10. Kapitel
Stumme Antwort
Es war der nächste Tag, nachdem das Phantom, oder vielleicht ihr Vater fliehen konnte. Sie war gerade im Kräuterbau und Bernstein konnte nicht aufhören darüber nach zu denken. Was wenn Rabe richtig lag? Wenn es wirklich ihr Vater war. Es ergab schon Sinn. Woher sollte sie sonst ihr weisses Fell erben? Ahorn war braunrot und Sonne war hellrot. Warum hatte ihre Mutter nie etwas gesagt? Oder war es nur ein Zufall? "Bernstein? Hörst du mir überhaupt zu?" riss Sternenhimmel sie aus ihren Gedanken. "Was habe ich dir gerade erklärt?" fragte sie nach. Bernstein wurde ganz heiss. Sie hatte nicht zugehört. Als es eine Weile still blieb fuhr die Schamanin fort:"Ich sagte, dass Malve und Kamille gut gegen entzündete Augen sind. Todblick hat wieder Schmerzen deswegen, also ist es nun deine Aufgabe ihn zu behandeln" erklärte die Füchsin. "Ich soll schon alleine Patienten behandeln?" fragte sie ungläubig. "Natürlich, je eher du es machst, desto schneller kannst du es, oder nicht? Ich werde dir zeigen wie man die Kräuter entsprechend vorbereitet für die Behandlung. Ausserdem könnten die beiden etwas Gesellschaft gut vertragen." Sternenhimmel stand auf und trottete zum Ausgang. "Bring die Zutat raus" rief sie noch. "Welche denn, Malve oder Kamille?" fragte sie. "Das ist egal einfach etwas." Sie nahm Malve aus dem Lager und trottete ihrer Lehrerin hinterher. Sternenhimmel wusch gerade einen flachen Stein im Wasser. Die Pfütze war wieder mehr gefüllt mit Wasser. Der Regen, die letzten Tage hatte dem Land wirklich gut getan. Nun reichte das Wasser in dieser Pfütze für jeden vom Stamm. Vorher war das Wasser für Füchse, die regelmässig aus dem Dorf konnten verboten. Damit die Alten und Schwachen hier trinken konnten. "Leg die Malve hier auf den Stein." Bernstein tat was Sternenhimmel ihr sagte. "Und jetzt nimmt man diesen runden Stein und zermalt das Kraut, so bekommen wir den heilenden Saft aus der Pflanze." Sternenhimmel rollte den Stein über die Pflanzen. Als am Schluss nur noch ein grüner Pflanzenbrei auf dem Stein war, fuhr sie fort:" jetzt kannst du das auf ein Blatt befördern. Was meinst du? Welches Blatt eignet sich dafür gut?" Bernstein überlegte welche Blätter schön gross und gut zum tragen wären. "Ahornblätter?" fragte Bernstein. Die strahlend weisse Füchsin nickte lächelnd. "Die Ahornblätter habe ich schon bereit gelegt" Sternenhimmel deutete auf die Ahornblätter bei der Pfütze. Bernstein nahm eines der Blätter und verteilte den Brei auf dem Blatt. "Tod kann sich den Brei auf die Pfote schmieren und es selbst in sein Auge reiben. Deine Aufgabe ist ganz leicht, du musst nur aufpassen, dass er es gut im Auge verteilt, aber achte darauf, dass seine Pfoten saubergeleckt sind!" erklärte Sternenhimmel. Sie nickte und nahm das Blatt auf. So trottete sie los, auf dem Weg zur anderen Seite des Dorfs. Sie kam an zwei Wissenden vorbei, die sich gerade zusammen unterhielten. "Du bist schon fleissig an deiner Arbeit, was?" fragte eine weissgraue Füchsin. Die Wissende hiess Vogellied und war vorher einmal Sternenhimmels Ausbildnerin gewesen bevor sich ihre Gabe bemerkbar machte. Vorher hatte Bernstein gedacht, dass man von Geburt an erkannte, ob man ein Wissender ist. Aber anscheinend kann sich diese Gabe jederzeit noch entfalten. "Ja, ich denke schon" erklärte sie scheu und lächelte die beiden an. Die andere Wissende war Blutrot. Sie hatte ihr zusammen mit Eberzahn damals die Feder zu ihrer Mondsegnung übergeben. "Wer hat denn diesmal wieder Schmerzen?" fragte die rote Füchsin. "Todblick" versuchte sie so deutlich wie nur möglich zu sprechen. "Der arme hat sicher wieder eine Augenentzündung. Er reibt sich ständig in den Augen, selbst mit dreckigen Pfoten" sagte Vogellied. Kein Wunder hatte der Stammesälteste ständig entzündete Augen. "Ich bringe ihm dann mal seine Medizin" entschuldigte sich Bernstein höflich. "Oh tut mir leid, wir wollten dich nicht aufhalten" erklärte ihr Blutrot. Sie nickte den beiden Wissenden freundlich zu. Da kam auch schon ein Fuchs zu den Wissenden. "Kann ich mir euren Rat leihen?" fragte Wolfspfote. Ein Soldat im etwas älteren Jahrgang. So hatten auch die beiden ihre beruflichen Aufgaben zutun. Die Wissenden sassen ja nicht nur herum. Sie gaben den Füchsen Rat, waren für sie da, wenn sie Sorgen hatten und beteiligten sich oft am jagen. Das Lager war voll wie in einem Bienennest. Es schien Bernstein unmöglich alle irgendwann einmal kennen zu lernen. Die Füchse wanderten ein und aus und gingen ihren Pflichten nach. Wenn Bernstein das Dorf so beobachtete, fühlte sie sich nur wie ein kleiner, weissroter Klecks zwischen vielen. Doch sie würde sicher mehr Füchse kennenlernen, wenn sie nun Schamanin werden würde. Schliesslich sorgten Sternenhimmel und sie für alle Füchse im ganzen Stamm. Sie sah Honigdachs und Todblick schon vor dem Eingang ihrer Höhle. Sie sonnten sich genüsslich in der warmen Sonne. Bernstein kam vor ihnen zum stehen und legte das Blatt voller Kräuterbrei auf den Boden. "Salve Saley" begrüsste sie die zwei lauter als sie sonst sprach. Honigdachs sah auf. "Sieh an, die neue Schamanenlernende!" Der schwarze Fuchs stiess seinen Freund in die Rippen. "Sei nicht unhöfflich Tod! Sag der kleinen Salve!" ermahnte der alte. Tod schnaubte. "Wollte ich ja gerade, aber dann hast du mich geschlagen!" jammerte Todblick. "Na und? Was tut das zur Sache? Jetzt sag ihr endlich Salve!" Tod brummte und drehte den Kopf freundlich zu ihr. "Salve Saley, Bernstein." Der rote Fuchs drehte den Kopf wieder zurück. "Na, jetzt zufrieden? Du hast übrigens auch noch nichts gesagt!" Bernstein stand einfach nur da und sah immer wieder zu dem, der gerade das Wort hatte. "Natürlich nicht, ich kam ja auch nicht dazu, weil ich ständig auf dich aufpassen muss!" blaffte Honigdachs. "Das ist nicht wahr!" murmelte Todblick verzweifelt. "Ich bin hier wegen deinem Auge, Todblick" sprach sie schnell dazwischen, bevor es wieder los ging. So sehr sie es auch liebte den Streithähnen beim streiten zu zuhören, sie musste ihren Job machen. "Ja es juckt und tut weh" antwortete er. "Gut, ich habe dir hier nämlich einen schönen Kräuterbrei gebracht. Der wird deinem Auge gut tun" erklärte Bernstein und legte ihm das Blatt vor die Pfoten. "Bevor du den mit deinen Pfoten aber einreibst, leckst du lieber deine Pfoten ganz sauber" wies sie an. "Da gibts viel zu tun, bei diesen Drecksklauen" brummte Honigdachs. "So dreckig sind die nicht!" verteidigte der Fuchs. "Wer sieht hier mehr, du oder ich?" fragte der schwarze Fuchs und schnaubte. Tod senkte den Kopf. "Du" brummte Todblick leise. "Braver Tod, ganz brav, dafür bekommst du das nächste mal den saftigeren Teil unserer Beute" versprach Honigdachs. Tod hob den Kopf blitzschnell. "Wirklich?!" fragte der alte Fuchs voller freude. "Nein, hab's mir gerade doch anders überlegt." Tod senkte den Kopf traurig und leckte seine Pfoten sauber, während sein Freund sich das Lachen verkniff. Auch Bernstein konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Der arme Todblick. Er hatte sich doch so gefreut. Bernstein half dem alten Fuchs das Blatt vor seinen Pfoten zu ertasten. Danach schmierte er etwas auf seine Pfote und rieb in seinem Auge. "Ich hasse es wie das immer brennt" murrte der rote Fuchs. "Geht sicher gleich vorbei" tröstete Bernstein. Doch es war sicher klar, dass Bernstein diese Gelegenheit nutzen würde, um etwas über ihre Familie zu erfahren. Alles was sie bisher wusste, war nur, dass ihre Grossmutter bei der Schlacht umkam und ihr Vater vielleicht das Phantom war. Gegen die Zeit, die sie schon bei den Lyncas war, waren das nicht viele Informationen. "Sagt mal, gab es einmal einen Ahornwald im Stamm?" fragte sie scheu. Honigdachs sah sie verwundert an, sagte aber nichts. "Er war ein netter Fuchs..." antwortete Tod. Er wirkte aber nicht wirklich so, als ob er dies wirklich ernst meinte. "Ja, er war es" knurrte Tods Baugefährte. "Wieso? Was hat er den getan?" fragte sie neugierig. "Es gibt Sachen, über die man nicht reden sollte, Kleine" brummte Honigdachs und legte tröstend seine Pfote auf die Schulter des roten Fuchses. "Wie kommst du denn auf den? Und woher kennst du diesen Verräter?" fragte eine Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um und stand Falke gegenüber. "Ach nichts, die Wissenden haben nur mal was von ihm erzählt..." versuchte sie eine Ausrede zu finden. "Okay, wenn du meinst..." Falke sah sie mit schiefem Kopf an. "Wie gehts dir den so?" fragte der braune Fuchs dann nach einer Weile. "Gut, dir?" fragte sie. Bernstein waren solche Gespräche immer sehr unangenehm. "Ach, nichts besonderes, nur ein paar Einzelgänger die sich geweigert haben das Land zu verlassen. Mit denen bin ich leicht fertig geworden" erklärte Falke als wäre es nichts. "Ich kann mir schon vorstellen, wie es für die geendet hat" antwortete sie. Bernstein wandt sich kurz an Tod. "Es tut mir leid wenn ich dich mit dieser Frage belästigt habe, das wollte ich nicht" entschuldigte sie sich. Tod schüttelte den Kopf. "Ist schon gut, nur erwähne diesen Namen nicht mehr..." bat der blinde Fuchs. Nur warum? Was könnte ihr Grossvater getan haben? Sie nahm das leere Blatt wieder auf. "Werde ich nicht, Iterum und gute Besserung" verabschiedete sie sich von den Stammesältesten. "Iterum" antworteten die zwei. Sie trottete zurück zu Sternenhimmel. Falke kam mit ihr. "Na, wie findest du deine Wahl bis jetzt?" fragte Falke. "Ich bin zufrieden mit meiner Entscheidung. Schamanin ist genau das was ich machen will" erklärte Bernstein entschlossen. "Das Gefühl hatte ich auch bei Soldat. Ich bin froh das du auch das gefunden hast, was du machen willst." Sie sah plötzlich Rabe an der Böschung zum Wald ins Dorf kommen. Der schwarze Fuchs blieb stehen und sah sie an. Bernstein wusste warum er sie so anstarrte. Es lag an Falke. Rabe mochte ihn überhaupt nicht. Und er hatte ja auch allen Grund dazu. Bernstein sah entschuldigend weg und unterhielt sich weiter mit Falke. Nur, warum fühlte es sich so verräterisch an?
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