Phase 1 - Warten aufs Warten

Kennt ihr das? Ihr müsst ein Referat machen und ihr wartet. Wartet auf den Zeitpunkt anzufangen und versucht euch dahin zu quälen, dass ihr langsam Infos sucht. Kennt ihr das? Stunden vergehen, Tage, Wochen... und ihr wisst nicht mehr, welcher Tag ist? Leute fragen nach euch... oder auch nicht. Denn was hat es überhaupt für einen Sinn? In dieser kalten Welt gibt es keine Menschen, die wirklich interessiert sind an einem.

Die Zeit vergeht. Ich sitze am Tisch. Quälend lange starre ich auf den Sekundenzeiger meiner Taschenuhr.

Es war keine echte, keine alte ausziehbare Uhr. Nein, es war Modeschmuck, der an einer Kette hing. Ich trug sie meist am Hals. Sie war silbern. Die Zahlen, die die Uhr zierten waren römische Zahlen.

Ich schreibe. Informationen über Informationen. Wörter. Aneinanderreihung von Worten. Stichpunkte. Mein Hirn rattert, mein Schreiben ist ein Fluss. Inhalt. Fülle. Ich denke. Denke zu viel. Oder zu wenig? Ablenkung. Handy. Musik.

Mein Leben war ohnehin immer seltsam gewesen. Ich erinnerte mich an frühere Zeiten. Die ewig langen Gespräche mit allen anderen. Lachende. Weinende. Und nun war ich ein gefühlloser Klotz. Ein kaltes Wrack. Ein Wrack, das weder weinen noch lachen kann. Ein Wrack, das da steht und wartet. Worauf?
Aufs Warten.

Ich schaue auf. In wenigen Minuten schließt die Bibliothek. Ich bin noch nicht fertig. Nein... nein nein, ich bin noch nicht fertig. "Bitte verlassen Sie bald das Gebäude."
Nein, will ich sagen. Nicht jetzt, noch nicht.

Doch aus meinem Mund kommt nichts. Alles schwirrt. Ich nehme von meinem einen Ohr ein Rauschen wahr. Normalerweise ist es nur ein leichtes Piepen. Ich ignoriere es und stehe auf. Packe meine Sachen zusammen. Der Security-Mann kommt in meine Richtung. Ich deute wortlos an, dass ich ohnehin gehe. Als ich draußen bin, stecke ich mir eine Zigarette an.
Ich habe erst jetzt wieder damit angefangen.
Ich habe vergessen, wie es schmeckt. Nun, nach viel schmeckt es nicht. Aber irgendwie erscheint es mir natürlich, nachts draußen durch die Straßen zu gehen und einfach nur zu rauchen. Es gibt mir eine Art Sicherheit. Und meine Kippe wurde zu meinem Gefährten, der mir Gesellschaft leistet.
Gesellschaft in dieser warm-kalten Nacht, die ein Leben lang anduert.

Das Warten auf das Warten. Es klingt seltsam. Und doch beschreibt es mein ganzes Leben. Zu lange warte ich schon. So lange, dass es mich zerreißt.

Warten auf Liebe, Schmerz, Leben

... und Tod

Ich warte. Ich warte, um auf den Tod zu warten, denn dieser wartet nur auf mich. Er lauert und ich sehe ihm ins Gesicht.
Es gibt nichts, was ich tun kann. Vielleicht bin ich nur ein toter Hund. Denn so fühle ich mich. Wie das Kadaver eines toten Tieres, das für Treue und Freundschaft steht.

"Du bist wie ein Welpe", sagte sie und lachte. So ein hübsches Lächeln. Sie wippte mit ihrem Kopf und ihre blondbraunen Haare bewegten sich. So gerne wollte ich meine Finger durch ihre Haare fahren. Sie berühren. Sie berühren. Doch das war nicht möglich. "Ein Welpe?", fragte ich skeptisch, "Warum?"
Sie grinste. "Weil ich dir nur irgendetwas sagen brauche und du hängst mir an den Lippen. Weil du treu bist, egal was ich tue. Weil du gar nicht fähig bist, etwas anderes zu sein als mein eigener kleiner Welpe, den ich vor allem Bösen beschützen will." "Machst du dich über mich lustig?", fragte ich, aber ich war nicht beleidigt. Sie war die Einzigze, die alles tun durfte mit mir. Alles, egal wie weh es tat, hätte ich für sie getan. Hätte sie mir befohlen zu springen, ja - ich hätte es getan. Ohne zu zögern.
Sie schüttelte den Kopf und sagte: " Ich wünschte, ich könnte auch ein Welpe sein."

Doch der Welpe ist nun tot. Oder er fühlt sich nur so. Der Welpe ist tot und die Geier zerfleischen ihn.

Ich huste. Der Rauch beißt in meinen Augen. Deswegen die Tränen. Es ist nicht wegen ihr.

Ich warte noch. Ich warte noch immer auf sie. Und darauf, dass sie auf mich wartet, als dass sie vor mir flieht und mich grausam auslacht.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top