Der Ernst des Lebens

Hallo, meine Lieben :) Ich bin untröstlich für die lange Wartezeit, aber heute geht es weiter. Wünsche euch viel Spaß beim neuen Kapitel.

Liebe Grüße,
eure Hela

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Der Ernst des Lebens

,,Das ist die ganze Geschichte!", beendete Adrian seinen Vortrag und sah unsicher zu Jacinda, die ihm gegenüber im Sessel saß und die Augen geschlossen hatte.
Sie schwieg und machte keine Anstalten sich zu rühren, was Adrian dazu brachte die Stirn in Falten zu legen. Mit einem Mal war er sich nicht einmal sicher, ob sie ihm überhaupt zugehört hatte und er seufzte ergebend,
,,Soll ich alles nochmal von vorne erzählen?", brachte er hervor, doch Jacinda hob nur kurz ihre linke Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
,,Nein! Nur ruhig sein. Ich denke nach."
Ungläubig sah Adrian auf die Braunhaarige und fuhr sich durch die kurzen dunklen Haare, während er sich zurücklehnte. Seit heute Morgen saßen sie sich in den beiden Sesseln gegenüber und Jacinda hatte ihn gedrängt, ihr seine ganze Lebensgeschichte bis ins kleinste Detail zu erzählen. Obwohl Adrian nicht verstand, wie seine Kindheit und Jugend dazu beitragen sollten, den mysteriösen Mordfall aufzuklären, in dem man ihn beschuldigte, hatte er sich gefügt und es kam ihm so vor, als hätte er sein ganzes Leben noch einmal durchlebt. Und Jacinda schien jede noch so erdenklich kleine Information abgespeichert zu haben, denn die ganze Zeit über hatte nicht ein Wort ihre Lippen verlassen und sie hatte konzentriert die Augen geschlossen.
Ohne Zweifel musste sie sich mal wieder in ihren Gedächtnispalast verabschiedet haben, wie sie es immer so schön betonte. Und noch immer fragte sich Adrian, wie Jacinda es schaffen wollte, seine Unschuld zu beweisen.
Seit man ihn in New York verdächtigt hatte, war sein altes Leben zerstört und er hatte nur noch die Möglichkeit zur Flucht gesehen, um nicht unschuldig im Gefängnis zu landen. Das brachte ihn nach England. Nach London. Zu Jacinda Holmes!

In letzter Zeit fragte er sich immer öfter, ob ihre Begegnung nicht vielleicht wirklich Schicksal war und immerhin war Jacinda seine letzte Hoffnung auf ein Leben in Freiheit. Er konnte nur hoffen, dass sie wirklich einen Weg fand, diesen ganzen Irrtum aufzuklären.
,,Sie haben eine interessante Geschichte, Montgomery. Und allein die Tatsache, dass Sie schon als Kind so unscheinbar waren, ist ein Beweis für Ihre Unschuld. Nur leider wird das der störrischen Polizei nicht reichen und wir werden handfeste Beweise dafür finden müssen, dass Sie diesen Mann nicht umgebracht haben.", durchbrach Jacinda mit einem Mal die Stille und öffnete die Augen, doch Adrian schnaubte nur verbittert.
,,Tzz, viel Glück dabei. Wer auch immer versucht, mein Leben auf derartige Weise zu zerstören, hat sicher an alles gedacht. Es wird nicht leicht sein Beweise zu finden, denn ich bin daran schon grenzenlos gescheitert. Andernfalls hätte ich doch nie die Flucht ergriffen."
,,Jetzt haben Sie ja mich, was die Lage grundlegend ändert. Vertrauen Sie mir, Montgomery. Ich werde Sie schon vor einem Leben im Hamsterkäfig bewahren."

Etwas perplex über diese eigenartige Bezeichnung des Gefängnisses, hob Adrian eine Augenbraue und sah, wie Jacinda ihn mit ihren braunen Augen musterte. Und obwohl er ihr unendlich dankbar für ihren Einsatz war, konnte er nicht leugnen, dass er sich ein wenig schlecht deswegen fühlte.
,,Sind Sie wirklich sicher, dass Sie das tun wollen, Jacinda? Ich meine, das wird die Suche nach der Nadel im Heuhaufen und Sie schulden mir rein gar nichts. Ich will Ihre kostbare Zeit nicht damit beanspruchen, meinen Namen reinzuwaschen. Und wenn Sie auch nur den kleinsten Zweifel daran hegen, dass ich...", meinte er, als Jacinda ihn harsch unterbrach.
,,Montgomery! Hören Sie auf zu reden! Wir beweisen Ihre Unschuld, wie ich es bereits gesagt habe. Und je komplizierter der Fall, desto besser. Dann wird mir wenigstens nicht langweilig."
Diese Äußerung machte Adrian mal wieder sprachlos und er gab es auf zu diskutieren. Jacinda war in der Tat eine außergewöhnliche Persönlichkeit und er fragte sich, ob sie wohl voll und ganz nach ihrem berühmten Vater Sherlock kam, oder auch Eigenschaften ihrer Mutter in ihr zu finden waren. Obgleich er wusste, dass er das wohl nicht so schnell erfahren würde, da Jacinda im Bezug auf ihre eigene Vergangenheit eisern schwieg.
,,Und Sie sagen, der Mann war schon tot, als Sie den Tatort erreichten?", lenkte Jacinda das Thema wieder auf den Mordfall und Adrian nickte.
,,Ja. Ich bekam die Nachricht, dass dort ein Notfall gemeldet wurde und begab mich dort hin. Mein Partner kam vom anderen Ende der Stadt und brauchte etwas länger, weshalb ich zuerst am Tatort war. Ich kam in das Haus und dort lag er. Erschossen und mausetot. Natürlich habe ich es sofort gemeldet und als mein Partner dazukam, erklärte ich ihm die Situation. Als man dann aber herausfand, dass das Projektil, mit welchem der Mann erschossen wurde, identisch mit denen meiner Dienstwaffe war, geriet ich ins Visier. Nur konnten sie keine Verbindung zwischen mir und dem Opfer herstellen. Was auch kein Wunder ist, da ich den Mann nie zuvor gesehen habe."
,,Hmm, irgendjemand scheint Sie da ohne Zweifel in die Falle gelockt zu haben. Die Frage ist nur wer und warum.", erwiderte Jacinda und Adrian seufzte.
,,Das frage ich mich seit jener schicksalshaften Nacht."
,,Gut. Ich werde Lestrade darum bitten, Ihre Akte gründlich einsehen zu dürfen. Je mehr Infos ich habe, desto besser kann ich arbeiten. Aber ich sage Ihnen gleich, Montgomery: es wird kein Spaziergang werden!"

Angesichts dieses Kommentars richtete Adrian den Blick gen Zimmerdecke und schloss dann die Augen. Als ob er das nicht selbst schon wüsste. Aber es selbst aus dem Mund von Jacinda zu hören, die doch geradewegs ein Genie erster Güte zu sein schien, machte ihm noch einmal mehr bewusst, wie ernst die Lage war. Und er konnte nur beten, dass es Jacinda Holmes gelang, seinen Fall aufzuklären und somit seine Unschuld zu beweisen, bevor er für den Rest seines Lebens doch noch im Gefängnis landete.

Im Hause der Watsons ordnete Alicia am frühen Abend gerade die Mappen in ihrem Büro, während sie über die neuesten Ereignisse nachdachte. Die Tatsache, dass Jacinda sich nun einen Mitbewohner zugelegt hatte, der ein Mordverdächtigter war und nun als ihr Partner fungieren sollte, hatte Alicia schon etwas überrascht. Zwar wusste sie, dass ihre Patentochter in diesem Sinne voll und ganz nach ihrem Vater kam, da sie viele Eigenschaften von Sherlock besaß, doch es hatte Alicia dennoch stutzig gemacht. Zumal sie sich fragte, warum es Adrian Montgomery auf seiner Flucht aus New York ausgerechnet nach London verschlagen hatte.
Es erinnerte sie zunehmend mehr an ihre beste Freundin Evelyn. Auch sie war schließlich damals aus New York geflohen und hatte in London Zuflucht gefunden, wo sich ihr Leben grundlegend verändert hatte. Alicia selbst, war es ja nicht anders ergangen und noch heute fragte sie sich manchmal, wie es wohl wäre, wenn das Leben von ihr und auch Evelyn anders verlaufen wäre.
Die Gedanken an Evelyn stimmten sie wehmütig und sie musste wieder an jene Nacht denken, in der Evelyn und Sherlock spurlos verschwunden waren. Sie hatten Jacinda in die Obhut von John und Alicia gegeben, ehe sie in der Dunkelheit der Nacht verschwunden und nie wieder zurückgekehrt waren. Zwar hatte Alicia damals mit John und Greg Lestrade alles versucht, um die beiden zu finden und sogar Mycroft hatte bei der Suche geholfen, aber es war vergebens gewesen. Und irgendwann hatte man Sherlock und Evelyn schließlich für tot erklärt, da der Zeitraum ihres Verschwindens einfach schon eine zu lange Spanne umfasste. Und jetzt, nach 12 Jahren war auch Alicia klar, dass sie ihre beste Freundin und deren Ehemann niemals wiedersehen würde.
,,Alicia?", erklang auf einmal die Stimme von John und riss die Blonde aus ihren Gedanken.
,,Ich bin im Büro, John."

Es vergingen nur wenige Sekunden, als ihr Mann auch schon den Raum betrat und seine Arzttasche zur Seite stellte. John wirkte müde und erschöpft, doch er lächelte Alicia freudig zu und gab ihr einen sanften Kuss zur Begrüßung.
,,Wie war dein Tag?", wollte sie wissen und John seufzte.
,,Anstrengend. Ich sage dir, bei manchen Patienten glaube ich wirklich, dass sie aus einer Irrenanstalt entflohen sind. Die hätten durchaus Potential für meinen Blog."
Alicia musste schmunzeln, obwohl John auf seinem Blog ja eigentlich gar nicht mehr aktiv war. Seit Sherlock und Evelyn damals verschwunden waren, hatte er schließlich keine Fälle mehr mit ihnen bearbeitet und den Blog ohne ihre besten Freunde fortzuführen, war John irgendwie falsch vorgekommen.
,,Und was machst du?", fragte John und Alicia deutete vielsagend auf die unzähligen Mappen und Akten, die sich auf dem Schreibtisch türmten.
,,Ach, ich versuche mal ein wenig Ordnung hier reinzubringen und sortiere einige Sachen aus. Es ist zwar eine Menge Arbeit, aber du weißt ja: nur ein Genie überblickt das Chaos!"
,,Sag das mal Jacinda. Die hat doch den gleichen Faible für Unordnung wie ihr Vater.", merkte John an und Alicia musste grinsen.
,,Das stimmt. Und dabei haben wir alles versucht, um ihr das auszutreiben."
,,Sie ist eine Holmes und die sind nun einmal sturer als ein Maulesel. Was mich darauf bringt, hat sie sich eigentlich nochmal gemeldet? Wegen dem Fall mit Mycroft, meine ich.", hakte John nach, doch seine Frau schüttelte den Kopf.
,,Nein. Ihrer Meinung nach ist es abgeschlossen und sie will sich jetzt wohl eher auf den Fall von ihrem Mitbewohner Adrian konzentrieren. Nur Mycroft hat angerufen und gesagt, dass wir möglichst Stillschweigen über all das bewahren sollen. Sonst könnte es Ärger mit der Regierung geben."

Sie sah, wie John mit den Augen rollte und auch sie war wenig begeistert gewesen, als Mycroft sie am Telefon derartig in die Mangel genommen hatte. Dabei müsste er doch eigentlich wissen, dass sie alles, was mit der Regierung zu tun hatte, mit Diskretion behandelten und möglichst ignorierten. Tja, Mycroft war durch die vergangenen Ereignisse mit seinem Bruder Sherlock wohl immer noch ein wenig paranoid.
,,Wenn ich noch einmal das Wort Regierung höre, vermöbel ich Mycroft mit einer Bratpfanne, das schwöre ich dir.", brummte John, aber Alicia hob drohend den rechten Zeigefinger.
,,Untersteh dich, mein Freund. Unsere Bratpfannen haben ein halbes Vermögen gekostet und ich werde sie garantiert nicht für Gewalteinwirkung an Mycroft Holmes verwenden. Der würde durch diese Lektion doch eh nichts mehr dazulernen."
,,Keine Sorge. Deine Bratpfannen sind mir heilig und ich werde mich hüten sie auch nur anzurühren. Meine Kochkünste sind ohnehin grauenvoll, also von daher hast du nichts zu befürchten."
John hob abwehrend die Hände und Alicia grinste zufrieden. Sie konnte manchmal immer noch nicht glauben, dass sie und John so lange schon ein glückliches Leben gemeinsam führten. Lizzy war die Krönung ihrer Liebe gewesen und ihr ganzer Stolz, obgleich sie ihre Eltern natürlich auch noch oft genug in den Wahnsinn trieb. Aber so war nun einmal das Leben und Turbulenzen gehörten ja bekanntlich stets dazu.
Die Türklingel durchbrach die Stille und John runzelte die Stirn, während er sich irritiert an seine Frau wandte.
,,Erwartest du noch Besuch?"
,,Nein. Lizzy kann es auch nicht sein, denn die wollte heute eine Nachtschicht im Barts einlegen.", erwiderte Alicia und John machte sich kurzer Hand auf den Weg zur Tür, während sie ihm folgte.
Neugier breitete sich in Alicia aus und John schien ebenfalls wissen zu wollen, wer ihnen einen Besuch abstattete. Doch als er die Tür öffnete, wich jegliche Fassung aus seinem Gesicht. Denn John stand, zum ersten Mal seit vielen Jahren, seiner Schwester gegenüber.
,,Harry?", entfuhr es John völlig perplex und seine Schwester rang sich zu einem kleinen Lächeln durch.
,,Hallo, John. Lange nicht gesehen."

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