Das Mörderspiel
Hallöchen :) So, auch in London geht unsere Reise weiter und mal wieder gibt es viel zu tun für unser Ermittlerduo ;) Ich bin gespannt, was ihr von dem neuen Kapitel haltet. Lasst es mich gerne wissen und habt einen schönen Sonntag.
Liebe Grüße,
eure Hela
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Das Mörderspiel
Jacinda Holmes öffnete ruckartig die Augen, als ein gedämpftes Geräusch sie aus den Ereignissen zurückholte, welche sie im Schlaf heimgesucht hatten. Und es waren Ereignisse gewesen, die Jacinda immerzu verzweifelt versuchte zu verdrängen. All die letzten Jahre hatte sie damit zugebracht, ihren Gedächtnispalast so zu trainieren, dass diese speziellen Gedanken in der hintersten Ecke verblieben, doch manchmal kämpften sie sich immer wieder nach oben durch.
Erneut erklang das Geräusch, welches die junge Detektivin nun als Klopfen an ihrer Zimmertür identifizierte. Sie war irritiert, denn für gewöhnlich war sie immer die Erste in dem Haus, welche sich auf den Beinen befand. Aber heute schien es Montgomery zu sein, denn seine Stimme durchbrach die Stille und er klang schon ein wenig genervt.
,,Jacinda, bitte stehen Sie auf! Lestrade ist am Telefon und will Sie unbedingt sprechen. Ich glaube, es gibt einen neuen Fall."
Sofort war Jacinda auf den Beinen und riss die Tür auf, woraufhin Adrian fast in ihr Zimmer stolperte, da er ein wenig an der Tür gelehnt hatte. Die Braunhaarige schenkte ihm jedoch nur wenig Beachtung und entriss ihm stattdessen ihr Handy, welches er in der rechten Hand hielt.
,,Ihnen auch einen guten Morgen.", brummte Adrian, als Jacinda bereits ihr Handy zum Ohr wandern ließ und hoffte, dass Lestrade in der Tat einen neuen Fall für sie hatte.
,,Lestrade, was haben Sie?"
,,Eine ziemlich heikle Angelegenheit. Es gab einen Mord und das in einer ziemlich angesehenen Gesellschaft. Ich könnte Ihre Unterstützung daher gut gebrauchen, denn wenn bei dem Fall irgendwas schiefläuft, dann werde ich von oberster Ebene geröstet.", erklärte der Detective Inspector am anderen Ende der Leitung und Jacinda wurde nachdenklich.
,,Wie schlimm ist es?"
,,Auf einer Skala von 1-10? In Ihrem Fall wohl Pi.", erwiderte Hardin und weckte sofort das Interesse von Jacinda.
,,Schicken Sie mir die Adresse. Ich komme so schnell es geht."
,,Danke."
Hardin legte auf und Jacinda steckte ihr Handy weg, während bereits die Vorfreude in ihr brannte. Nicht nur ein neuer Fall, der offenbar mehr als interessant zu sein schien, sondern auch die perfekte Gelegenheit, um lästigen Gedanken zu entfliehen, die nichts als Chaos in ihrem Verstand anrichteten. Adrian räusperte sich und die Detektivin sah zu ihm, während er im Türrahmen lehnte und sie kritisch beäugte.
,,Ein Mord?"
,,Offenkundig. Ziehen Sie sich um, Montgomery und trödeln Sie nicht. Wir haben zu tun.", gab sie zurück, doch er schnaubte nur.
,,Wenn ich nicht an Ihr verfluchtes Handy gegangen wäre, was schon seit einer Stunde permanent geklingelt hat, dann würden Sie jetzt immer noch im Land der Träume schlummern. Was hat sie denn so in den Tiefschlaf versetzt, wenn ich fragen darf?"
Jacinda verbarg jegliche Reaktion vor ihm, spürte jedoch seinen bohrenden Blick. Aber wenn sie ihm jetzt offenlegte, dass es ihre Eltern waren, die letzte Nacht in ihrem Verstand präsent gewesen waren, dann würde Adrian nur wieder Versuche unternehmen, sie diesbezüglich zum Reden zu bringen. Etwas, das Jacinda keineswegs gebrauchen konnte.
,,Wollen Sie jetzt wirklich über irrsinnige Theorien meiner Schlafmethoden debattieren? Wir haben einen Mord aufzuklären, Montgomery. Kommen Sie. Verbrecher warten für gewöhnlich nicht."
Der Tatort allein war schon Erklärung genug, warum Hardin Lestrade solch einen Wirbel um den Fall machte. Denn Jacinda und Adrian fanden sich vor einer gigantischen Villa wieder, die der Größe und Herrlichkeit eines Schlosses nahekam. Vor ihr stand Lestrade bereits und wartete angespannt auf das Ermittlerduo, welches er augenblicklich zu sich winkte. Jacinda und Adrian traten unter der Absperrung hindurch und gingen zum Detective Inspector, der einen Kollegen soeben ins Gebäude schickte.
,,Da sind Sie beide ja. Danke, dass es so schnell klappen konnte."
,,Wenn es ein vielversprechender Fall ist, darf man keine Zeit verlieren. Wo ist das Opfer?", fragte Jacinda, doch Hardin hielt sie zurück, als sie bereits das Gebäude stürmen wollte.
,,Miss Holmes, da gibt es noch etwas, das ich ihnen nicht gesagt habe."
,,Und das wäre?", entgegnete Jacinda etwas ungeduldig und Hardin wirkte nun leicht angespannt.
,,Nun, dieser Fall ist nicht nur enorm wichtig, weil es eine angesehene Familie ist, um die es geht...er weist auch Parallelen auf."
,,Parallelen? Wovon?", fragte Adrian nach und Hardin warf einen unsicheren Blick auf Jacinda.
,,Man hat uns zuerst gar nicht konsultiert, weil alles auf einen Selbstmord hingedeutet hat. Bis eine Kollegin dann ein Detail aufgefallen ist und sich rausstellte, dass zwei weitere Fälle in das Muster passen. Und alle drei Mordopfer erinnern zunehmend aus einem Fall der Vergangenheit. Einem Fall, der einst von Ihrem Vater bearbeitet wurde, Miss Holmes. Bekannt als Die Studie in Pink."
Als Hardin diese Offenbarung machte, spannte sich Jacinda am ganzen Körper an und sie wirkte wie erstarrt. Hatte sie deshalb etwa in der vergangenen Nacht erneut das Verschwinden ihrer Eltern vor Augen gehabt? Weil sie gespürt hatte, dass irgendetwas auf sie zukam? Sie suchte nach einer Erklärung dafür, während Adrian sich an Hardin wandte.
,,Die Studie in Pink...war das nicht der erste Fall, den Sherlock Holmes und Dr. Watson damals zusammen bearbeitet haben?"
,,Ganz genau. Es gab mehrere Opfer, bei denen man zuerst Selbstmord vermutet hat, aber letztendlich waren alle von dem gleichen Täter ermordet worden. Deshalb ist dieser Fall hier ja auch so ein Aufwand. Nicht nur, weil man von einem neuen Serienmörder ausgehen muss, sondern auch, weil Sherlock Holmes damals aktiv bei den Ermittlungen mitgewirkt hat. Aus diesem Grund haben wir Jacinda Holmes dazu gerufen. Vielleicht gibt es noch mehr Parallelen von dem Fall heute und dem von damals. Und wenn diese jemand erkennt, dann ja wohl ein Holmes oder besser gesagt eine."
Hardin warf einen vielsagenden Blick auf Jacinda, deren Miene wie versteinert wirkte. Adrian sah seine Mitbewohnerin etwas besorgt an und fragte sich, was wohl in ihr vorging. Aber auch er hatte ein ungutes Gefühl, denn irgendwas sagte ihm, dass dieser Fall hier womöglich erst der Anfang war. Der Anfang von etwas, das weitaus größer war, als sich jeder von ihnen vorstellen konnte.
,,Bringen Sie mich zum Mordopfer.", war alles, was Jacinda auf die Aussage von Hardin erwiderte und der nickte, ehe er vorausging und die Villa betrat.
Jacinda und Adrian folgten ihm, wobei sie das wilde Treiben ausblendeten, welches sich am Tatort abspielte. Unzählige Anwesende in edlen Kleidungsstücken wurden befragt und Adrian hatte den Eindruck, als hätte hier bis vor dem Mord noch eine Feierlichkeit stattgefunden. Doch diese war durch das tragische Ereignis natürlich jäh beendet worden.
Doch die Aufmerksamkeit von Jacinda richtete sich nun gezielt auf Lizzy, die in ihrem blauen Overall bei der Leiche kniete und die ersten Fakten einholte. Allerdings hob die Blondine beim Eintreffen von Jacinda und Adrian den Kopf und hatte einen ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt.
,,Gut, da seid ihr ja. Ich bin froh, dass ihr gekommen seid. Dieses Mörderspiel hat eindeutig kein gutes Ende genommen.", meinte sie seufzend und Adrian runzelte die Stirn.
,,Mörderspiel?"
,,Offenbar der Grund für die absurde Menschenansammlung hier. Ohne Zweifel haben die Eigentümer des Anwesens eine derartige Veranstaltung ins Leben gerufen und aus dem Spiel wurde letztendlich bitterer Ernst. Ich habe ohnehin niemals verstanden, weshalb die Menschen fiktive Morde bearbeiten und sich daran erfreuen. Entweder leiden sie alle an psychischem Wahnsinn oder haben Killersehnsucht.", gab Jacinda tonlos von sich und Adrian tauschte einen besorgten Blick mit Lizzy, der die angespannte Haltung von der Detektivin ebenfalls nicht entgangen war, ehe er auf das Opfer deutete.
,,Was hast du für uns, Lizzy?"
,,Nun, das Opfer ist weiblich und war die Haueigentümerin. Ihre Familie ist zur Befragung nach Scotland Yard gebracht worden, damit der ganze Trubel hier sie nicht noch zusätzlich belastet.", begann sie zu erklären und Jacinda warf einen Blick auf die tote Frau vor ihnen.
,,Todesursache?"
,,Offenbar...das hier."
Lizzy hob einen Beutel auf und warf ihn Jacinda zu, die ihn mühelos auffing. Dort drin befanden sich weiße Pillen mit rosa Sprenkeln, die von der Consulting Detektivin nun in Augenschein genommen wurden. Adrian warf ebenfalls einen kurzen Blick drauf und sah zu Hardin, der schweigend an der Seite stand.
,,Jetzt verstehe ich das mit Der Studie in Pink. Scheinen identische Pillen zu sein, wenn ich nach dem Blog von Dr. Watson gehe."
,,Du liest den Blog meines Vaters?", kam es überrascht von Lizzy und Adrian zuckte mit den Schultern.
,,Ist ganz unterhaltsam. Außerdem dachte ich, ein paar Fakten über die damalige Zeit könnten mir nicht schaden. Und der Blog ist wirklich gut...vor allem die Titel sind immer sehr kreativ."
,,Da wird mein Vater sich aber freuen.", gab Lizzy schmunzelnd zurück, als Jacinda sich an Hardin wandte.
,,Warum wurde das nicht schon früher bemerkt? Wenn die anderen beiden Opfer auf die gleiche Weise ums Leben kamen, müssen doch auch dort solche Pillen gefunden worden sein. Der Zusammenhang zu dem Fall damals hätte sehr viel früher festgestellt werden müssen."
,,Ich habe an den anderen beiden Tatorten nicht mitgewirkt, Miss Holmes. Das zuständige Team hat einige wichtige Aspekte übersehen und ihnen wurde deshalb eine neue Leitung zugeteilt. Und Detective Crawford ist wirklich ausgezeichnet.", versicherte Hardin ihr, als eine andere Stimme die Konversation unterbrach.
,,So ein Schmeichler. Passen Sie noch auf, Detective Inspector. Sonst werde ich noch rot."
Jacinda und Adrian drehten sich um, als ein weiblicher Detective den Tatort betrat. Sie hatte lange blonde Haare, grüne Augen und schenkte den Anwesenden ein charmantes Lächeln, während sie vor ihnen Halt machte. Während Jacinda lediglich eine Augenbraue hob, kam Adrian nicht umhin das Lächeln zu erwidern und die blonde Polizistin richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Ermittlerduo.
,,Sie müssen ohne Zweifel Jacinda Holmes sein. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus und wenn man den Kollegen Glauben schenken will, kommen Sie ganz nach Ihrem Vater. Mein Name ist Theresa Crawford, aber Sie können mich alle ruhig Tessa nennen."
,,Sie haben also schon von mir gehört. Fantastisch.", gab Jacinda zurück und Tessa lächelte wieder, ehe sie Adrian musterte.
,,Und Sie sind dann wohl Adrian Montgomery. Sie stehen unter Mordverdacht und sind aus Amerika hierher geflohen, nicht wahr? Jacinda hat Sie zu ihrem Partner gemacht, weshalb Sie sich in England frei bewegen dürfen."
,,Ja, das kommt ziemlich hin. Freut mich, Detective Crawford.", erwiderte Adrian und die Blonde schob die Hände in die Jeanstaschen.
,,Tja, eine sehr unschöne Begebenheit für das erste Treffen, aber in unserem Berufsfeld ja eher alltäglich. Würden weniger Menschen Mörderspiele als Vergnügen betrachten, gäbe es für uns vielleicht weniger zu tun. Miss Watson, haben Sie noch etwas finden können?"
Alle Augenpaare richteten sich nun auf Lizzy und diese begutachtete noch einmal das Opfer. Die Frau mittleren Alters mit dunkelblonden Haaren und vornehmer Erscheinung, hatte ohne Zweifel ein tragisches Ende ereilt. Jacinda versuchte jedes Detail aufzufangen, was sie finden konnte und speicherte es ab, während ihr nicht entging, dass Tessa Crawford und Adrian unauffällig immer wieder den Blick des anderen auffingen. Die Detektivin war genervt, denn so etwas konnten sie nun gar nicht gebrauchen. Schmachtende Polizeibeamte, die von aufkeimenden Frühlingsgefühlen überrannt werden würden, wären eine Behinderung für die Ermittlungen und deshalb beschloss Jacinda, die Situation zu unterbinden.
,,Sammle alle Fakten, die du aufbringen kannst, Lizzy. Ich komme dann später ins Barts, wo du mich aufklären kannst. Montgomery und ich werden in der Baker Street einer Theorie nachgehen.", ordnete sie an und während Lizzy nickte, sah Adrian Jacinda perplex an.
,,Ach, ja?"
,,Ja. Kommen Sie. Je eher wir diesen Mord aufklären desto besser. Oder haben Sie etwas anderes vor?", gab die Detektivin zurück und warf eine vielsagenden Blick auf Tessa Crawford, die ein wenig schmunzelte und Adrian brummte.
,,Nein. Hab ich nicht."
,,Gut. Gehen wir.", beschloss Jacinda und nickte Hardin noch zu, der es mit einer Handbewegung abtat und Tessa reichte Adrian eine Karte.
,,Hier. Da steht meine Nummer drauf. Sollten Sie und Miss Holmes neue Erkenntnisse finden, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie es mich wissen lassen."
,,Natürlich. Hat mich gefreut, Detective Crawford.", erwiderte Adrian, der die Karte nahm und sie lächelte freundlich.
,,Mich ebenfalls, Mr. Montgomery."
Adrian zögerte noch, doch dann folgte er Jacinda nach draußen. Zwar war er froh, der erdrückenden Atmosphäre in dem Raum entkommen zu sein, aber er hatte das dumpfe Gefühl, dass ihn in der Baker Street noch viel eisigere Stimmung erwarten würde. Denn Jacinda war heute ohne Zweifel gereizt und angespannt, was nichts Gutes bedeuten konnte. Und als er sie draußen wartend antraf, bekam er das auch gleich zu spüren.
,,Ich hoffe doch sehr, unsere neue Bekanntschaft vernebelt nicht zu sehr Ihre Sinne, Montgomery. Wir brauchen unsere gesamte Konzentration für den Fall."
,,Meine Sinne sind nicht benebelt, Jacinda. Und überhaupt, wie kommen Sie darauf, dass sie es wären?"
,,Bitte. Die Blicke von Ihnen und Detective Crawford hätte selbst ein Blinder nicht übersehen und sie wirkt ohne Zweifel charmant auf jedes männliche Wesen, in deren Nähe sie sich befindet. Wäre Lestrade nicht bereits Lizzy schon hoffnungslos verfallen, dann hätten Sie bestimmt ernsthafte Konkurrenz, Montgomery. Ich gebe Ihnen ein paar Tage Zusammenarbeit mit Crawford und Sie werden ihren weiblichen Reizen erlegen sein.", meinte Jacinda nur und Adrian konterte mit Sarkasmus.
,,Oh, ich sehe schon die Schlagzeile vor mir: Jacinda Holmes als brillante Partnervermittlerin enttarnt. Zukunftsvorhersage nach Identifikation und Deduktionsermittlungen! Issac Newton wäre stolz auf Sie!"
Für einen kurzen Moment hob Jacinda eine Augenbraue und musterte Adrian, doch der schnaubte nur verächtlich und ließ sie seinen Ärger spüren. Ihm war ja klar, dass Jacinda keineswegs der emotionalste Mensch war, aber solch einen Aufstand zu machen, wo er Tessa Crawford soeben zum ersten Mal begegnet und lediglich höflich gewesen war, hielt er für übertrieben.
Die Consulting Detektivin wandte sich nun jedoch ab und marschierte los, um ein Taxi zu rufen. Adrian folgte ihr und fragte sich, ob es lediglich der Vorfall eben gerade und die Anwesenheit von Tessa war, die Jacinda so aus der Bahn zu werfen schien. Oder vielleicht lag es vielmehr doch an dem Fall, der Jacinda dazu zwang, sich mit etwas auseinanderzusetzen, was sie offenbar so sehr zu verdrängen versuchte: der Vergangenheit.
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