er auf dem Boden aufschlug. Seine Kraft war nun endgültig aufgebraucht.
Zu meinem Glück war Legolas ziemlich leicht und so kostete es mich nur wenig Kraft, um den Prinzen hoch zu heben und ihn ins nächste Gästezimmer zu bringen.
Sachte ließ ich ihn auf dem Himmelbett nieder und entzündete die Fackeln an den Wänden.
In diesem Moment kam auch schon Elrond, gefolgt von Elladan und dessen Zwillingsbruder Elrohir ins Zimmer gestürzt.
"Was ist geschehen?" fragte er sofort und sah erst mich, dann Legolas und dann wieder mich an, bevor er schließlich auf den Prinzen des Düsterwaldes zu ging und dessen bleiches Gesicht musterte.
"Ich fand ihn im Wald. Er wurde angegriffen. Mein Herr Elrond, er sagte zu mir, dass er mich nicht mehr sehen könne. Das er gar nichts mehr sehen könne. Und dann seine Verletzungen im Gesicht... Ich glaube er... er...ist..."
"...erblindet" murmelte Elrond und nickte langsam.
Stille legte sich in den Raum.
"Ja" sagte ich dann leise und trat zum Bett heran.
Elladan und Elrohir standen hinter ihrem Vater und betrachteten den bloden Elben besorgt, während Elrond die Stirn des verletzten fühlte.
"Er hat Fieber. Und es ist stark" murmelte der Herr von Bruchtal. "Elladan, Elrohir. Bringt mir Heilkräuter und heißes und kaltes Wasser" befahl er dann seinen Söhnen und die Zwillinge eilten aus dem Raum.
Der Elbenlord untersuchte die Wunden an den Augen genau.
"Und? Könnt ihr ihm helfen?" fragte ich hoffnungsvoll.
Elrond sah mich ernst an.
"Solch Wunden habe ich noch nie gesehen. Ich werde nun erstmal sein Fieber senken. Und die Wunden säubern. Aber ob er wieder sehen wird, kann ich nicht sagen" antwortete er leise.
Ich seufzte innerlich. Wenn sogar schon Elrond Zweifel an seiner Heilkunst hatte, standen die Chancen für Legolas nicht gut.
"Er ist... Der erste Elb, der jemals... Erblindet ist? Oder?" fragte ich, während Elrond sich wieder den Wunden zu Gewandt hatte.
"Zumindest habe ich noch nie von einem blinden Elben gehört" entgegnete Elrond und zog Legolas die Armschienen aus, damit er die darunter liegenden Schnitte besser beurteilen konnte.
"Verstehe" murmelte ich betrübt, ging um das Bett herum und setzte mich auf die Kante.
Besorgt strich ich meinen Waffenbruder die nassen Haare aus dem blutigen Gesicht.
"Ich hätte nie gedacht, dass so etwas mal passieren würde" sagte Elrond Kopfschüttelnd, "aber nun ist es passiert und wir müssen Legolas nun beistehen. Es wird eine schwere Zeit für ihn. Eine schwere und dunkle Zeit"
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