8-Er überall

Ich stand mit Mia vor dem pompösen Haus, das Mandys Dad gehörte. Ja, ich hatte nicht vorgehabt, an die Party zu gehen, an einem Mittwochabend. Und ja, ich hatte mich trotzdem von Mia überreden lassen. Sie hatte mir versichert, dass keiner der Jungs aus dem Haus von der Party wind bekommen würde. Und dass sie Mandy auf keinen Fall Drogen verkaufen würde.
Es war eine Party, die wir geniessen wollten.
„Können wir endlich rein?"
Fragte ich schlotternd und zog den braunen Mantel enger un mein schwarzes, bauchfreies Top, zu dem mich Mia überredet hatte. Dazu truf ich einen Faltenrock, der ihr nixht kurz genug war, mir aber schon. Ich zeigte so viel Haut wie ich es selten tat. Und hier draussen, vor dem Gartenzaun auf dem Trottoir stehend war es echt kalt.
Mia tippte auf ihrem Handy rum.
„Gleich, jeden Moment! Wir warten nur noch auf wen."
Ich runzelte die Stirn und schob mir eine Locke aus dem Gesicht. Mias Lockenstab wirkte wunder, selbst bei meinem glatten, langweiligen Haar.
„Auf wen denn? Ich dachte wir gehen alleine."
Sie nickte, während sie ihren Blick über die Feier schweifen liess.
Im Garten wurde Beer-Pong gespielt, trotz der kühlen Temperaturen. Einige Pärchen lagen knutschend auf dem perfekt geschnittenen Rasen und überall lagen leere Plastikbecher oder Bierdosen rum.
Die Treppe zum grossen, majestätischen Eingang zur Villa war leer, die Türe stand aber weit offen. Rauch stieg langsam gegen den Himmel und das Licht flackerte durch die Fenster.
Ein paar Enge Freunde, hatte Mandy gesagt. Das hier war ein halbes Festival.
„Hey, da bin ich, sorry M, ich musste noch mein Makeup machen."
Jenny eilte auf uns zu, in ihrem goldenen, glitzernden Kleid und den traumhaft langen Haaren.
Mir klappte fast der Kiefer auf.
„Wieso zum Teufel hast du sie eingeladen? Sie hasst mich!"
Zischte ich Mia zu, während ich versuchte, krampfhaft zu lächeln.
Mia lächelte zurück.
„Deswegen überzeugen wir sie jetzt vom Gegenteil."
Das war gar keine gute Idee. Denn Mia wusste ja nicht, was ich wusste. Dass ich mit Jennys Exfreund ziemlich intim unterwegs gewesen war. Und ihr das garantiert nicht gefallen würde.
„Scheisse", murmelte ich und atmete langsam aus. Wenn das mal keine Katastrophe werden würde.
Jenny umarmte Mia flüchtig und schenkte mir dann ein halbwegs höfliches Lächeln. Ich erwiderte es genauso bemüht.
„Hei ihr."
„Hi."
„Wollen wir rein?"
Fragte Mia und ich nickte heftig.
„Ja, bitte. Ich erfriere."
Wir bahnten uns einen Weg durch die Leute ins Haus, wo uns stickige, verbrauchte Luft empfing. Es roch nach Alkohol und Parfüm. Diese Gerüche vertrugen sich nicht.
„Sollen wir Mandy hallo sagen gehen?"
Fragte ich, da ich nicht recht wusste, wie so eine Home Party ablief. Und ich stellte es mir durchaus anständig vor, wenn man der Hauseigentümerin mitteilte, das man da war, bevor man auf ihre Kosten Alkohol und Essen verdrückte.
„Ne, bis wir die finden ist es morgen. Lasst uns was zu trinken holen!"
Jenny zog Mia hinter sich her und ich folgte. Meine Laune war gerade ziemlich gesunken. Ich versuchte, mich zwischen den eng aneinander stehenden Studenten und sonstigen Besuchern durch zu quetschen, um die beiden Mädels vor mir nicht aus den Augen zu verlieren. Ich entschuldigte mich an die tausend Mal, die genervten Blicke die ich abbekam, während ich mich an Schultern, Beinen und Hüften vorbei zwängte.
Als ich endlich bei den Mädels angelangt war, streckte mir Mia auch schon einen Becher unter die Nase.
„Hier, das ist Fruchtbowle."
Jenny grinste aus dem Hintergrund und fügte hinzu:
„Wir dachten das ist wohl das Einzige, was du verträgst. Da Alkohol ja so gesundheitsschädigend ist."
Ich kniff die Augen zusammen. Mir wat sehr wohl klar, worauf sie anspielte. Aber Mia zuliebe würde ich jetzt keinen Krieg beginnen.
Ich nahm langsam Mias Becher und lächelte.
„Danke. Der ist sicher lecker."
Wir verzogen uns in eine Ecke des grossen, offenen Wohnzimmers, das hinaus auf eine belebte Terrasse führte, auf der in vier grossen Steinschüsseln Feuer brannte und die erhitzten Gesichter beleuchtete.
Eine Party in diesem Umfang hatte ich noch nicht erlebt. Da waren so viele Menschen, dass ich mir richtig verloren vorkam. Jenny und Mia tanzten und auch ich hätte gerne getanzt.
Aber das ging nur, wenn ich die Musik hören konnte. Wenn sie meine Bewegungen lenken konnte. Und hier war das, was die Musik lautstark übertönte die Gespräche und das rum Geschreie der Anwesenden. So konnte ich nicht tanzen. Platz dafür gab es ohnehin nicht.
Also setzte ich mich einfach auf die Couch und und beobachtete die Erdbeere in meinem Becher, die darin herum schwamm.
Jenny und Mia genossen den Abend in vollen Zügen, wie es schien. Ihnen fiel es ganz leicht, Gespräche mit irgendwelchen Fremden anzufangen. Allein ein Blick genügte und schon waren sie umringt von interessierten, männlichen Wesen.
Ich wünschte mir insgeheim, das ich das auch konnte. Aber so war ich nunmal nicht. Also wieso etwas erzwingen.
Als sich eine völlig verschwitzte aber glückliche Mia neben mich plumpsen liess, sass ich immer noch am selben Fleck wie vor einer Stunde.
Jenny setzte sich auf die Lehne neben mich.
Sie hatte gerötete Wangen; wirklich ausser Atem schien sie aber nicht zu sein.
„Meine Füsse tun jetzt schon weh", lachte Mia und Jenny sah auf die Uhr.
„Tja, du musst hier aber mindestens noch drei Stunden durchhalten. Denn vor drei Uhr nachts verlässt man keine Party."
Mia nickte grinsend.
„Hast du Spass?"
Brüllte sie mir ins Ohr.
Ich nickte. „Ja, schon."
Mia wirkte nicht überzeugt, wurde aber von Jenny unterbrochen.
„Der blonde Typ da, der hat dich die ganze Zeit angestarrt, ich schwöre es dir."
Mia machte eine wegwerfende Handbewegung und lachte hell.
„Und wenn schon! Ich habe meinen Mann schon gefunden."
Jenny seufzte.
„Ja, ich auch."
Mias Brauen schossen in die Höhe und sie lehnte sich interessiert über meine nackten Beine zu Jenny rüber.
Dabei hätte sie fast mein Getränk verschüttet, an dem ich bisher bloss genippt hatte. Es schmeckte ganz okay, den Alkohol roch man aber durch. Keine Ahnung, wie Leute das wirklich lecker finden konnten.
„Was, du hast einen Mann gefunden? Hallo, wieso erfahre ich das nicht?"
Manchmal vergass ich, dass Mia und Jenny auch wirklich gute Freundinnen waren. Sie kannten sich immerhin schon deutlich länger als ich Mia kannte.
Jenny grinste und fuhr sich durch die blonden Haare.
Die fielen wieder zurück an ihren Platz, als wären sie so gut trainiert wie ein Hund.
„Ja, weisst du, es ist nicht wirklich ein neuer Mann."
Sie klimperte mit ihren aufgeklebten Wimpern und wirkte ganz verträumt.
„Es ist Damon."
Ich hatte gerade den Becher an die Lippen geführt, liess ihn jetzt aber lustlos wieder sinken. Was?
Mia sah so schockiert aus wie ich mich fühlte.
„Echt jetzt? Also...seit wann?"
Jenny zuckte die schultern.
„Ich weiss nicht, aber ich habe das Gefühl, wir haben uns in letzter Zeit wieder mehr angenähert."
Auf den angeekelten Blick von Mia hin lachte sie schallend und haute ihr verspielt auf den Arm.
„Ich meinte seelisch, nicht körperlich! Obwohl, das vielleicht auch."
Mir drehte sich fast der Magen um. Damon hatte nie erwähnt, dass zwischen ihm und Jenny noch etwas lief. Sonst hätte ich nie...zugelassen was in den vergangenen Nächten so passiert war. Eifersucht stieg in mir auf wie dunkle Galle. Es gab keinen Grund dafür, schon klar, ich war ja nicht mit ihm zusammen oder so. Trotzdem wurde mir beim Gedanken daran, dass er mit den Lippen die mich küssten auch Jenny berührte schlecht.
„Krass, das wusste ich echt nicht!"
Jenny warf mir einen triumphierenden Blick zu. Als ob sie mir irgendwas hätte beweisen müssen.
„Ja, ich sage immer, was füreinander bestimmt ist, das findet sich auch."
Ich sagte nichts und starrte auf meinen Becher.
Sie wusste nichts von dem zwischen Damon und mir. Und ich würde es ihr auch nicht sagen. Auch wenn es mir bestimmt kurzzeitige Freude bereiten würde. Aber dann würde rauskommen, dass ich Mia genauso etwas verschwiegen hatte wie sie mir. Und unsere Freundschaft war gerade erst wieder aufgelebt. Das wollte ich nicht riskieren. Ausserdem war ich ja eh bald weg und dann hatte sich das erledigt. Dann wäre die einzige Person, mit der ich noch was zu tun haben würde, Mia. Und Andrew vielleicht.
„Ja."
Mia warf mir einen seltsamen Seitenblick zu.
Dann klatschte sie in die Hände.
„Okay, können wir jetzt aufhören, nur von meinem Bruder zu quatschen?"
Oh, ja, das konnten wir sehr gerne.
Denn jetzt hörte ich nicht nur, ich sah ihn auch.
Er zog meinen Blick magisch an. Ich machte ihn unter all den anderen Anwesenden aus, innerhalb von Sekunden. Seine Statur, seine einzigartige Haltung, ich hätte ihn überall wieder erkannt.
Mein Blick verdunkelte sich, als ich sah, wie Kervin, der neben Damon aufgetaucht war, Mandy eine kleine Tüte rüber wandern liess. Verdammte Arschlöcher!
„Ich dachte er sollte nicht herkommen. Du hast gesagt dass ihr hier nicht verkaufen würdet!"
Entrüstete ich mich und Mia folgte verwirrt meinem Finger. Als sie ihren Bruder entdeckte hob sie abwehrend die Hände.
„Das war ich nicht! Ich sagte doch ich halte das raus aus unserer Freundschaft."
Ich wippte mit dem Fuss auf und ab.
„Und wie hat er es dann sonst erfahren?"
Jenny beobachtete zufrieden ihre Nägel.
„Upsi."
Jetzt hatte ich das Verlangen, ihr eine rein zu hauen.
„Dein Ernst?"
Mia sah sie ziemlich enttäuscht an.
„Was? Geschäft ist Geschäft, ihretwegen vergesse ich das nicht einfach. Die Party ist eine echt gute Gelegenheit."
Ich ballte die Hände zu Fäusten.
„Du bist echt unerträglich."
Platzte es aus mir heraus und sie grinste wenig berührt.
„Das trifft sich ja gut. Ich wollte sowieso mal Damon hallo sagen gehen."
Sie erhob sich abrupt und lief dann schwungvoll zu dem grossgewachsenen jungen Mann.
Sie hakte sich bei ihm ein und er blickte zu ihr runter. Ich explodierte fast.
„Ich gehe jetzt. Es macht mir keinen Spass mehr."
Stiess ich hervor und stand auf, stellte den Becher achtlos auf den Boden und lief los.
„Es tut mir leid Malia, willst du, das ich mitkomme?"
Rief sie mir hinterher.
Ich schüttelte nur den Kopf.
„Warte doch, ach scheisse!"
Hörte ich Mia noch fluchen, dann war ich auch schon aus dem Haus.
Die kühle Abendluft tat gut, denn ich hatte das Gefühl, irgendwem eine klatschen zu müssen, so sehr hatte ich mich aufgeregt.
Ich wusste nicht genau ob es wegen der Tatsache war, dass sie hier dealten oder wegen Jenny und Damon. Aber was auch immer der ausschlaggebende Grund war, ich wollte beides nicht sehen. Also würde ich mich nicht zwingen, gute Miene zum bösen spiel zu machen und würde hier verschwinden. Ich war erwachsen, ich konnte ja wohl selbst ein Taxi ausfindig machen. Meinem Budget würde es nicht gut tun, aber auf keinen Fall würde ich alleine mit meinem Outfit in die U-Bahn steigen.
Ich stapfte den Weg zum Gartentor hinunter, dabei kam mir ein junger Mann entgegen. Er war ziemlich hacke, denn er taumelte einmal nach links und dann nach rechts.
„Hay, du. Gehst du schon?"
Fragte er lallend, ich ignorierte ihn. Er hatte Mühe, mir mir mitzuhalten, dackelte mir aber dennoch hinterher.
„Wollen wir uns nisch kennen lernen?"
Rief er in die Dunkelheit, als ich aufs Trottoir stieg.
„Nein danke."
Meinte ich und schlang den Mantel um mich, damit meine nackte Haut vor der eisigen Bise geschützt war, die um diese Uhrzeit wehte.
„Ach komm schon. Du weisst ja gar nicht wie ich bin. Ich würde dir bestimmt gefallen, weiss du?"
Er folgte mir immernoch. Ich war deswegen aber nicht wirklich besorgt, weil er so langsam hinter mir her kroch, dass ich jederzeit hätte wegrennen können. Er schien mir nicht mehr sehr stabil auf den Beinen unterwegs zu sein.
„Ich denke nicht."
Meinte ich und lief weiter. Die Strasse wurde hie und da von Laternen beleuchtet, die grossen Häuser auf beiden Seiten der breiten Strasse schienen zu schlafen. Es brannte kein Licht.
Ich schlang die Arme um mich und pustete meinen warmen Atem hinaus.
„Ich glaube, ich kann dich von mir überseugen, wenn du aufhörst zu rennen."
Kam es verzweifelt von dem atemlosen Typen. Ich musste leicht grinsen. Ich lief im Schritttempo.
Dann verging mir das Grinsen.
Ich hörte einen tiefen, vollen Motor und auch, dass ein Auto langsam heran rollte. Ein Fenster wurde runter gelassen und ein Schauer lief mir über die Arme, als ich Damons unverwechselbare, tiefe Stimme hörte.
„Verpiss dich."
So wie er es sich gewohnt war, gab es keine Gegenwehr. Die Schritte des Typen hinter mir verstummten, und entfernen sich dann in die andere Richtung. Ich musste mich dazu zwingen, ruhig zu atmen, als Damon in seinem Auto langsam neben mir her rollte.
„Was machst du hier?"
Fragte ich seufzend, während ich stur weiterlief.
Damon, dessen Augen in der Nacht leuchteten als wären sie neonfarben, wechselten zwischen der Strasse und mir hin und her.
„Mia hat gesagt, dass du alleine nach Hause wolltest und mich gebeten, auf dich aufzupassen."
Er musterte mich und sein Blick blieb an einigen Stellen etwas länger hängen. Das komische war, dass ich mich dabei gar nicht unwohl fühlte. Viel eher kribbelte mein Ganzer Körper bei dem Gedanken, dass er mich bemerkte.
„Das war glaube ich auch eine gute Idee, wie es scheint."
Er nickte nach hinten und meinte damit wohl den besoffenen Typen, den er verjagt hatte.
„Mit dem wäre ich schon klar gekommen."
Ich hatte die Arme vor dem Mantel verschränkt und fröstelte. Meine Beine fühlten sich an wie Eiszapfen.
„Denke ich nicht."
Damon war ernst und hatte eine Hand am Lenkrad platziert, die andere am Beifahrerfenster, zu dem er sich rüber lehnte um mit mir zu sprechen.
„Es ist mir egal was du denkst. Oder was du tust. Ich bin ja eh bald weg."
Motzte ich. Er hob eine Braue.
„Ahja?"
Ich wusste nicht, ob es ihn überraschte. Falls ja, zeigte er es nicht.
„Ja. Meine erste Wohnungsbesichtigung ist in zwei Tagen."
Er nickte langsam.
„Okay. Zu der kannst du aber nicht hingehen, wenn du irgendwo erfroren auf der Strasse liegst."
Gutes Argument. Ich seufzte und rollte die Augen, stieg dann aber ein. Es roch gut im Auto. Es roch nach Damon.
Damon fuhr mit quietschenden Reifen los in die Dunkelheit und eine Weile herrschte Schweigen zwischen uns.
„Ist es dir eigentlich egal, ob deine Kunden süchtig werden?"
Platzte es dann aus mir heraus.
„Du meinst das Mädchen von der Party?"
Er wusste ja nicht mal ihren Namen.
„Sie heisst Mandy."
„Okay."
Er blickte kurz zu mir hinüber.
„Ich fühle mich nicht schuldig. Wieso auch? Ich habe ihr das Zeug nicht in den Hals gestopft. Sie wollte es von mir. Es ist ihre eigene Entscheidung."
Ich schnaubte.
„Aber von irgendwem muss sie es ja das erste Mal bekommen haben."
„Aber nicht von mir."
Ich kniff die Augen zusammen.
„Aber irgendjemand hatte sicher seine ersten Drogen von dir, das ist keine Ausrede!"
„Reden wir jetzt vom ersten Mal? Wenn ja wüsste ich da einige Ideen."
Ein katzenhaftes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Aber mir war absolut nicht danach.
„Damon. Ich meine es ernst."
Er verengte die Augen, sah aber fest auf die Strasse.
„Ich rede mich nie raus. Ich weiss was ich tue und auch dass es moralisch verwerflich ist. Aber die Leute die das Zeug kaufen sind trotzdem allein für ihre Handlungen verantwortlich."
Ich spielte mit dem bauchfreien Top. Es zog einige Fäden, bemerkte ich gerade.
„Und wenn du weisst, dass es falsch ist, wieso hörst du nicht einfach auf?"
Er schwieg eine Weile. Als würde er ernsthaft darüber nachdenken.
„Das ist eine gute Frage."
Ich wartete, ob da noch mehr kam, aber nein.
„Nimmst du selbst auch was davon?"
Er schüttelte den Kopf, was seine schwarzen Strähnen aus ihrer wirren Ordnung brachte.
„Niemals."
Naja, immerhin. Ein Drogendealer der selbst süchtig war, wäre wohl auch nicht wirklich professionell. Abgesehen davon, dass sowieso nichts mit illegalen Substanzen professionell war.
„Aha okay."
Machte ich und dann schwiegen wir wieder, während wir durch die dunkle Nacht fuhren und nur der Motor des Wagens zu hören war.
Als ich endlich meine Füsse auf dem geheizten Wohnzimmerboden absetzen konnte, zog Damon mit Schwung die Türe hinter uns zu.
Ich zuckte kurz zusammen, ignorierte daraufhin aber seinen besorgten Blick.
„Willst du schlafen gehen?"
Fragte er mich, während er seine Schlüssel auf den Tresen fallen liess. Er fuhr sich durch die Haare und schlenderte dann lässig etwas weiter ins Wohnzimmer.
Während ich ihn so beobachtete, wurde mir klar, dass ich gerne zu ihm hin gehen würde. Meine Lippen auf seine zu legen und seinen Geschmack zu spüren, das löste in mir ein so riesiges Verlangen aus, dass es fast schon unheimlich wurde.
„Ja."
Es war keine gute Idee, mit dem Feuer zu Spielen. Und Damon war Feuer. Heiss aber gefährlich.
„Okay."
Er zuckte die Schultern und steckte die Hände in die Hosentaschen.
Keine Ahnung wieso ich enttäuscht war. Vielleicht hatte ein Teil von mir darauf gehofft, dass er versuchen würde, mich aufzuhalten.
Tat er aber nicht. Wahrscheinlich weil er tatsächlich respektierte, dass ich ihm gesagt hatte, ich würde nichts mehr von ihm wollen.
Was ja eigentlich gut war.
„Na dann."
Mit zusammen gekniffenen Lippen stieg ich die Treppen hinauf und Lief in die Richtung meines Zimmers.
Als meine Hand an der kalten Metalltüre lag, die ich zur Seite schieben musste, um in mein Zimmer zu gelangen, hielt ich inne.
Eine Frage brannte mir auf den Lippen. Ich versuchte mit aller Kraft, sie zurück zu halten, aber es platzte einfach aus mir hinaus.
„Heute auf der Party....hat Jenny erwähnt, dass ihr..."
Ich räusperte mich.
„War ich die einzige mit der du...also.."
Ich drehte mich um, da ich sehen wollte, wie er reagierte.
Er wirkte entspannt.
„Was ist deine Frage?"
Meinte er und seine Mundwinkel zuckten.
Ich verengte die Augen. War das Hohn in seiner Stimme?
„Ob du gleichzeitig mit mir auch mit Jenny rum geknutscht hast."
Er legte den Kopf schief und lehnte sich locker an die Lehne der Couch.
„Ich wusste nicht, dass du mich für dich allein beanspruchen wolltest?"
Mein Herz rutschte mir in die Hose.
Also war es wahr. Mann, was hatte ich mir auch gedacht. Dass einige nächtliche Liebeleien mir das Recht gaben, Monogamie zu fordern? Keinesfalls, wir waren ja nicht mal ein Paar oder sowas. Er konnte also knutschen wen immer er wollte. Trotzdem tat es weh.
„Bist du etwa eifersüchtig?"
Er klang belustigt, aber auch interessiert. Als würde er es wirklich gerne wissen.
Ich zeigte ihm den Finger.
„Nein, das kannst du vergessen."
Dann drehte ich mich abrupt wieder um und blinzelte die dummen Tränen weg. Ich mochte ihn ja nicht mal, also wieso ging mir das so nahe?
„Malia."
Damons Stimme klang erstaunlich sanft. Sie veranlasste mich dazu, den Kopf erneut zu ihm zu drehen.
„Es gibt keinen Grund für deine Eifersucht. Ich hatte nichts mit Jenny. Schon lange nicht mehr. Wir sind nur noch Freunde."
Er zuckte die schultern. Ich war nicht überzeugt, aber ein Teil von mir wollte ihm gerne glauben.
„So wie ich sie kenne, hat sie das nur gesagt, um dich zu ärgern. Dass du auf mich stehst ist nunmal leicht zu erkennen."
Ich schnappte nach Luft.
„Ich stehe rein gar nicht auf dich! Ganz im Gegenteil, viel eher stösst du mich richtig ab."
Was für eine Lüge. Und Damon dachte dasselbe.
„Das glaube ich dir nicht."
Er begann zu grinsen. Mir juckte es in den Fingern, ihm dieses selbstzufriedene Lächeln vom Gesicht zu reissen. Wie konnte man jemanden so unausstehlich finden und gleichzeitig so wahnsinnig angezogen von ihm sein? Keine Ahnung. Damon machte das möglich.
„Das wird mir jetzt zu dumm."
Meinte ich und verschränkte die Arme.
Ich könnte jetzt in mein Zimmer gehen und die Türe zu ziehen. Das wäre am intelligentesten. Aber wieso blieb ich hier stehen? Nur darauf wartend dass er näher kam. Bei jedem seiner Schritte machte mein Herz einen Sprung. Verdammt, er hatte echt Macht über mich.
„Ich denke, du magst dir nicht eingestehen, wie toll du mich findest. Wegen deinem Moralkodex oder wie auch immer."
Er lächelte katzenhaft und kam die Treppe hinauf.
Ich schob mir das Haar zurück hinter die Ohren.
„Das ist kein Moralkodex, das ist Menschenverstand. Du machst etwas illegales und damit will ich nichts zu tun haben!"
Er nickte und hielt direkt vor mir an. Höchstens ein Pingpong Ball hätte noch zwischen uns gepasst.
Ich spürte wie jede Zelle meines Körpers von ihm angezogen wurde. Ich beherrschte mich, ihm nicht gleich super verzweifelt um den Hals zu fallen.
„Ist es denn illegal, wenn wir zusammen reden?"
Fragte er und fuhr mit seiner Handfläche meine nackten Arme hoch. Jedes Haar stellte sich auf. Es war elektrisierend.
Ich runzelte die Stirn.
„Nein, das nicht..."
„Oder wenn ich dich berühre, ist es illegal?"
Er senkte den Kopf, sodass seine Lippen meine streiften, für einen kurzen Augenblick lang.
Ich schloss automatisch die Augen und schüttelte nur matt den Kopf.
Als ich sie wieder öffnete, blickte er mir direkt in die Augen. Seine Pupillen leuchteten wie eine Wiese, die mit Tau befleckt war. So intensiv. Er wirkte ernst.
„Du weisst gar nicht, wie gerne ich dich jetzt berühren würde."
Seine Augen schweiften an mir hinunter und seine Stimme war heiser. „Überall."
Ich schluckte.
„Wieso tust du es denn nicht?"
Flüsterte ich. Ich sehnte mich nach ihm. Nach seiner Nähe, obwohl ich ihn die ganze Zeit von mir weg gestossen hatte. Ich konnte momentan nunmal nicht richtig denken.
Ein feines Lächeln zuckte über seine Lippen. Als wüsste er genau, wie gerne ich den Abstand zwischen uns überwinden würde und ihn küssen wollte. Aber er schüttelte langsam den Kopf und liess seine Hände sinken.
„Ich denke nicht, dass das der Richtige weg ist. Ich mache es richtig."
Ich verzog das Gesicht. War das wirklich Damons Mund, der das aussprach?
„Wieso solltest du das wollen?"
Bisher hatte er immer deutlich gemacht, was er wollte. Und zwar mich, auf dem Sofa, oben ohne, mit ihm über mir. Mit unseren Körpern eng aneinander gepresst. Mehr war da nicht gewesen, aber jetzt wurde ich stutzig, als er nur die Schultern zuckte.
Ich wagte es beinahe nicht auszusprechen, tat es aber doch.
„Magst...magst du mich etwa?"
Vielleicht klang etwas zu viel Hoffnung in meiner Stimme mit, wie peinlich. Aber irgend einen Punkt hatte ich getroffen, denn seine Augen flackerten gefährlich auf. Er sagte nichts. Und dann drehte sich der Schlüssel im Schloss und in einer fliessenden, schnellen Bewegung entfernte sich Damon von mir.
Noch bevor Mia, Jenny und Kervin die Wohnung betraten.
„Oh, ihr seid ja noch auf."
Sagte Mia und blickte rührselig zu mir hinüber. Sie konnte ja nichts dafür, dass Jenny die Jungs gerufen hatte, um an der Party zu dealen. Aber ich wusste, dass sie sich schuldig fühlte.
„Ja. Aber wir wollten gerade schlafen gehen."
Meinte Damon teilnahmslos und drehte sich dann weg von mir, lief locker die Treppe hinunter und verschwand.
Mia hob eine Braue und formte die Worte: „Was war das denn?"
Ich zuckte nur die Schultern und verschwand ebenfalls in meinem Zimmer. Ohne eine Antwort von Damon.

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