Die eine, die sich erinnert...

Nachdem ich Malia sicher in Elronds Haus gebracht hatte, führte ich sie in mein Zimmer, wo sie erst einmal etwas Schlaf bekommen sollte. Es wunderte mich nicht, das Aragorn sich bereits in sein eigenes Gemach zurück gezogen hatte. Nur das kleine Feuer im Kamin prasselte noch leicht vor sich hin und spendtete Wärme und etwas Licht.

Malia hatte noch immer meinen Umhang über den Schultern und lies diesen nicht los. Auch beine Hand wurde von ihren kleinen Fingern fest gedrückt, so als hätte sie Angst, dass ich plötzlich verschwinde. Unsicher sah sie sich in dem nicht gerade kleinen Raum um.
Auch ich ließ meinen Blick mal  Wieder über mein Zimmer schweifen. Es sah genauso aus, wie ich es mir vorgestellt hatte, während ich blind gewesen war. Das breite Himmelbett aus Holz und den weißen Kissen, der Kleiderschrank aus Ahorn, der Schreibtisch aus Buche, die Sessel am Kamin, das Bücherregal,... Alle Gegenstände aus Holz waren selbstverstänlich mit elbischen Schriftzügen, Runen oder Symbolen versehen.

Ich führte Malia durch das Zimmer zu dem großen Himmelbett und wollte ihr den Umhang abnehmen. Doch sie klammerte sich an diesem fest und sah mich nur mit einem flehenden Blick an. Ich nickte auf die unausgesporchene Frage und Malia kletterte auf das Bett, zog sich die kleinen Stiefel von den Füßen und krabbelte mit meinen Umhang unter die dicke Daunendecke. Als sie sich zwischen der Decke und meinen Umhang eingekuschelt hatte, sah sie erneut zu mir auf.

"Darf ich dich etwas fragen?" nuschelte sie leise.

"Natürlich". Ich setzte mich an die Kante des Bettes.

"Wo ist diese Elbin von der ich Herrn Elrond und Herrin Galadriel erzählen soll?" fragte sie leise.

Ich sah die kleine traurig an und seufzte lautlos. "Ich weiß es nicht. Sie... verschwand. An dem Tag als König Aragorn und Galdalf zurück nach Bruchtal kehrten. Ich möchte sie wieder finden", erklärte ich leise.

"Weil Ihr sie liebt?" fragte Malia sofort und lächelte mich an.

Ich erwiederte das Lächeln sanft. "Ja".
Ich schwieg einen Moment. "Jetzt schlaf ein wenig, Malia".

Das Elbenkind nickte und schien erst jetzt zu merken, wie erschöpft sie war, den augenblicklich schloss sie die Augen und versank in einem Traum. Denn anders als bei ausgewachsenen Elben benötigten die Kinder unserer Rasse noch sehr viel mehr Schlaf. Und wenn sie schliefen, dann taten sie es wie die Menschen. Mit geschlossenen Augen, tief und fest.

Ich erhob mich von der Bettkante und trat ans Fenster. Der Schneesturm wütete immer noch über Bruchtal und machte es meinen Augen schwer, auch nur irgeneinen Umriss von Elronds Garten zu erkennen. Nicht mal der große Pavilion, der von meinem Zimmer normalerweise sehr gut zu sehen war, ließ sich jetzt noch ausmachen.

Es schmerze mir in der Seele und im Herzen als ich daran dachte, dass Aryana nun ganz allein dort draußen dem Schnee und der Kälte ausgesetzt war. Aber war sie es überhaupt? Vielleicht hatte sie auch in Bruchtal in einem der Gasthöfe Zuflucht gefunden. Oder sie hatte sich genau wie Malia irgendein Versteck in einem Stall oder auf einem Heuboden gesucht.

Egal wo sie nun war,... sie war am Leben.

Und Malia konnte es bestätigen.

Sie war nicht tot.

Nur,... wenn sie am Leben war, warum konnte sich dann niemand an sie erinnern außer Malia? Was war so besonders an diesem Elben Mädchen?

Ich drehte mich zu ihr herum und sah, dass sie sich auf die Seite gedreht hatte und friedlich zwischen den Decken, den Kissen und meinem Umhang schlief.

Was war so besonders an ihr, dass sie sich als einzige an Aryana erinnern konnte?

In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf mehr. Ich versuchte es mit einer Meditation, ließ mich in einen der Sessel sinken und verbannte jegliche Gedanken, die störend für meinen Geist waren, aus meinem Kopf. Allerdings war das leichter gesagt als getan, weshalb mir eine Meditation auch nicht gelang.

Und so ging die Nacht vorrüber, der Schneesturm ließ nach und der nächste Morgen brach an. Das kleine Feuer im Kamin, welches ich die Nacht über am Leben erhalten hatte, damit es genug Wärme für mich und Malia spendete, drohte langsam zu erlöschen und ich legte leise noch ein wenig Holz nach.

Draußen begann die Sonne sich den Weg durch die dichten Nebenschwaden zu erkämpfen und offenbarte eine Welt, die vom Schneesturm komplett in Weiß getaucht worden war. Der Sturm hatte mittlerweile nachgelassen und anhand der Bäume, die ich im Morgendunst erkennen konnte, sah ich, dass nur noch ein leichter Wind umher ging.

In diesem Moment regte sich etwas in dem großen Himmelbett und ein verschlafenes Elbenkind steckte den Kopf unter den Decken hervor. Malias braune Augen sahen sich einen Moment orientierungslos um, dann schien ihr wieder einzufallen wo sie war. Schnell kletterte sie aus dem Bett und schlüpfte sie in ihre kleinen Stiefel.

"Guten Morgen, Malia", grüßte ich und schob das Stückchen Holz mit dem Eisenstab tief in das Feuer hinein.

"Guten morgen", sagte sie leise und beobachtete mich in meinem tun. Ich nahm ein leises Grummeln aus ihrer Richtung war und musste innerlich grinse.

"Ich glaube, da hat jemand Hunger", meinte ich, richtete mich auf und sah Malia leicht grinsend an.

Das Mädchen lächelte verlegen.

"Warte hier, in Ordnung?! Ich werde mal sehen, ob ich etwas zu Essen für dich auftreiben kann", sagte ich, legte den Metalstab beiseite und verließ das Zimmer. Den erstbesten Diener Elronds, der mir über den Weg lief, wies ich an, etwas Obst und Lembas zu holen und es auf mein Zimmer zu bringen. Dann machte ich mich auf den Weg zu Aragorns Gemächern. Ich klopfte laut an. Meiner Meinung nach hatte mein Freund lange genug geschlafen und die Neuigkeiten die ich ihn hatte, waren mit Sicherheit auch für ihn höchst interessant.

Es dauerte natürlich eine ganze Weile, bis die Tür geöffnet wurde. Ein recht verschlafen aussehender Aragorn erschien im Rahmen, der mich leicht genervt anblickte.

"Du weißt schon, dass ich ein Mensch bin und Schlaf brauche, oder? Wehe, du hast keine guten Grund, mich so früh zu wecken", maulte er los und ich merkte ihm an, dass ich ihn wohl aus dem Schlaf gerissen hatte. Nun ja, er war immerhin nur ein Mensch und noch dazu war er gestern Abend lange in meinem Gemach gewesen. Also hatte ich Verständnis.

"Den habe ich. Ich habe jemanden gefunden, der Aryana gesehen hat. komm in mein Gemach, ich werde Herrn Elrond und Herrin Galadriel bescheit geben", meinte ich aufgeregt und ließ Aragorn dann einfach so im Türrahmen stehen. Ich hörte noch ein verwirrtes "Was?... ich meine,... in Ordnung. Ich komme sofort", während ich den Gang weiter entlang eilte, um Elrond zu suchen.

ein Diener führte mich schließlich zum Herrn von Bruchtal, der gerade in seinen Gemach eine Tasse kräutertee zu sich nahm. Als ich in die Räumlichkeiten eintrat und der Diener sich knapp vor Elrond verneigte, richtete sich dieser überrascht auf.

"Legolas! Ich habe nicht erwartet, dich zu dieser frühen Stunde anzutreffen. Du solltest noch ein wenig ruhen, mein Freund", begrüßte er mich besorgter Stimme.

"Mein Herr Elrond, ich würde euch nicht zu dieser frühen Stunde stören, wenn ich keine interessanten Neuigkeiten hätte", antwortete ich ihm.

Der Herr von Bruchtal stellte seine Tasse auf dem kleinen Tisch ab richtete sich auf und blickte mich interessiert an. "Und was sind das für Neuigkeiten?"

"Ich habe eine Zeugin. Jemand hat sie gesehen. Das bedeutet ich hatte recht", erklärte ich und versuchte dabei nicht allzu aufgeregt zu klingen. Dies gelang mir auch ziemlich gut. Schließlich war ich als Prinz dazu erzogen worden, bei Gesprächen mit ebenfalls höhergestellten Personen, wie in diesem Falle Elrond, Emotionen zu unterdrücken und respektvollen Umgang an den Tag zu legen.

Elrond schien verstanden zu haben, auf was ich hinaus wollte. Er zog überrascht die Augenbrauen nach oben und erhob sich langsam aus dem Stuhl in dem er saß. Langsam kam er auf mich zu.

"Wer ist es?" fragte er und blieb vor mir stehen.

"Ein kleines Mädchen. Ich habe sie heute Nacht in euren Stallungen gefunden. Sie hat ihre Eltern durch die Wargangriffe verloren. Vielleicht könnt ihr ihr helfen. Sie hat niemanden mehr. Aber im Moment ist nur wichtig, dass sie Aryana gesehen hat", erklärte ich dem Halbelb.

Elrond stand die Ungläubigkeit ins Gesicht geschrieben. Er nickte geistesabwesend. "Ich... bin sicher, dass ich ihr helfen kann.... Aber... wo ist sie jetzt?" fragte er.

"In meinen Gemächern. Ich möchte, dass auch Herrin Galadriel mit ihr spricht", antwortete ich.

"Ja, keine Frage. Ich werde die Herrin rufen lassen", Bring das Kind zum Westpavillion. Wir sehen uns gleich dort", sagte Elrond, wandte mir den Rücken zu und trat ans Fenster, wo er hinaus in den Sonnenaufgang schaute.

"Ich werde sofort da sein", bestätigte ich seine bitte nur und verließ dann den Raum. Eilig machte ich mich auf den Weg zu meinen Gemächern, wo sich inzwischen auch Aragorn eingefunden hatte. Der König von Gondor hatte sich neben Malia gesetzt, welche auf der Bettkante saß und bereits eine Schale mit geschnittenen Äpfeln in den Händen hielt und gierig verputzte. Immer wieder sah sie ehrfürchtig zu Aragorn hinauf und beantwortete seine Fragen.

"Ja, sie hat Legolas durch Imladres geführt. Sie war sehr hübsch", sagte sie gerade zu Aragorn, als ich den Raum betrat.

"Ich gratuliere Legolas. Du hast anscheinend wirklich eine Spur gefunden", grinste Aragorn mich an.

"Ich höre erst auf, wenn ich auch sie gefunden habe", erwiderte ich, "Kommt, Herr Elrond erwartet uns im Großen Westpavillion".

Malia schluckte mit einem mal und sah mich ängstlich an.

"Keine Sorge Malia. Ich werde die ganze Zeit bei dir bleiben", versichterte ich der Kleinen.

Malia nickte leicht zum Zeichen, dass sie verstanden hatte.

Also machte ich mich mit Aragorn und Malia, die sich wieder in meinen Umhang gekuschelt hatte, auf den Weg zum großen Westpavillion. Als wir das Haupthaus verliesen, wehte uns ein leichter, aber dafür sehr eisiger Wind um die Nase. Zwar hatte es aufgehört zu schneien, aber die Luft war dafür sehr kalt und frisch.

Der große Westpavillion, so wusste ich, war mit Glas umgeben und diente vorallem im Winter sehr gut als Versammlungsort für Treffen, da dierekt unter dem Pavillion eine heiße Quelle lag und es dadurch immer gemütlich warm im Inneren war.

Allerdings war der Weg dahin nicht gerade kurz, weshalb ich ganz froh war, das Malia meinen Umhang weiterhin behalten wollte.

Als wir am Pavilion ankamen, stellte ich fest, das nicht nur Elrond und Galadriel bereits dort waren, sondern auch Gandalf. Der Zauberer war mit Elrond in ein heftiges Gespräch vertiegt, während Galadriel die beiden mit langen, langsamen Schritten umwanderte und ihnen nur zuhörte. Alle drei blickte interessiert auf, als ich die gläserne Tür des Pavillons öffnete und mit Malia und Aragorn eintrat.

Malia sah nun noch ängstlicher aus, als zuvor in meinen Gemächern. Sie trat dicht an mich heran und entpannte sich ein klein wenig, als ich ihr meine Hand auf die schmale Schulter legte. Nervös blickte sie zwischen Elrond und Galadriel hin und her, bis sie Gandalf erkannte und das herzliche Lächeln des Zauberers vorsichtig erwiederte.

Elrond berachtete das Mädchen leicht skeptisch, während Galadriel den Anschein machte, als würde dieses Kind die Welt verändern. Nun, in gewisser weiße tat sie das sogar.
Auch wenn es nur meine Welt war.

Elrond erhob als erster die Stimme.

"Also du bist das kleine Mädchen, von dem Legols gesagt hat, es hätte eine Elbin gesehen, die uns alle Momentan vor ein Rätsel stellt?!"

Malia wusste wohl nicht, was sie darauf antworten sollte, also nickte sie nur leicht.

"Komm her mein Kind", sagte Gandalf nun freundlich und winkte die kleine zu sich. Malia, die den Zauberer wohl schon kannte oder zumindest von ihm - oder seinem Feuerwerk - gehört hatte, trat mit zitternden Füßen vor und näherte sich dem alten Mann. Als sie vor Gandalf stand, ging dieser in die Knie, sodass er mit dem Mädchen auf Augenhöhe war und nahm ihr lächelnd den Umhang ab, da es ohnehin sehr warm war.

"Wie ist dein Name?" fragte der weiße Zauberer leise.

"Malia" antwortete die Kleine zaghaft.

"Malia", wiederholte der Zauberer nickend, erhob sich wieder, führte sie zum großen Tisch, der in der mitte des runden Raumes stand und bot ihr einen Stuhl an. Die kleine Elbin kletterte dankbar hinauf und sah dann wieder ängstlich zu Elrond und Galadriel, die diese Scene beobachtet hatten.

Gandalf setzte sich auf einen Stuhl direkt neben ihr und faltete die Hände auf dem Tisch zusammen.

"Nun Malia,.. ich kann dir sagen, du hast mit deiner Beobachtung viele neugirige Geister geweckt und ich bin sicher, wir alle wollen ganz genau wissen, was genau du gesehen hast. Würdest du es uns erzählen?"

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