Glamordûr
,,Damit kommt ihr nicht durch!'' Das erstickte Röcheln des Istari klang wie Musik in meinen Ohren. Ich bedachte den Maiar in seiner menschlichen Gestalt nur kurz mit einem bemitleidenden Blick, bevor sich wieder ein breites Grinsen auf meinen Lippen bildete. Zu sehr genoss ich diesen Moment, um ihn von irgendjemanden trüben lassen zu können. ,,Oh, da irrt ihr euch gewaltig. Ich bin mit meiner Einstellung schon überall durchgekommen. Und ein unbedeutender Abgesandter wird mir dies nicht vermasseln. Ihr werdet sicher verstehen, dass ich euch unmöglich freilassen und riskieren kann, dass ihr die Völker warnt.", erklärte ich dem Zauberer geduldig.
Er antwortete nicht, und fixierte mich bloß mit seinen grau-blauen Augen, welche alles zugleich zu sein schienen. Jung und alt, wissend und wissbegierig, verzweifelt und treu, angsterfüllt und trotzig wie ein kleines Kind. Ich konnte nicht leugnen, dass mich der Mann faszinierte, welcher gefesselt und mit zerrissenem blauen Umhang vor mir im Staub kniete. ,,Ihr werdet scheitern."
Der Kommentar des Zauberers entlockte mir ein leises Lachen. Mit wenigen kräftige Schritten erklomm ich den Pfad vor uns, und konnte so nun über eine weite, staubige Ebene blicken, welche abrupt von einem gigantischen, tiefschwarzen Tor abgeschnitten wurde. Wir hatten unser Reiseziel endlich erreicht. ,,Macht alle zum Abmarsch bereit.", befahl ich einem der Menschen, welche in einem Halbkreis unterhalb der obersten Felsen des flaches Gebirgzugs um mich und den Istari herumstanden.
Es dauerte nich lange, und die dunkle, träge Masse unter mir war zum Aufbruch bereit. Mit dem Istari zu meiner Linken und dem Prinzen zu meiner Rechten führte ich meine Armee über den Staub hinweg, Schritt für Schritt auf das Tor zu. Der Weg verschaffte mir wertvolle Zeit, in welcher ich über die Begegnung zwischen dem Istari und dem Prinzen nachdenken konnte.
Der alte Mann hatte geschockt, traurig, wütend und unendlich enttäuscht gewirkt, als der den schönen Elben an meiner Seite gesehen hatte. Normalerweise machte ich mir einen Spass daraus, wenn jemand herausfand, dass er verraten wurde. Am besten von jemandem, von dem er dies niemals auch nur annähernd erwartet hatte. Doch nicht, wenn es jemand wagte, so auf den Elben zu reagieren, den ich liebte. Er war ein zu reines Wasen, als das er jemals etwas derartiges tun würde.
Was wenn der Mann nun dachte, dass Legolas hinterhältig, zweigesichtig und falsch war? Eine ungebändigte Wut begann in meiner Brust zu brodeln, gefolgt von einer tiefen Befriedigung, wenn ich daran dachte, was ich den Menschen antun würde, die so über meinen Gefährten dachten. Ich hatte ihn befreit, gerettet. In meiner Anwesenheit würde es niemand wagen, ein so vollkommenes Wesen zu beschmutzen. Wir gehörten zusammen, für immer. Und ich war bereit, alles dafür zu tun, dass dies jeder wusste.
Nach Stärke suchend ergriff ich die Hand des Elebn neben mir, welche kalt und schlaff in der meinen lag, während sich unsere Blicke für einen kurzen Moment trafen. Ich konnte kein einziges Gefühl in den fast vollständig gelben Augen erblicken, was eine Welle der Erregung durch meinen Körper jagte. Die gräuliche Haut des Elben wirkte wie ledriges Pergament, welches man nicht wagen wollte, zu beschreiben.
Als uns keine hundert Fuß mehr von dem Tor trennten, begann es sich plötzlich mit einem mächtigen Dröhnen zu öffnen. Nur einen Spalt breit. Gerade weit genug, dass ein Reiter auf einem schwarzen Pferd es passieren konnte. Er kam uns entgegen, und zügelte das magere Tier nur wenige Schritte von uns entfernt. Mir gefiel nicht, dass der Botschafter sich nun höher befand als ich, doch hatte ich es für klüger erachtet, mit Demut vor den Herren Mordors zu treten, weshalb mein eigenes Reittier von den Menschen geführt wurde.
,,Wer seid ihr, dass ihr es wagt mit einem Heer vor die Tore Mordors zu treten?", fragte mich die verstümmelte Gestalt vor mir, deren Gesicht fast vollständig von einem grob gearbeiteten Helm verdeckt wurde. ,,Ich bin gekommen um dem Herrn des Schattens ein Angebot darzulegen. Mit wem werde ich verhandeln?", erwiderte ich gelassen, bemüht keine Abscheu in meiner Stimme mitschwingen zu lassen.
,,Mir mir", spie mir das Wesen entgegen, ,,Was könnt ihr meinem Meister anbieten?" Ich fand, dass er sich überaus respektlos verhielt, gerade wenn man bedachte hinter wem von uns beiden eine Armee wartete. ,,Unsere Zusammenarbeit. Wie ihr sehen könnt, bin ich nicht allein. Und ich werde gerne bereit sein, ihm meine Armee vollständig zur Verfügung zu stellen.", erklärte ich lächelnd und strich sanft über die Hand des Elben.
Der hässliche Ork schnaubte, schien jedoch nicht uninteressiert. ,,Und was erwartet ihr im Gegenzug?" ,,Ich will, dass die Welt der Freien Völker brennt.", antwortete ich verächtlich und spie den Namen meiner Feinde dabei regelrecht aus. Ohne ein weiteres Wort wendete das Geschöpf das schwache Pferd, und ritt zügig wieder auf das schwarze Tor zu, wobei das Tier unter ihm wirkte, als würde es beim nächsten Schritt zusammenbrechen.
Die Torflügel schlossen sich hinter ihm wieder, und ließen uns auf eine schwarze Wand starren. Ein kurzer Blick zu dem Mann hinter mir verriet, dass der Istari mit schreckensweiten Augen und bleicher Haut hinter mir stand, während der Elb mit versteinerter Miene, welche von aschfarbenen Haaren umrahmt wurde, ebenfalls dem Reiter hinterher blickte. Es dauerte nicht lange, bis das dumpfe, unangenehme quietschen des Metalls wieder über die Ebene hallte, und sich das Eisen über den staubigen Boden schob.
Doch dieses mal kam niemand mehr heraus zu uns, ebensowenig wie die Flügel nach einem Spalt stoppten. Erst als das Tor fast vollständig offen stand, ertönte ein schief klingendes Horn zum Zeichen des halts. Als sich in der nächsten Minute noch immer nichts getan hatte, ließ ich mir und dem Prinzen unsere Pferde bringen, und ritten meiner Armee voran durch das Tor, hinaus in die trostlose Landschaft der Ebene von Gorgoroth. In der Ferne konnte ich einen breiten Berggipfel erkennen, welcher hell leuchtende Glut hoch in den Himmel spuckte.
Doch unser eigentliches Ziel lag sehr viel näher: ein einsamer, prachtvoll grausamer Turm ragte inmitten der Fläche auf, wie eine einsame Nadel, welche in ein breites Stück Stoff gesteckt worden war. Majestätisch zeichnete sich sein markanter Umriss vor dem grauen Himmel ab, mit spitzen und Dornen, erbarmungslos aus unnachgiebigem Eisen gefertigt. Er sah aus, als wenn jegliche Naturkatastrophe über ihn hinwegfegen könne, ohne ihm auch nur einen Kratzer zufügen zu können.
Sein Anblick raubte mir schier den Atem, nur mit Mühe konnte ich ein glückliches Lächeln unterdrücken. Er war das schönste Bauwerk, von welchem ich je die Ehre hatte es erblicken zu dürfen. Viel zu schnell hatten wir seinen Fuß erreicht, wo ich mein Pferd vor einer Brücke stoppte, welche über einen breiten Fluß aus heißer, leuchtender Lava führte. Ich genoss die angenehme Wärme, welche von diesem ausging, bewunderte das Bauwerk nun von nahem und konnte es nicht erwarten, endlich den Abstand zu überbrücken.
Doch jeder noch so kleiner Fehler durch Ungeduld könnte mich meine Zusammenarbeit mit dem Herrscher kosten. Und dieses Risiko würde ich nicht eingehen. Der gefallene Maiar schien zu verstehen, dass auch ich eine gewisse Gastfreundlichkeit erwartete, weshalb die Orks, welche uns über die Brücke führten und anschließend die Pferde abnahmen um sie zu versorgen, nicht lange auf sich warten ließen. Ich machte ihnen klar, dass ich meine Pferde genauso wohlgenährt wiedersehen wollte, wie sie jetzt waren. Nicht als ein halbes Skelett, wie die anderen Tiere.
Ich konnte nicht leugnen, dass ich von dem Turm beeindruckt war, welchen wir betraten. Die kalten, aus groben Stein gemauerten Wände strahlten eine Kälte aus, was einen enormen Kontrast zu der Hitze vor den Toren bildete. Selbst die zahlreichen, dicken Wandteppiche mit Szenen aus dem Krieg konnten dies nicht verhindern. Ich fragte mich, wie viele Spulen an rotem Garn der Weber wohl verbraucht haben mochte. Die Treppen, welche wir empor geführt wurden, konnte ich irgendwann nichtmal zählen.
Der noch immer gefesselte Istar hinter mir schien in keinster Weise verausgabt, als wir endlich den obersten Treppenabsatz erreichten, weshalb ich wieder einmal die Stärke seiner Art bewunderte. Doch in seinen Augen stand die blanke Angst. Er versuchte nichtmal sie zu verbergen, zu verkrampft war seine Haltung, gemischt mit der verzerrten Miene. Doch der Prinz wirkte vollkommen ruhig. Gelassen, mit versteinerter Miene stand er neben mir, den Blick fest auf die prächtige, hölzerne Tür gerichtet vor welcher wir uns befanden.
Ich drückte ihm sanft einen kurzen Kuss auf seine Wange, um ihn für seine Kühnheit zu loben. ,,Ich bin stolz auf dich, kleines Blatt.", hauchte ich ihm in sine Ohr, welches daraufhin leicht zuckte, wie ich es so liebte. Im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür knarrend, und wir betraten einen weitläufigen, gemauerten Raum mit unzähligen Fackeln an den Wänden. Kein einziger Ork oder eine derartige Wache war anwesend. Nur eine undurchdringliche, schwarze Präsenz, welche sich in meinen Geist bohrte und versuchte mir all meine Geheimnisse zu entlocken.
Schön und grausam zugleich klang seine Stimme, als der Herrscher uns in seinem Reich willkommen hieß.
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Zum Thema ,,regelmäßiger Updaten''...
Ehem 😅🫶🏻
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