Kapitel 10
Sie wussten, dass ihnen nichts anderes übrigblieb als Azazels Angebot zu zustimmen. Geschlagen ließen sie ihre magischen Schwerter auf den Boden fallen. Das Klirren hatte etwas Endgültiges an sich. „Wir nehmen dein Angebot an. Lass Isabelle gehen und rette Ares. Wir werden dafür deine Diener sein", flüsterte Elijha schon fast. „Nein! Tut das nicht!", rief Isabelle und riss an ihren Ketten. Durias schnitt sich ihr noch weiter in den Hals. „Isabelle, bitte hör auf! Es ist alles gut", meinte Elijha schnell und zwang sich zu einem Lächeln. Azazel nickte zufrieden und zerschnitt mit einer schnellen Bewegung die Ketten, die Isabelle gehalten hatten. Kraftlos sackte sie am Boden zusammen. Während sich Azazel auf Ares zu bewegte, rannte Elijha zu Isabelle. Er nahm sie behutsam in den Arm. „Du Idiot! Jetzt wird die ganze Welt untergehen", meckerte sie ihn mit schwacher Stimme an. Ihren Kopf ließ sie jedoch dankbar an seine Brust sinken. „Aber du lebst", flüsterte er und küsste sachte ihren Scheitel. Der Weltuntergang war ihm in diesen Moment völlig egal. Für ihn zählte nur noch das Mädchen in seinen Armen. Seit wann hatte er angefangen so für sie zu fühlen? Er spürte wie Isabelle das Weinen anfing und strich ihr behutsam über den Rücken. „Warum hast du das nur getan?", schluchzte sie. Es war keine Frage, auf die sie eine Antwort erwartete, doch Elijha meinte sanft: „Weil du mir wichtiger als die Welt bist. Das mag wie die Antwort eines dummen Kindes klingen, doch es ist die Wahrheit." Die Brünette schüttelte den Kopf. „Nein. Nein, so klingt es nicht. Es ist wundervoll und macht mich glücklich", sagte sie und schaute ihm tief in die Augen. Ihre Tränen waren getrocknet und ein kleines Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Elijha erwiderte ihren Blick und kam ihr vorsichtig näher. Seine Augen hatten einen warmen Goldton angenommen und fesselten das Mädchen. „Darf ich?", hauchte er unsicher, als nur noch Millimeter ihre Lippen voneinander trennten. Überrascht hielt sie den Atem an. Hatte er sie gerade um Erlaubnis gebeten? So einfühlsam kannte sie ihn gar nicht. Wer war dieser neue Elijha? Aber im Moment war ihr dies egal. Ohne den Blick von seinen leuchtenden Augen abzuwenden überwand sie den kleinen Abstand, der kurz vorher noch zwischen ihnen geherrscht hatte. Behutsam legte er ihr seine starke Hand ihn den Nacken. Gerade als sie ihre Augen schließen wollte, löste er sich auch schon wieder von ihr. Verwundert sah sie ihn an. Isabelle nutzte die Situation um den Engel einmal genauer zu betrachten. Elijhas Wangen waren leicht gerötet und das Leuchten seiner Augen schien noch intensiver geworden zu sein. Seine Lippen waren leicht geöffnet. Sein blondes Haar fiel ihm leicht gelockt in die Stirn. Leichte Schweißperlen hatten sich auf seiner Haut abgezeichnet und ließ sie funkeln. Das schwarze Shirt, dass er trug, lag perfekt an seinem durchtrainierten Körper an. Isabelle konnte jeden Muskel deutlich erkennen. Fasziniert sah sie auf seine Hände. Eine hatte er auf ihrer Schulter gelassen, doch die andere lag locker auf seinen Beinen. An den Fingern konnte sie Schwielen erkennen, die von seiner Kampferprobtheit zeugten. „Isabelle...", flüsterte Elijha. „Starr mich nicht so an. Das macht mich ganz verrückt." Er hob ihr Kinn sanft an. In seinen Augen konnte sie ganz klar Verlangen erkennen. „Ich kann mich doch so noch kaum beherrschen." Er wollte sie, dass spürte die Brünette ganz deutlich. An seiner unregelmäßigen Atmung, an seiner zitternden Hand, an der Unruhe in seiner Stimme und an seinem Blick. Ein kurzes Prickeln durchzuckte ihren Körper. Sie wollte ihn auch. Noch nie hatte es Isabelle so sehr verlangt von jemandem berührt zu werden. „Wer sagt denn, dass du dich zurückhalten sollst?", entgegnete sie ihm und küsste ihn leidenschaftlich. Sofort erwiderte er ihren Kuss und fuhr ihr wild durch die Haare. Langsam ließ sie ihre Finger über sein Schlüsselbein gleiten. Sie hatten alles um sich herum vergessen, doch ein Schrei von Jack holte sie wieder in die Realität. Atemlos lösten sie sich voneinander und eilten zu ihm.
Azazel schritt auf Ares zu während Elijha zu Isabelle hastete. Er schenkte dem Schauspiel keine Beachtung und kniete sich zu dem Verletzten. Bevor er ihn berührte sah er kurz nochmal zu Jack, der sich an der anderen Seite von dem Blonden niederließ. „Wehe du hilfst ihm nicht!", erklärte er seinen düsteren Blick. Azazel nickte leicht und begutachtete die Wunden seines Patienten. „Es enttäuscht mich, dass du mir nicht mehr vertraust Jack. Was ist nur aus deinem Schwur geworden?", fing er beiläufig ein Gespräch an. Jack schnaubte. „Der ist schon Geschichte seit du gefallen bist. Mein Misstrauen hast du dir wirklich verdient." Azazel zuckte mit den Schultern und schnippte kurz mit seiner Hand. Ein paar Schüsseln, Glasröhrchen und andere Utensilien, die man brauchte um einen Trank zu brauen, erschienen. Mit einem silbernen Dolch schnitt er sich in die Handfläche und ließ das schwarze Blut in einen der Behälter tropfen. „Ich hatte damals lediglich von dir verlangt ein paar Ratsmitglieder zu töten. Für dich, meinen Kadinir, hätte das kein Problem darstellen sollen. Du musstest dich ja unbedingt gegen mich stellen und hast somit meinen Plan durchkreuzt", meinte er trocken und zermalmte nun ein paar grüne Blätter, die er vorhin hergezaubert hatte und von denen Jack annahm, dass es sich um Trohei handelte. Trohei benutzten die Engel um schwer Verwundete zu verarzten, denn das Gewächs besaß heilende Eigenschaften. „Ein Kadinir verrät seinen Partner nicht." Wütend griff Jack Azazel an den Kragen, sodass er ihm ins Gesicht sehen musste. „Die Kadinir-Verbingung ist ein heiliges Mittel um zwei Engel im Kampf stärker zu machen. Du hattest sie damals missbraucht um mir diesen wahnsinnigen Befehl zu geben. Zum Glück war Rea bei mir um mich davon abzuhalten andere Engel abzuschlachten. Du bist ein größenwahnsinniger, machthungriger und egoistischer Idiot, Azazel", schrie er ihn hasserfüllt an. Der Gefallene löste vorsichtig die Hände seines Gegenübers von seinem Kragen. „Ich dachte damals, dass wir die gleichen Ansichten teilen. Du und ich. Aber ich hatte mich geirrt. Mein Fall muss dir ziemlich zugesetzt haben, da durch diese Verbindung unsere Seelen eine Einheit gebildet hatten", sagte er ohne das geringste Bedauern in der Stimme und widmete sich wieder dem Trank, den er zu brauen versuchte. „Auf ewig soll mein Schwert an deiner Seite schwingen", flüsterte Jack traurig. „Und deine Feinde sollen auch die Meinen sein", fügte Azazel hinzu. „Nichts soll uns aus einander bringen..." „Und unsere Seelen trennen." Jack atmete einmal tief durch ehe er den letzten Vers aufsagte. „So schwöre ich, mein Bruder, dich zu ehren und zu schützen." Azazel sah auf. Er hatte seine Stirn in Falten gelegt. Jack erwiderte erwartungsvoll seinen Blick. „Dich zu ehren und zu schützen, das soll auch mein Schwur sein, mein Bruder", sagte er nach einer Weile. Er reichte Jack die Hand, die er vorhin mit dem Dolch aufgeschnitten hatte. Jack nahm nun auch die Klinge und schnitt sich in die linke Handfläche, dann drückte er Azazels sodass sich ihr Blut vermischte. Ein leichter Schimmer umgab die beiden Hände. Als sie wieder ihre Hände zurück nahmen konnte man über der Schnittwunde ein verschnörkeltes Zeichen erkennen. „Willkommen zurück mein Partner", sagte Azazel feierlich und begann damit, den nun fertigen Trank auf Ares Wunden zu streichen. Jack nickte stumm. „Was war das gerade?", fragte Isabelle. Sie war eben zusammen mit Elijha, der ihre Hand hielt, nähergekommen. Sie hatten die Situation stumm beobachtet. „Sie haben ihren Kadinir Schwur erneuert", erklärte ihr sofort Elijha. Fragend sah sie ihn an. „Das ist ein Schwur, den zwei Engel ablegen, wenn sie für ein Leben lang zusammen kämpfen wollen. Kadinir sind in der Lage Fähigkeiten, Kräfte und Gedanken miteinander zu teilen, was in einem Kampf vorteilhaft ist. Jack und Azazel hatten bereits damals so einen Schwur geleistet, doch er ging zu Bruch, als Azazel fiel. Nun haben sie wieder einen und damit die dadurch entstehenden Vorteile. Normalerweise ist diese Verbindung auf himmlischer Basis, doch beide gehören nicht mehr dem Himmel an. Ihr Schwur ist nun dämonischen Ursprungs, was sie effektiver gegen himmlische Wesen macht", erklärte er ihr freundlich. Isabelle nickte. Azazel richtete sich wieder auf und ließ seine Utensilien verschwinden. „Jetzt, da wir wieder auf einer Seite stehen, hielt ich es für angebracht ihn zu erneuern", erklärte sich Jack und stand ebenfalls wieder. „Euer Freund wird sich wieder erholen. Wir können nun mit dem Ritual beginnen", erklärte Azazel und ging ein paar Schritte auf den Altar unter dem Kirchenfenster zu.
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