Pellenor

PoV Aragorn
Schon von weitem konnte ich die Menschen des Südens hören. Und die Spur aus Rauchsäulen sehen, welche sie hinterließen. Das Grölen und Donnern ihrer Kehlen hallte ihnen weit über den Fluss voraus und kündete so schon frühzeitig von ihrer Ankunft. Mit jeder Sekunde würde ihr Lärm deutlicher, bis endlich die ersten Schiffe mit schwarzen, gefächerten Segeln in der Flussbiegung erschienen. Sie fuhren unter vollem Segel und ihre Schiffe pflügten sich durch die Wellen wie ein Bauer seinen Acker.

Endlich konnten wir ihre verformten Gesichter erkennen, als sie als uns am Ufer vorbeisegelten. Hässliche Fratzen aus stumpfen Bärten, schiefen, gelben Zähnen und wässrigen Augen standen an der Reling und begafften uns wie ein Betrunkener seinen nächsten Krug. Doch einer der Männer stach besonders aus der Menge hervor. Er stand regungslos am Steuerrad und fixierte uns aus bläulichen Augen, welche fast vollständig von seiner schwarzen, wirren Haarpracht verdeckt wurden. „Na los doch, schiess ihn ab. Einen Pfeil, direkt ins Herz, das ist es!", donnerte der Zwerg sofort und blickte Aldon erwartungsvoll an.

„Schick ihm einen Warnschuss neben sein Ohr", entgegnete ich, da ich wusste, dass der Zwerg sich ohnehin nicht von seiner Idee abbringen lassen würde und es für das beste hielt, einen Kompromiss zu schließen. Da ich nur ein eingeschnapptes Grummeln als Antwort erhielt, ging ich davon aus, dass der Zwerg auch damit einverstanden war. Die Sehne des Bogen knarrte, als Aldon einen Pfeil einlegte und den Bogen bis an den Anschlag spannte. Aus dem Augenwinkel sah ich bloß, wie er ihm Begriff war, loszulassen, als der Bogen plötzlich verrutschte und den Pfeil aus seiner vorbestimmten Bahn riss.

Sirrend zischte der Pfeil über das Wasser und bohrte sich tief in die Brust des schwarzhaarigen Korsaren. Dieser schrie schmerzerfüllt auf, kippte nach hinten und schien sich nicht mehr zu rühren. Entsetzt blickte ich zu Gimli, welcher nur unschuldig zurück starrte und sich keine Mühe gab sein Grinsen zu verbergen. Seine Axt verschwand wieder auf seinem Rücken. Im Gegensatz dazu schaute Aldon eher genervt drein.

Ich begnügte mich mit einem entnervten Schnauben und zog Andûril aus seiner Scheide. Eiseskälte kroch blitzartig durch meinen Körper, als der König der Toten durch mich hindurch lief und mit einem Schlachtruf und gezogenem Schwert seiner Armee voraus auf die Schiffe zustürmte. Es dauerte nur wenige Minuten, bis kein einziger menschlicher Schrei mehr über die Wellen hallte und die Schiffe von grünen Schatten übernommen wurden.

Ich beeilte mich mit meinen Gefährten auf eines der Schiffe zu gelangen, um mit diesem den Fluss hinabzusegeln. Schon von weitem hörte ich die Geräusche der Schlacht. Klirrendes Metall zwischen Schreien und wiehernden Pferden, überschattet durch das dumpfe Beben der Erde unter den Füßen der Mûmakil. Ich hatte schon von den riesenhaften Olifanten gelesen, doch noch nie einen gesehen. Und wie sich ihre Schatten nun über dem Horizont erhoben, zwang sich ein mulmiges Gefühl in meinen Bauch.

Ich drehte mich zu meinen Begleitern um und suchte nach den passenden Worten für das Bevorstehende. Doch ich fand sie nicht. Aldon schien das zu spüren, denn er legte mir bloß schweigend seine Hand ermutigend auf die Schulter und lächelte mich an, was ich erwiderte. Der Zwerg schielte bloß zu mir hoch, und packte die Griffe seiner Äxte markant fester. Auch er war bereit.

Ich drehte mich wieder zu dem nahenden Ufer und blickte der immer realer werdenden Gefahr entgegen. Es gab für uns kein Zurück mehr. Ich konnte und wollte die Rohirrim nicht im Stich lassen, ebenso wenig wie Minas Tirith und die Menschen, die dort eingekesselt waren. Ich wollte und würde den Thron besteigen, mein Volk endlich befreien und den blonden Elbenprinzen als König an meine Seite holen. So, wie dich es seit Anfang an gewollt hatte.

„Runter von dem Schiff, ihr dreckigen Seeratten", brüllte eine widerliche Stimme zu den Schiffen hinüber, „wir warten seit Stunden auf euch!" Sie musste einem der Orks gehören, welche schon an der Landungsbrücke auf die Korsaren warteten, deren Leichen zu unseren Füßen lagen. Ich konnte nicht verstehen, wie man sich mit jemandem Verbünden konnte, der augenscheinlich keinen Funken Respekt oder Ehrgefühl hatte.

Umso mehr freute ich mich auf den Ausdruck in ihren gelben Augen, wenn sie sich plötzlich einer andren Armee gegenüber sahen. Das leichte Rucken des Schiffen, als es am Hafen anstieß, war unser Signal. Ich zog mein Schwert und sprang dicht gefolgt von dem Elben und dem Zwerg über die Reling. Ich betete inständig, dass ich mich nicht verschätzt hatte und auf Land aufkam.

Als ich auf dem Stein aufkam, wartete ich keine Sekunde. Ich rannte auf die Masse vor mir zu, spürte ein kaltes schauern als der König der Toten durch mich hindurchlief und seine Armee anführte. Das überraschte quieken und schreien der Orks verriet mir, dass wir den gewünschten Überraschungseffekt erzielt hatten. Die Verbannten sprudelten wie ein reißender Fluss über die Orks, Klingen glitten bloß durch sie hindurch und Pfeile trafen die Erde hinter ihnen.

Doch ihr Stahl konnte weit mehr ausrichten. Sie mähten die Krieger Saurons nieder wie Ähren auf einem Feld. Und trotzdem standen noch genug, damit mein Schwert schon nach wenigen Minuten von einer schwarzen, klebrigen Masse überzogen war, welche furchtbar stank. Neben mir hörte ich ab und zu, wie der Elb und der Zwerg sich gegenseitig Zahlen zubrüllten. Unter den Füßen der Elefanten erzitterte die Erde und begrub hunderte Pferde und Reiter unter sich.

Trotz unseres Eintreffens dauerte die Schlacht mehrere Stunden. Ich hieb auf die Körper der Orks ein, trennte Köpfe von ihren Rümpfen und befreite sie von ihren Gliedmaßen. Schweiß und kleine Rinnsale meines eigenen Blutes liefen an mir herab und sogen ich in mein Kettenhemd, das mittlerweile viel zu schwer auf meinen Schultern lag. Ein metallischer und fauliger Geschmack lag mir auf der Zunge und mit jeder weiteren Bewegung die ich machte, flehte mein Körper mich an aufzuhören. Doch ich tat es nicht zu.

Es dämmerte bereits, als das letzte Trompeten der Elefanten erstarb, allmählich das Grunzen der Orks zu einem erstickten Gurgeln wurde und sich Stille über das Schachtfeld legte. Die Sonne versank und tauchte die Welt in ein tiefes Rot. Das Blut der Gefallenen tränkte die Erde und begann bereits zu trocknen, als auch das letzte metallische Klirren verstummt war. Wir hatten gesiegt. Wir hatten es geschafft! Gondor gehörte den Menschen.

Ich lachte auf. Wir hatten es geschafft! Ein riesiger Stein schien von meiner Seele zu fallen und ich hatte das Gefühl, als würde ich fliegen. Ich sah auf und die Welt um mich verstummte. Dort stand mein Vater. Aus Staub und Licht ragte er stolz aus dem Blutbad um ihn herum empor und strahlte die Wärme und Geborgenheit Valinors aus. Sein mir so schmerzlich bekanntes Lächeln lag auf seinen Lippen und strahlte in seinen Augen.

„Pass auf dich auf, ion nin.", hörte ich ihn flüstern, obwohl ich eigentlich zu weit weg stand, um ihn zu hören. Heiße Tränen stiegen in meinen Augen auf und fielen meine Wangen hinab, als ein kräftiger Windstoß seine Gestalt zerbarst und davontrug. Ich wusste, dass ich ihn nicht wiedersehen würde. Mit tränenden Augen zwang ich mich umzudrehen, und mit schweren Schritten in Richtung der weißen Stadt zu gehen, nur um zu viele bekannte, seelenlose Gesichter am Boden liegen zu sehen.

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Besser spät als nie haha

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