Phase 7: Autopilot

Es gibt eine Phase, kurz bevor man ein Referat, eine Hausarbeit oder am Lernen für eine Prüfung, die sich Autopilot nennt. Sie ist mein liebster Feind. Aber eigentlich eher win verhasster Freund. Ich stehe von meiner Ecke in der Bibliothek auf, packe mein Zeugs und gehe. Aber davor leihe ich mir noch die nötigen Bücher aus, verlängere dabei noch meine Karte und hole unten im Eingangsbereich eine Tasse Kaffee. Ich trinke gar nicht so oft Kaffee, auch wenn ich das Zeugs eigentlich mag. Irgendwie. Aber ich denke nicht darüber nach, denke überhaupt nicht mehr nach. Draußen stecke ich mir eine Zigarette an, trinke Kaffee und rauche. Es ist kein guter Kaffee aber momentan schmecke ich sowieso nur die Wärme heraus. Meine Zunge verbrennt fast. Aber es ist mir egal. Dann gehe ich in den Park. Zum Glück regnet es gerade nicht, denn um im Park zu arbeiten bedarf es eine gewisse Trockenheit. Ich setze mich auf die Bank und hole meinen Laptop raus. Ich stecke meinen Internetstick daran und lege meinen Laptop auf meinen Schoß. Ich fange an mein Manuskript zu tippen, sowie Dinge aus dem Net zu recherchieren. In meinem Kopf ist nichts, außer mein Referat. Keine Gefühle, keine Verwirrung, keine Freude, kein Leid.

Ich weiß nicht, warum ich im Park am produktivsten bin. Ich wäre viel früher dahin gegangen, hätte es nicht geregnet. Ich atme die Luft ein und lausche der Kulisse. Vögel, Kinder, Eltern. Vieles, was andere Menschen normalerweise eher von der Konzentration abbringt, bei mir aber genau das Gegenteil bewirkt. Es ist nicht so wie die Bibliothek, die meine gesamten Lebensgeister auszusaugen scheinen. In den ganzen Jahren hätte ich es viel einfacher haben können als ich es tue. Doch es ist eben nie so, wie andere es sich vorstellen. Am Ende gibt es nur einen Feind im Leben und der ist man selbst. Nicht jeder hasst sich selbst so wie ich, aber keiner liebt sich so sehr, dass er Dinge so simpel von der Hand spielt. Wenn man sich selbst liebt ist die Gefahr höher, sich zu sehr zu überschätzen. Man wird töricht und naiv und man denkt alles verneigt sich vor einem. Wenn man sich zu sehr hasst, dann unterschätzt man sich. Nichts kann man sein. Man ist nichts, man will nichts, man ist Nichts. Und wenn man einem gleichgültig ist, dann ist alles egal und man bewegt sich kein Stück. Ich war schon einmal alles. Ich war der Narzist, der Apathische, das depressive Häufchen Elend. Ich war Ethan Fawkes. Ich bin alles und nichts. Ich bin am Leben, und gleichzeitig so tot von innen, dass ich beinahe an Selbstmord denken könnte. Könnte. Aber ich tue es nicht. Warum? Ich weiß es selbst nicht einmal. Ich weiß nicht einmal, wer ich wirklich bin.

Ich bin Ethan Fawkes. 24 Jahre alt. Verschrien als Genie und als totales Arschloch. Ein depressives Wrack, das vor Joëlle Adams' Anwesen in seinem Leben dachte, er wäre schwul. Ich bin Ethan Fawkes. Ein Mann ohne Identität und ein Mann, der sogar für seine jüngere Zwillingsschwester ein Rätsel ist.

Ich schreibe und schreibe. Meine Lippen bewegen sich und bilden jedes Wort, das ich schreibe nach, um es mir besser einzuprägen. Ich denke nicht mehr nach. Ich mache einfach. Das war mein Mantra. "Nicht nachdenken. Machen." Lustig, dass ich das immer wieder Panda gesagt hatte. Immer wieder. Immer wieder. Und doch bin ich es selber, der auf den Rat hätte öfter hören sollen.

Viele denken wahrscheinlich, dass ich irgendwie nichts ernst meine. Dass ich nicht umhin kann, alles als ein großes Spiel anzusehen. Ich habe nichts dagegen, dass mich die anderen so sehen. Sollen sie mich doch hassen. Ich will es so. Denn wenn man von allem Seiten gehasst wird, dann kann man nichts mehr verlieren oder? Wenn man gehasst wird, dann gibt es keine Menschen, die einem nachtrauern könnten, wenn man beschließt für immer zu gehen.

Oder?

Ich denke nicht darüber nach. Ich denke wirklich an gar nichts mehr. Ich schreibe nur, lese, recherchiere. Ich habe umgeschaltet.

Ich fliege mit Autopilot.

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