2-Meeting the crew
Schnell rollte ich sie hinein.
Es war irgendwie ein echt cooles Gefühl, in dem Zimmer zu stehen. Meine erste eigene Wohnung. Naja, so halbwegs.
„Komm! Ich zeig dir das Loft! Und stelle dich allen vor!"
Ich konnte kaum ausatmen, schon zog sie mich wieder hinter sich her. Dieses Mal konnte ich mich umsehen. Der Boden war aus grossen, schwarzen Steinplatten. Eine Treppe führte von den drei Zimmern hinunter in das offene Wohnzimmer, dass sich über eine ganze Fensterfront erstreckte.
Nebe der Türe standen mehrere Kleiderständer, schnell hängte ich dort meinen Mantel auf und zog die Schuhe ab. Dafür dass hier so viele Jungs wohnten, war es echt sauber.
„Also, hier oben waren drei der sieben Schlafzimmer. Hier ist der Wohnbereich."
Mia deutete auf auf die grosse Fläche vor mir.
Gleich gegenüber von der Eingangstüre standen zwei grosse Sofas und ein paar dieser flauschig aussehenden Sitzkissen.
Dort sassen gerade Damon und noch ein Typ, die irgend ein Baller Spiel am grossen Fernseher zockten, der gegenüber von den Couches stand.
Weiter hinten stand ein grosser Esstisch und acht Stühle, die länglich daran entlang aufgestellt waren.
„Und hier ist die Küche, ist halt alles offen hier."
Meinte Mia, als sie mich weiterzog.
Die Küche war alt, aber gross. Es gab viele Kästen und eine Spülmaschine. Zum Glück.
Sie grenzte sich nur über eine Theke vom Rest des Wohnzimmers ab. Darauf standen einige Bier und Alkoholflaschen.
„Und, willst du sie uns auch mal vorstellen?"
Meinte die zweite Männerstimme. Wir drehten uns um. Damon lehnte noch an der Couch, aber der andere Typ kam auf uns zu.
„Klar, sorry. Malia, das ist Andrew. Er studiert auch mit uns. Er ist aber schon im zweiten Jahr."
Erklärte Mia.
Der Typ streckte grinsend die Hand aus.
„Sehr erfreut, Malia."
Ich schüttelte sie und lächelte.
„Ebenfalls."
Er war mir auf anhieb sympathisch. Er hatte offene blaue Augen und blondes Haar, dass er im Surfer Look trug. Er war schmaler gebaut als Damon und auch etwas kleiner, trug aber coole weite Hosen und ein lockeres Shirt.
„Erzähl doch...."
„Nicht jetzt, Drew! Ich muss ihr zuerst die Wohnung zeigen."
„Danach kann sie auch gleich die Miete rüber wandern lassen."
Merkte Damon an und betrachtete mich kühl.
Ich verschränkte die Arme.
„Dir gebe ich sie sicher nicht."
Andrew grinste breit. Unser Schlagabtausch schien ihm zu gefallen.
„Wieso nicht. Ich bin absolut zuverlässig."
„Ich glaube dir kein Wort!"
Ich war sehr darum bemüht, zickig zu wirken.
„Autsch."
Gespielt getroffen hielt sich der Junge mit den schönen, irgendwie weich aussehenden Haaren die Hand auf die Brust.
„Tut mir leid, Damon ist unterträglich heute, ach was, eigentlich immer!"
Meinte Mia vorwurfsvoll zu ihrem Bruder, hatte die Worte aber eigentlich an mich gerichtet.
Er grinste sie frech an.
Er hatte perfekte weisse Zähne.
„Gar nicht! Du weisst einfach meine Qualitäten nicht zu schätzen."
Seine Schwester verdrehte gekonnt die Augen und zog mich dann weiter.
„Hör einfach nicht auf ihn. Er ist ein Idiot."
Flüsterte sie mir zu.
„Ich glaube das auch."
Flüsterte ich zurück und sie kicherte.
„Ich bin echt froh, dass es für dich nicht komisch ist, hier einzuziehen obwohl du uns ja nicht kennst. Du wirst es aber nicht bereuen!"
Meinte sie, während sie mich weiterzog.
„Hier ist das Bad. Wir haben nur eines, aber es ist gross."
Sie deutete auf den grossen Raum. Alles da, zwei Waschbecken, eine Dusche und ein Klo. Sogar eine Heizung. Und ein grosses Fenster, das gekippt war. Von draussen klang der Lärm der Stadt herein, aber schon sehr gedämpft.
„Cool."
„Ja. Und hier oben sind noch die restlichen vier Zimmer.„
Meinte sie und deutete auf die kleine Treppe. Sah genau gleich aus wie auf der anderen Seite, nur waren hier vier Zimmer statt drei aneinander gereiht.
„Sind die Zimmer ringhörig?"
Fragte ich.
„Kommt drauf an, was du darin machen willst."
Damon war neben uns aufgetaucht und betrachtete mich von oben herab. Er schien sich wohl über mich lustig zu machen. Und es klappte. Ich rief knallrot an.
„So meinte ich das nicht...."
„Das glaube ich dir sogar."
Wieso klang alles, was er zu mir sagte so abwertend?
„Wie dem auch sei, das ist Malika."
Sie deutete auf das Mädchen, dass gerade aus ihrem Zimmer trat. Sie war etwas rundlich und hatte blonde Haare, die in alle Richtungen abstanden. Sie trug einen flauschigen Piyama.
„Wieso ist es so laut da draussen, mann ei."
Murmelte sie angefressen.
„Malika arbeitet im Spital. Nachtschicht. Deswegen schläft sie Tagsüber meistens. Ausser in den seltenen Fällen, dass sie frei hat."
Malika stöhnte missmutig.
„Was wirklich sehr selten ist."
Die junge Frau rieb sich über die Augen und sah mich danach blinzelnd an.
Das Licht hier draussen musste sie wohl blenden.
Sie hatte schöne Braune Augen und leichte Sommersprossen. Aber sie wirkte etwas bleich.
„Ich bin Malia. Ich beziehe das leere Zimmer. Freut mich sehr dich kennen zu lernen."
Meinte ich freundlich und sie nickte nur.
„Ah. Ja. Ich hoffe du bist nicht zu laut."
Dann verschwand sie wieder in der Dunkelheit.
Ich spitzte die Lippen.
„Okay, das lief jetzt nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe."
Mia schüttelte eilig den Kopf.
„Sie ist einfach Müde."
„Aber echt. Malika ist eigentlich wie ein Faultier. Und zufrieden ist sie auch nie, also nimm es ja nicht persöblich."
Bekräftigte Andrew und zwinkerte mir zu.
Ich lächelte.
„Na gut, ich versuche es. Bisher habe ich nur euch drei gesehen, es leben aber doch noch zwei hier, oder?"
Fragte ich und Andrew deutete auf die Haustüre, die in diesem Moment aufgeschoben wurde.
„Wenn man vom Teufel spricht."
„Wir haben Tiefkühlpizza!"
Rief ein dunkelhäutiger Typ, der hinein marschierte als hätte er gerade Cäsar höchstpersönlich besiegt.
Er trug eine blaue Kappe und einen Trenchcoat, der ihm wirklich gut stand.
Er war riesig, bestimmt auch grösser Als Damon und wirkte als wäre ein ein geborener Läufer.
Sein Lächeln als er mich sah, war ehrlich und offen.
„Wenn ihr mir gesagt hättet, dass wir Damenbesuch haben, hätte ich was anderes geholt."
Ich musste kichern wie so ein bescheuertes Schulmädchen.
Damon hob eine Braue.
„Hei, ich bin Malia. Ich bin heute in das leere Zimmer gezogen."
Stellte ich mich vor und kurz zuckte ein schmerzhafter Ausdruck über sein Gesicht. Das verwirrte mich.
Aber dann hatte er sich wieder gefasst und grinste breit.
„Ich bin Kervin. Nice, hast du Bock auf Pizza?"
„Klar", strahlte ich ihn an.
„Ich mag sie", er deutete auf mich und blickte vielsagend zu Damon. Dieser stöhnte entnervt.
„Ganz wunderbar."
Hinter Kervin war noch ein zweiter Typ eingetreten, der eine schwarze Bomberjacke trug und die ganze Zeit über geschwiegen hatte.
Jetzt sah er aus grauen, finsteren Augen zu Damon.
„Ist das euer Ernst?"
Stiess er hervor. Seine Stimme war kratzig.
„Ihr gebt ihr sein Zimmer? Einfach so?"
Mein Lächeln erstarb langsam auf meinen Lippen.
Was meinte er damit?
„Nico, chill."
Meinte Andrew mit einem bedeutungsvollen Blick.
„Das ist doch Bullshit! Ihr habt sie nicht mehr alle."
Schrie der Junge und ich zuckte zusammen. Diesen Wutausbruch hatte ich nicht erwartet.
„Beherrsch dich oder ich befördere dich per Fusstritt in dein Zimmer", knurrte Damon und Nico schwieg augenblicklich.
Er sah nochmals zu mir. Seine braunen Haare waren nach oben gestylt. Trotz viel Gel sah es gut aus.
Dann schnaubte er und drehte sich um, bevor er geradewegs in seinem Zimmer verschwand.
Ich schluckte.
„Habe ich etwas falsch gemacht?"
Fragte ich kleinlaut und konnte nicht verbergen, dass ich etwas enttäuscht war, dass die meisten hier so negativ auf mich reagierten. Ich konnte sonst eigentlich immer sehr gut mit Menschen. Hatte ich zumindest gedacht.
„Nein, er ist einfach ein Idiot. Das liegt nicht an dir", meinte Andrew scherzhaft, doch ich spürte, dass auch er angespannt war.
„Genau! Du hast absolut nichts falsch gemacht. Ich freue mich sehr, dass du hier bist!"
Beteuerte Mia und griff ermutigend nach meinen Händen.
Ich lächelte unsicher. Mein komisches Gefühl wollte nicht weg gehen. Als ob irgendetwas unausgesprochenes über uns hing.
Aber ich sagte nichts.
Nachdem ich Mias Kontonummer für die Übweisung der Miete bekommen hatte und mich kurz umziehen gehen konnte, gab es Abendessen.
Die übrigen setzten sich an den Tisch und ich konnte bereits den leckeren Geruch riechen.
Aber ich wusste nicht recht, was ich tun sollte oder wo ich mich hinsetzen sollte.
Zuhause hatten wir auch immer unsere festen Plätze gehabt. Und ich wollte niemandem auf den Schlips treten.
Ich hatte meine Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug eine Jogginghose und ein normales Top. Hier drin war es ziemlich warm.
„Worauf wartest du? Komm, setz dich."
Mia klopfte auf den Stuhl neben sich. Erleichtert tat ich das und angelte mir ein Stück Pizza vom Teller, nachdem alle anderen sich eines genommen hatten. Malika fehlte und Nico auch.
„Also, Malia. Ich bin neugierig, erzähl uns von dir!"
Meinte Kervin, während er genüsslich von seiner dampfenden Pizza abbiss.
Ich nickte und kaute zuerst zu ende. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie hungrig ich war. Aber ich wollte keinen schlechten Eindruck machen, also legte ich das Pizzastück auf den Teller.
Auch wenn das meinem Magen gar nicht passte.
„Also, so viel gibt es da nicht zu sagen. Ich komme aus Loganville, einer kleinen Stadt. Fast schon ein Dorf."
„Und wo liegt das?"
Erkundigte sich Andrew mampfend.
„Auch in Georgia, du Ass. Studierst du oder ich?"
Zog ihn Kervin auf. Murrend widmete sich der Angesprochene wieder seiner Pizza.
„Genau. Dort habe ich mit meiner Mom gewohnt, eigentlich schon immer. Und naja jetzt wo die High School zu ende ich habe ich beschlossen, hier zu studieren."
„Und wir haben uns auf dem Parkplatz vor der Uni getroffen! Als wäre es Schicksal."
Ergänzte Mia strahlend.
Kervin nickte.
„Cool. Und was machst du so hobbymässig?"
Ich überlegte kurz, während ich mir erlaubte, nochmals einen Bissen dieser köstlichen fettigen Pizza zu essen. Meiner Mom wäre so etwas niemals ins Haus gekommen.
„Ich lese gerne. Und war im Sommer auch gerne schwimmen. Und früher bin ich oft geritten."
Erzählte ich.
„Ein Pferdemädchen. Flechtest du auch gerne Zöpfe?"
Kam es von Damon, der sich in seinem Stuhl am Kopfende des Tisches zurück gelehnt hatte und die Pizza nicht mal angerührt hatte. Seine Arme waren verschränkt.
„Nur, wenn ich sie dir danach ins Gesicht schlagen darf", konterte ich und wunderte mich selbst darüber, wie aggressiv ich klang. Ich war eher die Art Mensch, die Konfrontationen mied, aber der Typ machte mich einfach wütend. Kervin gluckste amüsiert und Damons Mundwinkel zuckten.
„Und ihr so?"
Wechselte ich schnell das Thema.
„Wieso stand das Zimmer überhaupt leer?"
Keine Antwort. Ich schien einen wunden Punkt getroffen zu haben.
Andrew ergriff schliesslich das Wort.
„Also ich, ich skate viel. Manchmal mache ich auch Graffitis."
Ich machte grosse Augen.
„Ist das nicht verboten?"
Damon schnaubte ungläubig.
„Gehst du nur bei Grün über den Fussgängerstreifen?"
Ich sah auf meinen Teller.
Eigentlich schon. Bei Rot konnte es schliesslich recht schnell gefährlich werden.
„Und ich spiele Basketball. Also hobbymässig. Vor einigen Jahren hatte ich ein Problem an der Schulter, deswegen ist leider keine Profikarriere drin."
Meinte Kervin.
„Das tut mir leid, du bist bestimmt gut."
Er grinste.
„Ich bin sogar sehr gut."
„Und du?"
Fragte ich zögerlich und richtete die Frage an Damon. Dieser stand und fuhr sich durch die Haare, die sofort wieder wirr in seine Stirn fielen.
„Du passt hier nicht herein. Es wird nur Probleme geben."
Dann drehte er sich um und verschwand in einem der vier Zimmer zu meiner linken.
Ich starrte ihm mit offenem Mund hinterher.
„Was für ein Arsch."
Murmelte ich dann und schluckte.
„Hey, du darfst das echt nicht so persönlich nehmen."
Meinte Andrew und sah mich entschuldigend an.
„Mhm."
Machte ich nur. Damon und auch dieser Nico machten mir deutlich, dass sie mich hier wohl nicht haben wollten. Vielleicht war das hier doch keine so gute Idee.
„Okay, jetzt wo alle Trottel weg vom Tisch sind, noch ein paar Organisatorische Dinge", meinte Mia geschäftig.
„Also, wir wechseln uns immer ab mit einkaufen, immer derjenige der einkaufen geht bezahlt auch. So ist es nicht sonderlich kompliziert."
Ich nickte verstehend.
„Macht ihr auch Zettel? Ich weiss ja nicht, was ihr gerne esst, deswegen."
„Der hängt am Kühlschrank."
Meinte Andrew locker.
„Genau. Und Putzen, jeder ist mal dran. Es wechselt jede Woche. Genauso beim Abwaschen und Kochen. Aber natürlich hast du nie alle Ämter auf einmal."
„Jap; unser Genie hier hat nämlich einen Plan erstellt."
Kervin boxte Andrew in die Schulter, der verlegen in eine andere Richtung sah.
„Genie?"
Hakte ich nach und Andrew zuckte die Schultern.
„Ich habe einen etwas höheren IQ als einige andere, aber sonst naja."
„Drew studiert Biomedizin! Er ist der Schlauste von uns."
Ich pfiff durch die Zähne.
„Wow! Respekt!"
„Er ist hochbegabt, weigert sich aber den Test zu machen."
Klärte mich Kervin auf.
„Und ich muss ihn auch nicht machen!"
Verteidigte sich das Wunderkind.
„Und was studierst du?"
Fragte mich Mia.
„Ich habe mich für BWL eingetragen. Damit ist man auf der sicheren Seite, habe ich mir gedacht."
Mia strahlte übers ganze Gesicht. Wie konnte man so ein fröhlicher Mensch sein. Unglaublich.
„Echt? Ich auch! Das ist ja der Wahnsinn, dann können wir zusammen in die Vorlesungen gehen!"
Ich nickte begeistert und erleichtert.
„Oh, Gott sei dank. Ich dachte schon ich ende alleine in irgend einer Ecke."
Mia wollte gerade den Mund aufmachen, um mich mit weiteren Fragen zu bombardieren, als Andrew sich räusperte.
„Ich glaube, wir sollten Malia auch mal die Gelegenheit geben, zu essen."
In der Nacht schlief ich gut. Ich war ja auch erledigt. Mia hatte mir Bettzeug geliehen. Eine Weile war ich noch wach gelegen, da ich mich noch an die nächtlichen Geräusche gewöhnen musste, aber dann hatte mich der Schlaf übermannt.
Als ich am nächsten Morgen die Türe aufschob, mit einem Badetuch unter dem einen Arm und meinen frischen Klamotten im anderen war ich wohl nicht die Erste, die Wach war.
So gut die Zimmer auch angeschirmt waren, in dem grossen offenen Raum dazwischen konnte ich die Stimmen gut hören.
„Aber sie scheint doch echt nett zu sein. Ich glaube nicht dass sie..."
„Du weisst so gut wie ich dass das sehr wohl Probleme macht. Sie ist mitten drin. Wir können vor ihr nicht mal drüber reden..."
Ich trat an die Theke, die den Rest des Zimmers von der Küche trennte und erblickte dort Damon und Kervin. Damon war nicht oben ohne, trug aber nur ein ziemlich durchsichtiges weisses Shirt und eine schwarze Jogginghose.
Als sie mich sahen, verstummten sie und Damon vergrub die Hände in den Hosentaschen.
„Guten Morgen! Gut geschlafen?"
Kervin lächelte und ich nickte. Hatten sie etwa gerade über mich gesprochen? Wieso ging Damon davon aus, dass ich Probleme machen würde? Das verstand ich nicht. Ich war immer eine sehr zuverlässige und pflichtbewusste Person gewesen. Und ich wusste nicht, wieso er sowas von mir befürchtete.
„Ja, ziemlich gut. Ich wollte fragen ob es okay ist, wenn ich duschen gehe?"
„Klar, bei uns gilt wer schneller ist....ist schneller."
„Gut gesagt."
Damon klopfte seinem Kumpel ernst auf die Schulter.
Ich musste grinsen und nickte. Dann schlurfte ich weiter zum Bad.
In dem Moment, als ich die Türe aufstossen wollte, schob sie sich wie von selbst zur Seite.
Ich stand Nico gegenüber, der fast in mich hinein gelaufen wäre.
Er trug nur ein Handtuch um die Hüfte.
Oh, Gott, einfach nicht hinsehen.
„Es....tut mir leid, ich wusste nicht dass es besetzt ist."
Japste ich und versuchte, ins Bad hinter dem stemmigen Typen zu sehen, das vor lauter Dampf nebelig wirkte.
Doch ich spürte seinen finsteren Blick, der mich zwang, ihn anzusehen.
„Du bist immernoch hier."
Merkte er angepisst an.
„Ja...ehm. Ich bin eingezogen, also ja."
Ich versuchte, mich selbstbewusst hinzustellen.
Doch als Nico einen bedrohlichen Schritt auf mich zu machte wich ich sofort zurück und knallte mit dem Rücken an etwas festes. Ich fuhr herum.
Damon.
Sein Blick war eisig und auf Nico gerichtet.
„Du bist fertig. Also verzieh dich."
Meinte er und Nico mahlte mit dem Kiefer.
Dann fluchte er etwas unverständliches und drückte sich an mir vorbei.
Ich schluckte und bemerkte erst jetzt, dass ich das Badetuch eng an mich gepresst hatte.
Damon schien es auch gesehen zu haben.
„Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Er tut dir nichts."
Ich trat von einem nackten Fuss auf den anderen.
„Da bin ich mir nicht so sicher."
„Ich lasse es nicht zu."
Hatte ich mich verhört?
Als ich hochsah, blickte ich in funkelnde, waldgrüne Augen. Damon wirkte todernst. Die Worte musste ich mir gerade eingebildet haben.
„Du bist nicht besonders gut darin, dir Freunde zu machen, was."
Meinte er, während er den Blick langsam an mir runter schweifen liess. Aus unerfindlichen Grünen wurde mir ganz heiss.
„Naja, eigentlich komme ich mit den meisten Menschen ganz gut aus...dachte ich."
Damon zuckte die Schultern.
„Beeil dich etwas, es gibt auch andere, die noch ins Bad wollen."
Meinte er dann und drehte sich um. Baff liess er mich zurück. Aus dem Typen konnte man aber auch nicht schlau werden.
Ich schloss die Türe hinter mir.
Die heisse Dusche tat mir gut und als ich meine Haare kämmte und dabei in den Spiegel sah, fühlte ich mich schon wieder besser. Meine braunen Augen wurden von einem dichten Wimpernkranz umrahmt und zum Glück war ich mit ebener Haut gesegnet.
Als ich wieder aus dem Bad raustrat, roch es nach gebratenem Speck. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.
„Wow, das riecht echt lecker."
Sprach ich meine Gedanken aus und spürte, wie meine Nassen Haare einen Abdruck auf meinem Top hinterliessen.
Andrew streckte den Kopf aus der Küche.
„Und Eier gibts auch! Hungrig?"
Ich nickte eifrig.
„Und wie!"
„So ein geiles Frühstück gibt es sonst nie."
Beschwere sich Mia grinsend, während sie sich an die Theke lehnte und mir zu zwinkerte.
„Das ist mein Spezial-Willkommensfrühstück."
Verkündete Andrew stolz, bevor er meiner Freundin einen Teller voller braunem Speck reichte, den sie zum Esstisch bugsierte.
„Es gibt Frühstück! Es hat solange es hat!"
Kervin hatte sich in die Mitte des Raums gestellt und das herzhaft raus gebrüllt.
Ich sah ihn leicht verstört an.
„Sonst kommen die nie aus ihren Löchern gekrochen."
Erklärte er mir.
„Ah."
Kurze Zeit später sassen wir am Tisch und assen schweigend. Dieses Mal waren alle dabei. Auch wenn Malika beim Essen fast einzuschlafen schien.
Es herrschte eine merkwürdige, angespannte Stimmung und ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich der Grund dafür war.
Ich stopfte noch etwas Rührei in mich hinein, dann spürte ich einen unangenehm stechenden Blick auf mir.
Als ich hochsah blickte ich in Nicos graue Augen. Er schien mich mit seinen Blicken aufzuspiessen.
Ich schluckte und fühlte mich plötzlich ganz klein.
Ich wusste nicht, was ich ihm getan hatte.
„Sie sitzt auf seinem Stuhl."
Grollte er dann und Mia liess vor Schreck ihre Gabel auf den Teller fallen. Es klirrte.
„Was?"
Fragte ich kleinlaut und Damon ballte die Hand auf dem Tisch zur Faust.
Niemand sagte etwas.
Jetzt hatte ich die Nase voll.
„Ich...ich weiss nicht, was ich dir getan habe, aber ich weiss nicht wovon du sprichst."
Sprach ich mit klarer Stimme und hielt Nicos finsteren Blicken stand.
Kervin seufzte und massierte sich die Stirn.
„Er spricht von Dylan. Dem Typen, der vor dir in dem Zimmer gewohnt hat."
„Nicht irgend ein Typ! Unser Freund."
Nicos Stimme zitterte. Oder bildete ich mir das nur ein?
„Ja. Er ist vor einigen Monaten gestorben. Das hat uns alle ziemlich belastet."
Meinte Kervin und meine Augen wurden gross.
Scheisse. Das erklärte alles.
Nico tat es weh, dass ich die Erinnerungen an seinen Freund neu besetzte. Ich wohnte in seinem Zimmer, sass auf seinem Stuhl. Klar, dass er so reagierte. Plötzlich tat er mit leid.
„Das...tut mir sehr leid. Das wusste ich nicht."
Bedrückt drehte ich die Gabel in der Hand. Vielleicht war ich hier in eine WG geplatzt, die noch gar nicht dafür bereit war, wieder jemand neues aufzunehmen. Das würde ich auch vollkommen verstehen.
„Das konntest du doch auch nicht. Mach dir deswegen keinen Kopf. Wir freuen uns, dass du hier bist."
Meinte Mia und lächelte mich gequält an.
Das hatte ich aber anders empfunden.
Ich sagte aber nichts.
Es war einige Augenblicke still, dann meldete sich Andrew zu Wort.
„Die anderen wollten später noch rüber kommen. Ihr wisst ja."
Ich wurde hellhörig.
Welche anderen?
„Klar. Das passt gut."
Meinte Damon und ich blickte zwischen den Leuten am Tisch hin und her. Wieso musste man hier allen die Würmer aus der Nase ziehen?
Mia rettete mich.
„Die anderen, damit sind unsere Freunde gemeint. Wir sind eigentlich ein grosser Freundeskreis, aber sie leben in einer eigenen WG, nicht weit entfernt, da es hier halt nicht genug Platz hatte."
Ich nickte verstehend.
„Cool, dann seid ihr sowas wie eine Clique."
Kervin lachte rau auf.
„Genau. So in etwa."
Ich zog die Brauen zusammen. Okei?
„Ja, die anderen sind auch voll in ordnung. Sie sind zu viert. Du lernst sie ja dann kennen."
Den Vormittag verbrachte ich damit, mir Online Möbel anzusehen, wobei mir Mia natürlich mit Rat und Tat zur Seite stand. Wir hatten uns aufs Sofa geflätzt und sie guckte nebenbei irgendeine schmalzige Serie. Schlussendlich entschied ich mich für ein groses Bett, eine lange, weisse Kommode und einem dazu passenden hellen Schrank. Und Mia zwang mich ausserdem, so einen Beigen flauschigen Teppich zu kaufen.
„Und das?"
Fragte sie mich und deutete auf einen grossen Standspiegel.
„Ich weiss nicht, ich sehe mich selbst eigentlich nicht so gerne im Spiegel", warf ich ein.
„Aber wie kannst du sonst deine Outfits prüfen?"
Die Haustüre wurde aufgeschoben.
„Back in da Hood!"
Rief eine fröhliche Männerstimme.
Mias Miene hellte sich sofort auf, was mir nicht entging.
Ich drehte mich auf dem Sofa um und sah vier Leute in unserem Alter rein spazieren. Das musste dann wohl die zweite WG sein.
Der Junge, von dem meine neu gewonnene Freundin die Augen offensichtlich nicht lassen konnte, schleuderte seine Schuhe irgendwo in den Raum und umarmte dann Andrew, während er ihm herzhaft auf den Rücken klopfte.
„Colin, man endlich!"
Meinte dieser. Colin also. Der junge Mann hatte ein Schmales Gesicht, eine spitze Nase und so hellblondes Haar, dass es fast weiss war. Auch seine Brauen waren so hell. Was irgendwie nicht zu der gebräunten Haut passte. Aber es machte ihn auch ziemlich interessant. Seine wässrig blauen Augen schienen das Zimmer abzusuchen, bis er Mia entdeckte und ihr grinsend zunickte.
„Hey Mia."
„Hey."
Ich sah sie vielsagend an und sie lächelte verlegen.
Darüber würde ich sie später noch ausfragen.
Ich liess den Blick über die anderen drei schweifen.
Der eine Junge war ziemlich klein, wahrscheinlich sogar gleich gross wie ich, dafür breit wie ein Berg. Er trug eine Brille auf dem runden Gesicht und hatte schwarzes Haar, das auf den Seiten kurz getrimmt war. Der dritte Typ im Bunde war gross und schlacksig, hatte langes braunes Haar und tiefe Augenringe. Er sah aus, als wäre er krank.
Aber er grinste schief und klatschte bei Kervin ein.
„CJ, was geht?"
„Nicht viel, bei euch?"
Meinte dieser und Kervin wies zu mir.
„Einiges."
„Hi, ich bin Betim", meldete sich der bullige Typ und winkte mir kurz zu.
„Malia", ich winkte zurück.
Als letztes schob sich eine eine grosse Frau zwischen den Typen hindurch und warf ihr geflochtenes, blondes Haar zurück. Sie hatte wirklich schöne, grosse Blaue Augen und ein spitzes Kinn. Ihren dünnen Hals hatte sie gestreckt und angezogen war sie wie ein Topmodel. Die Bluse betonte ihre schlanke Hüfte und die Jeans schienen sich nur so an ihre dünnen, ellenlangen Beine zu schmiegen. Wow, sie war echt hübsch.
„Jenny, atemraubend wie immer", meinte Nico und sie hob eine Hand.
„Fang gar nicht erst an."
„Kommt, setzt euch, will wer noch Speck?"
Die ‚Anderen' verneinten und setzten sich dann auf die Sofas.
Der Typ, den sie als CJ bezeichnet hatten, liess sich wohlig seufzend in eines der Sitzkissen fallen und streckte seine langen Beine aus.
Jetzt sah ich in vier neue Gesichter.
Sofort war es mir unangenehm.
„Also Leute, das ist Malia, unsere neue Mitbewohnerin. Malia, das ist die Crew."
Ich lächelte und spielte mit einer Haarsträhne.
„Freut mich, euch kennen zu lernen."
Betim lächelte und lehnte sich zurück, während Colin eine Verbeugung andeutete.
„Sehr schön, dich kennen zu lernen."
Phu, das lief doch immerhin nicht schlecht.
Jenny musterte mich interessiert.
„Erzähl etwas von dir," forderte sie mich auf und ich wiederholte, was ich gestern schon den anderen erzählt hatte. Es war wie eine Vorstellungsrunde in der Schule, wenn man in eine neue Klasse kam.
Ich erfuhr, dass CJ leidenschaftlicher Kiffer war, was mich bei seinem kränklichen Aussehen nicht erstaunte. Mariuhana war schliesslich eine Droge, oder?
Betim war Breakdancer und Colin schrieb gerne Gedichte. Interessant, wie verschieden hier alle waren. Jenny war Cheerleaderin an ihrer ehemaligen Schule gewesen. Das erstaunte mich rein gar nicht. Ich konnte sie mir gut an der Spitze der Pyramide vorstellen. Tja, einige Menschen waren eben dafür gemacht.
„Also...", machte CJ dann und schlug mit den Händen auf das weiche Sitzkissen.
„Komm, gehen wir in dein Zimmer," schlug Mia vor und zog mich an der Hand mit sich. „Aber wieso?"
Fragte ich sie.
„Sag ich dir dann", meinte sie.
Die anderen sahen uns hinterher und begannen erst zu reden, als Mia hinter mir die Türe zu zog.
Merkwürdig.
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