Kirschen und Platzwunden
Jetzt saß ich also wieder mit einem meiner Wollpullover und Jeans bekleidet an einem schäbigen kleinen Tisch am Fenster des Motelzimmers bei Dean und suchte nach Hinweisen, während Sam unterwegs war und einer Zeugenaussage nachging. Sam wirkte bei Deans Vorschlag, er würde mit mir im Motel bleiben um zu recherchieren, sichtlich irritiert, stimmte dann aber doch zu. Und auch ich wusste nicht so recht, was Dean damit bezwecken wollte. Immerhin war er vor nicht einmal dreißig Minuten noch komplett dagegen gewesen, dass ich sie überhaupt begleitete.
Was genau das alles zu bedeuten hatte, erschloss sich mir in dem Moment also nicht. Allerdings hatte er sich auch nicht wieder abfällig mir gegenüber geäußert.
Ob ihm Sam auf dem kurzen Weg hierher eine Standpauke gehalten hatte? Der Gedanke daran, wie sein kleiner Bruder ihn laut zeternd zurechtwies und Dean nur starr geradeaus auf die Straße sah, ließ mich schmunzeln. Wahrscheinlich war es sogar wirklich so. Denn die beiden hatten ziemlich sauertöpfig vor ihrem Zimmer gestanden, als ich hier angekommen war.
»Wie lange bist du schon dabei?«, fragte Dean, der mir gegenübersaß und durchbrach die Stille.
Ich hob meinen Blick und schielte über den Bildschirm des Laptops. Bekundete er mit dieser Frage gerade ehrliches Interesse an meiner Person? Und dabei klang es tatsächlich nicht so, als würde er mich mit irgendetwas aufziehen wollen. Ich war fast schon schockiert.
»Solange ich denken kann. Meine Eltern waren beide Jäger und das schon vor meiner Geburt. Ich konnte mich also nicht wirklich dagegen wehren. Und jetzt mache ich es auch nicht mehr. Ich habe wahrscheinlich einfach ein Helfersyndrom.«
Dean nickte verstehend und ich meinte sogar ein wenig Traurigkeit in seinem Blick auszumachen. Nichts war mehr von der Abwehrhaltung übriggeblieben. Ich hätte zu gern gewusst, was er mit Sam im Auto gesprochen hat und ob es wirklich etwas mit mir zu tun gehabt hatte.
»So ähnlich war es bei uns auch. Seit dem Tod unserer Mutter. Und was dann kam ist Geschichte. Nichts, worüber man gerne spricht.« Dean schluckte.
»Ich weiß.« Meine Worte waren nur geflüstert.
Ich hatte viele Geschichten gehört und was den beiden Winchesters passiert war, passte auf keine Kuhhaut. Ich war wirklich erstaunt, dass die beiden überhaupt noch geradestehen konnten. Und ich war überrascht, dass er es angeschnitten hatte. Dean hielt meinen Blick noch eine Weile gefangen, dann räusperte er sich.
»Also Cherry, hast du schon was rausgefunden, dass uns weiterhilft?« Ein verschmitztes Lächeln legte sich auf seine Lippen und ganz offensichtlich wartete er auf eine bestimmte Reaktion meinerseits.
Ich musste zugeben, dass mir der Spitzname gefiel. Ich hatte noch nie einen, aber ich wollte ihm nicht die Genugtuung geben und lächeln. Sollte er ruhig denken, dass ich ihn nicht mochte. Ich hatte immerhin keine Ahnung, was er damit gerade bewirken wollte.
Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch. »Cherry? Wie kommst du denn auf diese Schnapsidee?«
»Na ja, dein Name klingt ähnlich, du bist knackig und wirst gerade genauso rot wie eine Kirsche.«
Erschrocken riss ich die Augen auf und fasste mir unwillkürlich an die Wangen. Als Dean dann aber anfing zu lachen, wurde mir klar, was er da gerade getan hatte. So ein Mistkerl! Ich hatte doch gewusst, dass da etwas im Busch war.
»Du Arsch«, rief ich aus und trotzdem stimmte ich in sein Lachen ein.
Wie war es möglich, dass ich erst komplett genervt von ihm gewesen war, er mich dann überraschte und schließlich auch noch zum Lachen brachte?
»Das nehme ich als Kompliment«, entgegnete er und biss sich auf die Unterlippe.
Verdammt! Was tat dieser Kerl da? Das sollte er lieber ganz schnell bleiben lassen. Sonst könnte ich ihn eventuell doch noch mögen!
»So war es aber nicht gemeint«, murmelte ich und sah wieder auf den Bildschirm, um einen Ausschnitt aus einem Buch für Flüche zu studieren. Zumindest versuchte ich es.
Allerdings glitt mein Blick immer mal wieder nach oben. Dean schien sich auch wieder der Recherche zu widmen. Er wirkte sehr konzentriert, bis er meinen Blick plötzlich erwiderte.
Für einen Augenblick versank ich in den verwaschen grünen Augen des Mannes, der mich vor nicht einmal zwei Stunden noch herabgewürdigt hatte.
»Warum wolltest du nicht, dass ich euch helfe?« Die Frage platzte einfach so aus mir heraus. Ich wusste auch nicht, woher das kam und warum ich das fragte.
Deans Augen weiteten sich für einen Moment. Er schien mit sich zu hadern und antwortete deshalb nicht sofort auf meine Frage.
Zum Glück wurden wir in dem Moment von Deans Handy unterbrochen, dass auf dem Tisch zwischen uns zu klingeln begann.
»Agent Hager«, meldete er sich als er abnahm und ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht zu grinsen.
Van Halen, echt jetzt? Also die Decknamen der Jungs sind nicht besonders einfallsreich. Aber vermutlich wird es auch niemandem auffallen, außer eingefleischten Achtzigerjahre-Rockfans. Ich hätte es auch nicht gemerkt, wenn mein Vater nicht so ein Riesenfan der Band gewesen wäre.
Ein wenig erleichtert, dass er nicht auf meine Frage antworten konnte, widmete ich mich wieder meinem Laptop. Irgendwelche Hinweise mussten sich schließlich zu diesem Zauber finden lassen. Es sollte jedenfalls nicht von Nachteil sein, wenn wir wissen, mit welcher Art Hexe wir es zu tun hatten. Dem Inhalt des Hexenbeutels nach zu urteilen, schien es sich um einen uralten Zauber zu handeln, den nicht jede beliebige New Age Hexe durchführen konnte. Weswegen wir auch deutlich vorsichtiger sein sollten als anfänglich angenommen.
»Habe verstanden«, hörte ich Dean seinem Gesprächspartner fast mechanisch antworten und blickte angesichts seiner veränderten Tonlage wieder von meinem Laptop auf. Es hatte etwas darin gelegen, das alles andere als menschlich klang.
Sein Blick war glasig, seine Gesichtszüge verhärtet. Und noch bevor ich realisiert hatte, was gerade geschehen war, stürmte er mit einem unmenschlichen Knurren auf mich zu, warf den Tisch um und versuchte meine Kehle mit seinen Händen zu erwischen.
Gerade noch rechtzeitig konnte ich den Stuhl unter mir loswerden. Ich stolperte zurück und duckte mich hastig unter seinen Händen weg.
»Dean. Stopp, hör auf!«, brüllte ich obwohl mir durchaus klar war, dass das absolut nichts bringen würde. Er stand unter einem Zauber und dagegen half nur, den Hexenbeutel zu verbrennen.
Ein breites Lächeln legte sich auf seine Lippen. Nur leider war es ganz und gar nicht freundlich. Eher im Gegenteil. Ein Schauer des Entsetzens glitt über meine Haut, während er sich geschmeidig wie eine Raubkatze auf mich zu bewegte.
»Du kannst mir nicht entkommen, Kleine.« Mit einem heiseren Lachen drängte er mich immer weiter rückwärts.
Hastig sah ich mich um. Es gab nur einen Ausweg, denn einen Kampf gegen Dean hätte ich binnen Sekunden verloren. Er war mir körperlich mehr als überlegen und ich hatte nichts mit dem ich mich gegen ihn verteidigen konnte. Abgesehen davon, dass er mich locker um einen Kopf überragte, wog ich mit Sicherheit auch nur die Hälfte von ihm. Deshalb blieb nur der sofortige Rückzug.
Kurz bevor ich mit dem Rücken an die Wand des kleinen Raumes stieß, machte ich blitzartig einen Ausfallschritt nach links, riss die Tür auf und verschwand in dem winzigen Bad des Motelzimmers.
Ich schloss die Tür hinter mir ab und drückte meinen Rücken dagegen. Denn Dean fing bereits an, wie wild auf die Tür einzuschlagen.
Ich hatte wirklich Mühe, die Tür in ihren Angeln zu halten. Dean hatte beinahe übermenschliche Kraft und immer wieder ächzte das Holz unter seinen Schlägen und Tritten. Mein Rücken schmerzte bereits und jede Erschütterung machte es schlimmer. Bis es plötzlich vollkommen still in dem Raum hinter der Tür wurde.
Trotzdem traute ich der Ruhe nicht. Ich wartete eine Minute und machte dann nur vorsichtig und möglichst leise ein paar Schritte von der Tür weg. Vielleicht fand ich hier den Hexenbeutel, der garantiert der Grund für Deans Ausraster war. Es passte genau auf die Beschreibung von Mr. Davis.
Verdammt, ich hasste Hexen. Und ihre Beutel waren einfach nur widerlich. Wer verwendet denn bitte die Knochen eines Säuglings für so grässliche Dinge?
Ich war gerade dabei, unter dem Waschbecken zu suchen, als Dean an die Tür klopfte. Sacht, fast vorsichtig. »Hey, alles okay? Es tut mir leid. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Du kannst aber wieder herauskommen. Es ist vorbei.«
Ja natürlich. Mit Sicherheit war es nicht vorbei. Aber dieser verdammte Hexenbeutel war nirgendwo zu finden. In dem kleinen Bad hatte dieses Biest ihn also nicht versteckt. Wäre auch zu schön gewesen, wenn sie zweimal das gleiche Versteck genutzt hätte.
Ich griff an meine Hosentaschen, um mein Handy herauszuziehen, aber als ich nichts fand, fiel mir auch ein wieso nicht. Es hatte auf dem Tisch gelegen, den Dean erfolgreich umgeworfen hatte. Damit war die Möglichkeit, Sam anzurufen auch über alle Berge. Und somit eine weitere Idee verpufft.
»Super, was soll ich denn jetzt machen?«, murmelte ich vor mich hin.
Die Tür würde nicht ewig halten und auch hier gab es nichts, womit ich ihn überwältigen konnte.
»Du könntest einfach den Schlüssel drehen und mich reinlassen. Ich will doch nur wissen, ob es dir gut geht.«
Der süßliche Ton verriet ihn nur noch mehr. Wenn ich eins über die beiden Winchesters gehört hatte, dann dass Dean nicht so sprechen würde. Und so wie ich ihn kennengelernt hatte, konnte ich das definitiv bestätigen. Sam war eher derjenige, dem ich so etwas zutraute.
Hastig suchte ich weiter nach einer Lösung, um aus diesem Schlamassel herauszukommen. Ich konnte nicht an Ort und Stelle bleiben, denn wenn der Zauber ein Ende fand würde das auch Deans Ende bedeuten. Ich musste entweder also einen Weg zu meinem Handy finden, denn aus dem Fenster verschwinden kam auch nicht in Frage. Ich konnte mir nämlich keine Nummern merken. Also konnte ich Sam nicht ohne mein Handy anrufen und ihn ohne einen Wagen zu finden, war wohl auch unmöglich. Zumindest in der kurzen Zeit, bis Dean der Gar ausgemacht wurde. Denn mein Autoschlüssel befand sich ebenfalls bei Dean im Zimmer. Oder ich musste den verdammten Hexenbeutel finden.
Damit war die Sache eigentlich schon entschieden. Es gab nur den einen Weg.
»Kommst du bitte raus? Ich würde mich gern vergewissern, dass es dir gut geht«, schnurrte Dean vor der Tür und bestätigte so nur immer mehr meinen Verdacht, dass der Zauber sich nicht einfach aufgelöst hatte.
»Also gut.« Ich atmete noch einmal tief ein und ging meinen notdürftig Plan gedanklich durch. Es war eine grauenvolle Idee, aber besser als gar nichts.
In meiner Tasche lag ein Seil, mit dem ich Dean fesseln konnte, wenn ich schnell genug war. Ich musst nur seiner Wut ausweichen und irgendwie an ihm vorbeikommen. Hoffentlich stand er noch vor dem Bad. Dann hatte ich wenigstens eine kleine Chance, heil bei meinem Seil anzukommen. Ich straffte meine Schultern und schloss die Augen. Was konnte schon passieren? Entweder brachte er mich um und starb dann an dem Fluch oder ich schaffte es, ihn zu überwältigen und fand diesen dummen Beutel. Ein Kinderspiel. Beinahe hätte ich noch über meine eigenen dummen Gedanken gelacht, nur leider blieb mir dafür keine Zeit.
Mit einem kräftigen Ruck stieß ich die Tür von innen auf und nutzte Deans Überraschung, um ihm meine Schulter in den Bauch zu rammen.
Er taumelte nach hinten und fiel rückwärts auf das Bett, dass der Tür am nächsten stand.
Ich sprintete auf meine Tasche zu und zog das Seil heraus. Schon fast siegessicher drehte ich mich zu Dean um. Aber noch bevor ich ihn richtig im Blickfeld hatte, traf mich ein harter Schlag an der Schläfe und tausende kleiner Sterne explodierten vor meinen Augen. Ein sengender Schmerz schnitt durch meinen Kopf und mir wurde augenblicklich übel.
Bevor ich wieder klarsehen konnte, spürte ich bereits zwei große Hände, die sich um meinen Hals legten und fest zudrückten. Sofort verschwamm mir die Sicht erneut.
»Dean, bitte«, röchelte ich, obwohl mir klar war, dass es zwecklos sein würde.
Die Luft wurde mir schneller knapp, als es mir lieb war. Deshalb tat ich das Erste, was mir in den Sinn kam. Ich zog mein Knie hoch. Leider verfehlte ich mein eigentliches Ziel, aber ich traf ihn genau in der Magengegend, was ebenfalls den gewünschten Effekt erzielte. Er krümmte sich vor Schmerz und lockerte seinen Griff.
»Tut mir leid, aber du lässt mir keine Wahl!«, versuchte ich krächzend es etwas abzumildern, aber eigentlich war ich nur froh, dass er mich losgelassen hatte.
Ich nutzte die Gelegenheit, stieß ihn erneut aufs Bett und setzte mich auf ihn. Mit schnellen Griffen und zittrigen Händen band ich Deans Handgelenke an die Bettpfosten. Dann griff ich mir das Lacken vom anderen Bett und versuchte seine Füße zu fixieren, während er nach mir trat und lauthals fluchte.
»Ich bringe dich um, du kleine Schlampe!«, schrie er, was mir einen Schauer über den Rücken jagte.
Ich war mir zwar bewusst, dass er das nur aufgrund des Fluchs sagte, aber er war ohne Zweifel dazu in der Lage. Ich sollte dringend diesen Beutel finden. Dean war nämlich schon dabei, seine Fesseln zu lösen und das Bett würde auch nicht ewig halten.
»Wo stecken diese Biester ihre Beutel nur überall hin?« Eilig kroch ich mit schmerzverzerrter Miene unter die Betten, schleppte mich schwankend zu der Kommode, zog alle Schubladen auf und war bereits dabei, die Wände nach Hohlräumen abzuklopfen, als mein Blick auf die Lüftung fiel.
»Okay, letzte Chance«, sagte ich zu mir selbst und bekam prompt die Bestätigung von Dean.
»Oh ja, letzte Chance abzuhauen, Kleine. Wobei weglaufen dein Leben auch nicht retten wird. Es macht es nur spannender für mich.« Sein Lachen klang hohl und kehlig, aber er hatte recht.
Seine Fesseln waren bereits gut gelockert. Es würde nicht mehr lange dauern und ich wäre wieder dran.
Ich riss die Abdeckung des Schachtes ab und atmete erleichtert auf. Etwas kleines rotes klemmte oben im Lüftungsschacht. Ich holte den kleinen roten Beutel heraus, griff nach meinem Feuerzeug, dass glücklicherweise den Weg auf den Boden gefunden hatte, als Dean hier etwas umgeräumt hatte. Ich klickte einmal, ich klickte ein zweites Mal und beinahe wäre mir noch das Feuerzeug heruntergefallen, weil ich so zitterte, als es sich endlich entzündete.
Erleichtert hielt ich die kleine Flamme an den Beutel und er fing fast augenblicklich Feuer.
Gerade noch rechtzeitig, denn als ich mich zu dem Bett umdrehte sah ich, dass Dean schon eins seiner Handgelenke befreit hatte. Aber genau in dem Moment entspannten sich seine Gesichtszüge. Seine Augen bekamen wieder deutlich mehr Farbe und auch seine Gliedmaßen wirkten gleich weniger gespannt. Erschöpft und zitternd ließ ich mich zurück auf den Boden sinken und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand, während sich meine Atmung normalisierte und ich versuchte, den Schwindelanfall loszuwerden.
»Mh, hier steht wohl jemand auf Fesselspiele. Ich hätte auch nichts dagegen, aber dafür habe ich noch zu viele Klamotten an, findest du nicht auch?«
Sein unbekümmerter Tonfall ließ mich auflachen, was meine geschundene Kehle aufrieb.
Hustend richtete ich mich auf und ging so sicher wie mein Zustand es zuließ hinüber zu dem Bett.
»Da könntest du recht haben. Auf die Art von Fesselspielen stehe ich aber nicht wirklich«, krächzte ich und versuchte möglichst überzeugend zu lächeln.
Auch wenn mir gerade noch nicht so sehr danach zu Mute war. Mein Schädel dröhnte und mein Hals brannte höllisch. Oh, wie ich Hexen hasste!
Das anzügliche Grinsen auf Deans Gesicht verblasste auf der Stelle, als ich mich neben ihm aufs Bett sinken ließ.
»Ich hab' dich verletzt.« Jetzt klang er schon gar nicht mehr so unbekümmert. Dean ließ seinen Blick über mein Gesicht und meinen Hals streifen. Er sah alles andere als glücklich aus.
»Halb so schlimm. Du standest unter einem Zauber. Du kannst nichts dafür«, flüsterte ich und fühlte das Blut meine Schläfe herunterrinnen. Aber ich kümmerte mich nicht weiter darum. Stattdessen löste ich das Bettlaken von Deans Füßen.
»Trotzdem tut es mir leid«, entgegnete Dean entschuldigend.
Ich rang mir noch einmal ein Lächeln ab und wollte gerade das Seil von den Bettpfosten losbinden, als die Tür zum Parkplatz aufging und Sam hereinkam.
»Was - Was ist denn hier passiert?«, fragte er und sah von dem Chaos in der Mitte des Raumes zu uns und wieder zurück.
»Störe ich gerade irgendwie?« Sams Gesichtsausdruck wirkte erschrocken, aber vermutlich eher, weil er wirklich dachte, uns bei etwas sehr Schrägem unterbrochen zu haben.
»Nein, aber du hättest ruhig etwas eher hier sein können«, schimpfte Dean, als ich gerade seine Hände loszuband.
Erst jetzt schien Sam meine Verletzung zu bemerken. Denn seine Augen weiteten sich leicht. »Ein Hexenbeutel?«
»Ja, ein Hexenbeutel.« Dean schwang sich aus dem Bett und stellte den Tisch wieder auf, während ich mich auf die Matratze fallen ließ. Ein neuer Schwindelanfall überkam mich und bevor ich mich übergeben musste, legte ich mich doch lieber kurz hin. Dean hatte mir ordentlich eine verpasst. Besagter setzte sich in dem Moment neben mich und besah meine Kopfwunde.
»Ich habe die Hexe gefunden. Wir können gleich los«, erklärte Sam knapp und sah Dean dabei zu, wie er das Blut mit irgendeinem Stofffetzen von meinem Gesicht tupfte.
»Ich versorge Sherins Wunde und dann komme ich. Warte schon mal im Auto auf mich.«
Sam verließ das Zimmer und ließ uns beide wieder allein zurück. Ich setzte mich auf und sah mich in dem Zimmer um. Es sah aus, wie auf dem Schlachtfeld.
»Danke, es geht schon. Wir können los.« Ich wollte Dean etwas beruhigen, als er gerade Alkohol auf ein kleines Tuch gab, um meine Wunde an der Schläfe zu reinigen.
»Du wirst so nirgendwo hingehen. Dass das klar ist. Du wirst hier schön brav auf uns warten und dich ausruhen. Ich habe dich ziemlich erwischt.« Mit diesen Worten hockte er sich vor mich und sah sich die Wunde genauer an.
Ich zischte, als er das Tuch auf die Platzwunde drückte.
»Ich will euch helfen. Dean, diese Hexe ist gefährlich. Demnach was ich über diesen Fluch gelesen habe, könnte es sein, dass ihr mich wirklich brauchen könntet«, brachte ich gepresst hervor.
Dean klebte ein Klammerpflaster auf die Wunde und strich dann vorsichtig mit seinen Fingern über meine Wange hinunter zu meinem Hals.
»Du hast schon genug geholfen. Ohne dich wäre ich nicht mehr hier. Bleib bitte hier und mach keine Dummheiten.« Seine Stimme wurde von Wort zu Wort leiser. Und irgendwie kam er mir ehrlich besorgt vor.
Wahrscheinlich wäre ich ihnen auch eher im Weg, als das ich geholfen hätte. Denn gerade verschwamm er schon wieder vor meinen Augen.
»Okay«, stimmte ich ihm nickend zu und bemerkte erst jetzt, dass seine Finger noch immer an meinem Schlüsselbein lagen.
Deans Blick glitt zu seinen Fingern und es kam mir vor, als würde er gerade erst selbst merken, was er da tat. Schnell zog er seine Hand zurück, räusperte sich und stand auf. »Wir passen schon auf uns auf. Das ist nicht unsere erste Hexe. Wir sind bald zurück. Ruh dich solange aus.«
Kaum war er durch die Tür verschwunden, normalisierte sich meine Atmung. Offenbar hatte ich die Luft unbewusst angehalten, als Deans Finger über meinen Hals gefahren waren. Er war so fürsorglich gewesen. Ganz anders als diese schroffe, ein bisschen freche Art. Aber ich musste zugeben, dass ich beides mochte.
Schnell schüttelte ich den Gedanken an seinen Händen auf meinem Körper ab und stand auf. Ich wollte etwas Ordnung machen, bis die beiden zurück waren. Hoffentlich heil und in einem Stück.
Also klaubte ich die Laptops und mein Handy vom Boden auf und legte alles auf den Tisch. Die umgefallen Stühle stellte ich auch wieder auf und gerade als ich die Klappe der Lüftung schließen wollte, wurde mir richtig übel. Vielleicht musste ich mich doch ausruhen.
Vorsichtig legte ich mich auf eins der beiden Betten und merkte noch, wie mir die Augen zufielen.
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