Kapitel 4

Natürlich konnte ich mir denken, wem sie gehören.

Sanft, aber dennoch bestimmt löste ich mich von Luca, der es etwas widerwillig zuließ.

Besorgt schaute er zu mir herunter.

"Geht es wieder?", fragte er und strich mir eine Strähne hinter das Ohr.

Ich nickte schnell und versuchte Abstand zu schaffen. Dabei tupfte ich in meinem Gesicht herum.

"Sieht es arg schlimm aus?"

Sofort kam er wieder näher und fasst mich am Kinn an, dann richtete er mein Gesicht so, dass es im Licht lag.

"Nein. Nicht einmal rot."

Schon war er wieder direkt vor meinem Gesicht und küsste mich erneut. Rein aus Reflex erwiderte ich es, bis mir der Zuschauer wieder bewusst wurde. Unauffällig beendete ich besagten Kuss und schaute schnell zur Tür. Die Schuhe waren fort.

"Ich denke, wir sollten später nochmal reden. Ich schaue, dass wir die Letzten sind, damit niemand sieht, wie wir gehen?" Luca legte sein Kopf zur Seite und schaute mich fragend an.

Er wusste, wie sehr ich diese Geste liebte. Wenn seine Augenbrauen leicht gerunzelt waren, aber seine dunklen Augen Wärme ausstrahlten. Die Lippen leicht nach vorne geschoben, aber dennoch sichtbar, dass die Winkel sich leicht nach oben hoben. Als eine kurze Strähne sich auch noch in seine Stirn schob, war es endgültig vorbei.

"Ja...sollten wir wohl." Ich wusste, wie diese Nacht enden würde.

Sofort erstrahlte ein Lächeln auf seinen Lippen und er drückte schnell meine Hand.

"Geh schonmal vor. Ich komme dann nach.", sagte er noch schnell.

Nickend machte ich mich auf den Weg und wusste sehr wohl, dass kaum, dass ich mich umgedreht hatte, er mir ernst nachschaute. Der Gefühlsausbruch war komisch gewesen. Eben nicht Thea. Das wussten wir beide.

Ich ging ohne zu schauen zur Bar, nahm meine schwarze Schürze und band sie um meine Hüfte. Es war viel los und die anderen beiden sahen sehr erleichtert aus, als ich wieder neben ihnen stand. Innerhalb von fünf Minuten hatte ich wieder das Kommando übernommen und Ordnung in das Chaos von Bestellungen und Kunden gebracht.

Auch wenn die anderen beiden Geschäfte super liefen, war hier doch immer am meisten los. Die Leute wussten, dass man hier nie etwas schlechtes bekommen würde, da Luca, wie auch ich, diesen Ort bevorzogen.

Die nächsten Stunden vergingen wie ihm Flug.

Ich machte Drinks, rechnete ab und fühlte die Getränke wieder auf. Die ganze Zeit mit dem Wissen, dass Jiyong mich betrachtete, wie ein Objekt der Wissenschaft. Er hatte bisher nur einmal nachbestellt, was mich überraschte.

Als es dann 1 Uhr schlug, war die Rush Hour vorbei und nur noch 5 Tische, wie 3 Plätze an der Bar besetzt. Die Küche war schon dabei, aufzuräumen, was hieß, dass Luca innerhalb der nächsten Stunde fertig war.

Um 2 Uhr, war es dann nur noch ein Tisch und Jiyong an der Bar.

Luca ließ sich noch nicht blicken, dafür schickte ich die anderen Barkeeper nach Hause. Der Rest war ein Kindespiel für mich. Nicht viel zu machen. Kurz vor halb drei ging dann auch der letzte Tisch und ich war erneut mit Jiyong alleine. Wie auch das letzte Mal, setzte ich mich mit den Einnahmen an die Bar und fing an zu zählen.

Als ich damit fertig war, brachte ich das Geld zum Tresor, speerte es ein, nahm ein Glas und schenkte mir auch einen Wein ein. Stumm setzte ich mich neben Jiyong.

"Du hast es gesehen.", durchbrach ich die Stille.

Keine Antwort.

"Verliere ein Wort darüber und ich wende mich an das nächstbeste Magazin."

Er nahm eine Nuss aus der Schale, schmiss sie in der Luft und fing sie mit dem Mund perfekt auf. Kauend starrte er nach oben.

"Wieso?", fragter er dann irgendwann.

"Weil du dann leise bist und nie-"

"Nein.", unterbrach er mich. "Wieso tust du dir das an?"

Nun schauter er mich direkt an. Mir viel erst jetzt auf, dass seine Augen ebenfalls dunkel waren, aber ein bisschen heller, als die von Luca.

"Ich tu mir gar nichts an. Misch dich nicht ein, wenn du keine Ahnung hast.", antwortete ich kalt, trank mein Glas in einem Zug aus und stand auf.

Wütend, dass er soetwas fragte, ging ich wieder hinter die Bar und fing an, mein Glas abzuspülen.

"Hör auf mich die ganze Zeit anzustarren.", fauchte ich ihn an.

Erneut wieder keine Antwort.

"Was soll das bi-"

"Thea?"

Überrascht von Lucas Stimme fuhr ich zusammen und schaute zum Eingang der Küche. Dort stand er mit einem Handtuch in der Hand. Fragend starrte er zu uns beiden.

"Alles in Ordnung?"

Mir entging nicht, wie deutlich er die Anspannung spüren konnte und seine Augen sich veränderten.

"Ja, alles in Ordnung. Ich habe Thea nur dazu verdonnert, mit mir morgen Mittag essen zu gehen. Als kleines Dankeschön, dass sie mir letztes Mal ein Taxi gerufen hat, als ich zu viel getrunken habe.", antwortete Jiyong lächelnd und zwinkerte mir dann zu.

Stumm erwiderte ich seinen Blick.

Er wusste, dass ich mitspielen musste. Solange ich nicht wollte, dass rauskam, dass Jiyong Bescheid wusste.

Dieser schlaue Bastard.

"Genau. Aber ich möchte nicht Ramen, sondern BBQ essen und das hat zu einer kleinen Diskussion geführt.", machte ich also mit.

"Gut, dann ist das geklärt. Ich hole dich morgen um 13 Uhr ab. Aber nun sollte ich losgehen." Schnell kippte er den letzten Schluck hinunter und stand dann auf. Kurz deutete er einen kleine Verbeugung an, nahm seine Sachen und schon war er fort.

Er hatte nicht bezahlt.

Immer noch sprachlos blickte ich ihm nach, bis Luca an der Bar stand und mich anschaute.

"Wirklich alles in Ordnung? Du siehst erregt aus...Fast schon wütend?"

"Ja, alles ok. Sperrst du ab? Ich mach schnell die Lichter und Musik aus."

Schon verschwand ich in den Flur und suchte nach den Stromkasten, mit den Schaltern.

Kurz darauf war es vollkommen still und außer dem Flurlich kein Licht mehr an. Ich wartete auf Luca, der auch schon wieder da war und mir wortlos nach oben folgte.

Er hatte hier früher gelebt, bis es zu lange für ihn gedauert hatte, von einer Bar zur anderen zu hetzen. Nun wohnte er genau in der Mitte in einem rießigen Apartment.

Ich hatte die kleine Wohnung übernommen. Ich hatte sie immer geliebt und viel Zeit darin verbracht, bevor sie meine geworden war.

Sie bestand aus einem kleinen Flur, der sofort in einen offenen Raum führte, der rechts aus einer altmodischen Küche in olivengrün (Ich hatte Luca immer verboten, eine neue einzubauen), und davor eine kleine Essecke mit einem hellen modernen Holztisch und passenden Schalenstühle bestand. Die Wände waren weiß und mit verschiedenen Bilderrahmen mir Erinnerungen oder Kunst beschmückt. Es waren meistens Bilder von mir und meinen Freunden an speziellen Tagen, in der Arbeit oder auf Reisen. Links befand sich dann das Wohnzimmer, mit meiner Arbeitsecke. Die eine Wand war komplett mit einem weißen Regal eingenommen, das mit unzähligen Büchern und Souvenirs vollgestopft war. Dazwischen war auf der Stelle, wo eigentlich ein Fernsehr sein sollte, ein Plattenspieler, der mir Luca da gelassen hatte. Ein dunkelorangener Teppich bedeckte zum Teil den Holzboden und darauf stand ein moderner Holztisch, welcher von einem gelben großen Sessel, einer blaue Couch und einer weißen Lampe umzingelt war. Ich liebe Farben. Die Wand zur Stadt war aus Glas und verursachte einen direkten Bllick auf die Straße, aber ich hatte nun meinen Vorhang vorgezogen. In der Ecke stand noch der alte Tisch von Luca, der voll mit Blättern und meinem Laptop war.

"Ist die neu?"

Luca hielt eine Platte hoch. Es war das neue Epik High Album.

"Ja. Yoona konnte sie mir besorgen."

"War bestimmt teuer, diese Version zu bekommen." Nachdenklich betrachtete er sie.

"Naja, sie ist es eindeutig wert." Ich zog meinen Haargummi aus meinem Haar und schenkte uns zwei Glässer mit Wasser ein.

"Du hättest mich auch danach fragen können. Ich hätte sie dir kaufen können." Mittlerweile saß Luca auf dem Sofa.

"Ich brauche keinen Sugar Daddy.", meinte ich bloß und reichte ihm sein Glas.

Wenn ich mich nicht irrte, zuckte seine Lippe kurz. Er liebte es, wenn ich das sagte. Keine Ahnung wieso.

Ich saß mich bewusste auf den Sessel und trank aus meinem Glas. Nun war er dran. Er hatte das hier vorgeschlagen.

"Ich möchte mich zuerst entschuldigen, Thea. Es war nicht gut, was ich gesagt habe. Verzeihst du mir?", fragte er mich und lehnte sich nach vorne.

Ich schaute ihn weiter an und nickte dann. Es überraschte uns beide nicht. Ich konnte nie lange wütend auf ihn sein.

Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, was mich warm werden ließ.

"Dankeschön."

Ich erwiderte es.

"Nun...Ich bin ehrlich, mich hat das überrascht, dich weinen zu sehen. Es war so plötztlich.", gab er dann zu.

"Fühlst du dich nie schlecht gegenüber Kisum? Alleine die letzten Wochen? Ich meine, du gehst nach Japan und bist bei deiner Verlobten, baldigen Ehefrau, verbringst Zeit mit ihr, küsst sie, liebst sie und noch mehr und dann kommst du zurück nach Korea und machst das selbe bei mir."

Kurz erwiderte er meinen Blick ernst.

"Ich weiß nicht. Die letzten Wochen haben sich nicht gut angefühlt. Ich war die ganze Zeit abwesend und nie bei der Sache. Es war mehr als peinlich, als ich ihn nicht hochbekommen habe, weil ich zu abwesend war." Bei er Erinnerung kratze er sich am Nacken.

Ich war auch überrascht, da Luca eigentlich ganz anders war. Es war irgendwie nicht vorstellbar.

"Wie konnte das passieren? An was hast du gedacht?", fragte ich verwirrt.

"An dich."

Sein Blick traf wieder meinen und nahm mich gefangen.

"Nur an dich. Wäre Jay nicht dabei gewesen, hätte ich bis jetzt kein Gebäude. Ich habe dauernd an dich gedacht. Thea würde das gefallen, das schmecken, das süß finden, das peinlich- lauter solche Sachen. Ich war bei Kisum im Bett und habe an dich gedacht. Und da habe ich bemerkt, dass irgendwass nicht richtig läuft." Bei jedem Satz war er mir näher gekommen und kniete nun vor mir.

Ich klammerte mich schmerzhaft an mein Glas, doch er nahm es aus meinen Händen, stellte es ab und ersetzte es mit seinen Händen.

"Das ist nur so, weil es aufregend ist. Ich meine, wie lange kennen wir uns?"

"Fast 5 Jahre."

"Genau, und davor war das auch nicht so. Egal wie oft wir heimlich rumgemacht haben oder miteinander geschlafen hatten. Aber nun ist Kisum da und es ist eben anders.", versuchte ich das zu erklären.

Doch Luca hörte mir nicht zu, sondern hob meine Hand zu seinem Gesicht, um sich daran zu schmiegen.

"Ich habe immer nur dich in meinem Kopf gehabt. Nur dich vermisst. Jede Minute dort."

"Ich bin nur die 2. Wahl." Mein Hals schnürrte sich zu. Ich wurde wieder schwach.

"Und trotzdem will ich nur dich."

Schon waren seine Lippen auf meinen und ich war wieder gefangen.

Doch ich würde mich  wie imme nicht dagegen wehren.

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