Kapitel 5

"Du machst Frühstück?"

Kaum hörte ich die Worte, schlang Luca von hinten seine Arme um mich und stützte sich auf meinem Kopf ab. Sofort spürte ich, wie kalt er war und als ein Tropfen auf meine nackte Schulter fiel, war mir klar, dass Luca duschen gewesen war.

"Es ist schon etwas zu spät für Frühstück.", antwortete ich nur und konzentrierte mich weiterhin auf die Orange, welche ich schälte.

"Aber du bist doch verabredet?" Der gespielte Sarkasmus war mehr als deutlich.

"Verschoben auf heute Abend."

"Ach. Der traut sich aber was, dein neuer Freund. Seine Schuld. Dann habe ich dich länger für mich.", flüsterte Luca mir ins Ohr, weswegen ich ihm mit dem Ellbogen in die Rippe boxte. 

"Wie wäre es, wenn du eine Platte aussuchst, anstatt mich so zu blockieren?", schlug ich vor, da ich wusste, dass Luca es liebte, wenn ich ihn die Wahl ließ, welche Musik wir hören würden.

Und wie erwartet war er schon Richtung Wohnzimmer unterwegs.

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, bis ich Lucas ernste Stimme hörte.

"Woher kommen die Blumen?"

Automatisch hob ich meinen Kopf und schaute zu ihm. Er meinte die Vase mit den bunten Tulpen, welche auf meinem Arbeitstisch stand.

"Von Jiyong.", antwortete ich ehrlich.

"Wieso schickt er dir Blumen?" Er hatte deutlich Schwierigkeiten seine Skepsis zu verstecken. Was mich ehrlich gesagt, sehr überraschte.

"Ich habe doch gerade gesagt, dass er das Treffen auf später verschoben hat und da er weder meine Nummer noch Email hat, hat er eben die Blumen geschickt." Als wäre es keine große Sache, schälte ich die Orange zu Ende und fing an, sie klein zu schneiden.

"Aha.", kam es nur noch von Luca.

Es würde bis spätestens heute Abend dauern, bis ein größerer Strauß neben den Tulpen stehen würde. Da war ich mir sicher.

Ich schenkte dem Ganzen aber keinen Gedanken mehr und machte den Obstsalat fertig. Währenddessen hatte Luca eine Platte gewählt, deren Musik sanft das Zimmer einnahm.

Es war eine von Daughter.

Er wusste, wie sehr ich sie liebte.

Seit gestern Nacht, tat er alles, damit ich glücklich war. Er musste mich wirklich vermisst haben. Mir schwebte zwar noch immer ein schlechtes Gewissen im Kopf herum, weil wir wieder nicht darüber geredet hatten, wie lange das noch lief, sondern im Bett gelandet waren, aber es würde schon noch dazu kommen. 

Es musste einfach darüber gesprochen werden.

"Ich bin fertig. Kommst du?"

Ich lief zum Tisch, der schon recht voll war und stellte die letzte Schüssel ab. Dann setzte ich mich.

Heute war der Laden geschlossen. Jeden Mittwoch hatten wir frei und deswegen entstand kein Zeitdruck für uns, oder die Angst, dass jemand sehen könnte, wie Luca aus meiner Wohnung kommt.

"Woah!", bewunderte er das Essen und bedankte sich zugleich dafür. "Das sieht super aus."

"Dann lass auch nichts übrig." Lächelnd reichte ich ihm die Spiegeleier.

Neben denen gab es noch Bacon, den Obstsalat, Toast, Butter, Marmelade, Kaffee, Smoothie und ein paar Pancakes. Ich hatte ja genug Zeit gehabt, da der Postbote mich um halb 11 aus dem Bett geholt hatte.

Wir nahmen uns beide etwas auf den Teller und fingen an zu essen. Währenddessen erzählte er, was er für die kommenden Wochen plante und gerne Fasching feiern würde, da es noch nicht so verbreitet war. 

"Wie wäre es, wenn wir danach Urlaub machen? Venedig oder Paris?" Fragend schaute er mich an und trank von seiner Tasse.

Ich erwiderte seinen Blick und dachte kurz nach.

"Wann?"

"Anfang April?"

Mir wurde etwas schlecht. Hatte er das tatsächlich vergessen?

"Du hast am 8. April deine standesamtliche Hochzeit...", murmelte ich und legte mein Toast auf den Teller. Mir war der Hunger vergangen.

Lucas Kopf schoss nach oben. Schock und Ungläubigkeit war auf seinem Gesicht zu sehen.

"Ernsthaft?"

Fast hätte ich bei der Frage gelacht, wäre diese Situation nicht so traurig.

"Ernsthaft."

"Shit." Er legte ebenfalls alles hin und fuhr sich über sein Gesicht, nur um sich nach hinten fallen zu lassen. Unsere Mienen mussten gerade sehr ähnlich aussehen. "Ich...Dass das so schnell geht..."

"Du tust so, als wärst du nie gefragt worden. Das ist deine Hochzeit.", murmelte ich und spielte gleichzeitig an meiner Servierte herum.

"Ich habe damit nichts zu tun. Kisum plant alles. Sie hat mehr Zeit als ich. Woher weißt du das überhaupt?" Fragend schaute Luca mich an.

"Die Einladung kam vor 2 Wochen an." Ich zeigte zu meinem Arbeitstisch , wo sie in dem Chaos liegen musste.

"Sprichst du deswegen immer darüber?"

Wie immer hatte er genau ins Schwarze getroffen.

"Es ist halt was anderes, wenn man plötzlich die Einladung in der Hand hält." Ich zuckte mit den Schultern.

Doch Lucas Augen scannten mich und ich wusste, dass er mehr herauslesen konnte, als mir lieb war.

"Bist du deswegen mit diesem Idol unterwegs?"

Ungewollt ging mein Blick nach oben. Er hatte seine Augenbrauen zusammengezogen und seine Augen waren dunkler als sonst.

"Nein. Das war eher Zufall. Aber selbst wenn, vielleicht ist es besser, wenn ich anfange, jemanden zu suchen."

Starr erwiderte ich Lucas Blick. Seine Ablehnung gegenüber meiner Aussage war deutlich.

"Das was ich gesagt habe, war ernst gemeint.", betonte er laut und deutlich.

Ich lachte bitter auf.

"Und? Du heiratest. Du kannst es so ernst meinen, wie du möchtest, aber du hast selbst oft genug gesagt, was Sache ist. Du hast nur Angst, Luca. Davor, gefangen zu sein, aber da musst du durch. Du hattest das Verlangen Kisum zu heiraten." Mir war es egal, ob ich verbittert klang. Luca wusste meine Meinung zu all dem.

"Das werde ich auch, aber ich möchte dich nicht verlieren."

"Es war klar, dass dieser Moment kommen würde. Schon seit du mich abgewiesen hast. Sei nicht dumm und mach nun einen auf hoffnungsloser Romantiker. Wir haben einen Deal."

Ich versuche hart zu bleiben. Keine Schwäche zu zeigen.

Es tat höllisch weh.

Luca sah nicht besser aus.

Wieso taten wir so, als wäre es neu, dass er Kisum heiraten würde? Hatten wir es tatsächlich so gut verdrängen können?

"Wir hätten schon vor drei Jahren aufhören sollen, als du sie getroffen hast...", fügte ich noch hinzu, nur um dann endgültig zu verstummen.

Die Stille hielt an und ich wusste, dass er mich anschaute. Doch ich zwang mich, nicht darauf zu reagieren. Ich würde nur wieder schwach werden.

"Willst du damit sagen, dass das alles ein Fehler war? Das wir ein Fehler waren? Die Gefühle?" Seine Stimme klang hart und kalt. Ich wusste, dass er an der Grenze seiner Geduld war.

"Nein. Du warst nie ein Fehler. Auch wenn ich weiß, dass es besser wäre, wenn ich so von dir denken würde, aber ich weiß ganz sicher, dass ich dich nie so sehen könnte. Du hast mir geholfen und mich zugleich gerettet, aber ich weiß, dass es ein Fehler war, dem hier zuzustimmen. Mit dem Wissen, nicht nur mir und dir zu Schaden, sondern auch einer unschuldigen Person. Es muss enden." Nun blickte ich entschlossen auf und bereute es sofort.

Seine Augen strahlten eine Mischung aus Schmerz und Enttäuschung aus.

Eine Weile saßen wir einfach nur da und schauten uns an. Warteten darauf, ob der andere zuerst aufgeben würde. Normalerweise wäre das ich, so wie immer, aber heute war es anders.

Lucas reagierte zuerst.

Ohne ein weiteres Wort stand er auf und ging zum Flur. Ich wusste, dass er seinen Mantel nicht anziehen würde, da er ihn immer so auszog, dass ein Ärmel nach innen gedreht war und dass er sich innerlich beschimpfte, keine Turnschuhe angezogen zu haben. Dann war es wieder still, nur um dann von dem lauten Schlag der Tür erlöst zu werden.

Er war gegangen.

Das erste mal seit ich ihn kannte.

Und ich wusste nicht, was unheimlicher für mich war.

Das Gewissen, dass ich nun endlich das ins Rollen gebracht hatte, was mich nachts wach hielt, und die nun damit verbundene Stille, oder das ich wahrscheinlich ab sofort ohne Luca leben musste.

Alles in meinem Leben war mit ihm verbunden.

Wirklich alles.

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