Marionette?
PoV Legolas
Sanft strich ich über den schwach glimmenden Ring an meinem Finger. Seit ich ihn gefunden hatte, konnte ich mich nicht mehr von dem Schmuckstück trennen, es war, als wenn mich ein unsichtbares Band davon hindern würde, ihn abzulegen. ,,Du scheinst diesen Ring sehr gut zu hüten, kleines Blatt.", flüsterte mir eine raue Stimme von hinten in mein Ohr, weshalb ich meinen Kopf leicht drehte. Ich erschrak mich schon längst nicht mehr, wenn der Sindar aus dem Nichts auftauchte, ich hatte mich daran gewöhnt. ,,Ja. Er bedeutet mir viel.", gab ich zurück, wobei mit bewusst war, wie viel Angriffsfläche dieses Geständnis bot.
Doch ich wusste mittlerweile, das es einfacher wurde, wenn ich ihm die Wahrheit sagte, was eine meiner hart erlernten Lektionen gewesen war. ,,Was ist das für ein Ring, kleines Blatt?", fragte er weiter, während seine blassen Finger sanft über meinen Nacken streichelten. ,,Er gehörte meiner Mutter.", gab ich so leise zurück, dass es an ein Wunder grenzte, das er mich überhaupt verstanden hatte. ,,Deiner Mutter. Vermisst du sie? Bestimmt, jeder vermisst seine Eltern wenn sie tot sind, oder?", fragte er mich wieder, wobei er es schaffte, dünne Tränen in meinen Augen aufsteigen zu lassen, welche sich aus meinen eisigen Saphiren lösen würden, sollte ich etwas erwidern. Deshalb tat ich es nicht.
Ich nickte bloß leicht, und hoffte, dass es ihm als Antwort genügte. ,,Das verstehe ich.", gab er verständnisvoll zurück, und drückte mir einen zärtlichen Kuss auf meinen Scheitel, bevor er mit einem letzten Streichen über meinen Rücken an mir vorbei trat, und an die Glasfront unseres Zimmers heran. Ich hatte diese Räume seit unserer Ankunft hier im Palast nur ein einziges Mal aus Neugierde verlassen, doch bereute es sofort, als ich danach den Zorn des Sindaren zu spüren bekam. Deshalb blieb ich nun hier, wie er es mir befahl, und wartete Tag für Tag auf seine Wiederkehr.
Ich hatte es geschafft ihn zu überreden, mir einige Bücher bringen zu lassen, weshalb ich die meiste Zeit damit verbrachte, meine durchwühlten Gefühle zwischen den Wörtern zum Schweigen zu bringen, was mir meist auch gelang. Bloß noch selten dachte ich an meinen Vater, oder gar an den hübschen Waldläufer mit den Sturmgrauen Augen. Ich wollte nicht mehr an ihn denken, und versuchte all meine Liebe und Hingabe zu ihm in der Tinte zu ertränken, mit welcher ich es mir angewöhnt hatte, einen kurzen Bericht über jedes von mir gelesene Buch zu verfassen. Es beruhigte mich, das leise Kratzen der Gänsefeder auf dem rauen Pergament zu hören, wobei sich die Azurblaue, zähe Flüssigkeit in den einzelnen Faser festkrallte.
So war es auch heute gewesen, wobei ich zwei weitere Rollen Pergament auf den mittlerweile beachtlichen Haufen neben dem samtbezogenen Sessel gelegt hatte. Noch immer saß ich auf unserem Bett, während er scheinbar teilnahmslos an der Fensterscheibe stand. ,,Was ist mit dem Leichnam meines Vaters passiert?", fragte ich nun leise in die drückende Luft hinein, und hatte das Gefühl, als wenn meine Worte noch einige Momente vor meinen Augen zu tanzen schienen, bevor sie auf den Boden fielen. Langsam drehte sich der schwarzhaarige zu mir um, und sah mich fest aus ausdruckslosen Augen an. ,,Ich habe ihn begraben lassen. Ich denke, das war auch in deinem Interesse, oder?", erwiderte er emotionslos, und drehte sich wieder um.
Ich hatte keine andere Wahl als ihm zu vertrauen, auch wenn ich das Gefühl, dass er mir nicht die Wahrheit gesagt hatte, nicht mehr verschwinden wollte. Doch ich schob es von mir weg, warf es so weit ich konnte und verschloss mein Herz davor. Ich wollte bloß nicht, dass mein Vater für immer unter den nassen, kahlen Ästen der Bäume liegen würde, den Gedanken würde ich nicht ertragen. Doch ich hatte noch weitere Fragen, welche ich mich noch nicht traute zu stellen. Wie würde es weitergehen? Ich könnte schließlich nicht für immer in diesem Zimmer bleiben, und Tag für Tag, Nacht für Nacht auf seine Rückkehr warten. Oder doch?
,,Ich werde morgen wieder viel unterwegs sein, doch daran musstest du dich ja leider schon gewöhnen. Doch verspreche dir, wenn alles gelingt, dann werden wir für immer vereint sein, was sagst du?'', erzählte er mir, und rechte sich nun zu mir um, wobei ich das freudige, aufgeregte Funkeln im seinen Augen schimmern sehen konnte. ,,Wir werden nebeneinander erwachen, gemeinsam den Tag verbringen, um Abends wieder nebeneinander einzuschlafen. Hört sich das nicht nach einem schönen Leben an? Und wir haben alle Zeit der Welt, kleines Blatt. Wenn ich erst erreicht habe, was ich mir vorgenommen habe, dann wird uns nie wieder jemand etwas anhaben können, hörst du? Ich werde immer auf dich achten.'', fügte er hinzu, während er auf mich zutrat, und seine kühle Hand sanft auf meine Wange legte.
Ich nickte bloß einmal etwas zurückhaltend, was ihm jedoch zu genügen schien, da das Lächeln auf seinem Lippen noch immer an seinem alten Platz stand. ,,Werden wir dann noch immer hier sein?'', fragte ich ihn ebenso leise wie zuvor, und traute mich nicht in seine salamanderfarbenen Augen zu sehen, weshalb ich mich lieber auf den Stapel Papier in unserem Zimmer konzentrierte. Ich wusste jedoch nicht, welche Antwort mir besser gefallen würde. Es fühlte sich so unendlich falsch an hier zubleiben, jedoch genauso falsch zu gehen. Was hätte mein Vater gewollt? Sicher nicht, dass diese uralten Hallen von den Stiefeln und dem Gestank der Orks verpestet wurde, wie sie die so mühsam gezüchteten Pflanzen von den Wänden rissen und die Brücken zertrampelten.
Doch ich wollte hierbleiben, in dem letzten Stückchen Heimat welches mir diese Welt zu bieten hatte. Und urplötzlich mischte sich in meine Unsicherheit ein neues, mir bisher vollkommen unbekanntes, fremdes Gefühl. Neid. Neid auf die Menschen, mit ihren vergänglichen, kurzen Leben. Wenn sie starben kehrte ihre Seele nicht in Mandos Hallen ein, um dort auf ihre Wiedergeburt in Valinor zu warten, sie verschwanden einfach. Entglitten in dem Himmel, zerstreuten sich zwischen den Wolken und waren frei. Frei von allen Sorgen, Lasten und Plagen des Lebens. Frei von Schmerz. Doch auf ein solches Geschenk konnte ich nicht hoffen, da ich es nie erhalten würde.
,,Wir werden nicht hierbleiben, kleines Blatt. Auch wenn ich weiß, wie sehr du diesen Ort doch liebst, es ist nicht möglich. Verzeih mir.'', antwortete er mir, wobei sich ein dunkler, warmer Schleier auf seine Augen legte, und ihnen einen reuevolles Aussehen verlieh. Und ich war mir sicher, dass er es ernst meinte. Er spielte nicht mehr mit mir, oder? Verwirrt suchte ich in seinen Augen nach einem Anzeichen, dass er mich bezog. Sei es ein kleines, aufblitzendes Gefühl, ein Wink, oder gar ein Hauch. Doch ich fand keines, solange ich auch suchte. Und er ließ mich. Er belog mich nicht mehr.
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Und, was hat er mit Thrandy und Elrond gemacht?😌
P.S.: es kommt jetzt jedes Wochenende ein Kapitel :)
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