Amaryllis
Aragorns Sicht:
"Legolas!"
Meine Stimme versagte langsam vom vielen Rufen. Aber ich würde nicht aufgegeben. Nicht, solange ich Legolas nicht gefunden hatte. Mein bester Freud hatte die Stadt ohne ersichtlichen Grund verlassen, um einer unbekannten Sängerin hinterher zu reiten. Eins der beiden Pferde kam völlig verängstigt in die Stadt zurück.
Ohne Reiter.
Es war etwas passiert.
Und nach den Berichten meiner Wachen, würde es mich nicht wundern, wenn die Warge wieder zugeschlagen hatten. Denn diese näherten sich der Stadt in letzter Zeit immer wieder gefährlich nah, jagten in den umliegenden Wäldern und töteten Menschen.
"Was glaubst du, wer die Frau war?" fragte Malia irgendwann, die neben mir ritt und den Namen ihres Zie-Vaters ebenfalls alle paar Sekunden in die Nacht rief.
"Ich weiß es nicht. Es war die Sängerin dieser Musiker-Gruppe. Ich weißt nicht, was sie überhaupt mit Legolas zu tun hat", antwortete ich und tätschelte Legolas Pferd, auf dessen Rücken ich saß.
"Wie heißt er?" fragte ich dann, da ich den Namen tatsächlich in der Aufregung vergessen hatte.
"Firius".
Ich fuhr über die seidige Mähne des Tieres.
"Firius. Ein edeler Name. Und deiner?"
"Talor", antwortete Malia leicht anwesend, denn ihre Aufmerksamkeit lag in dem Dunkeln Wald vor uns.
Wir hatten den Weg von Minas Tirith bis zum beginn des Waldes in einem schnelles Galopp zurückgelegt. Nun folgten wir den Spuren der Pferde, die vor uns diesen Weg entlang gekommen waren in einem langemeren Tempo. Durch die Dunkelheit der Nacht war die Verfolgung zwar erschwert, aber für mich nicht unmöglich.
Zwei Tiere.
Mit zwei Reitern.
Die unbekannte Frau.
Und Legolas.
"Ihm wird schon nichts passiert sein. Legolas kann auf sich aufpassen", versuchte ich die junge Elbin zu beruhigen. Ich sah in ihr immernoch das kleine verängstigte Kind aus Bruchtal. Obwohl sie inzwischen zu einer fähigen Kriegerin herangewachsen war.
"Mhm", machte sie nur abwesend. So richtig schien sie mir nicht glauben zu wollen.
Wir legten unseren Weg im leichten Trab zurück. Solange, bis ich plötzlich die Hand hob, um Malia zum anhalten zu bewegen.
"Warte", sagte ich leise, sprang von Firius' Rücken und ging ein paar Schritte nach vorne.
Direkt auf den großen Warg zu, der, niedergetreckt durch einen Pfeil auf der Erde lag.
Malia glitt ebenfalls vom Rücken ihres Pferdes.
"Warge", sagte sie erschrocken.
Ich betrachtete den Pfeil genauer.
"Er ist von Legolas", sagte ich dann ohne Malia anzusehen. Stattdessen ließ ich meine Finger über die Erde gleiten. Wie in alten Tagen. Das Spurenlesen war immernoch eine Leichtigkeit für mich. Doch was mir die Erde verriet, machte mich unruhiger.
"Es hat ein kurzer Kampf stattgefunden. Genau hier. Ein Warg kam aus dem Dickicht und hat ein Pferd erschreckt. Der Reiter stürzte und das Pferd floh....", ich ging ein paar Schritte zurück, "Das andere Pferd ist hier stehen geblieben. Der Reiter.... das war Legolas... er stieg hier ab. Er hat den Warg getroffen".
"Das Pferd von der Frau war jenes, dass so verängstigt in Minas Thirit ankam", sagte Malia und stupste den toten Warg mit der Spitze ihres Stiefels an.
"Genau. Die Frage ist, was ist dann passiert. Der Warg war tot. Sie hatten nur noch ein Pferd. Wohin würden sie gehen?" fragte ich mich selbst.
"Vielleicht zurück in die Stadt?" schlug Malia vor.
"Nein, dann hätten wir sie treffen müssen", meinte ich kopfschüttelnd und sah mich um. Und nach kurzer Zeit fand ich, was ich gehofft hatte zu finden.
"Hier, zwei Fußspuren von Elb und Mensch... Warte... Nein.... das sind beides Elben. Ihr habt einen leichtfüßigeren Tritt als wir Menschen. Die maskierte Frau war eine Elbin, Malia. Hier, siehst du? Sie sind gemeinsam gegangen und haben das zweite Pferd mit sich geführt".
Ich folgte den Spuren, während Malia unsere Pferde hinter sich herführte.
"Ich hoffe wir simd nicht zu spät", murmelte ich mehr zu mir selbst.
"Was meinst du?"
"Die Warge, Malia", erklärte ich mit großer Sorge in der Stimme, "Sie jagen nie alleine".
So gingen wir zusammen durch den dunklen Wald, bis Malia plötzlich aufschrie.
"Da vorne!"
Tatsächlich.
Zwischen des Bäumen des Waldes schimmerte der Schein von Feuer.
"Legolas?" rief Malia laut und wir legten einen schnelleren Schritt zurück.
Ich war der erste, der die kleine Lichtung erreichte, auf der das Feuer prasselte.
Das erste was ich sah, waren die beiden Warge, die tot um die Feuerstelle verteilt lagen.
Das zweite war das andere noch vermisste Pferd.
In diesem Moment erschien Malia neben mir.
Und sie war es, die das ditte wichtige Detail der grauenvollen Szene sah.
"Legolas!"
Ihr Schrei war unterlegt mit nackter Angst, als sie die Zügel der Pferde los ließ und quer über die Lichtung rannte - direkt auf den leblosen Körper meines besten Freundes zu.
"Oh nein", kam es nur gehaucht über meine Lippen und ich rannte Malia hinterher.
Diese hatte sich neben Legolas auf die Knie fallen lassen, der reglos auf dem Rücken im Gras lag, die Augen geschlossen und in den Händen ein paar Blumen.
"Legolas, komm schon, mach die Augen auf!" schrie Malia ihren Zieh-Vater an und rüttelte leicht an seiner Schulter. Doch er rührte sich nicht. Wie in Trance wanderte meine Hand an seinen Hals um seinen Puls zu fühlen.
Aber da war keiner.
Ich zog meine Hand langsam zurück.
"Legolas!", schrie Malia nun verzweifelt. "Bitte".
"Malia...", begann ich leise und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Ihre Hände hatten sich um den Arm meines Freundes geklammert.
"Malia... er ist-".
"Nein!", fauchte sie mich an und in ihren Augen glitzern Tränen. "Nein, das darf nicht sein".
Sie begann zu weinen. Ihre schmalen Schultern bebten im Licht des kleinen Feuers.
Auch ich konnte eine Träne nicht zurück halten. Ein Freund, mein bester Freund, mein Waffenbruder, von dem ich geglaubt hatte, er würde nie sterben, lag hier tot vor mir.
Ein treuer Freund, dem ich mein Leben anvertraut hätte. Der mir meins so viele male gerettet hatte. Doch ich hatte seines nicht retten können.
Ich schloss sie Augen und murmelte ein elbisches Gebet, während Malia neben mir stumm weinte.
Eine Weile saßen wir so da. Bis ich mir die Wunde an seiner Schulter genauer ansah.
Das Wargblut erklärte mir alles.
"Wargblut. Das Gift kam in seinen Körper. Es muss sehr schnell gegangen sein", murmelte ich leise mehr zu mir selbst, doch Malia hatte ebenso zugehört.
Ihr Blick wanderte zu Legolas blassen Händen, in die die Blumen gesteckt worden waren. Es sah aus, als würde er sie festhalten.
"Amaryllis", sagte sie leise und strich mit dem Finger über die roten Blütenblätter.
Ich runzelte die Stirn. Zwei Elben
"Im Düsterwald wachsen sie nur an wenigen Orten", fuhr Malia leise fort.
Ich berührte die Blumen. Wie waren sie in seine Hände gekommen?
"Es waren seine Lieblingsblumen", sprach Malia einfach weiter.
Wer würde ihm seine Lieblingsblumen in die Hände legen?
"Aragorn?" sagte Malia plötzlich alarmiert. Sie schien zu begreifen, was mir gerade durch den Kopf ging.
"Wer war das hier? Wer hat ihm... Wer hat diese Blumen gepflückt und sie ihm...?" stammelte sie plötzlich unsicher.
Ich erhob mich und sah mich um.
Irgendjemand war hier gewesen. Vermutlich diese geheimnisvolle Elbin, ging es mir durch den Kopf.
Und in diesem Moment traf es mich wie ein Schlag.
Eine geheimnisvolle Elbin.
Immer nur ein Schatten ohne Gesicht.
Ein Geheimnis.
und ein Rätsel.
Jemand, der Legolas kannte.
Jemand, dem Legolas von seinen Lieblingsblumen erzählt hatte...
Jemand, der ihn geliebt hatte...
Ich wollte gerade den Mund aufmachen, um Malia meine Vermutung mitzuteilen, als eine Stimme hinter uns erklang. Es war nur drei kurze Worte. Aber es war die Antwort auf unsere Frage.
Wer hatte ihm die Blumen gegeben? Wer war diese geheimnisvolle Elbin?
Und die leise, aber überaus klare und zarte Stimme drang aus der Dunkelheit heraus zu uns auf die kleine Lichtung...
"Ich war es".
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