Jenseits von Eden
Hallöchen :) Das Abenteuer in London geht in die nächste Runde. Es bleibt spannend und unserem Ermittler-Duo wird natürlich keineswegs langweilig. Deshalb will ich euch gar nicht lange aufhalten und wünsche euch viel Spaß beim Weiterlesen.
Liebe Grüße,
eure Hela
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Jenseits von Eden
Ein paar Wochen später saß dem Team der Schock um die Ereignisse noch immer tief in den Knochen. Zwar waren alle erleichtert, dass Lizzie die Konfrontation mit Moriarty soweit gut überstanden hatte, doch vor allem Hardin Lestrade hatte noch immer mit dem Vorfall zu kämpfen. Schließlich hatte er einen riskanten Alleingang gestartet und das Gesetz dabei missachtet, womit er natürlich prompt in die Falle von Moriarty getappt war. Noch heute war sein Vorgesetzter deshalb stinksauer und hatte damit gedroht, dass noch Konsequenzen folgen würden.
Und mittlerweile wusste Hardin auch, wie diese Konsequenzen aussahen. Man hatte ihm bereits mitgeteilt, dass die erfahrene Chief Inspector Vivyan McLeod in wenigen Tagen als seine neue Partnerin bzw. eher Vorgesetzte zum Scotland Yard stoßen würde. Sie sollte wohl ein wachsames Auge auf Hardin haben und sicherstellen, dass er keinen Unfug mehr anstellte.
Dabei wurde der junge Detective Inspector schon schlimm genug von seinem schlechten Gewissen geplagt. Nicht nur, dass er das gesamte Team durch seinen Alleingang in Gefahr gebracht hatte und Jacinda Holmes mal wieder die Situation hatte retten müssen, er fühlte sich auch mies, weil er Adrian Montgomery beschuldigt hatte, der neue Moriarty zu sein. Zwar hatten seine Nerven zu dem Zeitpunkt wahrlich blank gelegen, aber Jacinda hatte ihm auch nach der Rettung von Lizzie noch eine wütende Predigt diesbezüglich gehalten. So schnell würde die Consulting Detektivin den Vorfall also mit Sicherheit nicht vergessen.
Jacinda selbst, hatte sich seit der Konfrontation mit Moriarty in die Baker Street zurückgezogen und verbrachte die meiste Zeit mit nachdenken. Denn obwohl Moriarty natürlich die größte Bedrohung darstellte, so wollte die junge Detektivin auch den Fall ihres Partners keineswegs außer Acht lassen. Denn die Anschuldigungen von Hardin Lestrade hatten ihr wieder einmal vor Augen geführt, dass Adrian nach wie vor auf der Abschussliste der Polizei zu stehen schien. Etwas, das die junge Frau unter allen Umständen ändern wollte.
Aber noch etwas anderes beschäftigte Jacinda Holmes. Denn in den vergangenen Wochen hatte sie feststellen müssen, dass sie sich immer mehr unbewusst ihre Eltern zurückwünschte, was nicht zuletzt an der Bemerkung von Moriarty lag. Gerade bei dem Fall von Adrian könnte sie die Hilfe ihres Vaters gut gebrauchen, denn immerhin hatte der damals selbst die kompliziertesten Fälle gelöst. Aber auch ihre Mutter fehlte Jacinda in letzter Zeit immer mehr, obwohl sie natürlich alles tat, um das zu verbergen. Es sollte niemand wissen, was sie diesbezüglich fühlte und insgeheim ärgerte sich Jacinda über ihre Emotionalität. Sie ließ sich nicht so einfach abschalten, wie die Consulting Detektivin das gerne hätte und war ein zunehmend störendes Hindernis. Aber sie war nun einmal auch keine typische Holmes, sondern viel eher ein Wunderkind. Denn wer hätte gedacht, dass sich eins der Holmes-Geschwister eine Familie aneignen würde?
Gedankenverloren sah Jacinda zu dem Armband, welches vor ihr auf dem Wohnzimmertisch lag und das Geschenk von Adrian war. Als Zeichen ihrer Partnerschaft bezeichnete er es, denn offenbar war er fest entschlossen, Moriarty gemeinsam mit ihr zu bezwingen. Obgleich Jacinda dennoch das Gefühl hatte, dass er auf eigene Faust handeln würde, sollte es die Situation erfordern.
Dieser junge Mann hatte etwas an sich, was sie faszinierte und er wies Eigenschaften auf, die mehr und mehr ihr Interesse weckten. Versuchte er doch stets der Verantwortungsbewusste von ihnen zu sein und sie auszubremsen, sollte sie drohen sich von ihrer Impulsivität leiten zu lassen und dennoch schien er keine Scheu zu haben die Grenzen zu überschreiten, falls es erforderlich sein sollte. Wie weit war er wohl bereit zu gehen, wenn sie gegen Moriarty vorgehen würden?
Die entfernte Stimme von Mrs. Hudson holte Jacinda aus ihren Gedanken zurück, als sie ihre Vermieterin im Treppenhaus hörte. Diese schien jemanden an der Tür zu begrüßen und als Jacinda vollkommen wieder im Hier und Jetzt angekommen war, kam bereits ihre Großcousine Annabelle ins Wohnzimmer geschneit. Mit wallendem blonden Haar, welches in offenen Locken über ihre Schultern fiel, in stilvoller Kleidung, was sie fast schon so seriös wie Mycroft wirken ließ und mit einem strahlendem Lächeln im Gesicht.
,,Hallo, Jacinda. Schön, dich zu sehen.", begrüßte Annabelle die Dunkelhaarige und die sah resigniert zu ihr auf.
,,Du kommst mich also wirklich besuchen."
,,Natürlich. Hast du etwa gedacht, ich würde mein Versprechen nicht halten?"
Annabelle war verdutzt über die Frage von Jacinda, doch die zuckte nur mit den Schultern.
,,Du verbringst viel Zeit mit meinem Onkel. Würde mich nicht wundern, wenn du einige seiner Eigenschaften annimmst."
,,Keineswegs. Und wenn du lieb darum bittest, trete ich Mycroft gerne in den Hintern, damit er öfter mal bei dir vorbeischaut.", schlug Annabelle vor, doch Jacinda warf ihr nun einen entgeisterten Blick zu.
,,Bloß nicht. Mir reicht es schon, dass er mich ständig wegen seiner irrsinnigen Fälle rekrutieren will. Jedes Mal tut er so, als stünde die Existenz der ganzen Nation auf dem Spiel und dann stellt es sich wieder als Lappalie heraus, die jeder x-beliebige Geheimagent hätte regeln können. Nichts für ungut."
Die unausgesprochene Entschuldigung schwebte im Raum, doch Annabelle winkte ab. Sie wusste schließlich, dass Jacinda sehr nach ihrem Vater Sherlock schlug und somit keineswegs der emotionalste Mensch war, aber dennoch zeichneten sich auch einige Eigenschaften von Evelyn in ihr ab. Annabelle ließ sich lässig in den Sessel gegenüber Jacinda fallen und legte den Kopf etwas schräg, als ihr Blick auf das Armband fiel.
,,Was ist das denn?"
,,Ein Geschenk von Montgomery.", erwiderte Jacinda tonlos und ein Grinsen umspielte die Lippen von Annabelle.
,,Soso, dann liegt meine Vermutung also doch nahe, dass ihr Zwei mehr als nur Mitbewohner und Partner seid."
Nun erstarrte Jacinda und wünschte sich sofort an einen anderen Ort. Schon Lizzie hatte letztens diese absurde Äußerung von sich gegeben und nun fing auch noch Annabelle damit an. Zwar wusste Jacinda, dass ihre Großcousine bezüglich dieses Gebietes sehr lebhaft war und schnell über die Stränge schlagen konnte, aber Jacinda hatte damit nun wirklich nichts am Hut. Gefühle konnte sie sich nicht erlauben, aber das schien die anderen nicht im Geringsten zu interessieren. Die wollten nur ihre albernen Theorien verwirklicht sehen und verloren dabei jeglichen Sinn für das Wesentliche.
,,Sei nicht albern. Montgomery und ich sind keineswegs auf dieser Ebene miteinander vertraut, also verwirf diese absurden Theorien gleich wieder. Für so etwas wie Liebe hab ich keine Zeit."
,,Weißt du, deine Mutter hat damals auch immer geleugnet, Gefühle für deinen Vater zu haben. Aber zum Schluss war die Liebe dann doch eben stärker und egal was du mir sagst, bei dir und Adrian ist es genauso. Zwischen euch beiden gibt es eine besondere Verbindung...wie bei Evelyn und Sherlock.", beharrte Annabelle weiter, woraufhin Jacinda sich deutlich anspannte.
,,Können wir bitte das Thema wechseln? Ich will nicht über sie sprechen."
Annabelle blinzelte etwas perplex, denn Jacinda schien sich enorm verkrampft zu haben, als sie Sherlock und Evelyn ins Gespräch gebracht hatte. Zudem vermied die junge Detektivin nun jeglichen Augenblick mit Annabelle und die verspürte sofort ein Gefühl der Reue. Zwar hatte Mycroft ihr bereits angedeutet, dass Sherlock und Evelyn gewissermaßen ein Tabu-Thema bei Jacinda waren, aber nun wurde Annabelle erst bewusst, wie ernst die Lage offenbar war.
Nach all der Zeit schien Jacinda den Verlust ihrer Eltern noch immer nicht verwunden zu haben und Annabelle konnte nachempfinden, wie sie sich fühlen musste. Ihr Vater war schließlich auch früh verstorben und obwohl sie ja mittlerweile erwachsen war, trauerte sie ihm heute noch im Stillen nach. Auch der Tod ihrer Mutter war für sie noch immer schwer zu verkraften, zudem ihr eigener Cousin Vincent dafür verantwortlich war. Und die Tatsache, dass Evelyn bis heute spurlos verschwunden war, ließ nur wenig Hoffnung darauf, dass sie und Sherlock noch am Leben waren. Vermutlich hatte Mycroft Recht und sie waren wirklich tot, obwohl Annabelle sich das einfach nicht eingestehen wollte.
,,Jacinda, ich kann verstehen, dass es dir nicht leicht fällt darüber zu sprechen und wenn du das nicht willst, schweige ich natürlich, aber vielleicht würde es dir helfen. Denn was auch immer der Grund dafür ist, dass sie damals verschwunden sind...deine Eltern haben dich geliebt.", wagte Annabelle einen Versuch, doch Jacinda schnaubte nur.
,,Und warum haben sie mich dann zurückgelassen? Sag mir, warum sind sie fortgegangen und haben sich in all der Zeit nicht einmal gemeldet? Ich hoffe wirklich, dass es eine gute Erklärung dafür gibt, die es rechtfertigt, dass sie uns alle hier im Stich gelassen haben."
Jacinda war wütend. Nicht nur auf ihre Eltern, sondern auch auf sich. Annabelle hatte es doch tatsächlich geschafft, dass sie ihre Fassade einstürzen ließ, die sie sich in den vergangenen Jahren so mühsam errichtet hatte. Nur selten verlor Jacinda ein Wort über ihre Eltern, weil sie ihnen bis heute nicht verziehen hatte, dass sie einfach verschwunden und nie zurückgekommen waren. Und wann immer andere sie zum Reden hatten bringen wollen, hatte sie abgeblockt.
Was sollte es auch bringen darüber zu reden? Es würde nichts ungeschehen machen und es konnte ihre Eltern auch nicht zurückbringen, deshalb schwieg sie das Thema lieber eisern tot. Das war zumindest besser, als immer wieder aufs Neue alte Wunden aufzureißen und permanent daran erinnert zu werden, dass ihre Eltern sie einst für immer verlassen hatten.
Annabelle musterte Jacinda besorgt und konnte ihr ansehen, dass Gedanken und Gefühle momentan ein einziges Chaos waren. Jacinda schien in den letzten Jahren alles krampfhaft verdrängt zu haben und da war es klar, dass sie sich weigerte, irgendwas an die Oberfläche kommen zu lassen. Und weil Annabelle die Tochter ihrer Cousine keineswegs überfordern oder zu etwas drängen wollte, wechselte sie das Thema.
,,Also, was gedenkst du im Bezug auf den Fall von Adrian zu tun?", fragte Annabelle neugierig und zu ihrer Erleichterung, entspannte sich Jacinda augenblicklich, als es nicht länger um ihre Eltern ging.
,,Gute Frage. Der Fall ist komplizierter, als ich zu Anfang angenommen hatte."
,,Hast du denn schon irgendwelche Anhaltspunkte?"
Annabelle hoffte auf gute Neuigkeiten, denn sie hatte ehrliches Interesse an dem Fall und mochte Adrian. Er tat Jacinda gut, da er ein freundlicher junger Mann war und vielleicht würde er ja eines Tages dazu im Stande sein, die menschliche Seite von Jacinda zum Vorschein zu bringen. Wie es einst schon bei Evelyn und Sherlock der Fall gewesen war.
,,Keine konkreten. Sämtliche Spuren deuten auf Montgomery als Täter hin und die Beweislage ist allem Anschein nach sehr erdrückend. Aber er kann diesen Mord unmöglich begangen haben.", meinte Jacinda überzeugt und Annabelle legte den Kopf etwas schräg.
,,Weil er dazu nicht im Stande wäre?"
,,Erstens das und außerdem weiß ich es einfach. Mein Instinkt sagt mir, dass mehr dahinter steckt und ich irre mich nicht. Irgendjemand versucht es Montgomery anzuhängen. Die Frage ist nur wer und warum."
Jacinda war erneut nachdenklich geworden und dachte an die erste Begegnung mit Adrian zurück. Sie hatte ihm sofort die Verzweiflung angesehen, da er sich zweifellos in einer aussichtslosen Lage befand. Zwar würde es sie schon brennend interessieren, weshalb er ausgerechnet London als Ziel auf seiner Flucht ausgewählt hatte, aber es hatte für sie keinen Vorrang darauf eine Antwort zu haben. Viel wichtiger war herauszufinden, wer wirklich hinter alldem steckte und Annabelle schien eine Vermutung zu haben.
,,Moriarty?"
Die Blonde warf einen abwartenden Blick auf Jacinda und die nickte kaum merklich.
,,Ist mir auch schon in den Sinn gekommen. Zwar war die Theorie von Lestrade, Montgomery könnte der neue Moriarty sein, natürlich absoluter Schwachsinn, aber es ist dennoch ein merkwürdiger Zufall, dass Moriarty ungefähr zur gleichen Zeit in London auftaucht. Aber wie hängt das dann alles zusammen? Was will Moriarty wirklich?"
Die Gedanken der jungen Detektivin drifteten in weite Ferne ab und sie war drauf und dran, sich in ihren Gedächtnispalast zu verabschieden. Irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass Moriarty mit diesem Spiel etwas Größeres erreichen wollte, als nur Spaß und Aufmerksamkeit dadurch zu erlangen. Es musste einen tieferen Sinn haben und sie musste um jeden Preis herausfinden, was für einer das war.
Zur gleichen Zeit traf Adrian beim Scotland Yard ein und ließ sich von einem Polizeibeamten zum Büro von Hardin Lestrade führen. Der hatte ihn, warum auch immer, nämlich zum Revier bestellt und Joe, der Polizist, klopfte nun an die Tür des Detective Inspector, woraufhin ein stumpfes Herein erklang. Joe und Adria betraten den Raum, wo Hardin konzentriert am Schreibtisch saß und nun aufsah, woraufhin sich seine Miene etwas erhellte.
,,Ah, Mr. Montgomery. Da sind Sie ja schon, kommen Sie doch bitte rein. Danke, Joe."
Der Polizist nickte und verschwand, während Adrian die Tür hinter sich schloss und etwas zögerlich auf Lestrade sah. Dieser deutete ihm an sich zu setzen und Adrian kam der Bitte schließlich nach, während er unsichere Blicke auf Hardin warf, der schließlich dem Schweigen zwischen ihnen ein Ende bereitete.
,,Nun, Sie fragen sich mit Sicherheit, warum ich Sie herbestellt habe, Montgomery.", begann er und Adrian überlegte sich jedes Wort zweimal, bevor er es aussprach.
,,Ehrlich gesagt ja. Bei unserer letzten Begegnung haben Sie mich angegriffen und mich für Moriarty gehalten. Deshalb frage ich mich, was wohl jetzt auf mich zukommen wird."
Hardin schob die Akten beiseite und lehnte sich etwas in seinem Stuhl zurück, während ihm ein Seufzen entfuhr. Adrian konnte ihm ansehen, dass Lestrade viel durch den Kopf ging und die letzten Wochen konnten unmöglich einfach für ihn gewesen sein.
,,Tja, ich sollte mich wohl noch für diesen Vorfall bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie so angegangen habe und natürlich weiß ich, dass Sie nicht Moriarty sind. Es ist nur..."
Hardin suchte nach den richtigen Worten, doch die kamen erstaunlicher Weise von Adrian selbst.
,,Sie hatten Angst um Lizzie, das verstehe ich und es ist nur menschlich, dass Sie da ein wenig die Nerven verlieren. Vermutlich wäre ich genauso durchgedreht, wenn meine Freundin entführt worden wäre. Ich würde einfach sagen, wir vergessen das."
,,Einfach so?", hakte Lestrade verblüfft nach und Adrian zuckte mit den Schultern.
,,Ja, einfach so. Das Leben ist viel zu kurz, um ewig nachtragend zu sein und da ich nicht weiß, wie viel Zeit in Freiheit mir noch bleibt, will ich diese lieber in Frieden genießen."
Nun runzelte der Detective Inspector etwas überrascht die Stirn.
,,Jacinda ist doch an Ihrem Fall dran. Zumindest hat sie mich angewiesen, sie nur bei akuten Notfällen hinzuzuziehen, da sie wohl ihre Konzentration auf den Fall von Ihnen ausrichten will."
,,Das ist richtig. Aber ich mache mir nur wenig Hoffnung darauf, dass sie ihn lösen kann. Ich zweifle keineswegs die Fähigkeiten von Jacinda an, aber...seien wir ehrlich, mein Fall ist eine Sackgasse. Alle Hinweise führen zu mir, ich habe kein handfestes Alibi und bin daher wohl der perfekte Hauptverdächtige. Nach all den Verhören habe ich mich mittlerweile damit abgefunden, dass man mir sowieso nicht glauben wird."
Adrian machte sich in der Tat keine große Hoffnungen mehr, dass seine Unschuld noch bewiesen werden konnte. Zumal er in Moriarty das größere Problem derzeit sah. Es kam ihm irgendwie absurd und egoistisch vor, um jeden Preis beweisen zu wollen, dass er diesen Mord nicht begangen hatte, wo durch Moriarty doch akute Gefahr für Jacinda und alle anderen drohte. Eher würde er für den Rest seines Lebens freiwillig im Gefängnis sitzen, als zuzulassen, dass den anderen etwas zustieß. Dafür waren sie ihm alle bereits zu wichtig geworden.
,,Sie geben einfach auf?"
Lestrade wirkte ehrlich überrascht, aber Adrian nahm einen tiefen Atemzug, ehe er weitersprach.
,,Aufgeben ist nicht das richtige Wort. Ein kleiner Teil von mir hofft natürlich immer noch, dass ein Wunder geschieht und alles aufgeklärt wird. Aber ich bin auch realistisch und war schließlich selbst mal Polizist. Ich weiß, wie verstrickt ein Fall manchmal sein kann und wie die Staatsanwaltschaft in solchen Fällen vorgeht. Die wollen einen Fall möglichst schnell abschließen und bei meiner Beweislage, ziehe ich eben den Kürzeren. Unschuldig hin oder her."
,,Da kann ich Ihnen leider nicht widersprechen.", meinte Lestrade, warf Adrian aber dennoch einen zuversichtlichen Blick zu. ,,Vertrauen wir auf Jacinda Holmes. Sie hat es bisher immer wieder geschafft das Unmögliche zu vollbringen und wenn sie nur halb nach ihrem Vater kommt, dann wird sie Ihren Fall aufklären...früher oder später."
,,Ich hoffe, Sie haben Recht."
Adrian fand es nett von Lestrade, dass dieser ihm Mut machen wollte und es beruhigte ihn etwas, dass er ihn vielleicht nun auch ein bisschen besser verstehen konnte. Mit einem Mal wirkte der Polizist vor ihm aber wieder angespannt und schien etwas auf dem Herzen zu haben.
,,Alles in Ordnung, Lestrade?", forschte Adrian nach und der junge Mann nickte etwas unschlüssig.
,,Ja, es ist nur...ich habe Sie aus einem besonderen Grund hergebeten. Ich brauche Ihre Hilfe, Adrian."
,,Meine Hilfe? Wobei?", erwiderte Adrian sichtlich irritiert und Hardin beugte sich ein wenig zu ihm vor, während er sie Arme auf dem Schreibtisch ablegte.
,,Ich möchte Lizzie einen Antrag machen."
Nun starrte Adrian ihn perplex an, denn mit solch einer Offenbarung hatte er im Leben nicht gerechnet. Und noch mehr überraschte es ihn, dass Lestrade bezüglich dessen offenbar ihn als Gehilfen im Visier hatte. Wo sie doch nun wirklich kaum etwas miteinander zu tun hatten, von den Ermittlungen mal abgesehen.
,,Das...freut mich zwar sehr, aber was genau habe ich damit zu tun?"
,,Wie Sie schon sagten, das Leben ist viel zu kurz und ich will meins mit Lizzie verbringen. Die Entführung und Moriarty haben mir das nur einmal mehr klar gemacht und deswegen brauche ich Ihre Hilfe. Es darf nichts schiefgehen, wenn ich Lizzie einen Antrag mache.", erklärte Hardin und Adrian war noch immer etwas überrumpelt.
,,Warum brauchen Sie dann ausgerechnet meine Hilfe? Ich habe keinerlei Erfahrungen auf diesem Gebiet, denn ich habe noch nie einen Heiratsantrag gemacht."
,,Ja, aber Sie haben ein gutes Gespür für so etwas. Da Sie es sogar schaffen Jacinda Holmes im Zaum zu halten, sind Sie der perfekte Kandidat dafür. Also, was sagen Sie? Kann ich auf Sie zählen?"
Erwartungsvoll bedachte Hardin Adrian mit seinem Blick und dieser seufzte kaum merklich. Zwar hatte er für derartige Dinge momentan nun wirklich keinen Sinn, aber er wollte den jungen Polizisten auch keineswegs hängen lassen. Zumal er und Lizzie in der Tat ein schönes Paar abgaben und Adrian es sich für die beiden wünschen würde.
,,Na, schön. Ich bin dabei.", gab er schließlich nach und Hardin wirkte unendlich erleichtert.
,,Ich danke Ihnen, Adrian. Sie haben was gut bei mir."
,,Sagen Sie das nicht zu laut. Ich komme bestimmt drauf zurück.", raunte Adrian ihm sarkastisch entgegen und entlockte Hardin damit sogar ein kleines Grinsen.
,,Ich steh' zu meinem Wort. Dann treffen wir uns morgen, um alles zu besprechen?"
,,Solange Sie den Ring besorgen."
Adrian warf einen mahnenden Blick auf den Detective und der nickte eifrig.
,,Keine Sorge. Das übernehme ich schon noch selbst."
,,Gut. Dann bin ich beruhigt. Schicken Sie mir einfach wieder eine Nachricht, wenn Sie soweit sind."
Hardin nickte erneut und Adrian erhob sich vom Stuhl. Er war froh, dass der Zwischenfall letztens nun aus der Welt geschafft war und eine vielleicht baldige Hochzeit würde auch die Stimmung des Teams möglicherweise wieder etwas heben. Obwohl er große Zweifel hegte, dass Jacinda für solch ein Ereignis große Begeisterung zeigen würde.
Als er gerade die Tür öffnen wollte, kam ihm diese bereits halb entgegen und Adrian wich zurück, als er einer fremden Frau gegenüberstand. Sie hatte lange blonde Haare, die zu einem hohen lockeren Knoten gesteckt waren und ihre blauen Augen musterten Adrian interessiert und aufmerksam. Adrian schätzte ihr Alter zwischen Anfang und Ende 40, während er sie immer noch überrascht ansah und die Frau ihm nun ein freundliches Lächeln schenkte.
,,Bitte verzeihen Sie. Ich wollte Sie nicht über den Haufen rennen, aber ich habe einen Termin bei Hardin Lestrade."
,,Kommen Sie ruhig rein.", rief Lestrade vom Schreibtisch aus, klang aber wieder wesentlich angespannter und als Adrian irritiert auf die Frau sah, reichte diese ihm nun ihre rechte Hand.
,,Vivyan McLeod! Ich bin Chief Inspector vom Scotland Yard."
,,Oh, freut mich. Adrian Montgomery.", erwiderte er höflich und schüttelte der Polizistin die Hand.
,,Montgomery? Ah, dann sind Sie wohl der Spezialfall von Lestrade. Habe schon ein wenig davon gehört. Ihr Fall soll ziemlich kompliziert sein."
,,Leider ja, Ma'am."
Adrian hätte ihr gern widersprochen, nur hatte sie ja Recht und die Polizistin machte einen sympathischen Eindruck auf ihn. Vivyan McLeod trat nun vollständig in das Büro ein, um Hardin ebenfalls zu begrüßen, der ein wenig schluckte und Adrian konnte ihm ansehen, dass er sich nicht ganz wohl dabei fühlte.
,,Hallo, Chief Inspector McLeod. Es freut mich, Sie persönlich kennenzulernen. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus."
,,Ach, Hardin. Keine Angst, ich werde Sie schon nicht fressen und ich habe auch gewiss nicht vor, Ihnen jede Sekunde auf die Finger zu schauen. Man hat mir lediglich aufgetragen, die Leitung dieser Dienststelle hier vorläufig zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass alles seinen rechten Weg geht.", versuchte sie den jungen Polizisten etwas zu beschwichtigen und Adrian ergriff Partei für Lestrade.
,,Miss McLeod, Lestrade hat beim letzten Fall nichts Falsches getan. Er hat nur versucht..."
,,Elizabeth Watson zu retten, die seine Freundin ist. Ja, die Fakten sind mir durchaus bekannt und ich habe auch Verständnis für eine derartige Situation. Aber dennoch sollten wir darauf achten, dass so etwas nicht erneut vorkommt. Gerade jetzt, wo wir ganz offenbar einen neuen Momity in der Stadt haben.", sagte Vivyan beiläufig, als Hardin sie etwas kleinlaut korrigierte.
,,Moriarty."
,,Wie?"
Die Blonde horchte auf und Hardin schluckte leicht, ehe er sich wiederholte.
,,Der Name ist Moriarty."
,,Ah, ja. Natürlich."
Vivyan nickte und nahm es hin, während Adrian in der neuen Polizisten eine mögliche Chance sah, den Fall Moriarty weiter voranzubringen.
,,Sind Sie schon vertraut mit dem Fall?"
,,Noch nicht. Man hat mir nur ein paar Andeutungen gemacht, aber ich werde mir die Akten dazu ansehen. Kann ja nicht schaden, denn aus irgendeinem Grund scheint dieser...Moriarty es ja speziell auf dieses Team hier abgesehen zu haben. Komischer Name, aber dennoch ist er London wohl im Gedächtnis geblieben."
,,Das könnte daran liegen, dass er damals der Erzfeind von Sherlock Holmes war. Und wenn unsere Vermutungen richtig liegen, dann ist der neue Moriarty jetzt hinter seiner Tochter Jacinda her. Zumindest deutet alles darauf hin.", gab Hardin seiner Kollegin einen kleinen Einblick und die wirkte leicht überfordert mit den Informationen.
,,Grundgütiger. Lestrade, Sie müssen mir diesbezüglich wohl einen Crash-Kurs geben. Bis vor ein paar Tagen befand ich mich schließlich noch im wohlverdienten Urlaub auf einer Kreuzfahrt zu den karibischen Inseln und jetzt kehre ich nach London zurück, wo mich ein Chaos aus Kriminalverbrechen erwartet, was offenbar von einem kranken Psychopathen vollstreckt wurde. Man merkt wohl bei solchen Fällen immer wieder, dass der Job niemals langweilig wird."
Ihr entfuhr ein Seufzen und Adrian musste ein wenig schmunzeln. Vivyan McLeod war wohl nicht sonderlich begeistert davon, es gleich mit so einem üblen Gegner wie Moriarty 2.0 zu tun zu kriegen, aber er hoffte dennoch, dass sie dem Team mit ihrer Erfahrung unter die Arme greifen konnte. Vielleicht hätten sie dadurch ja wirklich eine reelle Chance den Nachahmer von Sherlock Holmes' Erzfeind in die Knie zu zwingen und selbst, wenn der Fall von Adrian letztendlich nicht zu seinen Gunsten verlief, so könnte er immerhin ruhigen Gewissens hinter Gitter wandern, wenn er Jacinda und den Rest des Teams in Sicherheit wusste, sobald Moriarty gefasst worden war. Diese Aussicht war zwar nicht sonderlich rosig und das Paradies würde ein Leben unschuldig im Gefängnis schon gar nicht sein, aber es war die Hoffnung von Adrian, dass wenigstens seine Freunde vor einem üblen Schicksal verschont bleiben würden.
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