Phase 2: Verleumdung
Alles ist okay. Ich bin fertig damit, zu warten. Und das Referat bekomme ich doch im Handumdrehen fertig. Mir ist es egal, wie warm es ist und wie gut es gerade wäre, hätte ich wie andere normale Männer kurze Haare.
Meine Haare sind schulterlang. Schulterlang! Und schmutzigblond. Wenn ich besser aussehen würde, könnte ich bei einem Kurt-Cobain-Lookalike-Contest teilnehmen. Ach ist doch egal, ich sehe besser aus. Meine Augen sind grün. Darauf stehen die Mädels. Schade nur, dass ich nicht auf die Mädels stehe. Naja, zumindest nicht auf irgendwelche Mädels.
Sie war etwas besonderes. So etwas hatte ich noch nie bei einer Person gefühlt.
Die Sonne geht auf. Ich bin die ganze Nacht nur gelaufen? An meinen Lippen hängt eine aufgerauchte Zigarette. Ich habe sie weder gewechselt, noch weggeworfen. Ich werfe sie jetzt weg. Ich atme aus. Die Sonne steht so, dass meine Silhouette auf dem Boden sich lang streckt.
Mein Schatten grinst. Ist es drin Weg, mich zu verhöhnen?
Ich bin weg, weit weg.
Ich lächele. Nichts kann mich aufhalten, auch nicht mein Schatten. Der Himmel ist klar. Ich fange an zu laufen. Zu rennen. Auch wenn meine Beine fast nachgeben, da sie müde sind. Ich laufe und ohne genau darauf zu achten wohin, tragen mich meine Füße zum Hafen.
Nicht viel los. Einige Schiffe fahren, einige Ladenbetreiber ereiten sich vor und Seemänner rauchen ihre Zigarette vor der Arbeit. Ich laufe etwas abseits. Da, wo weniger Schiffe anliegen und ein Stück Wiesenfläche ist. Ich lasse mich dort nieder. Ich plumpse. Ich lege mich hin. Spüre den Tau auf meinem Rücken. Ich werde mich erkälten, wenn ich so weiter liege. Ich schwitze. Die Luft ist kühl. Schlechte Kombination. Ich liege trotzdem da.
Es ist immer noch eine Art warten, aber es hat sich verändert. Es ist eher so, als ob ich vorher meiner Selbst ausgeliefert war. Doch jetzt fühle ich mich frei. Ich fühle mich sicher, hier in meiner eigenen kleinen Blase. Eine Blase, in der ich Unterschlupf finde.
Mich kannte keiner. Wirklich keiner. Nicht einmal sie kannte mich so gut, wie sie dachte. Sie sagten mir: "Alles wird wieder gut." Sie sagten: "Du schaffst das." Doch nen Dreck schaffte ich. Es wurde nicht besser. Und die einzige Person, der ich mich öffnen wollte floh vor mir. Sie verstand mich besser als jeder andere Mensch, doch sie floh vor mir. Sie verschloss sich, schrie mich an, dass ich sie nicht gut genug kannte. Das stimmte vielleicht. Doch sie kannte mich. Zumindest ein bisschen. Sie wusste, wer ich im Ansatz war. Sie wusste, wer ich sein wollte. Ich wollte der sein, der ich einmal war. Wieder einfach nur Ethan Fawkes. Der furchtlose Ethan, der selbstbewusst seinen Weg geht und sein Herz in seine Band steckte. Doch Jo war tot. Überdosis. Und Ethan war an dem Tag auch gestorben.
Jemand rüttelt an mir und ich öffne meine Augen. Irgendso ein Typ, ungefähr Mitte 30 beugt sich über mir. Er hat ein markantes Gesicht mit einer Narbe auf der Wange und trägt eine Mütze. "Man darf hier nicht schlafen." Er hat einen Akzent, den ich nicht zuordnen kann. Ich blinzle verwirrt. Er starrt mich an unf scheint herausfinden zu wollen, ob ich besoffen bin. Die Sonne steht irgendwie höher. Wie lange habe ich geschlafen? Ich nicke schwach und setze mich auf. Ich sehe ihn an. "Sorry", murmele ich.
Der Typ zuckt mit den Achseln, steht auf und geht. Wäre ich weniger kaputt, hätte ich versucht mich mit ihm anzufreunden.
Ich hole wieder eine Zigarette hervor und rauche. Aber ich kann meine Kippe nicht mehr genießen. Ich rauche bevorzugt nachts. Wenn ich Ruhe habe.
Mit schweren Schritten gehe ich. In Richtung dahin, was ich mein Zuhause nennen soll.
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