late night dream ☆ kim taehyung

Die Decke raschelte, als der junge Mann sich in seinem Bett umdrehte.
Seit mehreren Stunden versuchte er bereits einzuschlafen, jedoch ohne Erfolg.
Seine Gedanken flogen im Raum herum, er versuchte zwar, sie einzufangen und wegzusperren, doch ohne Erfolg.

Seufzend setzte er sich auf und griff nach seiner Flasche.
Während er den Schraubverschluss öffnete, blickte er im Zimmer umher.
Dank des Mondes, der durch die offene Balkontür in den Raum schien, konnte Taehyung vage Schatten ausmachen. Er erkannte Möbel, einige Pflanzen, herumliegende Wäsche. Ein Strahl des Mondes jedoch, traf auf einen silbernen Bilderrahmen, welcher dadurch zu funkeln schien. Er wusste, welches Bild es war.

Da er sowieso nicht schlafen konnte, entschied er sich dazu, aufzustehen. Ohne etwas getrunken zu haben, schwang er die Beine aus seinem Bett, was das alte Holzgestell etwas quietschen ließ. Seine Füße wurden kalt, als sie den ungeheizten Holzboden berührten, doch es kümmerte ihn nicht. Er ging auf das kleine Bücherregal, in welchem das Bild stand, zu und nahm den silbernen Rahmen vorsichtig in die Hand. Ein sanftes, trauriges Lächeln umspielte seine Lippen, während sein Daumen über das eingerahmte Bild strich. „Hallo, Papa", hauchte er, „kannst du auch nicht schlafen?"

Natürlich wurde ihm nicht geantwortet, doch Taehyung kümmerte das nicht.
Zu sehr erfreute ihn der Anblick seines Vaters auf diesem Bild. Beinahe jeden Abend schaute er es sich an, dachte an ihn, vermisste ihn. „Ich vermisse dich", sprach er das offensichtlich aus, spürte, wie ihm einige Tränen in die Augen stiegen, die er schnell versuchte wegzublinzeln – mit Erfolg.

Er atmete tief und ruhig ein, bevor er sich mitsamt dem Bilderrahmen auf den Weg zurück zu seinem Bett machte. Er ließ sich im Schneidersitz darauf fallen und schaute wieder auf das Bild. „Ich vermisse dich, Papa", wiederholte er, bevor er die Wasserflasche nun an seine Lippen setzte und einen großen Schluck trank, wobei nur der Mond, welcher immer noch hell am Himmel stand, ihm zusah.

„Ich wünschte, ich könnte dich nochmal sehen", sagte Taehyung leise, strich mit de Daumen über das Bild. „Ich wünschte, ich könnte dich noch einmal umarmen, noch einmal dein Lachen hören, noch einmal deinen Lieblingskuchen mit dir backen." Er seufzte erschüttert. „Ich backe jedes Jahr an deinem Geburtstag den Kuchen. Es ist immer so schwer Erdbeeren im Winter zu bekommen, aber bis jetzt habe ich es geschafft. Früher, da hat mir Mama immer geholfen, wir haben beim Backen gelacht und geweint. Eonjin und Jeonggyu haben es am Anfang nicht verstanden."

Taehyung schaute durch seine großen Fenster nach draußen, schaute den Mond an, wie er hell am Himmel emporragte. „Sie waren noch klein, als du gestorben bist, sie erinnern sich kaum an dich. Manchmal– Manchmal wünsche ich mir, ich würde mich auch nicht daran erinnern, wie es ist, in deinen Armen zu liegen und dir beim Lösen von Kreuzworträtseln auf den Keks zu gehen. Vielleicht würde es dann nicht so weh tun, was meinst du?" Der junge Erwachsene wandte sich wieder dem Bild zu.

„Ich würde alles dafür geben, um dich noch einmal zu sehen und mit dir reden zu können", hauchte er und eine dicke, feuchte Träne landete auf dem eingerahmten Bild, welchen ihn in den Armen seines Vaters zeigte. Es war der Tag, an dem Taehyung die Schule abschloss, der letzte Tag, an dem sein Vater solch ein breites Lächeln auf den Lippen trug. Auf einmal erschütterten Schluchzer seinen Körper.

Es war, als würde der Mond noch heller als zuvor zu scheinen, als würde er versuchen, Taehyung zu trösten. Der junge Mann kniff die Augen zusammen und drückte das Bild fest an seine Brust, während immer mehr Tränen über seine Wangen flossen. Es war einige Zeit her, dass er so bitterlich um seinen Vater geweint hatte. Und es tat gut– Es war so unglaublich befreiend, diese Tränen einfach Tränen sein zu lassen.

Während er so dort saß und mit tränenüberströmtem Gesicht an seinen Vater dachte, fiel ihm nicht auf, dass sich die Atmosphäre veränderte; Es wurde wärmer, heller, seine Gardinen flatterten leicht, obwohl kein einziger Windhauch zu vernehmen war. Er hatte die Augen geschlossen, doch spürte etwas an seiner Schulter.

Er erschrak nur minimal, fasste sich an seine Schulter. „Papa?", hauchte er, ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, während er über sie strich. Er fühlte sich geborgen, als wäre sein Vater wirklich bei ihm. Immer, wenn er traurig war, wenn sein Körper von Schluchzern durchrüttelt worden war, wie gerade in diesem Augenblicke– immer dann war sein Vater in sein Zimmer gekommen, hatte ihn in den Arm genommen.

„Papa, falls du da irgendwo bist, ich liebe dich, ich vermisse dich", sagte Taehyung leise, strich sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich dich auch, Taehyung, ich dich auch", vernahm Taehyung die tiefe Stimme seines Vaters, die er geerbt hatte. Taehyung lächelte, jetzt hörte er sogar seine Stimme. Aber vielleicht, vielleicht war es ja auch ein Traum, dann könnte sein Vater doch theoretisch wirklich da sein, nicht wahr? In Träumen ist alles möglich – oder nicht?

Der junge Koreaner hob also seinen Kopf, blickte vorsichtig im Zimmer umher. Und dann sah er ihn. „Papa!", hauchte er Taehyung und er weitete die Augen, als sein Vater sanft lächelte. „Taehyung", sagte dieser und kam einige Schritte auf ihn zu. „Du bist zu so einem wunderschönen und talentierten jungen Mann herangewachsen", hauchte er beinahe, als er sich an das Fußende des Bettes setzte.

Der Angesprochene hatte den Mund leicht geöffnet, schaute auf das Bild in seinen Händen, dann auf den Mann vor sich. Sein Vater saß im direkten Einfall des Mondes, es schien als würde er schimmern. Taehyung schaute zum Mond, hatte das Gefühl dieser würde ihn anlächeln, bevor er wieder in die Augen seines Vaters blickte. Die Augen, die für ihn so unglaublich viel bedeuteten. Die Augen, die ihn morgens aufweckten, die ihn abends beobachteten, bis er eingeschlafen war. Die Augen, welche so voller Liebe und Zuneigung waren, dass jeder sehen konnte, wie sehr Kim Joohyuk seinen Sohn liebte.

Taehyung legte das Bild vorsichtig zur Seite, streckte seine Finger nach seinem Vater aus. Dieser tat es ihm gleich, es war ihre Art miteinander umzugehen. Wen immer die beiden Streit hatten und sich Taehyung nicht sicher war, ob sein Vater ihn noch liebhatte, ihm verziehen hatte, streckte er seine Hand aus und berührte die Hand seines Vaters. Ein prickelndes Gefühl durchzog den Körper des 23-jährigen, als er endlich die Haut seines Vaters spüren konnte. „Papa", hauchte er ungläubig, weitete die Augen erneut. Er krabbelte über das Bett, verfing sich kurz in seiner Bettdecke und fiel seinem Vater dann in die Arme.

„Ich habe dich so vermisst", schluchzte Taehyung und presste sein Gesicht an die Schulter seines Vaters, welcher wiederum seine Arme fest um den für ihn so grazil wirkenden Körper schlang. „Ich dich auch, mein Sohn", erwiderte er, lehnte seinen Kopf an den seines Vaters. Eine Weile lang sagte niemand etwas. Lediglich das sanfte Ticken der Uhr und das leise Schluchzen Taehyungs, auf dem Schoß seines Vaters sitzend, war zu hören.

„Taehyung, weine nicht", flüsterte sein Vater, was den Jüngeren den Kopf leicht heben ließ. „Aber Papa–", sein Vater legte ihm schmunzelnd einen Finger auf den Mund. „Noch immer gibst du deinem alten Herrn Widerworte?" Taehyung musste leicht kichern, ließ ihn reden. „Taehyung, du bist ein so wundervoller Mensch geworden, du warst zwar schon immer ein Wunderkind, aber du hättest dich nicht besser entwickeln können." Joohyuk ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen.

„Wie ich sehe, hast du deinen Traum, Künstler zu werden, nie aufgegeben, das freut mich, mein Junge. Ich erinnere mich noch an die süßen Strichmännchen-Zeichnungen, die du mir immer aus dem Kindergarten mitgebracht hast. In der Grundschule fingen dann die selbstgebastelten Kunstwerke an, später die bemalten Leinwände. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich mich mit deiner Mutter gestritten habe, weil ich dir mal wieder erlaubt habe auf dem Holztisch im Wohnzimmer zu malen– und die Unterlage vergessen habe", er lachte kurz, schaute Taehyung an, „und jedes Mal hast du den Streit dadurch beendet, dass du uns ein wunderschönes Farbenspiel in die Hand gedrückt hast."

Taehyung selbst muss bei dem Gedanken daran lächeln, nahm die Hand seines Vaters und malte Kreise in die Handinnenfläche, wie er es immer getan hatte, wenn er nervös war, ob vor seinem ersten Ohrloch oder bei der Verkündigung der Diagnose seiner Mutter. „Ihr habt mir irgendwann Auftragsarbeiten gegeben und ich musste allen Verwandten Bilder zum Geburtstag malen", erinnerte er sich. „Und jeder Einzelne dieser Verwandte hat sich das Kunstwerk aufgehängt", fügte Joohyuk hinzu, „du warst damals schon ein Künstler."

Die beiden waren wieder für eine Weile still, hingen ihren Gedanken nach. In Taehyungs Kopf ging viel vor– So viel, dass er die Gedanken nicht ordnen konnte, keine Frage formen konnte. Sein Vater seufzte leise. „Wenn ich die Chance hätte, nochmal zu leben, würde ich die so viel mehr geben, mein Sohn." Der Angesprochene hob deinen Kopf sofort und schaute ungläubig in das Gesicht seines Vaters. Er wollte gerade etwas sagen, bevor Joohyuk bereits weitersprach. Er wusste, ihm würde nicht mehr viel Zeit bleiben um das zu sagen, was ihm auf dem Herzen lag.

„Ich würde so viel anders machen, jeden Weg deines Lebens noch einmal mit dir gehen. Ich würde mit die weinen, lachen, noch einmal dein erstes Lied singen, dir noch einmal ein Märchen zum Einschlafen vorlesen." Taehyung hörte seinem Vater still zu, legte die Arme fest um ihn, hatte seine Wange an seine Schulter gebettet. „Ich würde dich öfter trösten und deine Sehnsucht stillen. Dich hat es jedes Mal getroffen, wenn ich länger nicht da war, deine Mutter hat mich angerufen, mir davon erzählt. Und trotzdem hast du mir jedes Mal verziehen und hast mich mit einem Kuss und einem Lächeln begrüßt, wenn ich wieder da war."

Joohyuk begann damit, Kreise auf dem Rücken seines Sohnes zu malen. „Und ich konnte dir nie widerstehen. Egal was du die gewünscht hast, war es ein neues Spielzeugauto, ein Spaziergang oder dein Lieblingsnachtisch. Würde ich noch einmal leben, würde ich da wahrscheinlich auch mal strenger sein, auch wenn es mir das Herz brechen würde", erzählte er weiter. „Ich esse immer noch jeden Freitagabend Pizza und zum Nachtisch gibt es Mousse au Chocolat nach dem Rezept von Oma", gestand Taehyung lächelnd und kuschelte sich etwas mehr an seinen Vater, „Freitagabend war das Highlight der Woche, weil du freitags immer zum Abendessen gekommen bist, egal wie viel du noch zu tun hattest."

Joohyuk lächelte ebenfalls und schloss seine Augen, hatte das Bild von einem 8-jährigen, einem 10-jährigem, einem 15-jährigen Taehyung im Kopf, wie er jeden Freitagabend mit den gleichen strahlenden Augen an der Tür wartete, seinen Vater sofort in die Arme schloss. Und manchmal, wenn es doch etwas später geworden ist, hatte sein Sohn ihn direkt an den Tisch gezogen. „Und samstags haben wir immer gespielt, weil du manchmal schon Sonntagabend wieder losmusstest", erinnerte sich Taehyung. „ich würde so gerne noch einmal die ersten Wunder deines Lebens mit dir sehen; als du das erste Mal im Zoo warst, die Giraffen mit großen Augen angeschaut hast, als du deinen ersten Burger gegessen hast, deinen verzauberten Blick, als du Yeontan das erste Mal als kleinen Welpen auf den Armen hattest."

Die beiden Männer lächelten synchron und dachten an diesen Moment, Taehyungs zwölften Geburtstag. Er hatte sich schon so lange ein Haustier gewünscht, hatte den kleinen Yeontan entdeckt, als er mit seinen Eltern im Park war. Seine Besitzerin hatte Taehyung dabei zu gesehen, wie er fast den ganzen Tag mit ihrem kleinen Liebling spielte, es hatte ihr Herz zerrissen, als er fast geweint hat, weil er gehen musste. Und nur ein paar Wochen später zog Yeontan dann bei ihm ein– einer der schönsten Momente für Taehyung, obwohl Yeontan nicht mehr bei ich wohnte, sondern bei seiner Mutter und seinen Geschwistern blieb, als er mit 19 ausgezogen war.

„Und die Raumschiffspiele! Ich würde so gerne noch einmal mit dir in unbekannte Welten aufbrechen, sie gemeinsam mit dir erobern. Deine Mutter gefangen nehmen, sie an den Baum binden und der mutige Prinz Kim Taehyung befreit die Königin aus ihrer Lage, stellt den Verbrecher; doch er vergibt ihm, weil er ihm Eis als Versöhnung anbietet." Taehyung lachte. „Das war immerhin Zitroneneis, da kann auch ein Prinz nicht nein sagen", erklärte er sich.

Die beiden lächelten sich an, es war so vertraut zwischen ihnen. Doch Joohyuks Miene fiel rasch, er schaute traurig ihn die Augen seines Sohnes, der dadurch auch langsam sein Lächeln verlor. „Aber leider kommt diese Erkenntnis viel zu spät für mich", sagte er leise, legte seien große, raue Hand an die weiche Wange von Taehyung, wie er es getan hatte, als er klein war. Taehyung lehnte sich dagegen, schloss die Augen und schluckte seine Tränen schnell hinunter.

„Im Leben selbst, bereue ich rein gar nichts, egal was ich jemals tat, Ich habe nie mein Gesicht verloren, habe mich stets aufrecht und stolz verhalten", erklärte er, seufzte dann und küsste Taehyung sanft auf seine Stirn. „Doch eines will– und kann ich mir niemals je verzeihen; Ich habe dich viel zu oft alleine gelassen– ich hatte keine Zeit für dich." Nun rollten nicht nur Taehyung erneut die Tränen über die Wangen, sondern auch sein Vater blieb nicht verschont. Taehyung schmerzte das Herz, weil sich das Alles so sehr wie ein Abschied anfühlte, er wollte seinen Vater aber nicht gehen lassen– ihn nicht erneut verlieren.

„Ich wollte so gerne länger leben, was würde ich heute dafür opfern", sagte sein Vater leise, strich mit seinen Daumen Taehyung Tränen weg, „Aber meine Zeit war um und Zeit kann man nun mal nicht kaufen." Taehyung schluchzte bei dem Gedanken an den Todestag seines Vaters erneut laut auf, drückte sein Gesicht gegen die Brust seines Vaters, welcher sein Kinn nach einem Kuss auf den Scheitel seines Sohnes auf dessen Kopf ablegte. Dieser Autounfall damals war der Grund, warum Taehyung sich geschworen hatte, nie mehr in ein Auto zu steigen. Zu groß war seine Angst. Angst vor den Emotionen, die ihn überrollten, Angst vor einem eigenen Unfall, Angst, auch er würde seine Familie auf diese Art und Weise frühzeitig verlassen. Zu präsent war der Schmerz, den er noch immer ständig in seinem Herzen widerhallen spürte, der Schmerz, der niemals vergehen würde.

„Ich liebe dich Taehyung", flüsterte sein Vater, „und trotz allem, was besser hätte laufen können, bin ich froh über die Zeit die wir zusammen hatten. Hat deine Mutter dir erzählt, dass du damals der Grund warst, wieso sie geheilt werden konnte?" Taehyung hob langsam den Kopf, schüttelte ihn leicht. Er weiß noch, wie verwirrt er war, als die Ärzte der Familie mitteilte, dass Kim Youngae den Krebs besiegt habe. Er hatte mit seinen 13 Jahren nicht verstanden wie das möglich sein sollte; wenn man Krebs hatte, starb man– oder nicht? Er war jedoch glücklich darüber und ging von da an davon aus, dass seine Mutter einen Schutzengel hatte, sagte ihr das auch. Seine Mutter lächelte und streichelte seinen Kopf, meinte, er habe recht.

„Sie hatte einen Schutzengel, und zwar dich, mein Sohn", erklärte Joohyuk. „Si hat gesehen wie sehr es dich mitgenommen hat, das war ihr Auslöser, doch die Stunden Aufmerksamkeit, die du ihr geschenkt hast, waren ihre Medizin. Du hast stundenlang mit ihr im Krankenhausbett gelegen und ihr Geschichten aus deiner Schule erzählt, als sie einige Zeit dortbleiben musste. Du hast gelernt wie man Kimchi zubereitet und ihr diese Arbeit abgenommen. Du hast ihr Bilder gemalt, von dir, von euch zusammen. Und wenn sie traurig geschaut hat, hast du deine Finger mal nicht zum Malen benutzt, sondern dazu, ihre Mundwinkel hochzuziehen."

Taehyung erinnerte sich gar nicht mehr so im Detail daran, doch es machte ihn glücklich und stolz, das von seinem Vater zu hören. Und seinen Vater machte Taehyungs pure Existenz stolz. Seine beiden Geschwister waren noch sehr jung, acht und fünf, als der Vater der Familie verstarb, erinnerten sich nicht mehr an ihn. Auch wenn Eonjin manchmal doch ein kleines Bild in ihrem Kopf hatte, wen sie sich genug anstrengt, das wusste Taehyung.

Die beiden waren wieder still. „Es fühlt so real an, dabei kann es das nicht sein", murmelte Taehyung dann, konnte jedoch auch keinen Finger darauflegen, was das eigentlich war. „Ist das alles ein Traum? Bilde ich mir das alles nur ein?", fragte er seinen Vater. „Nun, das kommt darauf an", antwortete dieser. „Worauf?" „Sind Träume real?" Taehyung war einen Moment lang sprachlos. „Du meinst–", sein Vater nickte. „Ich bin hier, mein Sohn. Ich bin vielleicht nicht mehr lebend, doch der Mann im Mond hat sich meiner angenommen und mir die Möglichkeit gegeben, meinen geliebten Sohn noch einmal wieder zu sehen."

Beide wandten ihren Kopf dem Mond zu, welcher für einen Moment noch heller zu leuchten schien. „Doch bleibt mir nicht mehr viel Zeit, mein Junge, ich muss zurück." Taehyung kam sofort die Tränen. „Ich will dich nicht gehen lassen, Papa! Bleib bei mir. Oder– oder nimm mich mit dir!", schluchzte er, drückte sich an seinen Vater. Beiden war bewusst, dass er es nicht so meinte, niemals würde er sein Leben so einfach verlassen. Doch konnte er den Gedanken, seinen über alles geliebten Vater erneut zu verlieren, einfach nicht ertragen.

Joohyuk streichelte beruhigend den Rücken seines Sohnes, vergrub sein Gesicht in dessen Haar. „Du weißt doch, ich bin immer bei dir", sprach er leise und Taehyung schluchzte erneut laut auf, kannte den Spruch. Sein Vater hatte es ihm jedes Mal gesagt, wenn er wieder für längere Zeit wegmusste. „Ganz tief in deinem wunderschönen Herzen, welches immerzu am richtigen Platz ist." Joohyuk hörte auf, Taehyung zu streicheln, als er bemerkte, dass die Zeit des Abschieds näher rückte.

Sofort hob Taehyung den Kopf. „Du, du gehst schon?", fragte er mit weinerlicher Stimme, seine Augen waren leicht rot angelaufen und seine Nase lief ein wenig. „Ich muss, das weißt du", sagte sein Vater traurig. Taehyung nickte, er hatte es die ganze Zeit gewusst. „Bleibst du noch bis ich eingeschlafen bin?", fragte er seinen Vater, welcher sofort lächelte. „Soll ich dir noch ein Märchen dazu vorlesen?" Taehyung lachte leicht. „Sei einfach da", hauchte er dann, bevor zurück krabbelte. Sein Vater legte die Decke über ihn und küsste seien Stirn.

„Schlaf schön, mein Junge", lächelte Joohyuk, hockte sich vor das Bett seines Sohnes. Taehyung schaute ihn noch eine Weile an. Er bemerkte, dass die Luft um seinen Vater etwas schimmerte, dass die Konturen seines Vaters etwas verschwommen erschienen. „Und wenn du aufwachst, behalte mich so in Erinnerung. Als den Vater, der dich ins Bett gebracht hat, nicht den Vater der bei einem Autounfall gestorben ist. Denk' an die schöne Zeit und leb' dein Leben weiter, Taehyung."

Der Angesprochene nickte schwach und er spürte die Müdigkeit ihn überrannen. Er spürte einen erneuten Kuss auf seiner Stirn, was ihn lächeln ließ. Kurz bevor er einschlief, hörte er noch, wie sein Vater die Worte aussprach, die Taehyung früher beinahe jeden Abend zu hören bekam. „Ich liebe dich und bin stolz auf dich, mein kleiner Prinz."

Die Decke raschelte, als der junge Mann sich in seinem Bett umdrehte. Seufzend setzte er sich auf und griff nach seiner Flasche.
Während er den Schraubverschluss öffnete, blickte er im Zimmer umher.
Dank des Mondes, der durch die offene Balkontür in den Raum schien, konnte Taehyung vage Schatten ausmachen. Er erkannte Möbel, einige Pflanzen, herumliegende Wäsche. Ein Strahl des Mondes jedoch, traf auf einen silbernen Bilderrahmen, welcher dadurch zu funkeln schien. Er wusste, welches Bild es war. Und bei dem Gedanken an seinen Traum von letzter Nacht, schlich sich ein Lächeln auf Taehyungs Lippen.

„Ich liebe dich auch, Papa."





3196 | 20200516 | Kimchi_Real

Kim Joohyuk verstarb am 30.10.2017 an einem Autounfall
Kim Youngae verstarb am 09.04.2017 an Lugenkrebs

Mögen sie in Frieden ruhen


inspiriert vom Lied „Ich hatte keine Zeit für dich" von Peter Maffay

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