15. Kapitel
Der letzte Kampf
Eine warme Brise strich über die Weide. Es war kurz vor Mittag, als Bernstein mit Sternenhimmel das letzte Mal, vor ihrer Zeremonie zur Schamanin, Kräuter sammelte. Sternenhimmel hatte am Morgen nachdem sie die Corvas besucht hatte ihr mittgeteilt, dass ihre Zeremonie schon heute Abend sein würde. Sie war natürlich sehr überrascht gewesen, doch es kam ihr ja gerade recht. Je eher desto besser. Doch es war auch ein trauriger Tag. Am gleichen Tag musste man auch noch einen Wächter zu Grabe tragen. Dornenbusch, Falkes Vater war am vorherigen Tag ums Leben gekommen. Der Knall, den Rabe und sie am Abend zuvor gehört hatten, war ein Mensch gewesen. Sie jagten wieder. Die älteren Füchse kannten sie und hatten von diesen Monstern erzählt. Sie jagten aus Distanz mit Stöcken. Der Knall schiesst eine gezielte, tödliche Wunde in ihre Opfer. Dornenbusch war so ein guter Fuchs gewesen. Sie war gerne mit ihm jagen gegangen. Doch sie hätte nicht gedacht, das sie vor einer Zeit das letzte Mal mit ihm aufgebrochen war... Aber Bernstein musste nach vorne blicken. Zu ihrer Zeremonie. Doch vor der Zeremonie musste sie noch zu den Wissenden. Sie hatte so viele Fragen. Ihre grösste Frage, hatte Rabe recht? Hatte jemand damals seinen Rang missbraucht? Sie konnte es sich nicht anders erklären. Die Wissenden mussten etwas wissen! Bernsteins Kräuter sammelten sich immer mehr. Sternenhimmel stellte ihr immer wieder Fragen zu Behandlungen und Kräutern. Ihr entging nicht, dass dies eine heimliche Prüfung war. Ihre Mentorin wusste nämlich, dass sie unter Prüfungsangst litt. "Schau mal, hier ist Salbei" bemerkte Sternenhimmel und schnupperte an dem Kraut vor ihnen. "Können wir ihn gebrauchen?" fragte Stern und sah auf. Bernstein schüttelte den Kopf. "Nein, gebrauchen kann man nur die Blüten und die blühen nur im Frühling" antwortete Bernstein. "Siehst du, du musst dir überhaupt keine Sorgen machen. Du kannst alles!" lobte die Füchsin stolz. Bernstein wurde verlegen. "Wenn du meinst" engegnete Bernstein lächelnd und hielt weiter nach Heilkräutern ausschau. Da stach ihr eine hohe Pflanze mit blauen blüten ins Auge. Bernstein hatte diese Pflanze noch nie gesehen. Sie wuchs nahe am Ufer mit dunkelblauen hutartigen Blüten. Bernstein trat näher und wollte sie beschnuppern, doch da erklang Sternenhimmels Stimme ganz laut:" Nein! Nicht berühren!" Bernstein erstarrte. Die Schamanin rannte sofort zu ihr. "Wenn du den Saft irgendwie schluckst bist du in wenigen Stunden tot!" Bernstein wäre noch einmal erstarrt, wenn sie es nicht schon wäre. "Das ist blauer Eisenhut. Die giftigste Pflanze, die die Schamanen je erblickt haben." Bernstein legte die Ohren zurück. "Sie muss wirklich sehr giftig sein..." hauchte Bernstein. "Das ist sie, also meiden wir diese Pflanze besser." Sie nickte. "Wir sollten den Stamm auch unbedingt warnen..." Sternenhimmel murmelte zustimmend. "Aber komm, lass uns weiter machen, bevor deine Zeremonie beginnt, wir sind gleich fertig" wies Stern an und ging voraus. Bernstein blickte noch kurz auf den Eisenhut und folgte dann ihrer Lehrerin. Es war wichtig das sie die letzten Kräuter schon jetzt sammelten. Denn es wurde nachts jetzt schon ziemlich kalt. Und wenn ihnen im Winter die Heilpflanzen ausgingen und sie niemanden mehr behandeln konnten, waren sie gezwungen sich umso mehr an der Jagd zu beteiligen. Dies hatte Sternenhimmel ihr erklärt. Sie liefen Flussaufwärts Richtung Bach, welcher vom Wald her in den Fluss mündete. Das Wasser war vom einen auf den anderen Tag regelrecht durchflutet worden. Es floss immernoch dreckig und trüb. Jagdrotten hatten von einer Stosswelle berichtet die den Fluss durchquert hatte. Irgendwo weit weg Flussaufwärts herrschte wohl nicht sehr angenehmes Wetter. Hoffentlich würde dieser Sturm nicht auch zu ihnen ziehen. Aber der Himmel sah bis jetzt sehr freundlich aus. Bernstein blieb darum optimistisch. "Wir sollten langsam zurück, bald können wir nichts mehr tragen" wandt Bernstein ein. Mittlerweile waren sie dem Ostwald schon sehr nah. "Ja, wir können morgen weiter sammeln" stimmte die Schamanin zu. Plötzlich sprang eine schwarze Gestallt über den Wasserlauf. "Bernstein!" Sie stand Rabe gegenüber. "Rabe, was machst du hier?" fragte sie etwas freudig aber auch besorgt. Sie hätte sich ja am Liebsten zur Begrüssung an ihn geschmiegt, doch nicht wenn Sternenhimmel zu sah. "Ich habe eine Jagdgruppe belauscht. Sie sagten, dass du heute deine Ernennung hast. Da will ich dabei sein!" erklärte Rabe aufgeregt. "Aber sie könnten dir weh tun..." Rabe blinzelte. "Die Mondseelen sagten doch, dass sie mich verschonen sollen. Also kann ich auch dabei sein. Nicht?" fragte der Anführer. Nur Falke wusste das es eine Lüge gewesen war. Aber ob es auch Rabe wusste? "Ja... aber trotzdem" murmelte Bernstein. "Komm heute Abend wieder. Bernstein wird vor Sonnenuntergang ernannt" teilte sie dem schwarzen Fuchs mit. "Ausserdem störst du gerade den Prüfungsverlauf" erklärte sie entschuldigend. Rabe sah die Schamanin etwas vorwurfvoll an.
"Konntest du denn schon etwas neues heraus bekommen?" fragte er sie dann und ignorierte ihre Lehrerin. "Nein, das wollte ich nach der Prüfung machen" erklärte Bernstein ihrem Freund. "Perfekt, dann komme ich gleich mit und wir gehen zusammen" Bernstein wusste nicht ob dies eine gute Idee war. Schliesslich musste er, um mit den Wissenden zu reden direkt ins Dorf der Lyncas. Sie wollte ihn nich verlieren. Schmerzlich erinnerte sie sich daran, wie die Lyncas auf ihn losgingen. Was, wenn sie die Lyncas dieses Mal nicht davon abhalten konnte? Sternenhimmel schnaubte. "Dann geh ich schon einmal vor" erklärte sie und lief auf direktem Weg zum Dorf. Rabe sah ihr nach. "Mir wird nichts passieren, Bernstein. Versprochen" versuchte er seine Gefährtin zu beruhigen, als Sternenhimmel weit genug weg war. Bernstein sah zu Boden. "Du kannst nichts versprechen, wenn du selbst genau weisst, dass es leicht schief gehen könnte." Rabe drückte seinen Kopf sanft gegen ihren. "Vertrau mir einfach. Wir wollten das alles zusammen machen, also beenden wir es auch zusammen." Bernstein merkte das sie es ihm nicht ausreden konnte. "Na gut... aber du tust was ich dir sage falls etwas passiert" ermahnte sie. "Wir werden sehen" sagte er und lächelte neckend. Bernstein behielt ein ungutes Gefühl. "Dann komm, je eher wir aufbrechen, desto mehr Zeit zum fragen haben wir." Rabe folgte ihr sofort und zusammen trotteten sie zum Lyncadorf.
Vor ihnen befand sich schon die grosse, ausgegrabene Mulde in der sich das Dorf der Füchse befand. "Irgendwie komisch wieder hier zu sein... Auch wenn es nich lange her ist" bemerkte Rabe leise. Bernstein fürchtete sich vor der Reaktion der Lyncas. Sie wollte dies alles schnell hinter sich bringen. "Wie geht es eigentlich Schneejäger?" fragte sie zur Ablengkung. "Ihm gehts sehr gut, er freut sich, dass der Stamm so erfolgreich wächst, er vermisst dich aber." Bernstein lächelte. "Ich vermisse ihn auch..." flüsterte Bernstein sanft. Sie hatte ihren Vater seit Funkes Tod nicht gesehen. Dabei hatte sie noch so viele Fragen... Nun traten sie den Weg die Senke hinunter an. Viele der Lyncas wurden sofort aufmerksam. Es erinnerte sie daran wie sie selbst damals angestarrt wurde, als sie zum Ersten mal bei den Lyncas ankam. Der Unterschied lag nur darin, dass in den Augen der Lyncas keine Neugier wie damals lag... "Das ist der Sonnengläubige" tuschelte der Stamm. Rabe sah sich mit leicht zusammengekniffenen Augen um. Seine Haltung war ganz anders als früher. Sie kannte so eine aufrechte Haltung nur von Feuerseele. Er war jetzt wirklich ein richtiger Anführer. Feuerseele kam mit feindseeligem Blick vom Anführerfelsen herunter. "Bernstein, was hat dieser Abschaum hier zu suchen?" fragte der rote Fuchs knurrend. "Die Mondseelen sagen, ihr sollt ihn verschonen" engegnete sie so ruhig es ging. Der Anführer der Lyncas schnaubte, knurrte aber ununterbrochen. "Verschonen ja, vom ins Dorf bringen war nicht die Rede! Geschweigedenn auf unser geheiligtes Land. Er wurde verbannt!" knurrte Feuerseele. Rabe trat mit einem knurren vor. "Ich wollte selbst kommen, also wehe du schreist sie noch einmal an!" knurrte Rabe. "Rabe..." ermahnte sie leise. Doch Rabe ignorierte ihre Warnung. "Wie redest du denn mit mir?" Rabe hatte den Kopf hoch und provokant erhoben. "Vielleicht wie du es verdienst?" erklärte Rabe dann wieder etwas ruhiger. Sternenhimmel kam zwischen der Menge zu ihnen hervor. "Da seid ihr ja. Feuerseele lass sie passieren. Rabe will nur bei der Zeremonie von Bernstein dabei sein" versuchte die Schamanin ihn zu besänftigen. Feuerseele brummte kurz vor sich hin. "Nagut, aber wir behalten dich im Auge, verstanden? Sternenhimmel, ich brauche dich in meinem Bau um Bernsteins Prüfungsergebnisse auszuwerten" wies Feuerseele an. Sternenhimmel nickte und folgte ihrem Anführer. Rabe sah den beiden nach und schnaubte. Der Stamm glotzte sie immernoch an. Rabe sah sich genervt um. "Was wagt ihr denn einen Sonnengläubigen anzustarren? Schämt ihr euch nicht? Würde der Mond das gut finden?" rief Rabe mit gespielter Empörung. Die Füchse wandten sofort ihre Blicke ab und folgten wieder ihrer Arbeit. Bernstein und Rabe verkniffen sich ein Lachen. Die jungen Füchse liefen eng nebeneinander zum Bau der Wissenden und kicherten leise dabei. "Wie sie alle weg geschaut haben" lachte Bernstein. "Ja, das sind solche Idioten" flüsterte der schwarze Fuchs amüsiert. "Du bist hier der Idiot" Falke löste sich aus einer Fuchsgruppe. Es waren Mohnblume und Bachminze mit denen er gesprochen hatte. Die beiden sassen mit Beute da und sahen zu Falke. "Was willst du denn jetzt?" fragte Rabe genervt. "Das du unser Land verlässt." Wieso musste sich jetzt auch noch Falke einmischen? Das war echt peinlich... "Falke lass es, es ist Bernsteins Entscheidung" rief Mohn herüber. "Ich überlasse sie doch nicht so einem schwächling. Bernstein du hast besseres verdient!" Sie sah den braunen Fuchs an. "Falke das hatten wir doch schon..." Der braune Soldat schien Bernstein gar nicht zu bemerken. Der Zorn spiegelte sich in seinen Augen, während sein Blick sich in Rabe brannten. "Was willst du Falke?" fragte Rabe. "Wir machen es wie richtige Füchse. Ich fordere dich heraus!" knurrte der Soldat. "Das wird langsam albern, findest du nich? Bernstein hat sich schon entschieden" Rabe rollte mit den Augen. "Du weisst nur genau das du verlierst, wie all die anderen Male. Du hast nie gewonnen und du wirst nie gewinnen. Weil du ein Feigling bist." Rabe sah ihn gelangweilt an. "Bist du fertig?" fragte der Anführer. "Mit dir bin ich noch lange nicht fertig. Erst wenn ich dich besiegt habe, wenn du genau so am Boden liegst wie dein Vater bevor er getötet wurde. Winselnd und flehend." Bernstein spürte wie sich Rabes Muskeln neben ihr anspannten. "Verdammt Falke, halt einfach deinen Mund, ich warne dich" knurrte Rabe gereizt. "Ich erinnere mich noch an diesen Tag. Und nur du hast überlebt, die anderen, vom ganzen Stamm, sie haben deine Eltern beseitigt" erzählte Falke. "Gut, wir ziehen das jetzt durch. Du willst kämpfen also kämpfen wir" knurrte Rabe leise und stellte sich in Kampfposition. "Rabe, das ist es nich Wer..." Rabe unterbrach sie und sah sie an. "Ich muss das machen. Es ist der Kampf bei dem ich die Chance habe, mich zu beweisen." Bernstein blieb kurz stumm und sah ihn nur an. Sollte sie dies wirklich zulassen? Falke könnte ihn ernsthaft verletzen... Während sie Rabe in die Augen schaute erinnerte sie sich daran was er gesagt hatte, als er sich das letzte mal mit Falke duelliert hatte. "Ich werde es euch zeigen, ich werde mir meinen Respekt noch verdienen!" Vielleicht musste sie ihn lassen. Sie musste ihm vertrauen. Also trat sie zurück. Rabe warf ihr einen dankbaren Blick zu. Er hatte keine Zeit mehr um sich an seinen Gegner zu wenden, da griff Falke schon an. Der Soldat verbiss sich in Rabes Schulter. Doch der schwarze Fuchs riss sich los und rammte Falke zurück. Dabei richtete der braune Fuchs sich auf und die beiden käpften auf den Hinterbeinen. Dann holte Rabe aus und schlug Falke auf den Kopf. Dann nutzte er die Gelegenheit und biss Falke in den Nacken. Falke jaulte abgehackt, während Rabe ihn schüttelte. Falke versuchte mit seinen Vorderpfoten sich frei zu kämpfen. Immer wilder strampelte er, bis Rabe ihn dann los liess. Falke keuchte kurz und schnappte nach Luft. "Warte nur..." knurrte Falke leise. Rabe stand hinter ihm und sah gelassen zu ihm. "Schon genug?" fragte der Anführer der Corvas. "Noch lange nicht!" lachte Falke und setzte zum nächsten Angriff an. Er sprang mit den Vorderpfoten voraus auf den schwarzen Fuchs zu und riss Rabe zu Boden. Nun hatte er ihn festgenagelt. Rabe versuchte sich frei zu kämpfen. Vergeblich. Nun würde Rabe wieder verlieren. Sie hätte es ihm so gegönnnt. Falke begann wie wild auf ihn ein zu schlagen. Rabe jaulte, als er versuchte den Schlägen aus zu weichen. Doch immer wieder traffen ihn die Pfote von Falke im Gesicht. Bernstein wollte dazwischen gehen. Doch da wehrte sich ihr Freund plötzlich nicht einmal mehr. Falke hielt Inne und liess dann von ihm ab. "Siehst du ich werde immer stärker sein!" knurrte Falke der immernoch über ihm stand. Doch da schnappte Rabe nach ihm und verbiss sich in seinem Fell. Er hielt ihn auch mit den Pfoten fest und rollte mit ihm zur Seite. Dann war plötzlich Falke der jenige der am Boden festgenagelt wurde. "Glaubst vielleicht du" sagte Rabe und grinste schadenfreudig. Dann packte er den Soldaten, hob ihn auf die Pfoten und drückte ihn an die steile Böschung. "Und jetzt hörst du mir genau zu, ja?!" zischte er nun voller Wut. "Entweder du lässt mich in Ruhe oder du bekommst noch einpaar Bisse ab und wenn ich fertig mit dir bin, kann dich der Mond gerne auslachen weil du nich einmal mehr ohne Schmerzen sitzen kannst! Also ich sag es zum letzten mal Falke, halt dich von meiner Gefährtin fern, verstanden!" knurrte er laut. Falke sah Rabe mit grossen Augen an. Als es still blieb stiess er den braunen Fuchs nochmal fest gegen die Wand. "Hast du verstanden?!" fragte er nochmals. "Ja, ja das hab ich!" sagte Falke dann laut. Rabe lies ihn los und machte nun wieder ein enspanntes Gesicht. "Gut, dann haben wir das ja klären können, ich wünsche dir und auch unseren Zuschauern noch einen schönen Tag" verabschiedete sich Rabe auch von den Dorfbewohnern die mit grossen Augen zugesehen hatten. Rabe trat zu ihr und bedeutete ihr in Ruhe ihren Weg fortsetzen zu können. Bernstein nickte belustigt und trottete an seiner Seite zum Bau. Er hatte es geschafft. Er hatte sich seinen Respekt wirklich verdient. Bernstein war so stolz auf ihren Gefährten.
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