Entschuldigung und endgültige Versöhnung?
»Hey Cherry, darf ich reinkommen?«
Hatte ich mich gerade etwa verhört oder hatte Dean mich wirklich wieder Cherry genannt? Ein kleines Lächeln huschte über mein vermutlich vollkommen verheultes und geschwollenes Gesicht.
Notdürftig wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, atmete einmal tief durch und richtete mich etwas auf.
»Ja, du darfst reinkommen.« Leider klang meine Stimme nicht annähernd so, wie ich es gerngehabt hätte.
»Hi«, sagte er mit gesenktem Blick und ich konnte ihm die Reue direkt ansehen.
»Hi«, entgegnete ich und musste schon darüber schmunzeln, wie dämlich wir uns gerade anstellten.
»Ich hab' dir einen Tee gemacht.« Dean räusperte sich, hielt die Tasse hoch und kam einen Schritt näher, damit ich sie ihm aus der Hand nehmen konnte.
»Danke«, nuschelte ich und stellte den Tee auf den kleinen Nachtschrank. Allmählich konnte ich den verdammten Tee nicht mehr sehen.
Dean selbst hatte ein Bier in der Hand und gerade war der erste Moment, indem ich ihn darum beneidete. Bei einer Aussprache war Bier schon immer der beste Begleiter gewesen.
»Willst du dich setzen?« Ich wies auf den freien Platz neben mir auf der kleinen Matratze und Dean nickte.
Er setzte sich so weit von mir entfernt hin, dass es sich vollkommen falsch anfühlte.
Wahrscheinlich hätte ich wirklich nicht gehen sollen. Wer wusste es schon? Vielleicht hatte ich damit die langsam aufgebaute Beziehung zu Dean in nur zwei Stunden zerstört.
Eine Weile saßen wir stumm nebeneinander. Mein Blick auf den Fußboden gerichtet, seiner auf die Bierflasche in seinen Händen.
»Dean, es tut mir leid, ich...«, begann ich, wurde aber direkt wieder von ihm unterbrochen.
»Sherin, warte.« Er hatte seinen Kopf gehoben und sah mich an. »Mir tut leid, was ich da eben zu dir gesagt habe. Das war nicht fair. Ich bin nicht gerade nett gewesen.«
Ich nickte und senkte meinen Blick wieder. Ich konnte ihn gerade einfach nicht ansehen. Diese verdammten Hormone trieben mir schon wieder die Tränen in die Augen.
»Ist schon okay, ich verstehe das. Du hattest recht, ich hätte nicht gehen dürfen. Ich habe unseren Sohn in Gefahr gebracht. Das wird nicht wieder vorkommen«, krächzte ich leise und war mir nicht mal sicher, ob Dean mich überhaupt verstanden hatte.
»Genau das ist der Punkt, er ist unser Sohn und ich sollte dir vertrauen. Immerhin möchtest du auch nur das Beste für ihn.«
Vorsichtig hob ich meinen Blick und sah in die verwaschen grünen Augen, die mich schon bei unserem ersten gemeinsamen Fall in ihren Bann gezogen hatten.
»Was hältst du davon, wenn du ab jetzt für uns einkaufen gehst? So kannst du den Bunker ab und zu verlassen, gerätst aber nicht so sehr in Gefahr wie bei einem Fall. Wäre das ein Kompromiss für dich?«
Ich nickte, trotzdem noch geknickt darüber, dass er mir nicht zutraute einen so leichten Fall wie den mit dem Geist zu bearbeiten.
Dean blieb meine Enttäuschung allerdings nicht verborgen.
»Ich mache mir doch nur Sorgen um dich, Cherry«, gab er leise zu und dass er meinen Spitznamen dabei nutzte, zeigte mir, wie ernst es ihm war.
Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen.
»Um mich?«, hakte ich nach, um wirklich sicher zu gehen, dass ich mich nicht verhört hatte und sah schmunzelnd dabei zu, wie Dean sich versteifte.
»Ja, um dich! Und jetzt hör auf mich so anzusehen«, nuschelte er und zupfte an dem Etikett seiner Bierflasche.
»Warum? Macht es dich nervös?« Ich wurde allmählich wieder etwas mutiger.
Wenn Dean sich entschuldigte, musste das schon wirklich etwas heißen. So wie ich ihn kennengelernt hatte, war er eigentlich kein Mann großer Worte. Das was er zu mir gesagt hatte, musste dann schon sehr bedeutungsvoll für ihn sein.
»Vielleicht«, gestand er zu meinem Erstaunen ein, was mich eine Augenbraue hochziehen ließ.
»Ich dachte nicht, dass du so schnell nervös wirst«, hinterfragte ich seine Antwort.
»Eigentlich bin ich es auch nicht, aber wenn du mich so ansiehst, kann ich nicht so weit von dir entfernt sein.« Plötzlich lehnte er sich nach vorn und zieht mich an sich. Es war nur für ein paar Sekunden und ich hätte schwören können, dass er kurz mit dem Gedanken gespielt hatte, mich zu küssen, anstatt mich nur zu umarmen. Aber allein diese kleine Berührung reicht aus, um mein Herz explodieren zu lassen.
Ich hatte Deans Nähe vermisst in jeglicher Hinsicht. Aber am meisten auf emotionale Weise.
Dass er mich von sich gestoßen hatte und so kühl zu mir gewesen war, hatte am meisten geschmerzt. Allerdings wusste ich jetzt auch nicht damit umzugehen, dass er so dich neben mir saß. Mein Herz pochte noch immer wie wild in meiner Brust, während meine Gedanken sich im Kreis drehten.
»Alles in Ordnung?«, fragte Dean und nahm meine Hand in seine. »Du bist etwas blass um die Nase.«
Ich hob meinen Blick und sah von unseren verschränkten Händen hoch in sein Gesicht.
Seine Stirn war in Falten gelegt und seine Augen glänzten besorgt.
»Ja, alles in Ordnung. Mir geht's gut. Ich glaube, ich bin nur etwas verwirrt von deinem plötzlichen Sinneswandel.«
Dean seufzte deutlich hörbar und wischte sich mit der Hand über das Gesicht, bevor er wieder das Wort ergriff.
»Vielleicht sollte ich wirklich versuchen, dir alles zu erklären.« Er ließ meine Hand los, stützte die Ellbogen auf seine Knie und verschränkte die Finger seiner Hände vor sich.
Erst jetzt fiel mir auf, wie erschöpft Dean eigentlich aussah. Die Ringe unter seinen Augen waren dunkel und tief und er wirkte unheimlich müde.
»Wirkönnen das auch auf später verschieben. Es ist fast morgen und du siehst aus,als könntest du eine Mütze Schlaf gebrauchen.« Ich lächelte versöhnlich, wussteaber nicht so recht, wohin mit meinen Händen.
Dean schüttelte den Kopf. »Nein, ich würde es gern hinter mich bringen.«
Na super, das klang ja wirklich nach einer tollen Aussprache.
Vielleicht hatte ich mich angesichts der Entschuldigung eben ein wenig zu frühgefreut. Wahrscheinlich war nur irgendetwas mit ihm durchgegangen.
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