Ein vergessenes Gefühl

(Die Musik erst anmachen, wenn irgendwo "Musik an" steht und wieder ausmachen, wenn irgendwo "Musik aus" steht)

Mit Aryana an meiner Seite und einer guten Laune im Herzen ging ich quer durch die Stadt und über die große Hauptbrücke. Und schließlich, keine Viertel Stunde später, befanden wir uns im Wald, der direkt um das Tal vom Imladris lag.

Und Aryana sollte recht behalten. Die Ruhe und Gelassenheit des Waldes hatte einen starken Einfluss auf mich. Nicht nur äußerlich wurde ich entspannter. Nein, auch in meinem Innern lösten sich sämtliche Anspannungen einfach in Luft auf.

Ich ließ mich nicht von Aryana führen, sondern orientierte mich nur an ihren Schritten, die ich direkt neben mir vernahm. Doch ganz einwandfrei funktionieren diese Taktik auch nicht, denn die Elbin musste mich zwei mal zur Seite ziehen. Einmal, weil ich beinahe gegen ein Baum gelaufen wäre und ein anderes mal, weil ein großer Ast im Weg lag.

Doch anders als ich erwartet hatte, ließ ich mich nicht davon beeindrucken, sondern lief gut gelaunt weiter. Immer mit der Gewissheit, dass Aryana mich vor Stürzen oder peinlichen Augenblicken retten würden.
Meistens mussten wir beide lachen, wenn mich die junge Elbin schnell zur Seite zog, weil ich sonst in einen Baum hinein gelaufen wäre.

"Und? Wie fühlst du dich?" fragte die Heilerin, nachdem wir eine Weile gelaufen waren.

"Besser. Viel besser. Als ob der Wald alle Anspannung von mir nehmen würde" antwortete ich glücklich.

"Verstehst du jetzt, warum ich mit dir hier her wollte?" fragte Aryana weiter, worauf ich nickte.

"Ja, ich verstehe es vollkommen. Ich danke dir. Ich danke dir für so vieles. Ich weiß gar nicht, wo ich überhaupt anfangen soll" lachte ich.

"Du musst dich nicht bedanken, Legolas. Ich habe es gern getan. Wirklich" erwiderte die Elbin.

Eine Weile setzten wir unseren Spaziergang schweigend fort. Dann durchbrach ich irgendwann die Stille mit einem Frage.

"Würdest du mir einen Gefallen tun?"

"Gerne"

"Sing bitte etwas für mich" bat ich mit einem leichten Lächeln.

"Du magst meine Stimme, oder?" fragte Aryana lachend.

"Wer mag sie nicht? Sie klingt so wunderschön. Sanft, aber doch so stark, harmonisch, und doch so voller Gefühl" antwortete ich wahrheitsgemäß.

Aryana lachte erneut.

Dieses Lachen... Wie sehr ich es doch liebte.

Einen Moment herrschte Stille, welches nur die Vögel durchbrachen. Dann erklang die wunderschöne Stimme neben mir. Und wie jedes mal verliebte ich mich aufs neue in Ihre Musik.

(Musik an)

Where now are the horse and the rider?
Where is the horn that was blowing?
Where is the helm and the hauberk, and the bright hair flowing?
Where is the harp on the harpstring, and the red fire glowing?
Where is the spring and the harvest and the tall corn growing?
They have passed like rain on the mountain, like a wind in the meadow;
The days have gone down in the West behind the hills into shadow.
Who shall gather the smoke of the deadwood burning,
Or behold the flowing years from the Sea returning?

Dieses Lied zog sich noch eine Weile hin. Und ich genoß jedes einzelne Wort, das über Aryanas Lippen kam und sich den Weg zu meinen Ohren und, was wichtiger war, zu meinem Herzen suchte.

Es war, als würde Aryana mit ihrer Stimme all den Schmerz der letzten Wochen fortspülen. Den mit jedem Wort fühlte ich mich leichter und befreiter den je.

Für eine Weile vergaß ich sogar, dass ich blind war, den meine Gedanken ließen einfach alles hinter sich und beschlossen, los zu lassen.

Ihre Stimme war so wundervoll weich und zart. Und sie weckte ein Gefühl in mir, das ich für eine lange Zeit nicht mehr vernommen hatte. Ein Gefühl, welches mich ganz benommen machte. Ein Gefühl, das ich noch nie so stark wahrgenommen hatte wie jetzt.

Ich konnte es nicht leugnen...

All das, was Aryana in den letzten Wochen für mich getan hatte,...

..all das, was sie mich hatte spüren lassen...

... Ihre Stimme rief alles zusammen und vereinte diese wunderbaren Taten. Und als das Puzzle dieser Taten in meinem Kopf fertig war, erkannte ich die Wahrheit.

Die Wahrheit, welche ich so lange nicht erkannt hatte,...

...die ich so lange gespürt hatte, aber deren Bedeutung ich noch nicht verstanden hatte... Bis jetzt.

Und jetzt sah ich es...

Ich sah es ganz deutlich...

Ich liebte sie...

Ich hatte mich in Aryana verliebt...

Ich wusste nicht wann,...

...Oder wie.....

... Ich wusste nur, das es so war...

Erst, als Aryanas Lied zu Ende war, nahm ich bewusst wieder die Natur um mich herum wahr, die ich für einige Minuten ausgeblendet hatte.

"Du singst so wunderschön, Aryana. Wenn ich dich höre, habe ich das Gefühl, freier den je zu sein. Ich vergesse die Welt um mich herum und versinke in einem Meer aus Musik, Glück und Harmonie. Jedes mal, wenn ich dich höre, geht die Sonne in mir auf. Ich vergesse sogar, dass ich blind bin, weil deine Stimme mich wieder sehen lässt. Auf eine Art und Weise, die ich nicht erklären kann. Aber ich muss sie auch nicht erklären um sie zu spüren und zu verstehen" sagte ich mit einem leichten Lächeln.

"Ich danke dir für diese Worte, Legolas" erwiderte Aryana geschmeichelt.

"Es sind Worte der Wahrheit, Aryana. Und es gibt noch eine Wahrheit, die ich noch nie ausgesprochen habe. Eine Wahrheit, von der du wissen solltest" sagte ich leise und blieb stehen.

Ich war entschlossen, ihr die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit über meine Gefühle ihr gegen über.

"Was für eine Wahrheit?" fragte Aryana, welche ebenfalls stehen geblieben war, verwirrt.

Plötzlich verließ mich der Mut. Ich hatte doch eben noch so schöne Worte gehabt. Worte, welche Aryana zeigen sollten, wie sehr ich für sie empfand.

Doch nun waren sie fort. Als hätte die leichte Brise, die mir gerade um die Nase strich, alle Wörter fort geweht.

"Legolas?" fragte Aryana vorsichtig.

Jetzt sag schon was! Ermahnte mich mein Kopf. Schnell versuchte ich meine Gedanken zu ordnen, in der Hoffnung, es würde etwas Sinnvolles heraus kommen.

"Aryana, es gibt da etwas, das du wissen solltest. Ich weiß nicht, wann es passiert ist. Oder wie es passiert ist, aber-"

Ich brach meinen Satz abrupt ab.

(Musik aus)

"Ja?"

"Schhh" zischte ich leise.

Ich hatte nicht aufgehört zu sprechen, weil mir die Worte ausgegangen waren oder weil mich der Mut verlassen hate, sondern, weil meine Ohren, die in den letzten Wochen sensibler den je geworden waren, etwas wahrgenommen hatten.

Ein Geräusch...

Ein Geräusch, das nicht hier her gehörte...

Ein Geräusch, welches mich schlagartig an jene Nacht erinnerte, an dem ich auch mein Augenlicht verloren hatte...

Es war das Auftreten schwerer Pfoten auf weichem Gras....

Das Knurren einer rauen Kehle, die nach Blut schrie....

Das Atmen eines Wesens, welches ich von Grund auf verabscheute....

"Hörst du das auch?" hauchte ich leise in Aryanas Richtung.

"Ja"

Ihre Stimme war leise und zitterte. Ich vermutete vor Angst. Denn auch wenn es auf Ende November zu ging, war es heute nicht sehr kalt.

Langsam drehte ich mich in die Richtung des Geräusches.

Ich wusste genau, was es war...

Ich wusste genau,... Was es wollte...

Und ich wusste genau, dass ich mich nicht verteidigen konnte...

Ein Heulen, nicht weit von uns, machte mir klar, wie ernst unsere Lage war.

Und ein zweites Aufheulen, eindeutig von einem anderen Tier und einer anderen Richtung, zeigte mir, dass unsere Lage aussichtslos war.

Es waren mehrere Tiere....

Warge....

Sie waren auf der Jagt....

Und wir waren ihre Beute....

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Okay, okay, ich weiß schon... So ein englisches Lied hat nichts in einer deutschen FF zu suchen, aber hey,... Ich fand es einfach so schön. Denkt euch einfach, es wäre deutsch, ja?

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