--22--
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, bis ich aufstehe.
Ich kann mir ausmalen, wie ich aussehen muss. Zusammengesunken, mit rot geheulten Augen, dunkle Schatten darunter, einfach, wie ich mich fühle. Schrecklich. Schrecklich allein.
Ich gehe ins Zimmer, bin allein, wasche mir das Gesicht, lasse mich aufs Bett fallen, warte.
Kopfhörer rein.
Allein.
Linkin Park, was sonst.
Tearing me apart with
Words you wouldn't say.
Suddenly tomorrow's
A moment washed away
Verdammt. Verdammt, passt das. Ich ziehe die Decke über den Kopf, blinzele schon wieder gegen die Tränen an. Luna. Es ist wie ein Film in meinem Kopf, ihr Gesicht, wechselnde Ausdrücke. Sie lächelt, sie weint, sie ist enttäuscht.
The light on the horizont
Was brighter yesterday.
Shadows floating over
Scars began to fade.
Fuck.
Ich kann das nicht.
Das geht so nicht.
Ich kann nur verschwommen sehen durch den Tränenschleier. Kopfhörer wieder raus. Besser als nichts. Ich muss das los werden. Auch wenn ich es nicht mag, so zu tun, als ob, es ist verdammt nochmal besser als die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass ich auch jetzt den Song nicht aus dem Kopf bekomme. Und Luna erst recht nicht.
Ich trete auf den MP3-Player ein, heule weiter, wegen des Liedes und wegen Luna und weil mir das alles einfach zu viel wird.
Zu viel.
Zu schnell.
Zu laut.
Ich bin aufgestanden, nehme kaum etwas um mich herum wahr. Der MP3-Player schlittert über den Boden, keine Ahnung wohin. Meine Beine können mich nicht mehr halten, knicken ein. Ich liege auf dem Boden, noch immer den Song im Kopf. Und Luna.
"Clara?"
"Clara bist du da drin?"
"Mach die Tür auf!"
"Was ist los?"
Stimmen, draußen, vor der Tür. Vier Stimmen, die ich nur zu gut kenne.
"Es tut mir Leid, wirklich!" Sarah.
"Bitte mach einfach die Tür auf!" Jona.
"Haben wir dir etwas getan?" Toni.
Und dann die letzte Stimme. Leiser. Ruhiger.
"Bitte rede mit mir. "
Luna.
"Geht mal weg", höre ich sie sagen. Ich rappel mich hoch, will gar nicht in den Spiegel sehen. Stolpere zur Tür. Lege die Hand auf die Klinke.
"Bitte, mach auf."
Langsam, vorsichtig drücke ich die Klinke runter, schiebe die Tür auf, nur einen Spalt.
Wieso kommen mir schon wieder die Tränen? Luna sieht aus wie immer. Hübsch. Viel zu hübsch. Sie lächelt. Gezwungen.
Ich versuche, die Mundwinkel nach oben zu ziehen, weiß, wie gestellt es aussehen muss. Ich gebe das mit dem Lächeln wieder auf und lasse Luna rein.
"Hey", sage ich, als könnte ich ein normales Gespräch mit ihr anfangen. "Hey", antwortet sie. "Du hast geweint."
Ich nicke nur. Was sonst. Was bringt Leugnen schon?
Ich will, dass sie fragt, was los ist, dass sie es versteht, dass sie mich tröstet. Sie soll mich ansehen. Sie soll es merken. Ich weiß schon, wie feige ich bin. Ich habe nicht den Mut, ihr zu sagen, was los ist.
"Willst du reden?"
Sie versucht, mir zu helfen. Ich schüttele den Kopf, zucke mit den Schultern. Ich weiß ja selbst nicht, was ich will.
"Ich kann das einfach nicht."
Sofort fange ich wieder zu heulen an, schluchze, laut, unkontrollierbar. Luna sagt nichts, nimmt mich nur in den Arm. Sie ist warm. Ich schmiege mich an ihren weichen Pullover, als wäre sie meine Mutter und ich sieben Jahre alt. Wir setzen uns auf mein ungemachtes Bett.
"Wir sind jetzt also nur Freunde?"
Lunas Frage klingt wie ein Angebot, auch wenn es ihr nicht gefällt. Sie hat kein Problem damit. Sie liegt nicht weinend in meinem Arm. Das bin nur ich. Ich mache alles kaputt. Vorsichtig schüttele ich wieder den Kopf, das kann ich ihr nicht antun. Und mir auch nicht.
"Keine Ahnung", sage ich.
"Ich auch nicht. "
Und dann sitzen wir da, schweigend, als könnten wir für immer so weitermachen.
Tut mir leid, dass dieses Kapitel nicht so gut ist, aber je länger ich warte, desto schwerer wird es, weiterzuschreiben. Ich hoffe, euch gefällt es trotzdem.
Eure Johanna ❤
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top