Der Pfad der Toten

PoV Aragorn
Ein grünlicher Nebel umwaberte meine Hüften, formte sich zu langen Fingern und verzerrten Gesichtern und setzte sich feucht in die Fasern meiner Kleidung. Ein leises Flüstern hallte in meinen Ohren, begleitet von wütenden Schreien und klagenden Rufen, während wir durch die Dunkelheit immer weiter in das Herz des Berges vordrangen. Bei dem Gedanken an das Gewicht des massiven Fels, welcher in diesem Moment über unseren Köpfen ruhte, bildete sich ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend. Ich wollte mir lieber nicht vorstellen, wie sich der Elb im Moment fühlen musste.

Immer öfter hörte ich unter den Sohlen meiner Schuhe ein leises Knacken, welches hohl von den Wänden zurückgeworfen und in der Schwärze der Schatten zerstreut wurde. Ich hatte eine Ahnung, um was es sich dabei handelte, doch weigerte ich mich strikt nachzusehen ob ich mit meiner Vermutung richtig lag. Wenn ja, wollte ich es nicht wissen. ,,Ich kann die Geister der Verstorbenen sehen. Sie sind hier. Schemen in der Dunkelheit von Pferden und ihren Reitern, Banner welche in den Nebeln wehen.", flüsterte Aldon uns zu, schwere Ehrfurcht lag in seiner Stimme.

Auch mir wurde beigebracht, dass man die Toten für ihre Taten im Leben ehren sollte, sollten auch noch so wenige sein. Doch manchmal wünschte ich mir, dass Elben mit der Gabe gesegnet worden wären zu erkennen, wann man einen Gedanken nicht aussprach. Für mich persönlich gehörte dieser dazu, da ich in einem fremden Berg nicht noch von Geistern verfolgt werden wollte. Obwohl ich mir fast sicher war, dass unser Ziel genau darin lag. Wir bogen wieder um eine enge Kurve, als uns der grünliche Nebel stärker als zuvor entgegenstand.

Nur mit Mühe konnte ich mir meinen Weg durch die Dunkelheit achtsam ertasten, da mir die Sicht mittlerweile fast gänzlich versperrt wurde. Immer wieder stolperte ich über kleine Hindernisse auf dem Weg, konnte mich jedoch immer wieder fangen. Als ich erneut auf dem unebenen Untergrund hängen blieb, schnellte mein Blick wie aus einem Reflex nach unten, um die Unebenheit ausfindig zu machen. Und starrte direkt in die leeren Augenhöhlen eines bleichen Schädels. Die Schwärze seiner Augenhöhlen trieb mir eine kalten Schauer über den Rücken, doch lag es nicht an der Dunkelheit.

Es war, als wenn noch ein Funken Leben in ihm stecken würde, welches sich verzweifelt von diesem Leben loszulösen versuchte und mich anflehte, es von seinen Qualen zu befreien. Hunderte Schädel lagen auf unserem Weg, aneinandergereiht und gestapelt, wodurch sie einen bleichen Pfad in der Dunkelheit der Höhle schufen. Doch genauso schnell wie mein Blick nach unten geglitten war, hob er sich wieder. ,,Nicht nach unten sehen. Einfach weitergehen. Wir müssten bald da sein.", wies ich meine Gefährten hinter mir an, jedoch war mir nach dem leisen Keuchen des Zwerges bewusst, dass er sich nicht daran gehalten hatte.

Auf unserem weiteren Weg hörte sich jedes Knirschen und Knacken unter unseren Sohlen noch unheilvoller und hohler an als zuvor, jetzt da wir wussten, woher es stammte. Und ich tat mein bestes, um es zu ignorieren, was mir jedoch nicht so recht gelang. Eine gefühlte Ewigkeit irrten wir durch die Schatten, bis der Gang plötzlich abrupt endete und in eine riesige Höhle mündete, deren Ende ich nicht ausmachen konnte. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen, dankbar nun auf Stein zu laufen.

In der Mitte der Höhle fiel ein großes Loch so weit in die Tiefe, dass sein Boden aus meinem Sichtfeld verschwand. Rings um uns herum jedoch waren Häuser in den Stein gehauen, teils mit Holz verkleidet und mit morschen Stegen verbunden. Wie Blitze hämmerten die Erinnerungen auf mich ein. Die Höhle der Orks. Der Thron. Der Kopf der Elbin. Die unterirdische Stadt war genauso errichtet worden wie diese, nur konnte man erkennen, dass in dieser deutlich mehr Arbeit steckte. Sie war sorgfältig ausgearbeitet, fast schon liebevoll.

Trotzdem konnte ich ein Zittern nicht unterdrücken, welches meinen Körper erfasste, ihn zum Beben brachte und mich beinahe mein Gleichgewicht kostete. ,,Aragorn? Was ist los?", drang Aldons Stimme wie durch Watte gedämpft an meine Ohren, reagieren konnte ich nicht darauf. Alles was in meinem Kopf pochte, war Legolas. Seine Stimme, das vollkommene Gesicht, der starke, trainierte Körper des Kriegers und sein zugleich kluger und ruhiger Geist. Ich wollte ihm sagen, wie sehr ich ihn liebte. Das ich alles tun würde, um zu ihm zurückzukommen und in meine Arme zu schließen.

Was ich alles dafür geben würde, seine Lippen auf den meinen zu spüren. Endlich. Die Angst würde ich für immer aus mir verbannen, ebenso wie Trauer und Schmerz. „Aragorn!", herrschte mich der Elb vor mir an, und drang damit durch den Wirbel aus Wünsche, Erinnerungen und Gefühlen, welcher sich in meiner Seele ausgebreitet hatte. „Was ist los?", fragte er mich leise, wobei seine Augen verständnisvoll und besorgt aus seinem markanten Gesicht herausstachen. Ich bemerkte erst, dass er seine Hände auf meine Schultern gelegt hatte, als er sie wieder zurückzog.

Ich öffnete meine Mund um ihm zu erklären, dass es mir gut ging, doch blieb mir eine Antwort erspart. Denn hinter ihm trat ein Mann aus der Felswand. Doch war es kein Mann, es war ein Geist. Eine verlorene Seele der Verbannten in diesen Bergen. Noch nie hatte ich etwas vergleichbares gesehen, wie er dort stand, seinen Mund zu einem spöttischen Grinsen verzogen während er uns geringschätzig musterte. Zerfetzte Lumpen hingen an seinem Körper und auf seinem Kopf ruhte eine rostige, grobe Krone. Die anderen waren meinem Blick gefolgt und schienen ebenso überrascht wie ich.

,,Ihr seid verloren. Der Weg ist versperrt. Er wurde von jenen angelegt, die tot sind. Und die Toten halten ihn. Der Weg ist versperrt.", höhnte der Geist und zeigte seine schiefen Zähne. „Ich bin gekommen um euch aufzufordern euren Eid zu erfüllen.", tart ich ihm stolz entgegen, „Gondor ist in Not, kämpft mit mir und ich werde euch befreien." Ein dröhnendes Lachen war seine Antwort. Doch es war zu scheppernd, als das es von einem einzelnen hätte sein können.

Hinter ihm begann sich der Fels augenscheinlich auf einmal zu bewegen und hunderte, tausende grünlich blasse Geister traten in ungeordneten Reihen aus den steinerne Häusern heraus und sammelten sich in einem Kreis um uns und ihren König. „Was sagt ihr?", fragte ich laut in die Runde und konnte beobachten, wie sich Hinterlist und Argwohn in die dünnen Augen der einstigen Verräter mischte während sie mich beobachteten. „Ich befreie euch aus diesem lebendigen tot. Ich werde euch befreien. Was sagt ihr?", Versprach ich ihnen erneut und doch zeigte sich noch immer keine Regung.

,,Kämpft für mich!", richtete ich mich nun an ihren König, bloß um das gleiche gehässige Grinsen wie zuvor zu ernten. „Nur der König von Gondor vermag es, mir Befehle zu geben!", zischte dieser zurück und zog sein Schwert. Drohend schritt er auf mich zu, wobei der Pfeil, welchen Aldon verschoss, durch ihn hindurch flog und gegen die nächste Wand prallte. Unbeirrt schritt er weiter, als hätte er es nichtmal gespürt. Er holte zu einem kräftigen Hieb aus und wollte zuschlagen, als ich Anduril zog.

Kühl und bereits vertraut lag es in meiner Hand, womit ich den König der Toten mit einer einzigen Parade und einem Hieb entwaffnete und ihm meine Schwertspitze an die Kehle legte. Denn unter seiner Berührung vermochte selbst seine geisterhafte Erscheinung ihn nicht zu schützen. „Kämpft, und ich werde euch befreien.", wiederholte ich ruhig, die erstaunten und wütenden Schrei um uns ignorierte ich vollkommen. „Was sagt ihr?" Ein Grollen drang aus seiner Kehle und die Augen des Königs sprühten Funken.

Ich wusste, dass es für mich nicht leicht werden, mit den Toten einen Bund zu schließen. Doch als wir den Berg wenige Stunden später wieder verließen, konnte ich nicht anders als ein wenig Hoffnung in mein Herz zu lassen. Gemeinsam begab ich mich mit meinen Gefährten auf den Weg zum Fluss, um die Korsaren aus Umbar zu überraschen. Mit einer Armee aus Geistern im Rücken.

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RIP an das Meerschweinchen von HP_LOTR_TH_1 ...
Möge es auf ewig Möhren und Salat im Meerschweinchenhimmel knabbern 🫶🏻

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