Leben bedeutet hoffen
One-Shot
Weihnachtsgeschenk für Melly-Niko
Vorgegebene Wörter:
Kerzenlicht
Herz
Zombie Apokalypse
Kanalisation
Familientreffen
Zitternd saß ich in der Dunkelheit und versuchte meine Umgebung, so gut es nun einmal ging, zu ignorieren.
Dies war nicht wirklich leicht, und obwohl mein Körper so geschwächt war und ich nichts lieber wollte, als endlich dem Gefühl der Müdigkeit nach zugeben und zu schlafen, konnte ich es nicht.
Nicht hier, zumindest im Moment war es unmöglich.
Wir wussten noch nicht, ob dieser Ort sicher war. Ob er sauber war, oder sie hinter der nächsten Ecke lauerten um sich auf uns stürzten.
Sie würden nicht zögern, sie würden sofort angreifen, ihre verfaulten Körper auf uns werfen und ihre Zähne in unser Fleisch rammen.
Eine Gefahr der wir immer, tagtäglich, seit über einem Jahr ausgesetzt waren.
Und noch immer hatte ich Angst, ja, jede gottverdammte Sekunde in meinem Leben. Es hatte diesen bitteren Beigeschmack des Unwohlsein, der Gewissheit, dass es niemals wieder sein würde wie früher. Das wir kein zu Hause hatten, dass wir keinen Ort hatten, zudem wir zurückkehren konnten und uns sicher zu fühlen.
Gestern mussten wir schon wieder unser Haus, besser gesagt Unterschlupf, aufgeben und weiter ziehen. Die Welt draußen hatte sich immer noch nicht verändert. Seit diesen einem Tag letzten Jahres war es nur schlimmer geworden.
Früher wollte ich immer hinaus, ich wollte die Welt sehen, ich hatte noch an sie geglaubt. Jetzt war ich mir nicht einmal mehr sicher, ob ich das überhaupt wollte.
Es gab nichts mehr was schön war, alles war grau, zerstört und verwest.
Loe sagte immer, ich sollte die Hoffnung nicht aufgeben, eines Tages würden wir wieder leben können.
Frei, an der Oberfläche und wir würden zusammen die Zugvögel am Himmel betrachten.
Doch momentan sah es weniger danach aus, ich war mir nicht einmal sicher ob es noch Zugvögel gab, die ihre jährlichen Ruten flogen.
Die dunklen, feuchten Gänge der Kanalisation waren alles andere als gemütlich, geschweige denn, dass es sich Sicher anfühlte.
Aber wir würden diesen Ort bis in absehbarer Zukunft nicht mehr verlassen können.
Vorausgesetzt, sie waren noch nicht hier unten. Es schien so, als gäbe es kaum einen Ort, wo sie noch nicht waren, als suchten sie in jedem Winkel nach den letzten Überlebenden.
Früher war das größte Problem der Menschen, dass sie nicht genügend zu essen hatten.
Heute ist das Problem, dass sie sich gegenseitig auffressen.
Wie dies zu Stande kam weiß niemand genau, ich denke, alle Forscher wurden gebissen, bevor es wirkliche Untersuchungen geben konnte.
Seit über zwölf Monaten versank die Welt nun schon im Chaos, die Zombie-Apokalypse verbreitete sich mittlerweile über alle Kontinente.
Anfangs war nur Australien betroffen, aber da der Flugverkehr nicht rechtzeitig eingestellt wurde, gab es nur Wochen später kaum noch eine Stadt, wo sie nicht zu finden waren.
Wo auch immer man hinkam, immer dasselbe Bild. Die Menschen brachen in Panik aus, jeder entwickelte andere Theorien, was vor sich geht.
Erst hieß es, es sein eine Krankheit, dann waren es einmal die Politiker, eine Stunde später wiederum ein außer Kontrolle geratenes Experiment und am nächsten Morgen hieß es, der jüngste Tag nahte. Hunderte Menschen starben, weitere tausend bei Bombenanschlägen, die die Städte verwüsteten, und Götter gnädig stimmen sollten.
So ging der erste Monat von statten, doch danach kam die Stille. Alles wurde ruhiger, von Tag zu Tag, denn es gab niemanden mehr, der Lärm machen konnte.
Wer noch lebte, der versteckte sich, tarnte sich in verlassen Gebäuden und abgelegenen Orten, genauso wie wir.
Die Städte besaßen keine Namen mehr, diese waren unwichtig geworden. Wichtig war nur was sie an Ausstattung, Schutz und Lebensmitteln besaßen – daran wurde sie gewertet.
Ich hörte leise Schritte durch das Wasser schlurfen, welche sich uns langsam näherten.
Ein flackerndes Licht zeigte mir, dass es sich um Loe und Old Jack handeln musste. Trotzdem starrte Maria, welche ängstlich in der anderen Ecke kauerte, nervös in den Gang.
Sie hatte ihren Sohn Sven eng an sich gedrückt, vielleicht um ihn und sich zu wärmen, oder aber auch einfach nur um nicht das Gefühl zu haben, völlig allein zu sein.
Selbst wenn man in Gruppen unterwegs war, bekam man dieses Gefühl nur allzu schnell.
Ich war froh, dass ich Loe hatte. Kennenlernen tat ich ihn zwar erst während dem Untergang der Zivilisation, aber er war alles, was ich noch hatte.
Meine Familie war vermutlich schon Tod, aber so genau konnte ich das nicht sagen. Wir hatten uns damals in unserem Haus verschanzt, bis mein Vater und ich hinunter in die Stadt gingen um neue Lebensmittel zu besorgen.
Dort war alles Chaotisch und als eine Welle von Zombies auftauchte, bildete sich eine betende Versammlung aus Gläubigen, angeführt von einem wahnsinnigen Pfarrer.
Durch die Mauer aus Gläubigern gab es keinen Weg hindurch und ich verlor meinen Vater aus den Augen, welcher wahrscheinlich mit den Märtyrern unterging.
Wieder zurück konnte ich nicht, das Gebiet, in dem unser Haus lag, war verseucht, ebenfalls von der „Krankheit“ befallen.
Erst Schlug ich mich alleine durch, bis ich auf Loe traf, welcher aus Russland geflohen war und sich bis nach Deutschland vorgekämpft hatte.
Von da an gingen wir zusammen, und irgendwann kamen noch weitere hinzu. Billy, welcher mittlerweile erwischt wurde, aber bereit war, sein Leben für uns zu Opfern. Und Old Jack welcher auf Marie und ihren Sohn aufpasste, seit in Berlin die Katastrophe anfing.
Nun waren wir zu fünft, und versteckten uns in dieser Kloake, möglicherweise würden wir auch für immer hier festsitzen.
Ich vernahm das leise Fluchen Old Jack´s, als er um die Ecke bog und sich scheinbar über seine nassen Füße beschwerte.
Er war ein seltsamer Zeitgenosse, schon über fünfzig, aber noch in Topform und mied keine Gefahr.
Manchmal war es schwer mit ihm umzugehen, vor allen wenn man tagtäglich vierundzwanzig Stunden am Stück aufeinander hockte, dennoch war ich froh, dass er bei uns war.
Er und Loe hatten sich aufgemacht, um die Gegend nach möglichen Gefahren abzusuchen.
„Alles sicher.“, verkündete einer der Männer auch schon, und Erleichterung flammte in mir auf. Wenn auch nicht lange, die Situation könnte sich jede Minute wieder ändern.
Ich wusste, dass es Loe war, allein wegen dem unverkennbaren Akzent in der Stimme. Ursprünglich stammte er aus der Türkei, war aber mit fünf Jahren nach Russland ausgewandert.
Was seltsam war, denn er besaß neben seinem deutschstämmigen Vater, eine türkische Mutter und hatte somit eigentlich keine Verbindung zu diesem Land.
Seine schmale Gestalt ließ sich dicht neben mir nieder, während sich Old Jack zu Maria begab.
„Ja, diese Mistviecher halten sich von hier fern.“, meinte er und spukte angewidert aus, „Wahrscheinlich sind selbst die sich zu schade, um in unserer Scheiße zu wohnen.“
Nun nahm auch ich wieder den leichten, wenn auch abgeschiedenen Duft menschlicher Exkremente war.
Zum Glück hatten wir wenigstens diesen Ort gefunden, wo es verhältnismäßig trocken war.
Loe positionierte sorgsam den leuchtenden Wachsstarb und Schatten tanzten im Kerzenlicht über sein Gesicht.
„Weißt du eigentlich, welcher Tag heute ist?“, fragte er und kam zurück zu mir gekrochen.
Ich schüttelte bloß den Kopf, das Datum hatte ich schon lange aufgegeben. Aber ich wusste, dass er die Tage zählte, einfach um es nicht völlig in Vergessenheit geraten zu lassen. Unser altes Leben.
„Heute ist Weihnachten.“, erklärte er mit fast schon wehmütiger Stimme und ein Seufzen entwich seinen Lippen.
Erinnerungen an diese einst so fröhliche Zeit stürzten auf mich herab. Damals hatten wir immer ein Familientreffen und feierten alle gemeinsam.
Jetzt war von dieser friedlichen Atmosphäre nichts zu spüren.
Ich kuschelte mich noch etwas näher an Loe, welcher den Arm um mich legte. So fühlte ich mich wenigstens nicht ganz alleine und verloren.
„Ich wünschte, ich könnte dir etwas schenken.“, sagte er leise und ich blickte ihn erstaunt an, „Aber weißt du was? Ich habe nichts, außer mir selbst, also schenke ich dir einfach mein Herz.“
„Wirklich?“, fragte ich nach, „Das wäre das größte Geschenk, was mir jemals jemand gemacht hätte.“
Und ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme etwas zitterte. Denn er hatte recht, wir hatten nur noch uns selbst, und er war bereit, sein ganzes Herz mit mir zu teilen.
„Ja.“, und ehe ich mich versah, gab er mir einen kurzen Kuss. Nicht lange, aber es reichte, um in mir eine ganz neue Wärme zu erzeugen, die ich noch gar nicht kannte.
Kurz blieb es fast peinlich Still, bis Old Jack schließlich meinte: „Na, dann frohes Weihnachten.“
„Dem Fest der Liebe.“, und zwinkerte mir zu, bevor er eine kleine Flasche aus seiner Tasche hob und in einem Zug leerte.
Das sonderbarste an Old Jack war wohl, dass er wirklich an jedem Ort Alkohol finden konnte, Weltuntergang hin oder her.
„Ich liebe dich, Hope.“, flüsterte Loe leise in mein Ohr, sodass die anderen es nicht hören konnten.
Als ich meinen Spitznamen hörte, musste ich lächeln. Hope, so hatte er mich genannt, er meinte ich sei seine Hoffnung, dass alles eines Tages wieder gut werden würde.
Und dieses eine Mal glaubte auch ich daran, dass es irgendwann wieder eine Welt geben würde in der wir leben konnten – gemeinsam.
Von DeathAcid
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