Alright. Ich hab grad ne Geschichte angeklickt, die im Titel (der aus einem einzelnen Wort bestand) bereits einen Rechtschreibfehler hatte.
Na gut, das is zwar peinlich, kann aber passieren.
Die Kapitel waren aber leider nicht besser.
In die Kommentare hab ich auch einen Blick geworfen und siehe, die Autorin wurde - mit ungefähr drei Entschuldigungen und Hinweisen, dass es nicht böse gemeint sei - darauf hingewiesen, dass die vielen Rechtschreibfehler dem Lesespass sehr abträglich sind. (Über die sonstigen Probleme der Story reden wir eventuell ein anderes mal, okay?)
Die Reaktion der Autorin auf diesen zaghaften, kritischen Vorstoss war folgende:
"Sorry hab ne rechtschreib schwäche 😅"
Und als sich der Kritiker sich nicht beirren liess und meinte, es dauere ja nur fünf Minuten, den Text kurz in Word zu kopieren und mit F7 die Rechtschreibprüfung zu starten (ein Shortcut, den ich persönlich noch nicht kannte), kam folgendes:
"Ich schreib am Handy XD"
Und diese "Anekdote" will ich jetzt zum Anlass nehmen, mal mit euch über Rechtschreibung (und Grammatik) zu reden.
Funfact: Ich schreibe diesen Text heute komplett am Handy. (Nachdem ich ungefähr heute zwei Stunden geschlafen habe - Hossa!)

Sehr oft führen "kritische Leser" hier bei Wattpad (und auf ähnlichen Plattformen) vorallem die Rechtschreibung als Kritikpunkt an.
Das macht auch Sinn, denn im Gegensatz zu so ziemlich allem anderen Dingen beim Schreiben hat Rechtschreibung fixe Regeln, was es einfach macht, die Fehler zu sehen.
'Nähmlich' ist einfach falsch, ganz egal in welchem Kontext das Wort verwendet wird, was für eine Geschichte da eigentlich erzählt wird und wie der Kritiker so drauf ist, während andere Kritikpunkte - wie z.B. ein unglückliches Charakterdesign - oft nicht so offensichtlich und zu einem gewissen Grad auch ganz einfach subjektiv sind.

Gerade weil Rechtschreibung und Grammatik fixe Regeln haben, die in 99.99734% aller Fälle gelten, sind sie für mich sowas wie die Grundvoraussetzungen, die eine Geschichte erfüllen muss.
Aus dem gleichen Grund sind Rechtschreibung und Grammatik meiner Meinung nach die kleinst-möglichen Probleme, die eine Geschichte haben kann (und Rezensenten, die (fast) ausschliesslich über diesen Punkt herziehen nicht wirklich ernst zu nehmen). Tippfehler  sind dank der Word-Rechtschreibprüfung mittlerweile sehr einfach zu beheben (im Gegensatz zu einem fehlenden Spannungsbogen oder unsympathischer Charakterisierung) und es tut einer Geschichte nur gut, die mal drüber laufen zu lassen. (Wobei ich auch eine zweite, menschliche Instanz empfehlen würde - Ich selber arbeite mit drei Korrektur-Instanzen...)

Ich wage zu behaupten, dass "Ich hab Lese-Rechtschreibschwäche" in den allermeisten Fällen eine simple Schutzbehauptung ist. Die Autoren, die damit auf den Hinweis, dass sie viele Rechtschreibfehler in ihren Geschichten haben, reagieren, haben meisten gar keine Lese-Rechtschreibschwäche, sondern sind einfach zu faul, sich diese fünf Minuten mehr Arbeit zu machen, bevor sie ihren Schrieb auf die Welt loslassen.
Meiner Erfahrung nach ist es nämlich eher so, dass Leute mit tatsächlicher Lese-Rechtschreibschwäche ihre Texte eher fünf, sechs Mal korrekturlesen (lassen), damit sie keine Fehler drin haben und sich freuen, darauf hingewiesen zu werden, wenn doch mal was durchrutscht.
Ich für meinen Teil verstehe nicht ganz, wieso Leute lieber vorgeben "krank" zu sein, als sich fünf Minuten Zeit für ihre Geschichten zu nehmen. Dreimal zu erklären, man hätte Lese-Rechtschreibschwäche und möchte deswegen doch bitte nicht kritisiert werden, dauert zusammengerechnet vermutlich länger als die Rechtschreibprüfung anzuwerfen und diese Kritik einfach zu weiten Teilen zu vermeiden. Plus: Man vermeidet den Frust, immer und immer und immer wieder den gleichen Scheiss erklären zu müssen.

Und zum "Argument" "Ich schreib am Handy": Ich glaube, dieser komplett am Handy getippte Text beweist, dass das eine sehr... lahme Entschuldigung für Rechtschreibfehler ist.
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

Peace out.