Die schwarze Rose

Hallo, meine Lieben. Ich habe ein neues Kapitel für euch, denn es geht wieder weiter mit unserem Ermittlerduo in London. Da wollen wir mal sehen, was die Rückkehr von der Frau in Schwarz so mit sich bringt. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und einen entspannten Karfreitag. Kommt gut ins Osterwochenende.

Liebe Grüße,
eure Hela

                                                                                              ~~~

                                                                         Die schwarze Rose

11 Jahre zuvor...

Es war ein Tag wie jeder andere, als Greg Lestrade und Evelyn Holmes gemeinsam den neuen Tatort erreichten, der Beginn ihres neuen gemeinsamen Falls sein würde. Während Evelyn im Grunde relativ entspannt und routiniert an die Sache heranging, bemerkte sie, dass ihr Partner Greg noch immer sehr angespannt und nachdenklich wirkte, während er immer wieder einen prüfenden Blick auf sein Handy warf.
Evelyn seufzte bei diesem Anblick kaum merklich.
,,Greg, du erhältst auch nicht schneller eine Nachricht, wenn du dein Handy in Grund und Boden starrst.", merkte sie an und der Polizist zuckte zusammen, ehe er sein Handy widerwillig in der Tasche seines Mantels verschwinden ließ.
,,Entschuldige bitte. Du hast ja Recht. Ich hatte nur gehofft..."
Er brach ab und Evelyn erkannte die Niedergeschlagenheit, welche Greg vergeblich versuchte zu verbergen. Aber schließlich kannte Evelyn ihren Partner nach all den gemeinsamen Jahren viel zu gut, als dass er ihr noch irgendwas vormachen könnte.
,,Ich nehme mal an, dass sich dein Verhältnis zu Hardin immer noch nicht verbessert hat.", meinte Evelyn und Greg nickte nur.
,,Leider. Ich habe versucht, mit ihm zu reden und alles zu klären, aber Hardin ist nicht gerade jemand, der sich mit einfachen Entschuldigungen abspeisen lässt. Zumal er gerade in keinem besonders einfachen Alter ist."
Nun musste Evelyn schmunzeln. Der Sohn von Greg und seiner Ex-Frau war mittlerweile 15 Jahre alt und dadurch ein rebellischer Teenager. Dass Greg unmittelbar nach der endgültigen Trennung von seiner Frau unerwartet Vater geworden war, kam sowohl für den Cop, als auch für sie alle damals unglaublich überraschend. Nur Sherlock hatte die Anzeichen natürlich vorher schon erkannt, aber keinen Ton darüber verloren, da er laut eigener Aussage, Greg die Überraschung nicht hatte verderben wollen. Etwas, das Evelyn bis heute noch den Kopf schütteln ließ.
Ihre eigene Tochter Jacinda war mit 7 Jahren zwar noch kein Teenager, eigensinnig und stur war sie aber dennoch. Wobei Evelyn klar war, dass Jacinda diese Eigenschaften eindeutig von ihrem Vater Sherlock geerbt hatte. Ohnehin war ihre Tochter schon jetzt die perfekte Kleinversion von dem Consulting Detektiv, was diesen natürlich unbändig mit Stolz erfüllte und Evelyn gelegentlich den letzten Nerv raubte. Daher konnte sie verstehen, dass Greg mittlerweile am Rande der Verzweiflung stand und wohl langsam keinen Ausweg mehr sah.
,,Kopf hoch, Greg. Ich bin sicher, eines Tages wird dein Sohn erkennen, dass nicht alles im Leben nach Plan verläuft. Eure Situation ist keineswegs einfach und irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem dein Sohn dir vergeben wird. Meistens passiert es dann, wenn man es am wenigsten erwartet.", versuchte Evelyn ihn aufzubauen und Greg rang sich zu einem Lächeln durch.
,,Ich hoffe, du hast Recht. Sei froh, dass eure Familie so intakt ist. Obwohl ich sicher bin, dass Jacinda Sherlock und dich auch ordentlich auf Trab hält."
,,Du hast ja keine Ahnung. Ich muss Sherlock jedes Mal ausbremsen, wenn er ihr seine schrägen Angewohnheiten näherbringen möchte. Im Grunde funktioniert das auch ganz gut, aber ich weiß jetzt schon, dass er meine Abwesenheit nutzt und Jacinda genau in diesem Augenblick wieder irgendeinen Schwachsinn beibringt. Ich fühle mich hoffnungslos unterlegen bei den Genies zu Hause."
Evelyn seufzte und brachte Greg mit ihrer Aussage sogar ein wenig zum Lachen. Und die Polizistin selbst, musste bei dem Gedanken ebenfalls lächeln. Denn im Grunde war ihr ja von Anfang an bewusst gewesen, dass Jacinda voll und ganz nach ihrem Vater schlagen würde. Und genau aus diesem Grund liebte Evelyn ihre Tochter so unglaublich.
,,Tja, wer weiß...vielleicht treten unsere Kinder eines Tages in unsere aller Fußstapfen und klären gemeinsam Verbrechen auf. Ganz genau wie wir es tun.", sagte Greg schon beinahe philosophisch und Evelyn schmunzelte ein wenig.
,,Ich fürchte, diese Theorie ist gar nicht so weit hergeholt. Zumindest würde es mich keineswegs wundern, aber wir werden wohl sehen, was die Zukunft bringt. Ich bin sicher, es wird alles genau so kommen...wie es kommen soll."

                                                                                                  ***


,,Das darf doch alles nicht wahr sein!"
Greg Lestrade stand am Rande der Verzweiflung. Vor wenigen Minuten erst, hatte Adrian Montgomery ihm offenbart, dass seine einstige Feindin Adalind Fox erneut aus dem Gefängnis ausgebrochen war und nun allem Anschein nach seinen Sohn Hardin entführt hatte. Es war ein Tag, der ihm sichtlich den Boden unter den Füßen wegzog und einmal mehr seine Fehler der Vergangenheit vor Augen führte.
Während Adrian versuchte, den aufgebrachten ehemaligen Polizisten zu besänftigen, überlegte Jacinda fieberhaft, wie sie Hardin nun so schnell wie möglich finden konnten. Dass sie mit ihrer Annahme, der junge Polizist sei entführt worden, mal wieder richtig gelegen hatte, kümmerte sie gerade herzlich wenig, obwohl es ihren brillanten Verstand ohne Zweifel wieder einmal bestätigte.
Sie versuchte, die logischen Vorgänge der vergangenen Stunden in ihrem Kopf zu rekonstruieren, von dem Gefängnisausbruch bis hin zur Entführung von Hardin Lestrade. Und eine Sache wollte der jungen Detektivin einfach keine Ruhe lassen.
,,Beruhigen Sie sich, Greg. Wir werden Hardin finden und ihn befreien.", versicherte Adrian Greg, der ihn aufgelöst ansah.
,,Und was wenn nicht? Adalind ist zu allem fähig und zweifellos sinnt sie immer noch auf Rache, sonst hätte sie meinen Sohn nicht entführt. Ich habe keine Ahnung, wo sie ihn festhält und wenn sie ihn tötet, dann ist das meine Schuld."
Greg verbarg sein Gesicht in seinen Händen und wusste nicht mehr weiter. Schon damals, als seine Ex-Frau und Evelyn wegen ihm in Gefahr geraten waren, hatte er lange mit Schuldgefühlte zu kämpfen gehabt und heute befand sich sein eigener Sohn in den Fängen seiner Todfeindin. Es blieb seiner Ansicht nach nur wenig Hoffnung, Hardin noch rechtzeitig finden zu können. Aber wahrscheinlich hatte Greg auch den größten Teil seiner Hoffnung schon eingebüßt, als sie alle Sherlock und Evelyn damals erneut und für immer verloren hatten.
Das Schweigen wurde schließlich von Jacinda durchbrochen, die sich räusperte und sehr konzentriert auf die beiden Männer blickte.
,,Zuerst einmal müssen wir herausfinden, wie sie es so schnell geschafft hat, deinen Sohn unmittelbar nach ihrem Ausbruch aufzuspüren. Woher sollte Adalind Fox denn schon wissen, dass sich Montgomery und Lestrade in dessen Wohnung aufhielten?", meinte Jacinda und Adrian runzelte die Stirn.
,,Was willst du damit sagen?"
,,Dass Adalind Fox unmöglich allein gehandelt haben kann. Einen Gefängnisausbruch erfolgreich durchzuführen ist immerhin auch nicht leicht und fast unmöglich zu bewältigen, es sei denn, man hat die entsprechenden Mittel und die nötige Unterstützung.", fasste Jacinda zusammen, woraufhin Adrian nachdenklich wurde.
,,Also ihre Schwester Juliette, die Adalind damals geholfen hat, kann es nicht sein. Denn laut McLeod ist Juliette vergangenes Jahr im Gefängnis gestorben, weil sie an Krebs erkrankt ist. Die Frage ist also, wer könnte Adalind stattdessen geholfen haben?"
Adrian stellte sich diese Frage nun natürlich umso mehr, während Jacinda sämtliche Theorien überlegte. Greg schien mit seinen Gedanken ganz bei Hardin zu sein, denn er schwieg und äußerte sich nicht zu den Überlegungen des Ermittlerduos. Aber man konnte von ihm ja auch schlecht erwarten, dass er einen klaren Gedanken bewahrte, wo doch sein eigener Sohn entführt worden war.

Als es an der Tür klingelte wurde das Trio erneut aus dem Schweigen heraus gerissen. Adrian sah abschätzend zu Jacinda, doch die nickte ihm nur stumm auffordernd zu, woraufhin der Dunkelhaarige zur Tür schritt und diese öffnete. Vor ihm stand ein Kurier, der ihn fragend ansah.
,,Sind Sie Mr. Greg Lestrade?", wollte er wissen und Adrian schüttelte kaum merklich den Kopf.
,,Ähm, nein. Er ist gerade unpässlich."
,,Das Paket ist für ihn. Aber ich bräuchte hier eine Unterschrift.", gab der Kurier zurück und Adrian unterschrieb, woraufhin der Kurier ihm das Päckchen reichte.
Ohne ein weiteres Wort an Adrian zu verwenden, verschwand der Kurier und Adrian kehrte ins Wohnzimmer zurück. Jacinda musterte ihn abwartend und Adrian reichte das Päckchen an Greg weiter.
,,Das wurde für Sie abgegeben, Greg. Ich habe für Sie unterschrieben, das war hoffentlich okay.", sagte er und der Ältere winkte ab.
,,Jaja. Danke."
Er nahm Adrian das Paket ab und stellte es auf der Arbeitsplatte seiner Küchenzeile ab, ohne es eines weiteren Blickes zu würdigen. Jacinda sah auf das Paket und Adrian widmete sich wieder den Überlegungen, wer ein möglicher Komplize von Adalind Fox sein könnte.
,,Also, wo waren wir? Ach, ja...der Komplize. Greg, fällt Ihnen jemand ein, der als möglicher Helfer von Adalind Fox infrage kommt?", fragte er, doch Greg schüttelte den Kopf.
,,Nein, keine Ahnung. Es könnte jeder sein, denn Adalind war schon immer sehr talentiert darin, andere zu manipulieren. Wenn sie ihren Willen durchsetzen will, dann ist sie zu allem fähig."
Jacinda nahm das Gespräch der beiden Männer am Rande wahr, ihr Blick fixierte sich aber auch jetzt noch auf das Paket. Ihr Instinkt gab ihr einen eindeutigen Hinweis und sie musste wissen, ob sie Recht hatte. Deshalb fiel sie Adrian ins Wort, der gerade wieder etwas sagen wollte und bedachte Greg mit ernstem Blick.
,,Öffne das Paket, Greg."
,,Ich soll was? Jacinda, das hat doch noch Zeit. Ich muss zuerst...", setzte er an, wurde von ihr jedoch harsch unterbrochen.
,,Sofort!"
Ihre braunen Augen starrten den einstigen Polizisten geradezu nieder und Greg, der flüchtig zu Adrian sah, fügte sich dann schließlich der Anordnung. Er ging zur Küchenzeile und machte sich daran, das Paket zu öffnen. Adrian trat an die Seite von Jacinda und sah mit gemischten Gefühlen zu dem Karton.
,,Was glaubst du, was sich darin befindet?"
,,Ich habe da eine Vermutung. Hoffen wir, dass ich mich irre. Obwohl das eher unwahrscheinlich ist.", meinte sie, woraufhin Adrian etwa skeptisch zu Greg sah.
Der hatte soeben das Paket geöffnet und holte nun eine weitere schwarze Rose, sowie eine CD in einer Hülle heraus, die er zögerlich und auch ein wenig verwundert musterte. Als er dann jedoch zu Jacinda sah, nickte diese ihm auffordernd zu und musste nichts sagen, da Greg sie bereits verstanden hatte.
Der Grauhaarige legte die Rose beiseite, ging dann zu seinem Laptop und schaltete diesen ein, ehe er die CD ins Laufwerk legte und einschob. Jacinda postierte sich gemeinsam mit Adrian neben Greg, welcher sich am ganzen Körper nun enorm anspannte. Jeder von ihnen ahnte, was sich auf dieser CD befand und ihre Befürchtungen bestätigten sich, als auf dem Bildschirm das Gesicht von Adalind Fox auftauchte – der Frau in Schwarz.

„Überraschung! Tja, Greg...so schnell sieht man sich wieder. Wobei, unser letztes Wiedersehen ist ja eine Weile her, aber wie dem auch sei. Wenn du das hier siehst, dann bist du wohl mittlerweile im Bilde und weißt, dass ich meine abscheuliche Zelle hinter mir gelassen habe. Aber ich will hier keinen Smalltalk aufnehmen. Machen wir es also kurz und ich hoffe sehr, dass du diesmal vernünftiger bist als damals.
Ich habe deinen missratenen Sohn zu Gast und wenn du ihn nicht in Einzelteilen zurückbekommen willst, dann wirst du genau das tun, was ich dir sage. In Kürze werde ich dir einen Treffpunkt mitteilen, zu dem du dich begeben wirst und sorg dafür, dass du allein bist. Ergib dich mir, Greg oder dein Sohn wird sterben. Es wird Zeit, dass du dein Schicksal akzeptierst und dich mir stellst. Unsere Abrechnung...ist schon lange überfällig."

Der Bildschirm wurde schwarz und für einen Moment sagte niemand im Raum etwas. Adrian war schockiert und konnte sich nur vorstellen, wie grausam diese Frau wohl sein musste. Jacinda, die sich in allem wieder einmal bestätigt sah, stellte in ihren Gedanken bereits ein paar mögliche Thesen auf, wie sie Adalind Fox bezwingen konnten und Greg war viel zu erschüttert, als dass er etwas sagen konnte.
Seine Gedanken galten einzig und allein seinem Sohn, der im Moment wahrscheinlich die Hölle durchmachte. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was Adalind ihm womöglich antat und es stand für ihn außer Frage, dass er ihrer Aufforderung nachkommen musste. Viel zu lange schon hatte sein Verhältnis zu Hardin unter seinen Fehlern gelitten, da würde er ihn sicherlich nicht für die Fehde mit seiner Erzfeindin büßen lassen.
Adrian war der Erste, der die gebannte Stille unterbrach und etwas unsicher in die Runde schaute.
,,Was sollen wir jetzt machen? Wir brauchen einen Plan und zwar einen verdammt guten Plan.", brachte er hervor, doch Greg schüttelte nur den Kopf.
,,Nein. Ihr habt Adalind gehört. Wenn ich mich nicht ausliefere, dann wird sie Hardin töten und das werde ich nicht zulassen. Ihr Zwei müsst gehen. Das hier ist mein Kampf, nicht eurer."
,,Wenn du ihrer Aufforderung nachkommst, dann tötet sie euch beide. Diese Frau wird nicht zögern und sie wird erst ruhen, wenn ihre Rache vollendet ist, Greg. Du brauchst unsere Hilfe, wenn du deinen Sohn retten willst.", entgegnete Jacinda ernst, doch der Ältere hob abwehrend eine Hand.
,,Das steht nicht zur Debatte. Jacinda, ich bin dankbar, dass du mir helfen willst, aber das hier ist mein Kampf. Und in einer Sache hat Adalind Recht...es wird Zeit, das zu beenden. Ich bin schon viel zu lange davor weggelaufen und diesmal werde ich das alleine durchziehen. Deine Mutter geriet damals schon wegen mir ins Kreuzfeuer, da werde ich dich garantiert nicht der gleichen Gefahr aussetzen."
Sein Blick war ernst und duldete keinen Widerspruch. Adrian hielt sich mit Argumenten zurück, denn Greg wirkte mehr als entschlossen und stattdessen sah der Braunhaarige nun abwartend zu Jacinda, die sehr nachdenklich wirkte. Er konnte ihr ansehen, dass der Entschluss von Greg ihr missfiel, aber sie widersprach ihm auch nicht erneut. Das konnte für Adrian nur bedeuten, dass seine Partnerin bereits einen möglichen Plan B entwickelte, der im besten Fall die Situation wieder retten würde. Und er hoffte, dass dem so war, denn ansonsten könnte dieser Fall eine verheerende Wendung nehmen und in einem Blutbad der Rache enden.

Es war dunkel und ungewöhnlich still, als Hardin Lestrade langsam wieder zu sich kam und den Kopf hob, welcher unglaublich dröhnte und der junge Polizist musste ein paar Mal blinzeln, da seine Sinne sich erst nach und nach wieder schärften. Ihm war noch immer ein wenig schwindelig und er versuchte, die letzten Augenblicke vor seiner Ohnmacht wieder zusammenzusetzen.
Er hatte sich gemeinsam mit Adrian Montgomery in seiner Wohnung befunden, um die Überraschung für Lizzie vorzubereiten. Doch dann war ihm irgendwie komisch geworden und ehe er sich versah, hatte es ihn auch schon zu Boden gezogen. Und als Hardin seine Umgebung in Augenschein nahm, musste er entsetzt realisieren, dass er sich nicht länger in seiner Wohnung befand.
Stattdessen schien er in einer Art verlassenem Fabrikgebäude zu sein und als er an sich heruntersah, erkannte Hardin, dass er an einen Stuhl gefesselt war. Dicke Seile waren um seinen Körper geschlungen und machten eine Flucht schier unmöglich. Unvermeidlich stellte sich Hardin die alles entscheidende Frage: wer hatte ihn entführt?
Irgendjemand musste ihn ja schließlich hergebracht und gefesselt haben. Ein Stück Panzerband über seinem Mund verdammte ihn zusätzlich noch zum Schweigen, was dem jungen Polizisten mächtig missfiel. Er hasste es wehrlos zu sein und in dieser Situation war er es zweifellos.
Dabei hätte dieser Tag eigentlich einer der schönsten in seinem Leben werden sollen. Er hätte Lizzie die Frage aller Fragen gestellt und wäre im besten Fall mittlerweile verlobt. Aber nun war er eine Geisel und hatte möglicherweise nur noch wenige Stunden zu leben, je nachdem was seine Entführer für Absichten hatten.
Hardin vermisste Lizzie nun mehr denn je und hatte mit einem Mal ihr Lächeln vor Augen. Ihr hübsches Gesicht, ihre blauen Augen und die blonden Locken, die ihr bis zu den Schultern reichten. Als er sie damals kennengelernt hatte, war sie ihm wie ein Engel vorgekommen, der sich auf der Erde verirrt hatte und es war sofort um Hardin geschehen gewesen. Ein Blick hatte genügt, um sein Herz an Lizzie zu verlieren und in ihr die Liebe seines Lebens zu finden. Jetzt wusste er nicht einmal, ob er sie jemals wiedersehen würde.

Das Knarzen einer schweren Eisentür riss Hardin aus seinen Gedanken und er sah auf, wo er im gedämpften Licht nur schwach die Umrisse einer einzelnen Person wahrnehmen konnte. Sofort spannte er sich am ganzen Körper an und machte sich auf alles gefasst, als die Person an ihn herantrat und er eine Frau erkannte.
Sie musste etwa im Alter seines Vaters Greg Lestrade sein, was sie jedoch nicht minder gefährlich machte. Denn allein ihre Ausstrahlung wirkte ungemein bedrohlich und düster, was nicht nur die schwarze Kleidung bewirkte. Ihre roten Haare reichten knapp bis zur Brust und waren von einzelnen grauen Strähnen durchzogen, während ihre Augen ein gefährliches Funkeln hatten und sie Hardin amüsiert betrachtete.
,,Ah, du bist aufgewacht. Willkommen zurück, Dornröschen. Ich hoffe doch, es ist nicht zu unbequem.", meinte sie tonlos und Hardin warf verachtende Blicke zu ihr hinauf.
Schließlich ging die Frau vor ihm in die Hocke und musterte ihn, während Hardin das Gefühl nicht los wurde, dass es hierbei um mehr als eine gewöhnliche Entführung ging.
,,Du fragst dich bestimmt, weshalb du hier bist und da dir im Grunde ohnehin nicht mehr viel Zeit bleibt, werde ich dich mal aufklären. Und ich muss schon sagen, du bist deinem verräterischen Vater unglaublich ähnlich. Der war nämlich auch schon immer engstirnig und unglaublich naiv. Schmückte sich mit Lorbeeren, wobei er andere meistens die Arbeit für sich machen ließ. Aber der Apfel fällt wohl wirklich nicht weit vom Stamm."
Nun zeichnete sich Verwirrung auf dem Gesicht von Hardin ab, denn die Worte der Frau machten ihn stutzig. Hierbei ging es um seinen Vater? Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet, zumal das Verhältnis zu seinem Vater nun wirklich nicht das Beste war. Hatte Hardin ihm doch bis heute nicht vollkommen vergeben, als Vater auf ganzer Linie versagt zu haben.
Die Frau durchschaute seine Verwunderung, denn sie schmunzelte ein wenig und nickte kaum merklich. Dabei umspielte jedoch ein heimtückisches Lächeln ihre roten Lippen.
,,Er hat mich wohl nie erwähnt, was. Aber das überrascht mich nicht. Greg hielt es ja noch nie für nötig, zu seinen Fehlern zu stehen und Verantwortung für seine Taten zu zeigen. Tja, zu schade eigentlich. Immerhin lässt er seinen eigenen Sohn den Preis dafür zahlen. Doch ich verspreche dir eins, Hardin. Wir beide...wir werden eine Menge Spaß zusammen haben."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top