16-Gefallen aus Wolke 7
Ich war noch immer sprachlos. Was ich gerade erlebt hatte wollte ich ab jetzt immer tun. Von Morgens bis Abends.
„Wow...das..."
Versuchte ich, etwas zu sagen, doch Damon zog mein Gesicht einfach zu sich und küsste mich kurz auf die geschwollenen Lippen.
„Fand ich auch."
Brummte er und unsere Blicke verhakten sich. Ich war noch nie in meinem Leben so glücklich gewesen. Ich fühlte mich pudelwohl. Beschützt, umsorgt, geliebt. Ich legte den Kopf auf Damons ausgestreckten Arm und er zog mich näher zu sich. Seine Stirn ruhte an meiner. Es war ein Moment purer Vertrautheit. Und ich hätte es mir nicht besser wünschen können, als hier mit ihm. Ich schloss die Augen, erfüllt von Glückseligkeit und drohte schon, wegzudösen, als mich Damons ernste Stimme weckte.
„Ich will dich."
Ich blinzelte verwirrt.
„Was? Das hattest du doch gerade?"
Piepste ich. Er grinste leicht, doch seine Augen schienen irgendwie...unruhig. Diesen Ausdruck hatte ich an ihm noch nie gesehen. Damon hatte immer alles im Griff. Nichts brachte ihn aus der Ruhe. Manchmal wurde er vielleicht wütend, aber das hier war anders.
„Das meine ich nicht nicht. Ich wollte sagen, ich will dich, für mich. Für mich allein."
Mein Herz machte einen Salto und der schönste Tag meines Lebens wurde noch schöner.
Ich schluckte, bevor ich mich getraute, zu sprechen.
„Damon. Fragst du mich etwa gerade auf unelegante Weise ob ich deine Freundin sein will?"
Seine Mundwinkel hoben sich leicht, als er mein glückliches, breites Lächeln sah.
„Wenn es so wäre?"
Fragte er und ich nickte heftig. „Ja! Dann würde ich ja sagen."
Er nickte zufrieden und küsste mich auf die Stirn.
„Gut."
Dass er kein Freund grosser Worte und Gefühlsausbrüchen war, wusste ich. Aber ich war da anders. Er, Damon, den Mann den ich aufs Blut nicht hatte ausstehen können, war mein erster fester Freund. Ab jetzt. Es fühlte sich surreal an, aber unheimlich gut.
Ich konnte nicht anders, als übermütig hin und her zu rutschen.
Damon beobachtete das eine Weile, dann musste er lachen. Dabei linste er zwischen den dichten Haarsträhnen zu mir hinunter.
„Beruhig dich."
Sofort hielt ich inne und senkte verlegen den Blick.
„Sorry."
Er zuckte die Schultern.
„Nein, ich verstehe dich schon. Wenn ich das hier für mich alleine hätte, würde ich mich auch so freuen."
Er deutete an sich hinunter und wirkte ziemlich schadenfroh.
Ich lachte und schlug ihm auf die feste Brust.
„Immer noch der alte Idiot. Dein Ego habe ich ganz und gar nicht vermisst."
Er zwinkerte vielsagend.
„Ich denke schon."
Ich prustete los.
„Nein, wirklich nicht."
„Tja, das hast du ab jetzt aber am Hals."
Ich lächelte verträumt und fuhr mit den Fingerspitzen über seine gewölbten Lippen.
„Ich denke, damit kann ich gut leben", flüsterte ich leise und erwiderte seinen intensiven, liebevollen Blick. Die Art und Weise wie er mich ansah...es verschlug mir fast die Sprache. Meine Mom hatte mir immer gesagt, ich würde es merken, wenn der Richtige Mann kommen würde. Ich hatte ihr nie geglaubt und verzweifelt danach gesucht. Nach irgend einem Zeichen. Aber jetzt wusste ich, was sie damit gemeint hatte. Es war dieses Gefühl, dass Damon in mir auslöste. Das Gefühl, dass ich angekommen war. Dass ich in einem neuen Zuhause war, dass ich nicht mehr verlassen wollte.
„Schlaf jetzt", ordnete Damon halbherzig an und ich nickte. Ich drehte mich um und er zog mich an der Taille näher zu sich hin. Ich konnte seinen Atem in meinem Ohr hören und grinste. Es war wie ein wahr gewordener Traum, den zu träumen ich mir selbst lange genug verboten hatte.
Mein Körper entspannte sich und mir fielen langsam die Lieder zu.
Damons Handy klingelte kurz und schrill. Ich zuckte zusammen und er stöhnte missmutig.
„Scheisse", murrte er und liess mich los, um zu seinem Handy zu greifen.
„Kannst du das nicht auf Stumm schalten?"
Nuschelte ich in mein warmes Kissen hinein.
Es kam keine Antwort. Leise seufzend drehte ich mich zu ihm um und runzelte die Stirn. Damon sass aufrecht da, nur die Bettdecke war um seine Hüfte geschlungen. Der schwache Schein des Displays leuchtete auf seine breiten Schultern und sein markantes Gesicht, dass plötzlich verspannt und ernst wirkte.
„Alles okay?"
Fragte ich und richtete mich schwerfällig auf, die Decke über meine Brust gezogen.
Damons Gesichtszüge verhärteten sich, als er nickte.
Er griff nach seiner Kleidung die neben dem Bett lag und streifte sich schnell das T-Shirt über.
„Ich muss noch kurz weg."
Ich öffnete die Augen weit.
„Was? Aber wieso denn?"
Ich linste kurz auf den Wecker.
„Es ist fast Mitternacht, kann das nicht bis morgen warten?"
Damon stand unterdessen angezogen neben dem Bett und fuhr sich einmal durch die dunkeln Haare.
„Kann es nicht. Mach dir keine Gedanken, ich bin nur kurz weg."
Er lehnte sich zu mir hinunter und küsste mich.
Ich murmelt einige Worte der Widerrede, doch Damon war schon bei der Tür. Ich würde ihn ohnehin nicht aufhalten können.
„Damon, warte!"
Er drehte sich nochmals um und liess den Blick über mich schweifen.
„Hm?"
Ich schluckte und zog die Decke bis zur Nase hoch.
„Was, wenn wieder sowas passiert wie vorhin und du bist nicht da?"
Er schüttelte entschlossen den Kopf.
„Wird es nicht. Aber ich habe Andrew bereits geschrieben, er ist auf dem Weg nach Hause. Er sollte gleich da sein. Versuch zu schlafen, Malia."
Er wirkte ruhig, aber ich wusste, dass das nicht stimmte. Trotzdem nickte ich. Dann war er aus dem Zimmer. Zurück liess er mich, eingekuschelt in die vorgewärmte Decke, die sich andauernd im dunkeln Zimmer umsah. Als könnte ich so eine mögliche Bedrohung ausmachen. Ich wusste nicht was es gewesen war, dass Damon so spät am Abend noch dazu bewegt hatte, das Haus und mich in seinem Bett zu verlassen, aber es bereitete mir Sorgen.
Ich dachte daran, wo er sich jetzt befand, was er tat und ob es vielleicht was schlimmes war? Dann ging die Haustüre auf und ich hörte Nico und Andrew, die sich leise unterhielten. Ich atmete langsam aus. Immerhin war ich jetzt nicht mehr alleine im Loft.
Schlafen wollte ich trotzdem nicht.
Ich wollte wach bleiben, bis ich Damons beruhigende Wärme wieder neben mit spüren konnte. Aber so lange hielt ich nicht durch. Irgendwann schlief ich ein.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war die andere Seite des Bettes immer noch leer. Ich schluckt und bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend. Schnell griff ich zum Handy. Eine Nachricht von Damon.
Alles ok. Komme später.
Ich kniff die Augen zusammen. Das war alles? Immerhin wusste ich, dass es ihm gut ging. Immerhin. Aber viel schlauer als vorher war ich auch nicht.
Ich zog mich an, konnte ungestört das Bad benutzen, weil ich vor allen anderen wach war.
Ich erwartete, mich anders zu fühlen, nach der gestrigen Nacht. Ich meine körperlich. Aber nein, alles fühlte sich an wie immer. Nach einer erfrischenden Dusche machte ich Frühstück. So waren wenigstens meine Hände beschäftigt. Irgendwann gesellten sich die anderen Stück für Stück hinzu. Colin hatte hier geschlafen und kam gemeinsam mit Mia aus ihrem Zimmer.
Diese eilte sofort auf mich zu.
Ich wies sie an zu warten, bis ich die Pfanne mit Rührei auf den Tisch gestellt hatte.
Dann drückte sie mich ganz fest.
„Damon hat mir geschrieben was passiert ist. Das Kreuz und das zerbrochene Fenster! Das ist ja schrecklich, hast du dich fest gefürchtet?"
Fragte sie mit sorgenvollen Augen.
„Nein, passt schon. Zum Glück war Damon da."
„Absolut. Das war bestimmt Nick!"
Sie liess sich auf ihren Stuhl plumpsen, Colin setzte sich auf Damons Stuhl.
Nico setzte sich schweigend an den Tisch und blickte von mir zum Essen.
„Danke."
Sagte er dann und ich hob erstaunt die Brauen. Bemühte sich Nico etwa gerade, nett zu mir zu sein? Träumte ich etwa? Schnell lächelte ich und nickte.
„Gerne."
Ich wollte ihm keine Zeit lassen, sich das nette Wort wieder anders zu überlegen.
„Sollen wir auf Kervin und Andrew warten?"
Fragte ich, als ich mir eine dampfende Portion Rührei auf den Teller lud.
„Nö, die pennen noch. Die kannst du bis heute Abend vergessen."
Sie angelte sich ein Stück gebratener Speck und liess ihn genüsslich in ihrem Mund verschwinden. Colin betrachtete das fasziniert. Er würde mit Sicherheit noch ein Gedicht darüber schreiben. Ich grinste.
„Und Malika schläft wohl auch noch?"
Mia wackelte mit den Brauen, als sie sich ein zweites und drittes Stück Speck sicherte.
„Nope. Sie hat heute nicht hier geschlafen."
Meinte sie kichernd und ich spitzte die Lippen.
„Oh. Ehm...wie schön."
„Wurde auch Zeit."
Kam es wenig freudig von Nico. Er kassierte von Mia einen Schlag auf den Arm. Als Antwort zuckte er nur mit den Schultern.
Ich nahm einen Schluck Orangensaft und wollte gerade in das köstlich riechende Stück Weissbrot beissen, als mein Handy kurz klingelte. Ich hatte es sicherheitshalber auf Laut gestellt. Falls Damon sich meldete.
Blitzschnell griff ich danach. Dann weiteten sich meine Augen. Mein Magen drehte sich einmal um sich selbst.
„Die Prüfungsergebnisse sind da."
Stiess ich hervor. Mia liess die Gabel sinken und starrte mich entgeistert an. „Scheisse."
Flüsterte sie und wir sahen uns ratlos an.
„Und was jetzt?"
Hauchte ich und strich mir das vom Schlaf geplättete und noch ungekämmte Haar aus dem Gesicht.
„Ehm...ihr sehr euch die Ergebnisse an?"
Schlug Colin das Offensichtliche vor. Mia und ich sahen uns an.
Er begriff die Tragweite dieser Noten nicht. Für mich bedeuteten sie alles. Wenn ich nicht bestanden hatte, dann wusste ich nicht, ob ich wieder nach Loganville zurück musste. Mein Erspartes Reichte ohnehin nur für zwei Semester. Mein Plan war es gewesen, mir einen Nebenjob zu suchen, sobald ich das strenge erste Jahr geschafft hatte. Wenn ich jetzt ein Semester wiederholen müsste, oder vielleicht sogar aus der Uni flog, dann wäre das wie ein Weltuntergang für mich.
„Sehen wir es und zusammen an?"
Ich nickt und stand ruckartig vom Tisch auf.
Mia eilte zum Sofa und ich tat es ihr gleich. Nico ass unbeeindruckt weiter.
„Okei, also los."
Meinte Mia und tippte auf ihrem Handy rum.
Ich tat es ihr gleich. Meine Finger zitterten, als ich die Login-Daten zu meinem Hochschulaccount eingab. Dann poppten die Ergebnisse auf. Meine Augen flogen gehetzt über die Zahlen.
Meine Kehle fühlte sich an wie ausgetrocknet. Was für eine Gefühlsachterbahn ich in den letzten Tagen doch erlebte.
„Ach du Scheisse", stiess ich hervor.
Mia fing meinen Blick auf.
„Und?"
Schrie sie so laut, dass Colin am Tisch fast die Gabel aus der Hand fiel.
„Ich habe bestanden! Ich habe alle Module bestanden!"
Kreischte ich und sprang gleichzeitig wie Mia von der Couch auf.
„Ich auch! Das gibts doch nicht!"
Lachend und erleichtert fielen wir einander um den Hals.
Es hatte sich also gelohnt, das viele Lernen. Ich schloss die Augen und atmete Mias Blumenparfum tief ein und aus.
Alles in meinem Leben hatte sich zum Guten gewandt. Naja, fast alles, Nick und die Drogengeschichte ausgenommen.
Ich war jetzt offiziell Damons Freundin, hatte ein Zuhause, Freunde und hatte mein erstes Semester bestanden.
Dann kam auch Colin dazu, um zu gratulieren. Auch er roch nach Blumen. Ich musste grinsen. Bei Mia und ihm schien es wirklich gut zu laufen. Ich freute mich für sie. Ich konnte mich noch genau an ihren Blick erinnern, als er ins Loft gelaufen kam, damals als ich alle neu kennen lernte. Ich wusste damals schon, was kommen würde, was die beiden Turteltauben betraf.
Bei Damon und mir hätte ich allerdings niemals damit gerechnet, dass sich so etwas schönes entwickeln würde. Klar war er heiss, ich hatte ja Augen im Kopf. Aber abgesehen davon, hatte ich ihn ein ziemliches Arschloch gefunden. Ich war immernoch der Überzeugung, dass er arschige Züge hatte, aber in den Rest von ihm hatte ich mich verliebt.
„Hallo, Malia? Noch da?"
Mia schnipste mit den Fingern vor mir herum und riss mich aus meinen Träumen von ihrem Bruder.
Ich blinzelte verlegen.
„Eh ja sorry. Ich habe mir gerade überlegt, dass ich meine Mom irgendwann noch anrufen sollte, um ihr von den Prüfungen zu erzählen."
Ich hatte irgendwie das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen. Aber bald würde die Heimlichtuerei enden. Ich machte mir nur ein wenig Sorgen, wie Mia reagieren würde und was es für Auswirkungen auf unsere Freundschaft hatte. Schliesslich hatte ich sie über ein halbes Jahr lang angelogen.
„Ja, mach das unbedingt, aber zuerst feiern wir, okay?"
Ich nickt und grinste breit.
„Das haben wir uns definitiv verdient."
Was Mia unter feiern verstand, war lustig. Sie schickte Nico und Colin einkaufen. Bier und Snacks. Dann lud sie Betim und CJ ein, sowie Jenny auch. Zu meinem Leidwesen. Sie zwang sie allesamt, uns zu beglückwünschen.
Als Andrew und Kervin, von der lauten Musik im Wohnzimmer geweckt, am späten Nachmittag dann endlich verschlafen ihre Zimmer verliessen, mussten auch sie uns gratulieren. Andrew erlitt zudem noch einen kurzen Schockmoment, da auch er heute die Resultate bekommen hatte und sie noch nicht angesehen hatte. Er hatte aber ebenfalls bestanden und die Gratulationen gingen in eine nächste Runde.
Malika zwang niemand, ihre Glückwünsche auszusprechen. Zwar wurde sie einige Male gefragt, bei welchem Typ sie sich rum getrieben hatte, sie antwortete jedoch nicht und verkroch sich direkt in ihrer Bathöhle. Also nichts ungewöhnliches.
Nur Damon fehlte immer noch. Dabei war er es, dem ich die Neuigkeiten am liebsten erzählen wollte.
Und, da alle aus der Crew gerade hier versammelt waren, konnte ich bei seiner Ankunft auch gleich offiziell machen, dass wir ein Paar waren. Ich freute mich schon auf Jennys Blick.
Die Sonne stand bereits tief am Himmel, als Damon durch die Tüte trat.
Ich war gerade dabei, jämmerlich gegen Andrew in einem simulierten Formel 1 Rennen zu verlieren, und das vor Augen aller. Sogar Malika hatte sich mit einer Chipstüte an den Rand der Couch gesetzt.
Als die Türe aufging und alle Köpfe nach Recht gingen, liess ich den Kontroller fallen wie ein Stück heisses Eisen. Ihn zu sehen liess meinen ganzen Körper kribbeln. Ich konnte nicht verhindern, dass ich sofort erfreut auf die Beine sprang. Mein verliebtes Grinsen im Gesicht konnte ich genauso wenig verstecken. Aber das würde auch nicht mehr nötig sein.
Damon sah gut aus, wie immer. Den Schlafmangel sah man ihm nicht an. Aber er wirkte ernst. Sehr ernst. Er zog langsam dir Schuhe aus und schlenderte dann auf uns zu.
„Damon, na endlich! Es gibt tolle Neuigkeiten!"
Rief seine Schwester. Als er näher kam, und das Licht der Stehlampe neben dem Sofa auf sein Gesicht fiel, verschwand ihr Lächeln. Genauso wie meines. Sein Blick war kalt, abweisend und undurchdringlich. Fast so wie an dem Tag, als ich ihm zum ersten Mal begegnet war.
Ich war zwar verunsichert, suchte aber trotzdem seinen Blick. Er liess es nicht zu und starrte stattdessen geradeaus.
„Damon, Was ist los?"
Fragte ich leise und machte einen Schritt auf ihn zu.
„Ist es wegen Nick? Sollen wir ihm endlich ein paar Knochen brechen?"
Nico liess die Finger bereitwillig knacksen. Er sass auf der Lehne der Couch und wartete wie wir alle auf eine Antwort. Mein Ferrari war im Spiel unterdessen gegen eine Wand geknallt und musste ausscheiden. DNF, nannte sich das.
„Nein, es geht nicht um Nick. Es geht um Malia."
Ich blinzelte erstaunt. Wollte er es jetzt etwa verkünden? Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er derjenige sein würde, der diese Neuigkeiten gross raus posaunte. Aber mir sollte es recht sein.
Mein Gesichtsausdruck hellte sich wieder etwas auf und ich wartete nervös auf seine nächsten Worte. Wie die anderen wohl reagieren würden?
„Malia, du musst ausziehen."
Würden sie sich freuen, oder vielleicht doch eher...
Mein Lächeln gefror, als seine Worte zu mit durch drangen.
„Was? Damon was laberst du."
Mia lachte halb schockiert halb genervt. Sie hielt es wohl für einen Witz.
Damon blickte mir nun direkt in die Augen. Das Grün wirkte unterirdisch kalt. Als wäre es und alle Emotionen dahinter eingefroren.
„Du hast mich gehört. Du ziehst aus. Sobald du was gefunden hast. Schnellstmöglich."
Ich war nicht imstande, etwas zu sagen. Wollte er mich verarschen? Das war ein Witz. Das musste einer sein. Gestern Abend hatte er mich noch so anders angesehen...und jetzt wollte er dass ich auszog? Was war hier los?
„Ist das dein Ernst?"
Flüsterte ich und suchte in seinen Augen verzweifelt nach einem Flimmern von Emotionen, dass mir diese absurde Situation erklären würde. Doch da war nichts.
„Soll ich es dir buchstabieren?"
Meinte er abwertend und mahlte mit dem Kiefer.
Ich zuckte zusammen, als hätte er mich geohrfeigt und machte einen wackeligen Schritt zurück.
„Dude, nicht cool! Echt nicht."
Kam es von Kervin, der meine Reaktion sehr wohl einordnen konnte. Schliesslich wusste er ja von Damon und mir.
Mein Blick huschte zu Malika. Ich sah in ihren Augen ehrliches Mitleid. Es war, als würde ein Blitz in all die tollen Dinge einschlagen, die ich endlich zu haben gemeint hatte und sie auf einen Schlag zu zerstören. Sie hatte mich ja gewarnt. Malika hatte mich gewarnt.
Ich schluckte. Meine Kehle war staubtrocken.
Was bedeutete das? Wieso tat er das? Hatte er mich am Ende doch nur benutzt? Nein, ich hatte ihn gestern doch erlebt, das hatte er mir unmöglich vorspielen können. Es war echt gewesen! Oder?
Ich spürte, wie mir heiss wurde und die Tränen in meinen Augen meine Sicht verschwimmen liessen. Ich war völlig überfordert.
Dann knallte ich das Glas mit Bier in meiner Hand auf den Fernsehtisch und rauschte an Damon vorbei in mein Zimmer. Etwas anderes fiel mir gerade nicht ein. Kurz hielt ich inne und starrte meine zitternden Hände an. Das war doch alles ein schlechter Witz. Ich ballte die Hände zu Fäusten, lockerte sie wieder, dann fuhr ich mir durch die Haare. Ich war völlig neben mir.
„Malia."
Seine Stimme. Gott, wie mein Körper sich sofort danach sehnte, seine Nähe zu suchen.
Ich fuhr herum.
Damon stand in der Türe und blickte mich geradewegs an. Schämte er sich nicht?
„Du bist so ein Arschloch!"
Schrie ich und war in Sekundenschnelle bei ihm.
Er konnte gerade noch so die Zimmertür hinter uns schliessen und somit unser Gespräch von den anderen Abschirmen.
Dann hagelten meine geballten Fäuste auf seine Brust.
„Du mieses Schwein! Was soll diese Scheisse! Wieso tust du sowas!"
Meine Stimme war hoch, sie zitterte. Es war unnötig auszusprechen, wie tief er mich gerade verletzt hatte. Er wusste es. Das konnte ich sehen.
„Malia, hör auf damit", meinte er einmal, dann nochmals.
Das konnte er vergessen!
Ich schlug weiter auf ihn ein wie ein Boxsack, aber er machte keinen Wank.
„War das dein Plan von Anfang an? Mich zu verarschen und zu ficken, nur um dann das zu tun was du schon von Anfang an wolltest? Mich loswerden?"
Er packte meine Hände und zog mich näher zu sich.
„Malia, Beruhig dich. Hör jetzt auf."
„Nein!"
Zischte ich und blitzte ihn so voller Wut an, dass ich ihn sicher umgebracht hätte, wenn Blicke hätten töten können.
„Du wolltest mich ins Bett kriegen, bevor du mich loswirst. Das hat dir gereicht, oder?"
Sein Blick huschte zu meinen Lippen. Nur für eine Sekunde lang sah es so aus, als wollte er mir so vieles sagen. Dann schien er sich zu kontrollieren, liess er meine Hände los und trat einen Schritt zurück. Er nickte.
„Ja."
In meinem Inneren zog sich alles zusammen. Mir wurde kotzübel. Er leugnete es nicht einmal. Das konnte doch nicht sein. Er konnte es doch nicht einfach so gestehen. Interessierte es ihn so wenig, dass er nicht einmal versuchte, sich raus zu reden?
„Das...das glaube ich nicht. Wieso würdest du mir sowas antun."
Ich schnappte nach Luft, da ich für kurze Zeit aufgehört hatte zu atmen. All die Freude, das Glück der letzten Tage brach über mir zusammen und schien mich in einen tiefen Abgrund zu reissen.
„Ich glaube dir nicht Damon!"
Zumindest hielt sich ein kleiner Teil in mir noch an der Hoffnung fest, dass er mich aus einem Grund anlog und alles gar nicht so war.
„Gestern Nacht wolltest du mit mir zusammen sein, dann gehst du zu Nick und als du zurück kommst, willst du, dass ich ausziehe? Das willst du doch gar nicht, das war Nick, oder?"
Ich stampfte hilflos und frustriert mit dem Bein auf den Boden.
„Sag mir dass dies irgendeine Verarsche von Nick ist!"
Er blieb ruhig und schüttelte den Kopf.
Als würde er irgend eine Fremde beruhigen, die er nicht kannte.
„Das hatte nichts mit dir zu tun. Nick wollte sich lediglich Entschuldigen. Das Kreuz und der Backstein waren nicht seine Idee gewesen. Der Typ, den ich mal mit der Flasche verprügelt habe, wollt seine eigene Rache nehmen."
Ich schüttelte den Kopf und spürte eine Träne salzig auf meiner Zunge brennen.
„Das glaube ich dir nicht."
Er zuckte die Schultern und sah in meinem Zimmer herum. Er wirkte irgendwie gelangweilt. Als würde er dieses Gespräch lieber beenden.
„So war es aber."
Ich schüttelte Fassungslos den Kopf und suchte erneut seinen Blick.
„Aber du wolltest es doch versuchen. Das hast du mir selbst gesagt."
Flüsterte ich. Verzweiflung machte sich in mir breit. Ich verstand nicht, wieso er das tat. Es gab keinen Grund dafür. Ich hatte ihm doch nichts getan!
„Ich wollte. Aber ich habe es mir anders überlegt."
Ich verzog gequält die Lippen und ein leises Schluchzen entwich mir.
„Das glaube ich nicht."
Ich griff nach seiner Hand. Ich konnte einfach nicht glauben, dass er mir das antat. Das konnte nicht sein. Er riss sich genervt los.
„Verdammt, kapier es doch endlich! Du bist nichts weiter als eine Lästige Klette! Ein Anhängsel, auf dass ich ständig aufpassen muss!"
Ich zuckte zurück und zog die Arme vor meine Brust, als könnte mich das von den Worten schützen, die in mein Herz eindrangen und es zerfetzten.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an. Meine Knie waren weich.
„Du solltest einfach dein langweiliges Leben weiter leben. Irgendwo. Einfach weit weg von mir, ist das jetzt klarer geworden?"
Seine Stimme war hart, erbarmungslos.
Meine Unterlippe zitterte und ich konnte ihn nicht mehr ansehen. Stattdessen starrte ich auf den Boden.
„Ich habe dir vertraut."
Hauchte ich und spürte wie mir die Tränen noch immer warm über die Wangen liefen. Mein Schluchzen war aber verstummt. Jetzt erkannte ich es. Ich hatte ihm vertraut, ja. Das hatte ich wirklich. So dumm war ich. Ich hatte ihm tatsächlich vertraut. Er selbst hatte mich schon gewarnt, genauso wie Malika. Ich hatte es nur nicht wahrhaben wollen. Dabei war er immer ehrlich gewesen. Bis auf die gestrige Nacht.
„Was?"
Das war Mia.
Damon drehte sich langsam um. Sie hatte dir Türe einen Spalt breit aufgeschoben und stand jetzt auch in meinem Zimmer.
Sie deutete von ihrem Bruder zu mir.
„Du...und du?"
Ich schluckte. Nein, das nicht auch noch. Jetzt würde sie erkennen, dass ich sie die ganze Zeit über auch angelogen hatte, während ich ihr beinahe die Freundschaft wegen einer Lüge ihrerseits gekündigt hatte. Und Jetzt würde ich Mia auch noch verlieren. Ich hielt mir eine Hand vor den Mund um mein Schluchzen zu unterdrücken.
Mias Blick ging zu ihrem Bruder. Damon wirkte angefressen und atmete langsam aus.
„Du Mistkerl! Was fällt dir eigentlich ein sie so zu behandeln!"
Schrie sie dann und stürmte wie eine wild gewordene Kriegerprinzessin mit wehendem schwarzen Haar auf ihren Bruder zu.
Dieser Rang mir ihr, während er versuchte, ihren spitzen Nägeln zu entkommen.
„Mia, hör auf, lass den Scheiss!"
Stiess er hervor.
Eine Sekunde zögerte ich, dann hatte ich meinen Entschluss gefasst.
„Du willst dass ich gehe?"
Zischte ich. Meine Stimme war vor Schmerz getränkt, aber sie war auch wütend.
Ich griff nach meiner Handtasche, stopfte meinen Laptop und mein Handy rein und schnappte mir dann einen Mantel von meiner Kleiderstange.
„Fein. Dann gehe ich."
Ich rauschte an den perplexen Geschwistern vorbei aus dem Zimmer.
Ich wusste nicht, woher ich die Kraft nahm, mich überhaupt zu bewegen. Geschweige denn, mit so bestimmten Schritten zur Haustüre zu stürmen.
Wahrscheinlich aus der Wut, die langsam aus meinem Inneren heraus kroch. Als würde sie auf der Lauer liegen und warten, bis meine Trauer versiegt war.
„Malia, was machst du?"
Andrew, der mit Kervin in ein ratloses Gespräch vertieft gewesen war und genauso aufgewühlt aussah wie der Rest, kam auf mich zu.
Er wollte mich an der Schulter zurück halten. Ich bemerkte seinen fragenden Blick. Er verstand die Welt genauso wenig wie ich.
Aber ich riss mich los.
„Ich gehe."
Stiess ich hervor und schlüpfte mit zittrigen Beinen in meine Schuhe.
„Was? Nein, das kannst du nicht! Damon labert irgend einen Bullshit! Du musst doch nicht gehen."
Versuchte Andrew mich aufzuhalten.
Kervin kam dazu.
„Genau! Damon kann ein Arsch sein, aber nicht mal er will dich jetzt in der Nacht vor die Tür stellen! Bitte warte bis sich alles beruhigt hat."
Ich lachte verächtlich. Es war mir egal, dass sie mich heulen sahen. Es war mir alles egal. Das hier war gelaufen. Damon hatte alles kaputt gemacht.
„Doch, das will er. Und mir soll es recht sein."
Mochte sein, dass ich mich gerade kindisch verhielt. Aber was erwarteten sie auch von mir? Bald würden sie sowieso alle von Damon und mir wissen, und auch dass er mich gnadenlos ausgenutzt hatte. Sie würden schon verstehen, wieso ich ging. Ausserdem würden die Meisten sowieso nicht traurig darüber sein.
„Mensch, Malia, bleib doch hier, wir klären das zuerst, okay?"
Malika quetschte sich zwischen den beiden Männern durch und griff nach meinem Handgelenk. Sie sah mich bittend an.
Ich zog die Hand weg und schob die Türe auf.
„Nein. Ich lasse mich nicht so behandeln. Nicht mehr."
Dann hing ich mir die Tasche um und stürmte hinaus. Ich hoffte irgendwie, dass Damon mir folgen würde. Doch das tat er nicht. Natürlich nicht. Wieso sollte er auch. Als ich mich unten an der Haustüre nochmals kurz umdrehte, sah ich nur die anderen, die wild durcheinander diskutierten.
Ich atmete tief aus und ging raus.
Denkt ihr euch gerade: Nein, so darf die Geschichte nicht enden? Hehe, tut sie auch nicht, noch lange nicht. Sie fängt gerade erst an! Jetzt wird es so richtig spannend. Bleibt dran und ich freue mich, euch im nächsten Kapitel wieder zu sehen! ♡
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