Wer zuletzt lügt...

Hallo, meine Lieben! Auch hier ein Dankeschön fürs tapfere Durchhalten und muntere Weiterlesen, während ich noch gesundheitlich zu kämpfen habe. Aber es ist auf dem Weg der Besserung und in den letzten Tagen konnte ich mal wieder etwas zu "Papier" bringen :D Das heißt, unser Ermittlerduo darf heute in ein neues Kapitel starten und ich wünsche viel Spaß beim Weiterlesen :) 

Liebe Grüße
eure Hela

                                                                                         ~~~

Wer zuletzt lügt...

Nur kurze Zeit später nach dem grausamen Attentat direkt vor ihrer Haustür, war Jacinda Holmes von unzähligen Einsatzkräften umgeben. Die sonst so angesehene Baker Street hatte sich in den reinsten Schauplatz eines Verbrechens verwandelt und galt nun als offizieller Tatort. Adrian gab seine Aussage bei Hardin zu Protokoll und warf dann einen besorgten Blick zu Jacinda, die wie erstarrt war und als Hardin ihn schließlich aus der Befragung entließ, eilte er zu der jungen Detektivin zurück.
Die konnte kaum glauben, was passiert war und versuchte rational zu denken, um die Ereignisse vor dem inneren Auge abrufen zu können. Doch sie konnte auch nicht leugnen, dass sie sich Sorgen um ihren Onkel Mycroft machte, der Opfer einer grausamen Entführung geworden war. Jacinda wollte nicht, dass ihm etwas widerfuhr und war er noch so unerträglich.
Adrian schien ihr die Sorgen anzusehen, denn er legte Jacinda eine Hand auf die Schulter und bemühte sich zusehends um einen möglichst zuversichtlichen Gesichtsausdruck.
,,Wir werden ihn finden, Jacinda. Und wenn Ihr Onkel nur halb so stur ist wie Sie, wovon ich ohne Zweifel ausgehe, ist er zäh genug das durchzustehen.", versuchte er sie aufzubauen, doch die Detektivin gab keine Antwort und schwieg, bis eine ihr vertraute Stimme die Menge übertönte.
,,Lasst mich sofort durch. Mein Gott! Darf man in einem freien Land nicht mal bei seiner Familie nach dem Rechten sehen?! Ihr Polizisten habt wahrlich kein Einfühlungsvermögen."
Jacinda sah auf und Adrian runzelte die Stirn, als ein etwas kleinerer Mann mittleren Alters sich durch die Schaulustigen kämpfte und prompt unter der Absperrung hindurchtrat, ehe er direkt auf sie zusteuerte. Der zuständige Polizist wollte schon protestieren, doch Hardin hielt ihn davon ab und nickte nur beschwichtigend.
,,Schon gut, Larry. Lass ihn durch. Ich habe ihn angerufen."
Der Polizist gab nach und der fremde Mann quittierte es mit einem Nicken in Richtung Hardin, der es erwiderte und sich dann wieder sämtlichen Zeugen zuwandte. Adrian musterte den Mann mit grauen Haaren und blauen Augen, die ihn in gewisser Weise an Lizzy erinnerten.
,,Jacinda! Geht es dir gut? Was um Himmels Willen ist denn hier passiert?", platzte es besorgt aus ihm heraus und da Jacinda immer noch kein Wort herausbrachte, übernahm Adrian kurzer Hand das Reden für sie.
,,Mycroft Holmes wurde entführt. Offenbar wegen eines Falls, an dem wir gerade arbeiten.", erklärte er, woraufhin der Mann ihn in Augenschein nahm und einen kritischen Blick aufsetzte.
,,Verzeihung, wer sind Sie?"
,,Adrian Montgomery.", stellte sich Adrian vor, als dem Mann ein Licht aufzugehen schien.
,,Ah, der Mitbewohner und Arbeitspartner von Jacinda. Lizzy hat mir schon von Ihnen erzählt. Ich bin John Watson- der Patenonkel von Jacinda."
Nun staunte Adrian nicht schlecht, denn er konnte kaum glauben, dass er gerade wirklich dem einstigen Partner von Sherlock Holmes gegenüberstand. Dr. John Watson, der für seinen berühmten Blog bekannt war und gemeinsam mit dem legendären Detektiv so viele Fälle bearbeitet hatte, dass er selbst ebenfalls glatt als lebende Legende bezeichnet werden konnte.
,,Jacinda, ist dir etwas passiert? Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.", brachte John besorgt hervor, doch sie winkte nur ab.
,,Mir geht's bestens."
,,Vielleicht sollten wir drinnen weiterreden. Hier draußen ist ziemlich viel Trubel.", schlug Adrian vor und John nickte zustimmend.
,,Gute Idee. Gehen wir."

Jacinda seufzte nur ergebend, als sie von ihrem Patenonkel und gleichzeitig Ziehvater gemeinsam mit Adrian zurück ins Innere der 221b geschleift wurde. Damit wollten die beiden Männer vor allem der aufdringlichen Presse entfliehen, die natürlich mit allen Mitteln versucht hatte, Jacinda für die Titelstory abzulichten. Sie waren wie Aasgeier, die sich bei der ersten Gelegenheit sofort aufs beste Frischfleisch stürzten und machten selbst vor Entführungen in der eigenen Familie nicht Halt, die in ihren Augen wohl besonders gut auszuschlachten waren.
Als sie oben ankamen betraten Jacinda und Adrian zuerst das Wohnzimmer, während John noch für einen kurzen Moment im Türrahmen verweilte und einen wehmütigen Blick in den Raum warf. Sofort sah er wieder die alten Zeiten vor sich, in denen er gemeinsam mit Sherlock und Evelyn hier so viele Fälle bearbeitet hatte, dass er sie schon gar nicht mehr zählen konnte. Und manchmal kam es John so vor, als könnte er noch immer die Stimmen seiner zwei besten Freunde hören, als würden sie jeden Moment zur Tür hereinkommen. Aber das würden sie nicht, denn Sherlock und Evelyn waren vor 12 Jahren schließlich spurlos verschwunden und mittlerweile für tot erklärt worden. Eine Tatsache, die John Watson tagtäglich wieder aufs Neue niederschmetterte.
,,Was machst du überhaupt hier?", riss Jacinda ihn auf einmal aus seinen Gedanken und John musterte sie, während sie sich im Sessel niederließ, der einst ihrem Vater Sherlock gehört hatte.
,,Hardin Lestrade hat mich angerufen und erzählt, was passiert ist. Er dachte, es wäre gut, wenn jemand hier ist und sich um dich kümmert."
,,Ich bin kein kleines Kind mehr und brauche keinen Babysitter.", schnaubte Jacinda verächtlich und John seufzte ergebend.
So vieles an ihr erinnerte ihn an Sherlock, denn Jacinda war ganz ihr Vater und genau deshalb sorgte sich John auch so sehr um sie. Schließlich hatte sich auch Sherlock damals nur zu gerne in die Gefahren gestürzt und war dem Tod des Öfteren knapp von der Schippe gesprungen und Jacinda war mindestens genauso risikofreudig. Aber manchmal kamen auch die Charakterzüge von Evelyn zum Vorschein, denn Jacinda war nicht ganz so emotionslos, wie John ihren Vater Sherlock zu Zeiten ihrer ersten Begegnung empfunden hatte. Denn obwohl Jacinda sich sichtlich bemühte es zu verbergen, so konnte John ihr dennoch ansehen, dass die Ereignisse von vorhin sie schwer erschüttert hatten und auch, wenn sie es natürlich niemals zugeben würde, so war ihm bewusst, dass sie sich Sorgen um Mycroft machte.
,,Vielleicht sollten wir uns jetzt lieber darauf konzentrieren, wie wir Mycroft finden können. Ich meine, die Entführung muss ohne Zweifel etwas mit dem Diebstahl der Kronjuwelen zu tun haben."

Adrian, der bis eben noch geschwiegen hatte, sah zu Jacinda und diese nickte nur kaum merklich. John kam nicht umhin, den neuen Mitbewohner seiner Ziehtochter zu begutachten und musterte ihn abschätzend. Er musste ungefähr im Alter von Jacinda sein und Lizzy hatte ihm erzählt, dass Adrian einst Polizist gewesen war-bis er unter Mordverdacht stand und nur dank Jacinda momentan auf freiem Fuß war. Und obwohl John diesbezüglich etwas skeptisch war, so würde er niemals Jacindas Entscheidungen infrage stellen, da sie eine sehr gute Menschenkenntnis besaß.
Und während John die beiden beobachtete, konnte er nicht leugnen, dass sie ihn in gewisser Weise ein wenig an Sherlock und Evelyn erinnerten. Doch dann verwarf er jegliche Gedanken an seine zwei besten Freunde, die er auf so dramatische Weise verloren hatte und rief sich die Worte von Adrian ins Gedächtnis, woraufhin er die Arme vor der Brust verschränkte.
,,Verzeihung, sagten Sie gerade Kronjuwelen?"
,,Ja. Sie wurden aus dem Buckingham-Palace gestohlen und wir bearbeiten den Fall. Eigentlich hat Mycroft ein Ablenkungsmanöver kreiert, worauf er uns angesetzt hat, aber Jacinda hat ihn durchschaut und so sind wir hinter den Diebstahl gekommen. Mycroft war vorhin hier und hat einen ziemlichen Aufstand gemacht, bis er einen Anruf von der Regierung bekommen hat. Danach hatte er es ziemlich eilig.", erklärte Adrian, doch Jacinda schaute nur ausdruckslos in die Runde.
,,Wann hat Mycroft es mal nicht eilig, wenn es um die Regierung geht?! Die brauchen nur mit den Fingern zu schnippen und er springt. Er würde sich eher ein Bein ausreißen, als seinen guten Ruf zu beschädigen. Ich sagte ihm bereits, dass dies eines Tages noch sein Untergang sein würde und da wären wir nun."
,,Nichts desto trotz müssen wir ihn finden, Jacinda. Er ist immer noch dein Onkel.", bekräftigte John und Jacinda wollte gerade zum Widerspruch ansetzen, als auf einmal die Türklingel unten schellte.
Mrs. Hudson war natürlich sofort zur Stelle, denn ihre Stimme erklang im Treppenhaus, als sie die Tür öffnete. Sie schien mit jemandem zu sprechen und dann waren Schritte auf der Treppe zu hören, als mit einem Mal eine Frau das Wohnzimmer betrat, die John nur allzu bekannt war.
,,Anthea! Was machen Sie denn hier?"
Er starrte die Assistentin von Mycroft perplex an, die ihn damals stets mit dem Wagen abgeholt und zu den Treffen mit Mycroft Holmes gebracht hatte, der sich damals nur zu gerne wie der Mann im Schatten aufgeführt hatte. Die Braunhaarige musterte John abschätzend und schaute dann etwas missmutig in die Runde.
,,Nun, wenn es eine Schießerei in der Baker Street gibt und Mycroft Holmes entführt wird, entgeht uns das keineswegs, Dr. Watson. Man hat mich geschickt, um der Sache auf den Grund zu gehen."
,,Wer sind Sie überhaupt?", wollte Adrian wissen, woraufhin Anthea ihm einen bedeutsamen Blick zuwarf.
,,Mein Name ist Anthea und ich arbeite für Mycroft Holmes, Mr. Montgomery. Ich bin im Auftrag der Regierung hier, um den Fall aufzuklären und aus der Welt zu schaffen."
Adrian, der etwas verdutzt über die Tatsache war, dass Anthea seinen Namen kannte, musste sich nun eingestehen, dass Mycroft Holmes wohl ein viel bedeutsamerer Mann war, als er zuerst vermutet hatte. Anthea jedoch, schenkte Adrian keine weitere Beachtung und richtete ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf John und Jacinda.
,,Wie dem auch sei. Mycroft Holmes muss so schnell es geht gefunden werden und dafür brauchen wir Sie, Jacinda. Nach dem Verlust Ihres Vaters können wir es uns nicht leisten, noch einen Holmes zu verlieren. Das wäre für die Regierung und auch ganz England nicht tragbar."

Jacinda verdrehte die Augen, da sie sich wie ein teures Relikt einer Auktion vorkam, das man an den Meistbietenden verscherbelte. Schon seit jeher missbilligte sie die Kreise, in denen ihr Onkel verkehrte und fühlte sich durch seine Beziehungen zusehends beobachtet. Zumal ihr nicht entgangen war, dass man sie stets wachsam im Auge behielt und das ohne Zweifel im Auftrag von Mycroft geschah.
,,Keine Sorge, ich werde meinen Onkel finden und auch denjenigen, der ihn entführt hat. Wer auch immer es ist, war auch derjenige, der die Kronjuwelen gestohlen hat und somit schlagen wir gleich zwei Fliegen auf einer Klappe. Ich brauche die Hilfe der Regierung also nicht, denn ich bin nicht Mycroft. Mich beeindrucken eure Spielchen nicht.", gab Jacinda ungerührt zurück und Anthea hob lediglich eine Augenbraue, während Adrian seine Partnerin kurzer Hand unterstützte.
,,Tja, Sie haben es gehört. Warum gehen Sie nicht und richten der Regierung aus, dass wir uns darum kümmern?! Keine Sorge, wir beschaffen Queen Mycroft so schnell wie möglich wieder."
Jacinda musste sich ein leichtes Grinsen verkneifen und John staunte nicht schlecht darüber, dass Adrian bereits jetzt schon Partei für Jacinda ergriff. Anthea schien jedoch alles andere als begeistert davon zu sein und betrachtete Adrian mit dem Blick einer Giftschlange.
,,Sie sollten sich vorsehen, Montgomery. Wir kennen Ihre Akte und könnten Sie umgehend für den Rest Ihres Lebens hinter Gitter bringen."
,,Dann viel Vergnügen dabei. Schönen Tag noch!"
Adrian verschränkte die Arme vor der Brust und ließ sich nicht von ihr einschüchtern, weshalb Anthea ihn noch einmal missbilligend ansah und dann aus dem Raum rauschte. John räusperte sich, während Adrian seine verschränkten Arme wieder löste und auf Jacinda blickte.
,,So langsam verstehe ich Ihre Abneigung gegen die Regierung. Diese Frau gefällt mir nicht und sie kommt mir vor wie eine Stalkerin."
,,Wem sagen Sie das. Evelyn und ich waren auch nie begeistert, wenn wir von ihr abgeholt und zu Mycroft chauffiert wurden. Als wüssten diese Leute immer ganz genau, wo sie einen finden.", bekräftigte John und Adrian rümpfte ein wenig die Nase.
,,Zumindest sollte sie mal die Duftnote wechseln. Dieses Parfüm stinkt ja zum Himmel."

Adrian versuchte den Geruch zu verscheuchen, doch er hatte sich förmlich in seiner Nase eingebrannt. John musste ein wenig schmunzeln und warf dann einen Blick zu Jacinda, die inzwischen ihre Handflächen unter dem Kinn aneinander gelegt hatte und nun genauso aussah, wie ihr Vater Sherlock, wenn er nachgedacht hatte. Es war fast schon erschreckend, wie sehr sie ihrem Vater ähnelte und John wollte schon etwas äußern, als die vertraute Stimme von Mrs. Hudson zu ihnen durchdrang.
,,Juhu! Ich störe nur ungern, aber der hier wurde eben per Kurier für Sie abgebeben, Liebes. Scheint ziemlich wichtig zu sein, ich musste dafür unterschreiben.", sagte die Vermieterin an Jacinda gewandt, der sie nun einen Umschlag reichte, den die junge Detektivin entgegennahm, als Mrs. Hudson John neben sich sah. ,,Oh, John. Wie schön, Sie endlich mal wiederzusehen."
John nickte Mrs. Hudson zu, doch dann spannten er und Adrian sich sofort an, denn ihr Instinkt sagte ihnen bereits, dass die Botschaft mit der Entführung von Mycroft zusammenhängen musste. Jacinda nahm den Umschlag in Augenschein und schien sich jedes Detail genau einzuprägen, ehe sie ihn schließlich öffnete. Als sie den Inhalt hervorzog, entpuppte es sich als schlichter schwarzer USB-Stick und dieser hatte die Aufschrift „Play me!" (Spiel mich ab) aufgeklebt. Jacinda sah zu ihren drei Gefährten und während Mrs. Hudson den Stick etwas irritiert begutachtete, nickten Adrian und John kaum merklich. Daraufhin begab sich Jacinda zum Laptop und setzte sich vor diesen, ehe sie den Stick ansteckte und dann ein Video abgespielt wurde, welches Mycroft zeigte und alle Anwesenden im Raum erstarren ließ.

„Jacinda, ich befinde mich ganz offensichtlich in der Gewalt von Entführern und man zwingt mich, diese Botschaft für dich aufzuzeichnen. Dieses Video ist nur für dich bestimmt und die Polizei darf nichts davon erfahren. Wenn du meinen Tod nicht riskieren willst, dann solltest du deinen aktuellen Fall umgehend abbrechen und nach keinen weiteren Spuren suchen. Solltest du es dennoch tun, wird dies das Letzte sein, was du von mir sehen wirst. Sprich mit niemandem darüber und vernichte alle Beweise, die du über den Fall gesammelt hast. Dann werden sie mich freilassen!"

Der Bildschirm wurde schwarz und es herrschte Stille im Raum. Während Jacinda immer noch auf den Laptop starrte, schluchzte Mrs. Hudson vor Fassungslosigkeit in ein Taschentuch und Adrian sah besorgt auf Jacinda, während John kaum in Worte fassen konnte, wie erschüttert er war. Natürlich hoffte er, dass Mycroft unbeschadet aus der Sache rauskam, doch seine größte Sorge galt Jacinda. Denn wie kühl und gleichgültig sie manchmal auch tat, sie hatte doch schon ihre Eltern verloren. Ihrem Onkel durfte nicht auch noch etwas zustoßen.
,,Die Sache scheint ernster zu sein, als wir bisher angenommen haben.", stellte Adrian fest und John seufzte kaum merklich.
,,Unverkennbar. Die Frage ist, was tun wir nun?"
,,Onkel John, ich dachte eigentlich das wäre dir klar.", setzte Jacinda an, ehe sie vom Stuhl aufstand und ihren Ziehvater entschlossen musterte. ,,Wir lösen den Fall und retten Mycroft. Und wenn diese Gangster es wagen sollten ihn anzurühren, werden sie mich kennenlernen. Die haben sich mit den Falschen angelegt und jetzt bekommen sie es mit Jacinda Holmes zu tun!"


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